Es kommt auf's Detail an: Zur Verwechlungsgefahr im Markenrecht

Es kommt auf's Detail an: Zur Verwechlungsgefahr im Markenrecht
17.11.2021 | Lesezeit: 7 min

Eingetragene Marken sind nicht nur identisch geschützt, sondern auch ähnlich. Dann geht es um die sog. Verwechslungsgefahr. In diesem Bereich kommt es immer wieder zu Kollisionen mit älteren Markeninhabern. Diese haben die Möglichkeit vor dem zuständigen Markenamt Widerspruch gegen die jüngere Marke einzulegen. Wann eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr vorliegt und welche Kriterien hier eine Rolle spielen, wurde in einer aktuellen Entscheidung des Bundespatentgerichts um den Markenbestandteil "Emma" thematisiert.

I. Leo & Emma vs. Emma

Ein Unternehmen, das Stützkopfkissen für Babies herstellt, hat beim DPMA die Marke „Leo & Emma“ für diese Produkte eintragen lassen. Ein anderes Unternehmen, das Matratzen und Zubehör vertreibt, hat gegen diese Eintragung Widerspruch eingelegt, da sie die Marke „Emma“ bereits früher eintragen lassen hat. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen. Nun erhebt das widersprechende Unternehmen Beschwerde beim Bundespatentgericht. Es beruft sich darauf, dass zwischen den Marken Verwechslungsgefahr bestehe.Die Widersprechende beantragte die Löschung der Marke „Leo & Emma“.

II. BPatG: Kein erhöhter Schutzumfang - keine Verwechslungsgefahr

Das Bundespatentgericht hat am 29.09.2021 (29 W (pat) 563/19) die Beschwerde des widersprechenden Unternehmens zurückgewiesen. Eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken „Emma“ und „Leo & Emma“ hat es abgelehnt.

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1. Maßstab für die Verwechslungsgefahr

Zunächst zeigt das Gericht den Maßstab auf, an dem eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken zu messen ist.

Eine Verwechslungsgefahr ist an einer Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke, Art der Waren oder Dienstleistung, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen, zu messen.

Nur durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Marke „Emma“. Hinsichtlich der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke „Emma“ führt das Gericht aus, dass diese nur durchschnittliche Kennzeichnungskraft und damit einen normalen Schutzumfang habe.

Eine Erhöhung des Schutzumfangs durch gesteigerte Verkehrsbekanntheit lehnt das Gericht ab, da es der Ansicht ist, dass das widersprechende Unternehmen dahingehend nicht genug Angaben gemacht hat. Insbesondere die Angabe des widersprechenden Unternehmens, dass es zu den führenden Online-Matratzen-Händlern zähle, ist nicht ausreichend um eine solche Erhöhung anzunehmen. 


Die Kennzeichnungskraft einer Marke Zur Bestimmung der Kennzeichnungskraft einer Marke ist umfassend zu prüfen, in welchem Maße diese geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit diese Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

Angaben, die eine hohe Kennzeichnungskraft vermuten lassen:

  • Umstand, ob die Marke beschreibende Elemente in Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen aufweist, für die sie geschützt ist
  • Marktanteil
  • Intensität, geografische Verbreitung und Dauer der Benutzung der Marke
  • Werbeaufwand des Unternehmens inklusive Investitionsumfangs zur Förderung der Marke
  • demoskopischen Befragungen zwecks Ermittlung des Anteils der beteiligten Verkehrskreise, die die Waren oder Dienstleistungen auf Grund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen
  • Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder von anderen Berufsverbänden

2. Definition der Verwechslungsgefahr

Eine Verwechslungsgefahr setzt Ähnlichkeit voraus. Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist grundsätzlich in Ansehung ihres Gesamteindrucks nach deren Ähnlichkeit im Klang, in (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind.

3. Unmittelbare Verwechslungsgefahr

Nach dem Bundespatentgericht ist eine solche Ähnlichkeit der Zeichen aufgrund ihres Gesamteindrucks nicht gegeben, eine unmittelbare Verwechslungsgefahr liegt nicht vor.

Die Vergleichsmarken „Emma“ und „Leo & Emma“ zeigen trotz des übereinstimmenden Bestandteils „Emma“ wegen des zusätzlichen Wortes „Leo" und des kaufmännischen Und-Zeichens in der angegriffenen Marke ausreichend deutliche Unterschiede in schriftbildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht.

Dies liegt einerseits daran, dass der Bestandteil „Emma“ aufgrund der niedrigen Kennzeichnungskraft den Gesamteindruck der angegriffenen Marke nicht ausreichend prägt. Zudem hat der Bestandteil „Leo“ eine genauso geringe Kennzeichnungskraft. Dass einer der beiden Bestandteile in den Vorder- oder Hintergrund rücken sollte, ist nicht ersichtlich.

Zum anderen liegt es daran, dass auch bei einem klanglichen Markenvergleich nur eine ganz geringe Ähnlichkeit angenommen werden kann. Die beiden Marken haben weder die gleiche Silbenanzahl, noch eine ähnliche Vokalreihenfolge, sowie einen anderen Sprech- und Betonungsrythmus.

4. Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen

Neben der unmittelbaren Verwechslungsgefahr aufgrund von einer schriftbildlichen, klanglichen oder begrifflichen Ähnlichkeit, kommt auch eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen in Betracht. 
 Allerdings verneint das Gericht auch diese.

Die Gefahr, dass Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, liegt dann vor, wenn die beteiligten Verkehrskreise zwar die Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken erkennen, die Vergleichszeichen aufgrund besonderer Umstände aber derselben betrieblichen Herkunft zuordnen (mittelbare Verwechslungsgefahr) oder davon ausgehen dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

Durch die Widersprechende wurde insbesondere auf eine Zuordnung zu derselben betrieblichen Herkunft hingewiesen. Die Widersprechende hat bereits mehrere Marken mit dem Bestandteil „Emma“ angemeldet. Dabei handelt es sich um Marken, wie zum Beispiel: „Emma Matratze“, „Emma Kids“ und „Emma Air“. Damit macht das widersprechende Unternehmen das Vorliegen eines Serienzeichens geltend, in das sich die Marke „Leo & Emma“ des gegnerischen Unternehmens einfügen würde.
Laut Gericht scheide eine solche mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens allerdings vollends aus.

Diese Art der Verwechslungsgefahr setzt die Benutzung mehrerer verschiedener Marken mit einem gemeinsamen Stammbestandteil zum Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke voraus. 
Allerdings reicht der Umstand, dass Marken mit gemeinsamem Bestandteil „Emma“ eingetragen wurden, nicht aus. Die angegriffene Marke füge sich nicht in das Markenbildungsprinzip der Widersprechenden ein. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass dem Namen Emma jeweils ein beschreibender Begriff nachgestellt wird.
Bei „Leo & Emma“ ist dies nicht der Fall.

III. Fazit: Drum prüfe....wer sich nicht verwechseln will

Um eine Markenkollision ausschließen zu können, sind folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • Eine Markenkollision liegt vor, wenn Marken identisch sind oder so ähnlich, dass eine Verwechslungsgefahr besteht.
  • Umso höher die Aufmerksamkeit und das Differenzierungsvermögen der angesprochenen Verkehrskreise ist, desto weniger wahrscheinlich kommt es zu einer Kollision zweier Marken.
  • Insbesondere die Kennzeichnungskraft der Marken spielt bei der Abwägung der Ähnlichkeit der Marken eine entscheidende Rolle.
  • Umso höher die Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke, an der eine mögliche Kollision der einzutragenden Marke zu messen ist, desto eher stellt die Übernahme eines Bestandteils aus der prioritätsälteren Marke eine Kollision mit dieser dar.
  • Eine Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn Ähnlichkeit im Klang, in (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt gegeben ist.
  • Bei der unmittelbaren Verwechslungsgefahr zweier Marken kommt es auf die gleiche Silbenanzahl, eine ähnliche Vokalreihenfolge, sowie einen anderen Sprech- und Betonungsrythmus, an.
  • Eine Verwechslungsgefahr aufgrund von Inverbindungbringen zweier Marken ist gegeben, wenn die beteiligten Verkehrskreise zwar die Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken erkennen, die Vergleichszeichen aufgrund besonderer Umstände aber derselben betrieblichen Herkunft zuordnen.

IV. Interesse an einer Markenanmeldung?

Wer sicher und sogar kostenfrei eine Marke anmelden will und bereits Mandant bzgl. unserer Schutzpakete ist oder werden will, für den haben wir folgendes Angebot:

Für unsere Neu- und Bestandsmandanten in Sachen Schutzpakete berechnen wir unter folgenden Umständen bei Anmeldung einer deutschen Marke kein Honorar:

  • Für neue Mandanten: Wer sich neu für eines unserer Schutzpakete entscheidet und dabei eine Mindestlaufzeit von mindestens 12 Monaten (im Unlimited-Paket obligatorisch) wählt, der bekommt einmal pro Jahr eine (1) Markenanmeldung on top. Gemeint ist damit die Prüfung der Eintragungsfähigkeit einer deutschen Marke und Durchführung der Anmelde- und Zahlungsmodalitäten ohne Berechnung unseres normalerweise anfallenden Honorars. Die anfallenden Amtsgebühren sind davon natürlich ausgenommen und weiterhin vom Markenanmelder zu tragen. Interesse? Hier geht es zu unseren Schutzpaketen.
  • Für Bestandsmandanten: Wer bereits Mandant der IT-Recht Kanzlei ist und eines unserer Schutzpakete bezieht und sich erst jetzt für eine Mindestlaufzeit von 12 Monaten entscheidet (bzw. sich bereits für eine Mindestlaufzeit (im Unlimited-Paket obligatorisch) bei Paketbuchung entschieden hatte), auch der soll von dieser Regelung zur de-Markenanmeldung profitieren und bekommt die obenstehende Beratung zur Markenanmeldung gratis. Interesse? Dann wenden Sie sich bitte an den für Sie bereits zuständigen Rechtsanwalt der IT-Recht Kanzlei oder an die info@it-recht-kanzlei.de.

Mehr dazu finden Sie in diesem Beitrag.

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