Die Verwendung eigener GTIN im Online-Handel (Update)
Spätestens seit Amazon und eBay über ihre Plattformen fast nur noch den Verkauf von solchen Waren zulassen, die mit einer Global Trade Item Number (GTIN) gekennzeichnet sind, treibt das Thema die Online-Händler um. Müssen Händler die durch den Hersteller vergebenen GTIN übernehmen? Dürfen sie die Waren mit eigenen GTIN versehen, insbesondere wenn dies die Hersteller unterlassen haben? Die IT-Recht Kanzlei widmet sich diesen und weiteren Fragen rund um das Thema GTIN.
I. Die Vorteile von GTIN
GTIN verunsichern immer wieder Händler. Was dürfen sie mit GTIN tun, was müssen sie mit ihnen tun? GTIN steht für Global Trade Item Number und ist eine internationale, unverwechselbare Nummer zur Kennzeichnung von Produkten, die in Deutschland von dem Unternehmen GS1 Germany GmbH vergeben und verwaltet wird. Vorläufer der GTIN war die EAN, kurz für European Article Number. GTIN ist nichts anderes als eine Nummer, meist in Verbindung mit einem Barcode, die die Warenwirtschaft und den Vertrieb von Produkten erleichtert. Durch die ggf. automatisierte Erfassung von Waren durch Scannen der Barcodes lassen sich Abläufe innerhalb von Unternehmen und zwischen verschiedenen Unternehmen beschleunigen, so dass Effizienzgewinne erzielt werden können. Optimalerweise versieht bereits der Hersteller einer Ware dieser mit einer GTIN durch Aufdruck dieser auf die Ware selbst, auf ihre Verpackung oder durch ein selbstklebendes Etikett. In der Folge können nachgelagerte Zwischenhändler die Nummer bzw. den Barcode für ihre Zwecke nutzen, etwa zur Erfassung von ein- und ausgehenden Waren innerhalb des eigenen Warenwirtschaftssystems.
II. Ist die Vergabe von GTIN auch durch Händler möglich?
Hat nicht bereits der Hersteller die Waren mit einer GTIN versehen, können diese Aufgabe Händler für eigene Zwecke übernehmen. Sowohl technisch als auch rechtlich spricht jedenfalls grundsätzlich nichts dagegen. Die GTIN ist keine Marke, aus der irgendwelche Markenrechte des Herstellers resultieren. Es handelt sich dabei bloß um eine Kennzeichnung zur Verwaltung und Organisation der Waren. Daher wäre die Vergabe eigener GTIN durch Händler selbst dann kein Problem, wenn die betreffenden Waren bereits vom Hersteller oder einem Lieferanten mit GTIN gekennzeichnet worden sind. Allerdings wäre dies sinnlos, weil Händler die vom Hersteller verwendeten GTIN ohne Probleme für eigenen Zwecke nutzen könnten. Die Vergabe neuer GTIN ist daher unnötig.
Einzige Voraussetzung für die rechtliche Unbedenklichkeit der Vergabe eigener GTIN durch Händler ist deren ordnungsgemäßer Erwerb. In Deutschland ist die GS1 Germany GmbH für die Vergabe der GTIN zuständig. Nur Händler, die eine Lizenz dieses Unternehmens für die Verwendung der GTIN haben, dürfen damit Waren kennzeichnen. Je nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls kann der Erwerb der GTIN durch Zwischenhändler gegen die Lizenzbestimmungen der GS1 Germany GmbH verstoßen und daher zu Rechtsproblemen führen. Zur Vermeidung rechtlicher Schwierigkeiten ist daher der Erwerb direkt von diesem Unternehmen ratsam.
Rechtliche Konflikte drohen womöglich sonst nur noch aus dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG). Nach § 4 Abs. 1 S. 2 ProdHaftG haften nicht nur die Produkthersteller im eigentlichen Sinne für Produktfehler, sondern auch andere Unternehmen, die sich durch das Anbringen eines unterscheidungskräftigen Kennzeichens als Hersteller ausgeben. Manche Juristen sind der Ansicht, Händler könnten aufgrund dieser Vorschrift durch das Anbringen von GTIN auf den von ihnen verkauften Produkten wie Hersteller nach dem Produkthaftungsgesetz haften müssen. Allerdings gilt dies wohl nicht, wenn aus dem Produkt oder seiner Beschreibung ersichtlich ist, dass tatsächlich ein anderes Unternehmen der eigentliche, echte Hersteller des betreffenden Produkts ist. Solange die Rechtsprechung noch nicht darüber entschieden hat, kann die Frage nicht abschließend beantwortet werden.
III. Verkauf über Amazon und eBay
Verkaufen Online-Händler ihre Waren nicht (nur) im eigenen Webshop, sondern über Verkaufsplattformen wie Amazon und eBay, gelten im Prinzip keine Besonderheiten. Auch dort ist der Verkauf von Waren rechtlich grundsätzlich unbedenklich, wenn Händler die Waren mit eigenen GTIN versehen haben. Weder die Nutzungsbedingungen von Amazon noch diejenigen von eBay sehen vor, dass einzig und alleine die GTIN des Herstellers verwendet werden dürfen. Vielmehr ist es umgekehrt so, dass Händler aus technischen Gründen nur solche Waren über diese Plattformen verkaufen können, die mit einer GTIN gekennzeichnet sind, unabhängig davon, ob diese bereits vom Hersteller vergeben worden ist oder später vom Händler.
Zur Optimierung und Vereinheitlichung des Warenabsatzes über diese Verkaufsplattformen wollen deren Betreiber den Verkauf grundsätzlich nur solcher Waren zulassen, die mit einer GTIN gekennzeichnet sind. Dies bedeutet, dass Online-Händler häufig sogar eigene GTIN vergeben müssen, um Waren über diese Plattformen verkaufen zu können. Zwar präferieren es die Plattformbetreiber, wenn Produkte weltweit jeweils nur mit einer einzigen, einheitlichen GTIN versehen sind, damit der Absatz der Waren möglichst nach einem einheitlichen Verfahren vonstattengehen kann. Doch ist dies nach den jeweiligen Nutzungsbedingungen keine zwingende Voraussetzung.
IV. Fazit
GTIN dienen der Steigerung der Effizienz des Handels und Vertriebs von Waren, da sie als wesentlicher Teil eines Warenwirtschaftssystems bei der Automatisierung der innerbetrieblichen Abläufe helfen können. Sind Waren bereits vom Hersteller mit einer GTIN gekennzeichnet worden, können Händler diese in das eigene System übernehmen. Hat der Hersteller seine Waren nicht mit einer GTIN gekennzeichnet, können Händler die Waren mit einer eigenen GTIN versehen. Zu beachten ist dabei bloß, dass die GTIN entsprechend der geltenden Lizenzbedingungen genutzt werden. Selbst die Kennzeichnung von Waren mit einer zweiten GTIN ist durch den Händler in der Regel zulässig, wäre aber sinnlos, weil Händler die bereits vergebenen GTIN für ihre eigenen Zwecke vorbehaltlos verwenden können.
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1 Kommentar
Unklar ist mir dabei noch folgender Fall:
Beim Import von Waren muß der Importeur seinen Namen und Adresse auf dem Produkt anbringen (gemäß WEEE usw.). Ev. versieht er das Produkt auch noch mit einer eigenen Handelsmarke.
Kann in diesen Fällen dann noch die GTIN des ausländischen Herstellers verwendet werden?
Gruß