Lebensmittelwerbung mit Aussage „verträglich“ kann unzulässig sein

Lebensmittelwerbung mit Aussage „verträglich“ kann unzulässig sein
12.11.2024 | Lesezeit: 6 min

Gut verträgliche Produkte im Angebot - auch gut verträglich mit dem Gesetz? Eine aktuelle Abmahnung beanstandet die Bewerbung eines Produktes mit der Angabe „gut verträglich“, ohne die Anforderungen an gesundheitsbezogene Angaben einzuhalten. Was wurde im Einzelnen abgemahnt und wie können Sie rechtssicher mit gesundheitsbezogenen Angaben werben?

Was war der Anlass für die Abmahnung?

Der abmahnberechtigter Wettbewerbsverband mahnte einen Händler ab, der in seinem Online-Shop Lebensmittel zum Verkauf anbot.

Ein Olivenöl-Produkt bewarb der Online-Händler dabei in der Artikelbeschreibung mit der Angabe „gut verträglich“.

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Verstoß bei Fehlen einer zugelassenen gesundheitsbezogenen Angabe

Der Online-Händler warb mit der unspezifischen gesundheitsbezogenen Angabe „verträglich“.

Solche Angaben dürfen jedoch nur getätigt werden, wenn ihnen eine zugelassene, spezifische gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist.

Da der Online-Händler dies unterließ, verstieß er gegen Art. 10 Abs. 3 Lebensmittel-GesundheitsangabenVO (bzw. Health-Claims-Verordnung, Verordnung (EG) Nr.1924/2006) und handelte unlauter gemäß § 3a Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

Sie möchten sich umfassend über gesundheits-, nährwert- oder krankheitsbezogene Werbung informieren? In diesem Fall dürfen wir Ihnen folgendes Rundum-FAQ zur Health-Claims-Verordnung als Lektüre empfehlen.

Best Practice: Abmahnsichere Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben

Damit Sie als Online-Händler rechtssicher mit gesundheitsbezogenen Angaben umgehen können, haben wir zu diesem Thema eine Best Practice erstellt.

Zunächst ist der Begriff einer gesundheitsbezogenen Angabe zu klären. Dieser lässt sich der Health-Claims-Verordnung (HCVO) entnehmen, die zum Schutz des Verbrauchers darauf abzielt, dass „Gesundheitsversprechen“ auch eingehalten werden.

Definition einer gesundheitsbezogenen Angabe

Danach fällt unter den Begriff jede Angabe, mit der direkt oder indirekt ausgedrückt wird, dass ein Zusammenhang zwischen einem/-r Lebensmittel (-bestandteil / -kategorie) zum einen und der Gesundheit zum anderen besteht (Art. 2 Abs. 1 Nr. 5 HCVO).

Die Voraussetzung des Zusammenhangs ist dabei weit auszulegen. Für eine gesundheitsbezogene Angabe genügt jeder Zusammenhang, der eine Verbesserung des Gesundheitszustands dank des Verzehrs des Lebensmittels impliziert.

hierfür sind die Steigerung der natürlichen Abwehrkräfte des Körpers, die Verbesserung der Lernfähigkeit oder die Verringerung eines Krankheitsrisikos usw.

Gesundheitsbezogene Angaben dürfen nur gemacht werden, wenn sie die speziellen Anforderungen der Health-Claims-Verordnung erfüllen (Art. 10 Abs. 1 HCVO).

Unterscheidung zwischen spezifischen und unspezifischen gesundheitsbezogenen Angaben

Dabei ist zwischen spezifischen und unspezifischen gesundheitsbezogenen Angaben zu unterscheiden (Art. 10 Abs. 1, 3 HCVO):

Es handelt sich um eine spezifische gesundheitsbezogene Angabe, wenn Angaben zu bestimmten gesundheitsbezogenen, zulassungsfähigen (siehe Art. 13, 14 HCVO) Eigenschaften vorliegen, weil der erforderliche wissenschaftliche Nachweis für die Wirkung des Bestandteils eines Lebensmittels konkret bezogen auf eine bestimmte Wirkung erbracht werden kann.

Darunter fallen Aussagen wie z.B. „Calcium wird für die Erhaltung normaler Knochen benötigt“ (Art. 13 Abs. 1 a) HCVO), „Pflanzensterole können den Cholesterinspiegel senken“ (Art. 14 Abs. 1 a) HCVO), „Calcium und Vitamin D sind notwendig für die normale Entwicklung und das Wachstum von Knochen bei Kindern“ (Art. 14 Abs. 1 b) HCVO).

