Verbot pornographischer Inhalte ohne Altersbeschränkung zulässig
Um einer schädlichen Wirkung auf Jugendliche entgegenzuwirken, sind Anbieter von pornographischen Angeboten auf Online-Plattformen zwingend verpflichtet, eine Altersverifikation einzurichten. In einem Eilrechtsverfahren hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf nun entschieden, dass dies auch für Anbieter gilt, die ihren Sitz im Ausland haben. Hiernach darf eine deutsche Behörde pornographische Inhalte beanstanden und deren künftige Verbreitung in der beanstandeten Form untersagen.
Landesanstalt für Medien NRW geht gegen Porno-Anbieter vor
Anlass der Entscheidung war das Vorgehen der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen gegen mehrere Anbieter, die auf Online-Plattformen pornographische Inhalte ohne Altersverifizierung veröffentlicht hatten. Da solche Veröffentlichungen bei fehlender Altersverifikation angesichts der hiermit zusammenhängenden Gefährdung des Jugendschutzes unzulässig sind, beanstandete die Medienanstalt die Veröffentlichungen und untersagte sie.
Gemäß § 20 Abs. 1 des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (kurz JMStV) darf die zuständige Landesmedienanstalt die erforderlichen Maßnahmen gegenüber Anbietern treffen, wenn diese gegen eine der Bestimmungen des JMStV verstoßen. Werden pornographische Angebote unbeschränkt veröffentlicht, verstößt dies gegen § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, S. 2 JMStV.
In § 4 Abs. 1 S. 1 heißt es:
"Unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit sind Angebote ferner unzulässig, wenn sie
1. in sonstiger Weise pornografisch sind,
[…]"
Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 S. 2 JMStV lautet wie folgt:
"In Telemedien sind Angebote abweichend von Satz 1 zulässig, wenn von Seiten des Anbieters sichergestellt ist, dass sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden (geschlossene Benutzergruppe)."
Die Besonderheit in dem vorliegenden Fall war, dass die betroffenen Anbieter ihren Sitz in Zypern hatten. Daher waren sie der Ansicht, der deutsche Jugendmedienschutz sei für sie nicht anwendbar und beantragten beim Verwaltungsgericht Düsseldorf vorläufigen Rechtsschutz.
VG Düsseldorf: Deutsches Jugendschutzrecht anwendbar
Im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO prüfte das Gericht die voraussichtlichen Erfolgsaussichten der entsprechenden Klage in der Hauptsache und kam zu dem Ergebnis, dass sowohl die Beanstandung als auch die Untersagung seitens der Landesmedienanstalt rechtmäßig waren.
Insoweit wies es die Anträge der betroffenen Anbieter zurück.
Dabei ging das Gericht insbesondere der Frage nach, ob die Regelungen des deutschen Jugendschutzes auch auf Anbieter anwendbar seien, die ihren Sitz außerhalb von Deutschland haben. Zunächst sei hierbei der Grundsatz zu beachten, dass Behörden eines Staates dessen eigenes Verwaltungsrecht anwenden.
Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn dies einen Verstoß gegen Völkerrecht darstellen würde, was hier jedoch gerade nicht der Fall ist.
Das Gericht führt hierzu aus:
"Die Erstreckung des innerstaatlichen Rechts auf einen Sachverhalt mit Auslandsbezug kommt - wie eingangs bereits angesprochen - dann in Betracht, wenn ein hinreichender völkerrechtlicher Anknüpfungspunkt („genuine link“) vorliegt […] Ein solcher Anknüpfungspunkt ist für die streitgegenständliche Maßnahme in Gestalt des sogenannten Wirkungsprinzips („effects doctrine“) gegeben. Dieses Prinzip knüpft an die Auswirkung einer vom Ausland ausgehenden Handlung an und erlaubt auslandsbezogene Rechtssetzung auch dann, wenn der zu regelnde, im Ausland lokalisierte Sachverhalt Auswirkungen im Inland hat. Neben dem „eng“ verstandenen Territorialitätsprinzip, das eingreift, wenn sich ein Geschehen ganz oder teilweise auf dem Staatsgebiet des regelnden Staates vollzieht, ist auch das Wirkungsprinzip völkerrechtlich als legitimer Anknüpfungspunkt anerkannt."
