VG Köln: CBD-Tropfen sind ein zulassungspflichtiges Arzneimittel
Auf dem europäischen Markt florieren Hanfprodukte, die ohne nennenswerten THC-Gehalt frei von psychoaktiven Wirkungen positiv auf die Gesundheit des Anwenders einwirken sollen. Besonders gefragt ist Öl aus Cannabidiol zur nahrungsergänzenden Einnahme. Dass es sich bei CBD-Öl aber nicht nur um ein Nahrungsergänzungsmittel, sondern vielmehr um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel handelt, beschied nun das VG Köln. Lesen Sie mehr zum Urteil.
Inhaltsverzeichnis
I. Der Sachverhalt
Ein Pharma-Unternehmen brachte 2 Präparate als CBD-Tropfen in unterschiedlicher Dosierung als Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr.
Das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung des Landes Rheinland-Pfalz wandte sich in einem Schreiben vom 15.1.2019 an das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und bat um eine Stellungnahme, ob es sich bei den von der Klägerin in den Verkehr gebrachten Erzeugnissen um zulassungspflichtige Arzneimittel handele. Cannabidiol besitze verschiedene pharmakologische Wirkungen, und es würden dem Stoff zahlreiche therapeutische Wirkungen zugeschrieben - so das Landesamt.
Mit zwei Bescheiden vom 12.7.2019 stellte das BfArM daraufhin fest, dass es sich bei beiden CBD-Produkten um zulassungspflichtige AZM handele. In Tiermodellen wie auch in humanmedizinischen Studien habe gezeigt werden können, dass CBD u.a. antidepressive, antipsychotische und neuroprotektive Wirkungen habe. Der Stoff CBD sei sowohl in Deutschland als auch in anderen europäischen Ländern in dem zugelassenen Arzneimittel „Sativex Spray“ enthalten.
Das Pharma-Unternehmen erhob gegen diese Bescheide Widerspruch. Es handele sich bei beiden Produkten nicht um Arzneimittel, sondern um Nahrungsergänzungsmittel. Entscheidend für die Abgrenzung zu Lebensmitteln bzw. Nahrungsergänzungsmitteln sei die pharmakologische Wirkung. Diese sei nach der Rechtsprechung des EuGH nur dann anzunehmen, wenn eine nennenswerte Beeinflussung physiologischer Funktionen stattfinde. Vergleichbare Mengen an CBD könnten auch über die normale Ernährung aufgenommen werden. Auf dem Markt seien zahlreiche neue hanfhaltige Lebensmittel verfügbar.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 16.1.2020 wies das BfArM die Widersprüche des Unternehmens als unbegründet zurück. Die Aussage, es könne dieselbe Menge an CBD mit der normalen Ernährung zugeführt werden, sei nicht haltbar.
Das Pharma-Unternehmen erhob daraufhin am 24.2.2020 Klage und beantragte, die Bescheide des BfArM in Gestalt der Widerspruchsbescheide aufzuheben.
Es handele sich bei den vertriebenen Präparaten nicht um Arzneimittel. Die empfohlene Verzehrmenge liege bei maximal 18 mg bzw. 45 mg CBD. Die Beklagte, das Bundesamt, liefere für eine pharmakologische Wirkung bei dieser Dosierung keine Belege.
Das Bundesamt beantragte, die Klage abzuweisen.
Es verweist auf Belege zur therapeutischen Wirksamkeit unterhalb der empfohlenen Dosierung. Zudem baue sich eine pharmakologische Wirkung schrittweise auf, sei auch bei niedrigeren Dosierungen gegeben und setze nicht erst abrupt mit Erreichen der Wirksamkeitsschwelle ein.
II. Die Entscheidung
Das Verwaltungsgericht Köln wies die Klage mit Urteil vom 22.03.2022 (Az. 7 K 954/20) als unbegründet ab. Die Bescheide des BfArM vom 17.9.2019 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 16.1.2020 seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Das BfArM habe zutreffend festgestellt, dass es sich bei den streitbefangenen Präparaten um zulassungspflichtige Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG handele.
Nicht dem Arzneimittelbegriff unterfielen gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebens- und Futtermittelgesetzbuches vom 3.6.2013. Zu den Lebensmitteln zählten auch Nahrungsergänzungsmittel im Sinne der RL 2002/46/EG.
Bei der Frage nach der Einordnung eines Stoffes als Arzneimittel oder als Lebensmittel bzw. Nahrungsergänzungsmittel sei der Gebrauch des Stoffes sowie der Umfang seiner Verbreitung und seiner Bekanntheit bei Verbrauchern in den Blick zu nehmen. Dabei falle auf, dass eine andere Verwendung von CBD als diejenige als Heilmittel nicht zu identifizieren sei. Insbesondere fehle dem Stoff jeglicher Ernährungszweck. Die Verwendung von CBD zur Ernährung sei nicht bekannt und habe auch von der Klägerin im Verfahren vor dem VG Köln nicht belegt werden können. Die von der Klägerin als Vergleich angeführten Nahrungsmittel enthielten entweder gar kein CBD (z.B. Hanfsamen) oder unterfielen (wie z.B. Tees aus Cannabisblüten) wegen ihres THC-Gehaltes dem Betäubungsmittelrecht.
Nach den vorliegenden Erkenntnissen sei es unmöglich, eine vergleichbare Menge CBD über eine normale Ernährung zuzuführen. Es handele sich bei CBD auch nicht um einen ambivalenten Stoff (“Dual-Use-Produkt“), der, wie das bei vielen Phytopharmaka der Fall sei, sowohl in Arzneimitteln, als auch in Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln Anwendung finde, sondern um einen Arzneistoff ohne lebensmittelbezogenen Zweck.
III. Fazit
Vom Menschen aufzunehmende Stoffe und Erzeugnisse sind entweder Arzneimittel oder Lebensmittel/Nahrungsergänzungsmittel. Beim Inverkehrbringen von Stoffen mit pharmakologischer Wirkung ist auch dann von zulassungspflichtigen Arzneimitteln auszugehen, wenn die empfohlene Dosierung unterhalb der therapeutischen Wirksamkeitsschwelle liegt.
Eine Klassifizierung als Lebensmittel oder als Nahrungsergänzungsmittel ist dann nicht mehr möglich.
Wie das VG Köln nun entschied, gilt die Arzneimitteleigenschaft insbesondere für Cannabidiol-Öl.
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
Link kopieren
Als PDF exportieren
Per E-Mail verschicken
Zum Facebook-Account der Kanzlei
Zum Instagram-Account der Kanzlei
0 Kommentare