KG Berlin: Unzulässigkeit einer Werbung für Rotbuschtee mit der Angabe „Vitamine GESUND“

KG Berlin: Unzulässigkeit einer Werbung für Rotbuschtee mit der Angabe „Vitamine GESUND“
von Anna Bosch
26.01.2016 | Lesezeit: 4 min

Hinweis: Interessante weiterführende Informationen zum Thema hat die IT-Recht Kanzlei in ihrem Beitrag "Health-Claims-Verordnung" veröffentlicht.

Auf der Internetplattform eBay wurde von einem Unternehmen ein Rotbuschtee angeboten. In der Angebotsüberschrift fanden sich neben der Teebezeichnung u.a. die Begriffe „Vitamine GESUND“. Ein Verein zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs störte sich an der Angabe „GESUND“ und verklagte das Unternehmen auf Unterlassung. Lesen Sie im heutigen Beitrag, wie das Kammergericht (KG) Berlin mit Urteil vom 27.11.2015 (Az. 5 U 96/14) den Fall entschied.

1) Um was ging es?

Die Parteien stritten um die wettbewerbsrechtliche Lauterkeit einer Werbung für Rotbuschtee mit der Angabe „GESUND“. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Bewerbung mit einer allgemeinen gesundheitsbezogenen Angabe verstoße gegen das Verbot des Art. 10 Abs. 3 der europäischen Health-Claims-Verordnung (HCVO). Denn der Hinweis „GESUND“ werde vom Verbraucher so verstanden, dass zwischen dem Produkt einerseits und der Gesundheit andererseits ein Zusammenhang bestünde. Der von der Beklagten vorgebrachte Einwand, der Hinweis beziehe sich nur auf den gesunden Zustand der Pflanzen, sei für den Verbraucher eine völlig fernliegende Annahme. Dass Produkte nicht von kranken Pflanzen geerntet würden, setze der Durchschnittsverbraucher als selbstverständlich voraus. Wenn dem Produkt tatsächlich aber keine Eigenschaft innewohne, die das gesundheitliche Wohlbefinden verbessert, sei eine derartige gesundheitsbezogene Bewerbung wettbewerbswidrig.

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2) Wie entschied das Kammergericht Berlin den Rechtsstreit?

Das Kammergericht Berlin gab der Klage des Vereins statt. Die Werbeangabe „Vitamine GESUND“ für einen Rotbuschtee sei eine unspezifische gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des Art. 10 Abs. 3 HCVO. Der Unterlassungsanspruch folge somit aus § 4 Nr. 11 UWG a.F. in Verbindung mit Art. 10 Abs. 3 HCVO.

Das UWG wurde im Dez. 2015 neu gefasst. Von den Änderungen betroffen war auch der § 4 UWG. Der dort unter Nr. 11 geregelte Tatbestand des Rechtsbruchschutzes, findet sich nunmehr in § 3a UWG wieder. Die Vorschrift entspricht zwar im Kern der Vorgängervorschrift, ist jedoch vom Wortlaut her nicht ganz deckungsgleich.

Zur Begründung führte das Gericht aus, dass der Zusatz „GESUND“ bei einem durchschnittlichen Verbraucher den Eindruck erwecken könne, dass der Verzehr des Lebensmittels zu einer Verbesserung des
Gesundheitszustandes führe.

„Nach Art. 10 Abs. 3 HCVO sind allgemeine nicht spezifische gesundheitsbezogene Angaben nur zulässig, wenn ihnen eine in der Liste nach Art. 13 oder Art. 14 HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe eingefügt ist. An einer solchen weiteren spezifischen gesundheitsbezogenen Angabe im Sinne des Art. 10 Abs. 1 HCVO fehlt es vorliegend.“

Die Unzulässigkeit dieser Werbeaussage ergebe sich im konkreten Fall also daraus, dass für den Rotbuschtee in den Listen nach Art. 13 oder Art. 14 HCVO keine speziellen gesundheitsbezogenen Angaben enthalten sind. Unerheblich für diese Annahme sei dabei, ob die Listen bereits abschließend erstellt wurden. Der Genuss eines Rotbuschtees könne zwar durchaus das allgemeine Wohlbefinden steigern, für die Zulässigkeit einer gesundheitsbezogenen Werbung, müssten ihm aber auch gesundheitsbezogene Eigenschaften zukommen, die nicht bloß behauptet werden.

3) Besonderheiten der Entscheidung

Entgegen der Ansicht des BGH in seiner wenige Monate vorher gefällten „Rescue-Produkte“-Entscheidung, hielt das Kammergericht Art. 10 Abs. 3 HCVO für anwendbar bevor die Listen nach Art. 13 oder Art. 14 abschließend erstellt wurden. Denn weder der Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte des Art. 10 Abs. 3 HCVO sprächen für diese einschränkende Auslegung. Zum einen werde das Produkt Rotbuschtee bereits in den Listen geführt, zum anderen bliebe es dem Verwender unbenommen, eine spezifische gesundheitsbezogene Angabe zu verwenden. Sei die Verwendung einer spezifischen gesundheitsbezogenen Angabe nicht möglich (etwa weil der Unternehmer den hierfür gebotenen wissenschaftlichen Nachweis nicht führen kann), könne die Verwendung einer allgemeinen gesundheitsbezogenen Annahme nicht ohne weiteres erlaubt sein, nur weil Listen über Gesundheitseigenschaften noch in Bearbeitung sind. Sinn und Zweck des Art. 10 Abs. 3 HCVO geböten es vielmehr schon jetzt – auch um Gefahren für Verbraucher abzuwehren -, unspezifische gesundheitsbezogene Angaben nur dann zu erlauben, wenn sie durch weitere spezifische gesundheitsbezogene Angaben konkretisiert werden können.

4) Fazit

Bei Produktwerbung mit gesundheitsbezogenen Angaben ist weiterhin Vorsicht geboten. Nach der Entscheidung des Kammergerichts Berlin sind allgemeine gesundheitsbezogene Zusätze wie „GESUND“ nur dann zulässig, wenn sie mit speziellen gesundheitsbezogenen Angaben verbunden werden. Verfügt ein Produkt also nicht über derartige gesundheitsfördernde Eigenschaften, die in den nach der Health-Claim-Verordnung vorgesehenen Listen vermerkt sind, besteht für die Bewerbung mit allgemeinen gesundheitsbezogenen Angaben ein hohes Abmahnrisiko.

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