E-Mail-Archivierung im E-Commerce - wie geht es richtig?
Die E-Mail ist das zentrale Kommunikationsmedium im elektronischen Geschäftsverkehr. Zur Dokumentation von Geschäftsvorgängen müssen bestimmte E-Mails allerdings besonders archiviert werden. Wir zeigen, in welchen Fällen und für wie lange eine Archivierung vorzunehmen ist.
Rechtspflichten für die Archivierung von E-Mails
Entgegen einer verbreiteten Auffassung sind Händler nicht grundsätzlich gehalten, sämtlichen Mailverkehr – egal ob intern oder extern – über bestimmte zeitliche Abstände hinweg zu speichern und einer ordnungsgemäßen Archivierung zuzuführen.
Vielmehr fließen Pflichten zur Mailarchivierung aus bestimmten Rechtsvorschriften nur für bestimmte Arten der geschäftlichen Kommunikation für den Fall, dass diese über das Medium „E-Mail“ betrieben wird. Hintergrund hierfür ist die buchhalterisch lückenlose Dokumentation zu primär steuerlichen Erfassungszwecken.
Die Pflicht zur Mail-Archivierung geht insofern mit steuergesetzlichen Aufbewahrungspflichten für bestimmte Handelsdokumente einher und muss immer dann beachtet werden, wenn die Mail selbst aufgrund ihres Inhalts das Handelsdokument verkörpert.
Ist die Mail dahingegen bloßes „Transportmittel“, etwa für ein Handelsdokument im Mail-Anhang, ist diese von der Archivierungspflicht nicht betroffen. In jenen Fällen sind nur die angehängten Dokumente zu archivieren.
Als Archivierung gilt hierbei stets die langfristige Speicherung der Mail auf einem separaten Datenträger. Ihr Zweck ist nicht primär die Wiederherstellung der Daten im Bedarfsfall, sondern die Dokumentation.
1. Handels- oder Geschäftsbriefe, § 147 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO
Besondere Aufbewahrungspflichten bestehen zunächst nach § 147 der Abgabenordnung (AO) für sogenannte „Handels- und Geschäftsbriefe“.
Nach § 147 Abs. 1 Nr. 2 und 3 und Abs. 3 AO sind Händler verpflichtet, sowohl empfangene als auch abgesandte Handels- oder Geschäftsbriefe grundsätzlich für 6 Jahre aufzubewahren.
Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Handels- und Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt worden ist (§ 147 Abs. 4 AO).
Mit Handelsbriefen meint das Gesetz die Korrespondenz des Kaufmanns und sonstiger Handelsunternehmen im Sinne des Handelsgesetzbuches (HGB), mit Geschäftsbriefen die Korrespondenz der übrigen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichtigen.
Eine gleichlautende Pflicht fließt in Bezug auf „Handelsbriefe“ daher für Kaufmänner sowie für Handelsgesellschaften (GbR, OHG, KG), für die eingetragene Genossenschaft sowie für die juristischen Personen (GmbH, AG) auch aus §§ 238 Abs.2, 257 HGB.
Handels- oder Geschäftsbriefe sind Schriftstücke, die der Geschäftsanbahnung (etwa Antwort auf ein Angebot, Erstellung eines Angebots), der Durchführung (Lieferung, Zahlungserinnerung etc.) oder einer Aufhebung (Storno) dienen.
Dabei ist "Schriftstück" nicht wörtlich zu verstehen und keineswegs nur auf physische Unterlagen zu beziehen. Vielmehr fallen hierunter sämtliche Dokumentformen, die über Kommunikationswege geschäftsbezogen ausgetauscht werden können. Insofern können auch E-Mails betroffen sein.
E-Mails sind von den Aufbewahrungspflichten für Handels- und Geschäftsbriefe betroffen, wenn sie selbst die maßgeblichen Inhalte der Geschäftskommunikation enthalten. Werden sie nur eingesetzt, um Dokumente per Anhang zu übermitteln, gelten sie selbst nicht als „Handels- oder Geschäftsbriefe“.
Ebenfalls nicht als maßgebliche Handelsdokumente gelten Mails sonstiger Inhalte, etwa Werbemails, oder Mails mit rein unternehmensinterner Kommunikation (ohne Außenwirkung).
2. Buchungsbelege, § 147 Abs. 1 Nr. 4 AO
Ferner bestehen besondere Aufbewahrungsfristen gemäß § 147 Abs. 1 Nr. 4 AO für sogenannte Buchungsbelege, die sich als Pflicht zur Mail-Archivierung auswirken können, sofern Mails selbst aufgrund ihres Inhalts die maßgebliche Dokumentenqualität aufweisen.
Die Aufbewahrungsfrist beträgt nach § 147 Abs. 3 AO 10 Jahre und beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Buchungsbeleg entstanden ist (§ 147 Abs. 4 AO).
Eine gleichlautende Pflicht fließt für Kaufmänner sowie für Handelsgesellschaften (GbR, OHG, KG), für die eingetragene Genossenschaft sowie für die juristischen Personen (GmbH, AG) auch aus § 257 Abs. 1 Nr. 4 HGB.
Buchungsbelege in diesem Sinne sind alle Unterlagen über die einzelnen Geschäftsvorfälle. Sie gelten als Grundlagen der einzelnen Eintragungen in die Geschäftsbücher und für die sonstigen Aufzeichnungen.