Dafür spreche vor allem die Tatsache, dass das streitige Angebot offensichtlich an ein deutsches Publikum gerichtet war:
"Dies ergibt sich aus der automatischen Weiterleitung auf das Angebot mit dem Präfix „de“, den Spracheinstellungen der Website sowie der dort geschalteten Werbung und geht aus den erkennbar auf deutsche Nutzer ausgerichteten Inhalten hervor."
Dem stehe auch nicht das in § 3 Abs. 2 TMG (alte Fassung) verankerte Herkunftslandprinzip entgegen, wonach für Dienstanbieter von Telemedien aus dem Ausland das Recht des jeweiligen Herkunftsstaates gelte. Denn hier greife die Ausnahmeregelung aus § 3 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 TMG a.F.: Danach unterliegt das Anbieten von Telemedien abweichend vom Herkunftslandprinzip dem (vergleichsweise) strengen deutschen Jugendschutzrecht, weil dieses dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vor Beeinträchtigungen bzw. ernsthaften und schwerwiegenden Gefahren dient.
Nach Auffassung des VG Düsseldorf dienen die angegriffenen Regelungen konkret dem Schutz von Minderjährigen vor unzulässiger Pornografie. Auch wenn es wissenschaftlich nicht ganz geklärt sei, welcher tatsächliche Schaden für Kinder und Jugendliche infolge des Konsums unzulässiger Pornografie entstehen könne, bestehe Einigkeit darüber, dass der Staat
"Schutzmaßnahmen treffen kann, ohne warten zu müssen, bis der Beweis für das tatsächliche Bestehen dieser Gefahren vollständig erbracht ist. Außerdem kann der Mitgliedstaat diejenigen Maßnahmen treffen, die eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung weitestmöglich verringern."
Zudem habe die deutsche Behörde bei ihrem Vorgehen den Herkunftsstaat der Anbieter (Zypern) hinreichend in die beabsichtigte Maßnahme eingebunden.
Verbot von pornographischen Inhalten ohne Altersverifikation zulässig
Im Übrigen kam das Gericht zu dem Schluss, dass die behördliche Beanstandung der pornographischen Angebote sowie die ausgesprochene Untersagung zulässig waren.
Denn durch das Bereitstellen von pornographischen Angeboten ohne entsprechende Altersverifikation hätten die Anbieter gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 und 2 JMStV (in der für die Entscheidung maßgeblichen alten Fassung) verstoßen. Hierbei wies das Gericht zunächst sämtliche Zweifel gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser gesetzlichen Regelung zurück.
Angesichts zahlreicher repräsentativer Studien habe bereits etwa die Hälfte der befragten Jugendlichen frei zugängliche Pornografie im Internet konsumiert, wobei nur ein Viertel der Eltern Geräte oder Programme genutzt habe, um solche Inhalte zu blockieren. Insofern reiche die bloße Kennzeichnung von pornographischen Angeboten mithilfe sogenannter Jugendschutzlabeln nicht aus, weil immer noch ein großer Teil der betroffenen Kinder und Jugendlichen ungeschützt wäre.
Vielmehr sei für effektiven Jugendschutz zwingend erforderlich, dass beispielsweise durch entsprechende Altersverifikationssysteme nur Erwachsene Zugang zu den Inhalten erhalten.
Das von der Landesmedienanstalt ausgesprochene Verbot verstoße auch nicht gegen die Berufsfreiheit der Anbieter aus Art. 12 GG. Denn dem Anbieter bliebe weiterhin die Möglichkeit, seine Website zu betreiben – nur eben unter Einhaltung der jugendschutzrechtlichen Vorgaben.
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Fazit
Die Entscheidung des VG Düsseldorf zeigt erneut, wie wichtig es für Betreiber von Online-Plattformen von jugendgefährdenden Inhalten ist, eine rechtssichere Altersverifikation zu haben. Dies gilt nicht nur für deutsche, sondern auch für ausländische Anbieter. Ausreichend für die Anwendbarkeit des deutschen Jugendschutzrechts ist dabei, dass das Angebot (auch) an deutsche Nutzer gerichtet ist.
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Ralf Liebhold / shutterstock.com
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