VG Hannover: Geburtstagsabfrage durch Apotheke kann Datenschutzverstoß sein
Ob es einer Online-Apotheke datenschutzrechtlich zustand, pauschal und auch bei rezeptfreien Bestellungen das Geburtsdatum von Käufern als Pflichtangabe abzufragen, entschied mit Urteil vom 09.11.2021 (Az.: 10 A 502/19) das VG Hannover.
Inhaltsverzeichnis
I. Der Sachverhalt
Beklagte war die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen. Sie wies die Klägerin, eine Online-Versand-Apotheke, mit Bescheid zur Unterlassung der Geburtsdatumsabfrage bei rezeptfrei erwerbbaren Medikamenten an. Die Apotheke fragte dieses bei jedem Bestellvorgang von den Kunden als Pflichtangabe ab.
Der Landesbeauftragte war der Ansicht, die pauschale Abfrage verstoße gegen den Grundsatz der Datenminimierung aus Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO, weil das Geburtsdatum zumindest für die Erfüllung von Kaufverträgen über rezeptfreie und damit unbeschränkt erwerbliche Medikamente nicht erforderlich sei. Die spätere Klägerin sammle damit mehr Daten, als sie für eine gesetzeskonforme Vertragserfüllung tatsächlich benötige.
Die Klägerin rechtfertigte ihr Vorgehen damit, dass sie eine Pflicht zur altersgerechten Beratung zu erfüllen habe. Es handle sich um eine Beratungsobliegenheit, die aus der für Apotheker geltenden Berufsordnung resultiere. Außerdem habe sie ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, ob der Kunde volljährig und somit voll geschäftsfähig sei.
II. Die Entscheidung
Mit Urteil vom 09.11.2021 (Az.: 10 A 502/19) wies das VG Hannover die Klage ab.
Das Gericht war der Ansicht, die Verarbeitung des Geburtsdatums im Bestellvorgang habe jedenfalls dann zu unterbleiben, wenn keine altersspezifische Beratung erforderlich sei.
Das angebotene Sortiment der Beklagten bestehe zum großen Teil aus Drogerieartikeln und apothekenpflichtigen Medikamenten, die nicht altersspezifisch zu dosieren seien. Für eben diese Produkte fehle es an der Rechtsgrundlage zur Verarbeitung des Geburtsdatums. Weder sei dieses zur Erfüllung des Vertrages (Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO) erforderlich, noch kämen überwiegende berechtigte Interessen der Online-Apotheke (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO) in Betracht.
Ein gegebenenfalls anzuerkennendes überwiegendes berechtigtes Interesse an der Feststellung der Geschäftsfähigkeit berechtige insofern nicht zur Abfrage eines konkreten Geburtsdatums. Vielmehr reiche hierfür auch eine bloße Abfrage der Volljährigkeit ohne genaues Geburtsdatum aus.
Auf eine ausdrückliche Einwilligung könne sich die Klägerin schon deswegen nicht berufen, weil sie für die Verarbeitung des Geburtsdatums eine solche gerade nicht einhole, sondern die Eingabe ohne Weiteres als Pflichtfeld ausgestalte.
III. Fazit
Die Abfrage eines konkreten Geburtsdatums als Pflichtangabe ist im Online-Handel grundsätzlich un- und nur in Ausnahmefällen zulässig.
Immer dann, wenn eine konkrete Altersbestimmung nicht erforderlich ist, um bestimmten jugendschutzrechtlichen Ge- und Verboten oder sonstigen altersbedingten Erwerbsschranken zu entsprechen, verstößt die Geburtsdatumsabfrage gegen das Prinzip der Datenminimierung aus Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO.
Konsequent ist insofern die Entscheidung des VG Hannover vom 09.11.2021 (AZ: 10 A 502/19), das die Pflichtabfrage des Geburtsdatums durch eine Online-Apotheke für frei handelbare rezeptfreie Medikamente für datenschutzwidrig erklärte.
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