Neue EU-Vorgaben für Onlineplattformen in Sachen Fairness und Transparenz

Neue EU-Vorgaben für Onlineplattformen in Sachen Fairness und Transparenz
6 min
Beitrag vom: 26.02.2019

Eine politische Einigung zwischen Europäischem Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission könnte ein Lichtblick für Plattformhändler sein. Die Plattformen sollen künftig gesetzlich insbesondere zu mehr Transparenz bei den Nutzungsbedingungen und bei der Sperrung von Händlern verpflichtet werden.

Worum geht es?

Wer als Onlinehändler Verkaufsplattformen wie Amazon oder eBay nutzt, wird das ungute Gefühl kennen: Man sitzt auf einem heißen Stuhl.

Ein paar negative Bewertungen oder zu spät versendete Artikel zu viel, eine direkte Kontaktaufnahme mit dem Interessenten unter Umgehung des Kommunikationssystems der Verkaufsplattform oder manchmal sogar ohne jegliche Begründung – die Sperrung des Accounts ist schneller da als gedacht.

Sperrungen durch Plattformbetreiber werden von Betroffenen häufig als unbegründet oder gar willkürlich empfunden.

Teilweise werden sogar Anschuldigungen erhoben, dass entsprechende „Daumenschrauben“ gezielt im Wege unfairer Geschäftspraktiken angewendet werden, um den eigenen Verkaufserfolg der Plattform zu fördern.

In aller Regel ist diesen Sperrungen jedoch eines gemeinsam: sie sind oftmals existenzbedrohend für die Händler. Bricht ein wichtiger Absatzkanal weg, drohen schwerwiegende wirtschaftliche Konsequenzen bis hin zur Insolvenz. Vermutlich tausenden Onlinehändlern ist ein solcher Ausschluss vom Handel auf einer Plattform schon zum Verhängnis geworden.

Auch Suchmaschinen sollen der neuen Regulierung unterfallen

Neben klassischen Verkaufsplattformen ist der Onlinehändler auch darauf angewiesen, dass seine Angebote im Rahmen der Recherche bei Suchmaschinen gefunden werden. Ohne Suchtreffer keine Kunden.

In diesem Beriech besteht ein latentes Konfliktpotential zwischen den echten Suchergebnissen und bezahlten Anzeigen bzw. möglicherweise durch Zahlungen im Ranking nach oben gepushten Suchtreffern.

Kurzum: Der Onlinehandel ist in weiten Teilen massiv abhängig von der „Gunst“ solcher Onlineplattformen, sei es in der Gestalt von Verkaufsplattformen oder von Suchmaschinen.

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Vertragsfreiheit – Plattformbetreiber bestimmt die Spielregeln

Grundsätzlich sind Plattformbetreiber frei bei der Gestaltung der „Spielregeln“ und können in ihren Nutzungsbedingungen regeln, wann ein Ausschluss vom Handel erfolgt oder nach welchen Kriterien Suchergebnisse gelistet und ggf. bezahlte Anzeigen platziert werden.

In der Praxis bemängeln viele Verkäufer jedoch mangelnde Transparenz, wenn es zu einer Auseinandersetzung mit dem Plattformbetreiber kommt.

Dies ist nicht zuletzt häufig auch dem Umstand geschuldet, dass Plattformbetreiber nach und nach durch regelmäßige Änderungen der Nutzungsbedingungen die Anforderungen an die Verkäufer immer weiter verschärfen, um die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Vorgaben, die Verkäufer entweder nicht im Detail kennen oder manchmal auch schlicht nicht einhalten können.

Verletzt ein Verkäufer dann eines dieser (neuen) Kriterien, droht ihm spätestens im Wiederholungsfall der (dauerhafte) Ausschluss vom Handel auf dieser Plattform.

Im Bereich Suchmaschinen investieren etliche Unternehmen laufend viel Geld in SEO-Maßnahmen, damit deren Angebote besser in den Suchergebnissen platziert werden bzw. in bezahlte Werbung bei Suchmaschinen, um vor den eigentlichen Suchtreffern angezeigt zu werden und damit die Gunst der Interessenten zu gewinnen.

Hier kommt es nicht selten zu einer erheblichen Verzerrung des Marktes, da der suchende Interessent dann zunächst gar nicht das passendste oder günstigste Angebote angezeigt bekommt, sondern womöglich das Angebot, für dessen Anzeige der entsprechende Händler am meisten an die Suchmaschine bezahlt hat.

Vor welchem Hintergrund sollen Änderungen erfolgen?

In Brüssel hat man erkannt, welch große Bedeutung Onlineplattformen mittlerweile für die Wirtschaft im europäischen Binnenmarkt haben.

Ebenso hat man das Missbrauchspotential der Position der Onlineplattformen als Vermittler zwischen Unternehmen und Kunden sowie das enorme wirtschaftliche Schadpotential bestimmter unlauterer Praktiken der Plattformen auf dem Schirm.

Im Rahmen der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt sollen für den Markt solcher Onlineplattformen neue europäische Vorschriften geschaffen werden. Davon sind nach Angaben der EU-Kommission etwa 7.000 europäische Onlineplattformen betroffen.