Dagegen ist unter einer unspezifischen gesundheitsbezogenen Angabe eine solche Angabe zu verstehen, die sich zwar auf eine der in Art. 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 HCVO aufgezählten Funktionen bezieht. Im Gegensatz zu spezifischen gesundheitsbezogenen Angaben kann sie jedoch wegen ihrer allgemeinen, unspezifischen Formulierung nicht gegenständlich in einem Zulassungsverfahren sein. Sie verweisen auf allgemeine, nicht spezifische Vorteile des Lebensmittels bzw. Nährstoffs für die Gesundheit und das grundlegende Wohlbefinden.

für unspezifische gesundheitsbezogene Angaben:

Dies sind beispielsweise Wendungen wie „bekömmlich“, „magenschonend / -freundlich“, „verträglich“, „gesunde Vorteile für die Blase“ „enthält gesundes Vitamin C“, „erhöht die Ausdauer und Leistungsfähigkeit“, „wichtig für das Nervensystem“, „so wichtig wie das tägliche Glas Milch“ etc.

Das Kopplungsgebot für unspezifische gesundheitsbezogene Angaben

Unspezifische gesundheitsbezogene Angaben sind wegen ihres pauschalen Charakters nur zulässig, wenn ihnen eine in der Liste der Art. 13 oder 14 HCVO enthaltene spezielle Angabe beigefügt ist (sog. „Kopplungsgebot“).

Fehlt eine Angabe über die Verringerung eines Krankheitsrisikos nach Art. 14 HCVO oder eine andere gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des Art. 13 HCVO, ist die Werbung unzulässig.

Besondere Hinweispflichten für gesundheitsbezogene Angaben

Darüber hinaus gelten für spezifische wie unspezifische gesundheitsbezogene Angaben besondere Hinweispflichten nach Art. 10 Abs. 2 HCVO.

Danach sind gesundheitsbezogenen Angaben beizufügen:

  • ein Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise
  • Informationen zur Menge des Lebensmittels und zum Verzehrmuster, die erforderlich sind, um die behauptete positive Wirkung zu erzielen
  • ggf. ein Hinweis an Personen, die es vermeiden sollten, dieses Lebensmittel zu verzehren
  • ein geeigneter Warnhinweis bei Produkten, die bei übermäßigem Verzehr eine Gesundheitsgefahr darstellen könnten.

Diese Pflichtinformationen sind zwingend in der Kennzeichnung des Lebensmittels bereitzustellen.

Unzulässige gesundheitsbezogene Angaben

Von vornherein unzulässig sind gesundheitsbezogene Angaben

  • über Dauer und Ausmaß der Gewichtsabnahme
  • die den Eindruck erwecken, durch Verzicht auf das Lebensmittel könnte die Gesundheit beeinträchtigt werden oder
  • die auf Empfehlungen von einzelnen Ärzten oder Vertretern medizinischer Berufe und von Vereinigungen, die nicht in Art. 11 genannt werden, verweisen (Art. 12 HCVO).

Als Beispiele können angeführt werden „Calcium ist für den Aufbau der Knochen / für gesunde Knochen unbedingt erforderlich“, „Magnesium muss für die Knochengesundheit zugeführt werden“, „Jod ist für die neurologische Entwicklung unbedingt erforderlich“, „Geistiges Wohlbefinden macht so das Leben viel reicher und angenehmer“.

Fazit

Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben ist wettbewerbsrechtlich mit Vorsicht zu genießen. Eine solche liegt vor, sobald ein Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel (-bestandteil / -kategorie) und der Gesundheit besteht.

Spezifische wie unspezifische gesundheitsbezogene Angaben erfordern die Bereitstellung des Katalogs an Pflichtinformationen nach Art. 10 Abs. 2 HCVO in der Kennzeichnung des Lebensmittels.

Unspezifische gesundheitsbezogene Angaben wie „verträglich“, „bekömmlich“, „erhöht die Ausdauer und Leistungsfähigkeit“, bewerben allgemeine, nicht spezifische Vorteile eines Lebensmittels bzw. Nährstoffs für die Gesundheit und das grundlegende Wohlbefinden (Art. 10 Abs. 3 HCVO). Mangels Bestimmtheit sind sie keine zulassungsfähigen Health-Claims.

Sie dürfen nur getätigt werden, wenn ihnen eine in der Liste der Art. 13 oder 14 HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist.

Sie haben eine Abmahnung erhalten - so reagieren Sie richtig!

Lassen Sie die Abmahnung trotz der regelmäßig kurzen Fristen anwaltlich von einem Spezialisten überprüfen – in diesen Abmahnungen geht es oft um hohe Zahlungsforderungen, hier sollte der Betroffene nicht vorschnell handeln. Auch die vorformulierte Unterlassungserklärung ist in den uns vorliegenden Fällen fast immer einseitig und zudem gefährlich vorformuliert und sollte in dieser Form nicht abgegeben werden!

Profitieren Sie von der Expertise der Anwälte der IT-Recht Kanzlei, die über eine langjährige Erfahrung aus der Vertretung in Abmahnverfahren verfügen!

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