Je nach Geschäftsvorfall kommen insbesondere folgende Arten von Buchungsbelegen in Betracht:
- Aktennotizen und interne Buchungsanweisungen,
- Aufzeichnungen über Sonderverkäufe und Werbeaktionen,
- Belastungs- und Gutschriftnoten,
- Bescheide über Abgaben, Beiträge und Gebühren,
- Eigenbelege für Stornobuchungen,
- Inventuraufzeichnungen jeder Art (mengen- und wertmäßig)
- Kommissionslisten, Kontoauszüge, Konnossemente, Kostenberichte, Kostenträgerrechnungen,
- Lieferscheine, Lohn- und Gehaltsabrechnungen, Lohn- und Gehaltslisten,
- Portokassenbücher,
- Protokolle, Prüfungsberichte jeder Art,
- Quittungen,
- Reisekostenabrechnungen,
- Saldenbestätigungen, Saldenlisten,
- Schecks (oder die dazu gehörenden Unterlagen) und Scheckbücher,
- Ursprungsbelege (Preislisten, Kontrollzettel),
- Vertragsurkunden,
- Wechsel (oder die dazu gehörenden Unterlagen) und Wechselbücher,
- Zahlungsanweisungen
3. Rechnungen, § 14b Abs. 1 UStG
Zuletzt besteht eine besondere Aufbewahrungspflicht nach § 14b Abs. 1 UStG für Rechnungen. Nach dieser Vorschrift muss ein Unternehmer ein Doppel jeder Rechnung, die er selbst oder ein Dritter in seinem Namen und für seine Rechnung ausgestellt hat, sowie alle Rechnungen, die er erhalten hat, für 10 Jahre aufbewahren.
Nach § 14b Abs. 1 Satz 3 UStG beginnt die Aufbewahrungsfrist mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Rechnung ausgestellt worden ist.
Rechtlich gesehen handelt es sich bei Rechnungen auch um Buchungsbelege im Sinne des § 147 Abs. 1 Nr. 4 AO, sodass eine entsprechende Aufbewahrungsfrist bereits aus jener Vorschrift zu folgern ist.
§ 14b Abs. 1 UstG erfüllt insofern faktisch nur eine klarstellende Funktion.
Als Rechnung gilt gemäß § 14 Abs. 1 UStG jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Auch Zinsrechnungen stellen tatbestandliche Rechnungen dar.
Mails sind von der Aufbewahrungspflicht für Rechnungen nur betroffen, wenn die maßgebliche Rechnungsaufstellung unmittelbarer Inhalt der Mail ist. Hängt eine Rechnung nur im Anhang bei, stellt die Mail nur das Transportmittel dar und ist nicht archivierungspflichtig.
Auch wenn die Rechnungsstellung im Inhalt einer Mail im Online-Handel die absolute Ausnahme darstellen sollte, ist die Archivierungspflicht nicht gänzlich irrelevant.
Archiviert werden müssen Mails nach § 14b Abs. 1 UStG nämlich auch dann, wenn sich aus deren Inhalt etwa ergänzende Informationen zu einer Rechnung ergeben.
Technische Vorgaben und datenschutzrechtliche Voraussetzungen für die Mail-Archivierung
Unterliegen geschäftliche E-Mails aufgrund deren Qualifikation als aufbewahrungspflichtige Geschäftsdokumente dem Archivierungserfordernis, gilt es hierbei bestimmte Anforderungen zu beachten.
Diese fließen zum einen aus der Verwaltungsvorschrift „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“, welche die Auffassung der obersten Finanzbehörden zum Umgang mit steuerrechtlich relevanten elektronischen Daten wiedergeben.
Andererseits sind aber auch Vorschriften des geltenden Datenschutzrechts zu beachten.
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Fazit
Mails, die im elektronischen Geschäftsverkehr gesendet und empfangen werden, können archivierungspflichtig sein, wenn sie selbst aufgrund ihrer Inhalte aufbewahrungspflichtige Geschäftsdokumente darstellen. Die Archivierungsfrist entspricht hierbei immer der jeweiligen gesetzlich angeordneten Aufbewahrungsdauer.
Stellen geschäftliche Mails dahingegen nur das Transportmedium für Geschäftsdokumente (etwa Mail-Anhang) dar, sind sie selbst nicht archivierungspflichtig.
Für eine technisch ordnungsgemäße Archvierung von E-Mails sind zum einen die Grundsätze der GoBD zu beachten, welche unter dem Stichwort der Unveränderbarkeit technische und organisatorische Maßnahmen der Zugriffssicherung, Manipulationsabwehr und Änderungsprotokollierung vorschreiben.
Zum anderen spielen aber auch datenschutzrechtliche Voraussetzungen vor allem dann eine Rolle, wenn sämtlicher ein- und ausgehender Mailverkehr undifferenziert archiviert wird. Hier sind geeignete Löschkonzepte einzurichten, welche den nicht rechtlich aufbewahrungspflichtigen Mailbestand turnusmäßig herausfiltern und unwiederbringlich eliminieren.
Ist im Betrieb auch die private Kommunikation über geschäftliche Mailkonten gestattet, ist bei einer lückenlosen Gesamtarchivierung des Mailverkehrs zudem immer auch die Einwilligung eines jeden Mitarbeiters einzuholen.
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