Ausgeradelt: Das BPatG zur Verwechslungsgefahr beim Volks.Fahrrad

Ausgeradelt: Das BPatG zur Verwechslungsgefahr beim Volks.Fahrrad
10.10.2017 | Lesezeit: 3 min

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 28.08.2016 (Aktenzeichen 29 W (pat) 73/10) Stellung zur Verwechslungsgefahr von Wort- und Bildmarken, auch in Bezug auf die Bekanntheit einer Marke, bezogen. Und eine Markenverletzung bei Waren oder Dienstleistungen birgt erhebliche Gefahren für Händler, da sich umfangreiche Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche gegen diese ergeben können. Die betreffende Marke muss gelöscht und darf als solche nicht mehr im Geschäftsverkehrt verwendet werden. Darüber hinaus treffen den Verletzer der Marke Auskunftspflichten über Umfang und Nutzung der Marke.

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1. Die Volks-Marke

In seinem Beschluss beschäftigte sich das Gericht mit der Frage, ob die vom Beschwerdegegner verwendete Marke „Volks.Fahrrad“ Verwechslungsgefahr im Sinne des in § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG mit der eingetragenen Marke des Beschwerdeführers „Volkswagen“ aufwies und somit der Löschung bedarf. Das bestätigte den in § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG niedergelegten Grundsatz, dass Markenrechtsverletzungen bei nicht identischen, aber doch zumindest ähnliche Marken dann vorliegen, wenn zum einen ein Vergleich der Zeichen eine verwechselnde Ähnlichkeit der verwendeten Zeichen zu erkennen gibt und zum anderen, ob diese Zeichen im Geschäftsverkehr für ähnliche Dienstleistungen oder Waren verwendet werden. Letztlich muss nach dem Gesetzeswortlaut die Gefahr bestehen, dass beide Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden.

2. Finger weg von bekannten Marken

Dem Gericht zufolge sind bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Das Gericht stellte zwar zunächst heraus, dass alleine durch die identische Verwendung des Wortes „Volk“ als Präfix in der Namensgebung der Ware allein keine klangliche Verwechslungsgefahr besteht. Prinzipiell ist damit der weiteren Verwendung dieses Präfixes keine Schranke auferlegt worden. Allerdings müssen sich Unternehmer, deren verwendete Marken jedenfalls assoziativ anderen, eingetragenen Marken nahestehen, sich bewusst sein, dass mit gesteigerter Bekanntheit einer Marke auch die Anforderungen bezüglich der Ähnlichkeit der erbrachten Dienstleistungen oder veräußerten Waren sinken.

Hiermit stützt sich das Bundespatentgericht auf eine Verwechslungsgefahr „im weiten Sinne“: Da es der Marke „Volkswagen“ einen gesteigerten Bekanntheitsgrad zuspricht, ließ es für die Annahme einer Markenrechtsverletzung genügen, dass unter der Marke „Volks.Fahrrad“ zwar keine Kraftfahrzeuge, sondern lediglich Fahrräder vertrieben wurden. Somit müssen Unternehmer beachten, dass eine Markenrechtsverletzung auch dann anzunehmen ist, wenn sich die wirtschaftliche Reichweite beider Marken eklatant unterscheidet – dem „David gegen Goliath“-Argument des Beschwerdegegners (das „Volks.Fahrrad“ fand nur marginalen Absatz) wurde damit eine Absage erteilt.

Daran würde dem Gericht zufolge auch der Umstand nichts ändern, dass die Reihe der „Volksprodukte“ durch dem „Bild“-Logo nahestehendem Design ein markentechnisches Profil aufgebaut hat, welches sich von der Bildmarke „Volkswagen“ deutlich unterscheidet und dem Kundenkreis auch durch jahrelange Etablierung geläufig ist. Zumindest klanglich, so das Gericht, könne eine Herkunftsverwirrung jedenfalls in Bezug auf den Verkauf von Fahrrädern hervorgerufen werden.

3. Fazit

Letztlich stützt sich das Gericht hiermit bei der Frage nach einer Markenrechtsverletzung begründenden Herkunftsverwirrung auf das Vorliegen besonderer Umstände, welche hier in der Strahlkraft und Bekanntheit der Marke „Volkswagen“ zu sehen sind. Dem Gericht zufolge ist die erhöhte Schutzwürdigkeit von etablierten Marken wie „Volkswagen“ dadurch begründet, dass Wettbewerber in gleichen oder zumindest ähnlichen Marktsegmenten dazu neigen, sich durch die Wirkung dieser Marke einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen indem assoziativ nahestehende Begrifflichkeiten verwendet werden. Diese Einzelfallprüfung birgt jedoch Risiken – ab welchem Zeitpunkt und nach welchen Kriterien das Gericht entscheiden wird, ob eine Marke von besonderer Bekanntheit vorliegt die es in folgerichtig in besonderem Maße zu schützen gilt, bleibt oftmals unklar. Gerade deshalb sollte sich von Unternehmerseite aus nicht darauf verlassen werden, dass den Gerichten auch Bekanntheitsverhältnisse in modernen Marktsegmenten, wie etwa dem Internethandel, geläufig sind. Auf der sicheren Seite bleibt hier, wer den Vertrieb durch anwaltlichen Rat absichern lässt.

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