Es soll sichergestellt werden, dass den Plattformen einige besonders unlautere Geschäftspraktiken verboten werden und ein neuer Transparenzmaßstab geschaffen wird, um die großen Vorteile von Onlineplattformen sowohl für die Verbraucher als auch für die Unternehmer zu wahren.

Was ist konkret geplant?

Durch die geplante EU-Verordnung soll ein faires, vertrauenswürdiges und transparentes Ökosystem in Bezug auf die Nutzung von Online-Plattformen geschaffen werden. Für Onlinehändler stellt dies einen begrüßenswerten Ansatz dar.

Wird das Thema auf EU-Ebene ernsthaft verfolgt, könnte hierbei am Ende in der Tat ein Zuwachs an Planbarkeit, Sicherheit und Rechtsschutz für Onlinehändler herauskommen.

Zu den Zielsetzungen der Europäische Kommission gehört insbesondere, dass

  • Nutzer der Plattformen keine plötzlichen, unbegründeten Kontensperrungen mehr befürchten müssen. Plattformen sollen das Verkäuferkonto nicht mehr ohne triftigen Grund und ohne Einspruchsmöglichkeit sperren können. Zudem muss bei irrtümlicher Sperrung eine Freischaltung des Kontos erfolgen;
  • Plattformen zum Vorhalten klarer und verständlicher Nutzungsbedingungen verpflichtet werden. Bei Anpassung dieser Bedingungen soll ein Vorlauf von mindestens 15 Tagen verpflichtend sein;
  • Marktplätze und Suchmaschinen zu einem transparenten Ranking verpflichtet werden, also die wichtigsten Parameter für die Platzierung der Angebote bzw. Suchtreffer offenlegen müssen. Ziel ist, dass Verkäufer ihre Angebote danach ausrichten können und Verbraucher klar erkennen können, wenn für ein angezeigtes Suchergebnis bezahlt wurde;
  • neue Formen der Streitbeilegung und des Beschwerdemanagements geschaffen werden, damit Händler die Möglichkeit haben, gegen Entscheidungen der Plattformen Einspruch zu erheben und Beschwerden zu klären, etwa unter Nutzung einer Mediation;
  • eine Verbandsklagemöglichkeit geschaffen wird, damit Interessenvertretungen gebündelt die Interessen der Händler (auch gerichtlich) gegenüber den Plattformen wahrnehmen können.

Welche Plattformen sind betroffen?

Grundsätzlich sollen von den neuen Vorgaben nur Online-Plattformen erfasst werden.

Die Kommission zählt dazu insbesondere Online-Marktplätze und -Verkaufsplattformen (wie etwa Amazon, eBay, etsy) sowie Online-Suchmaschinen (wie etwa Google, Bing, Yahoo).

Aber auch Plattformen wie Preisvergleichsportale (z.B. Google Shopping), Appstores (z.B: Google Play oder Apple Appstore) und soziale Medien für Unternehmen (z.B: Facebook) sollen erfasst werden.

Voraussetzung ist jeweils, dass die Plattform in der EU ansässigen Unternehmen ihre Dienste oder Verbrauchern, die sich in der EU aufhalten, Waren oder Dienstleistungen anbieten.

Für kleine Plattformen mit weniger als 50 Mitarbeitern und einem Umsatz von unter 10 Millionen Euro genießen gilt eine Ausnahme. Diese müssen kein eigenes internes Beschwerdemanagementsystem schaffen.

Die geplante Verordnung hat damit einen sehr breiten Anwendungsbereich.

Wann werden die Änderungen in Kraft treten?

Derzeit ist noch kein konkreter Zeitpunkt für ein Inkrafttreten der gesetzlichen Neuerungen bekannt.

Nach Annahme und Veröffentlichung der neuen Vorschriften werden die neuen Vorschriften 12 Monate später in Kraft treten. Nach einem Zeitraum von 3 Jahren soll eine Überprüfung der neuen Vorgaben erfolgen.

Fazit: Was können Onlinehändler also erwarten?

Derzeit ist noch offen, welche neuen Anforderungen an die Plattformbetreiber konkret gestellt werden. Es wird entscheidend darauf ankommen, wie tief der EU-Gesetzgeber im Rahmen der abgesteckten Bereiche in die unternehmerische Freiheit der Plattformbetreiber eingreifen wird.

Daher bleibt auch abzuwarten, inwieweit Händler hier künftig im Detail von den neuen regulatorischen Vorgaben profitieren werden.

Das Problem der fehlenden Rechtssicherheit und Transparenz bei der Nutzung vieler Online-Plattformen wurde jedenfalls erkannt.

Dies ist aus Sicht der Onlinehändler sehr begrüßenswert, da durch Sperrungen und Beschränkungen, die nicht selten auf unklare Regularien oder gar Willkür zurückgehen unternehmerische Existenzen gefährdet werden. Schön auch, dass aus der EU auch einmal ein Vorstoß kommt, die Stellung der Händler zu schützen bzw. gar zu stärken, nachdem sonst meist nur die Verbraucher an der Reihe sind.

Fazit: Es zeichnet sich eine sehr positive Entwicklung für Onlinehändler ab, dass diese sich künftig in einem besser planbaren und rechtssichereren Umfeld bei der Nutzung von Onlineplattformen bewegen können.

Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle: chimanjaipal / shutterstock.com

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