Einführung zu selektiven Vertriebssystemen, FAQ Teil 1
Der erste Teil der FAQ der IT-Recht Kanzlei beschreibt die verschiedenen Arten von selektiven Vertriebssystemen.
A. Einführung
1. Was ist ein selektives Vertriebssystem?
2. Welche Arten von selektiven Vertriebssystemen gibt es?
3.Was sind vertikale Vertriebssysteme?
4. Was sind horizontale Vertriebssysteme?
5. Worum geht es inhaltlich in vertikalen Vertriebsvereinbarungen?
6. Welche gesetzlichen Schranken gibt es?
A. Einführung
1. Was ist ein selektives Vertriebssystem?
Selektive Vertriebssysteme zählen zu den vertikalen Vertriebsvereinbarungen. Selektiven Vertriebsvereinbarungen sind nach der Definition der EU Vertriebssysteme, in denen sich der Anbieter verpflichtet, die Vertragswaren oder -dienstleistungen unmittelbar oder mittelbar nur an Händler zu verkaufen, die anhand festgelegter Merkmale ausgewählt werden, und in denen sich diese Händler verpflichten, die betreffenden Waren oder Dienstleistungen nicht an Händler zu verkaufen, die innerhalb des vom Anbieter für den Betrieb dieses Systems festgelegten Gebiets nicht zum Vertrieb zugelassen sind.
Selektive Vertriebssysteme haben unter bestimmten Voraussetzungen positive Auswirkungen auf den Markt. Deshalb fallen sie entweder nicht unter das Kartellverbot nach § 1 GWB / Art. 101 AEUV oder können davon gemäß § 2 Abs. 2 GWB / Art. 101 Abs. 3 AEUV i.V.m. der Vertikal-GVO freigestellt werden.
2. Welche Arten von selektiven Vertriebssystemen gibt es?
Es gibt drei Arten von selektiven Vertriebssystemen.
I. rein qualitative Selektivvertriebssysteme oder auch einfache Fachhandelsbindung
II. qualifiziert qualitative Selektivvertriebssysteme oder qualifizierte Fachhandelsbindung
III. quantitative Selektivvertriebssysteme
3. Was sind vertikale Vertriebssysteme?
Vertikale Vertriebsvereinbarungen sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen unterschiedlicher Wirtschaftsstufen über den Vertrieb von Waren und Dienstleistungen.
Unternehmen unterschiedlicher Wirtschaftsstufen sind die verschiedenen Unternehmen in der Lieferkette zwischen dem Hersteller beziehungsweise Importeur eines Produktes und dem Verbraucher. Diese können unterschiedliche viele sein. Schemenartig gedacht, könnte die Lieferkette aus dem Hersteller, dem Großhändler, dem Einzelhändler und dem Verbraucher bestehen. Jeder von ihnen steht auf einer eigenen Wirtschaftsstufe. Da jeder auf einer anderen Wirtschaftsstufe steht, werden die Vereinbarungen „vertikale Vereinbarungen“ genannt. Der Hersteller ist derjenige, der das Produkt oder die Dienstleistung herstellt, produziert oder erbringt. Alternativ steht der Importeur auf der ersten Stufe, der das Produkt nicht herstellt, aber außerhalb des EU-Binnenmarktes erwirbt und in den EU-Binnenmarkt einführt. Der Großhändler liefert das Produkt in der Regel an eine Vielzahl von Einzelhändlern, die regional verstreut sind, verkauft jedoch in der Regel nicht an Endverbraucher. Der Einzelhändler verkauft die Ware an den Verbraucher und hat deswegen in der Regel einen Verkaufsladen und / oder einen Online-Shop. Der Verbraucher ist schließlich der Endkunde, der das Produkt konsumiert, d.h. ge- oder verbraucht.
Es können aber auch mehr oder weniger Stufen sein. So kann der Hersteller bereits direkt an Einzelhändler liefern. Oder es gibt wegen der Größe des zu beliefernden Gebiets zwischen dem Hersteller und dem Einzelhändler zwei Großhändler.
Die Begriffe „Anbieter“ und „Abnehmer“ werden für sämtliche Handelsstufen verwendet und bezeichnen Verkäufer und Käufer.
4. Was sind horizontale Vertriebssysteme?
Im Gegensatz dazu stehen bei den sogenannten horizontalen Vereinbarungen die Unternehmen auf derselben Wirtschaftsstufe. Ein Beispiel hierfür wäre eine Vereinbarung zwischen zwei Großhändlern.
5. Worum geht es inhaltlich in vertikalen Vertriebsvereinbarungen?
Die Inhalte der vertikalen Vertriebsvereinbarungen können ganz verschieden sein. Grundsätzlich kann alles das vereinbart werden, was auch sonst in einem Vertrag geregelt werden kann. Meistens dreht es sich jedoch um Preise, den Umfang oder die Art und Weise der Leistung oder um den Kreis der weiteren Vertragspartner.
6. Welche gesetzlichen Schranken gibt es?
Vertikale Vereinbarungen können jedoch nicht unbegrenzt aufgestellt werden. Sie können den Wettbewerb zwischen den Händlern auf dem Wirtschaftsmarkt einschränken. Dies ist aber im Sinne eines freien und fairen Wettbewerbes nicht gewollt. Vertikale Vertriebsvereinbarungen können deshalb gegen Wettbewerbsverbot bzw. Kartellverbot verstoßen. Das Verbot steht im deutschen Recht im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (abgekürzt GWB und auch Kartellgesetz genannt). Zudem ist es auch im europäischen Recht - im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) - enthalten. Der AEUV gilt, wenn die vertikalen Vereinbarungen geeignet sind, den europäischen Markt zu beeinflussen. Nur bei rein nationalen Auswirkungen ist das GWB einschlägig. Wegen der bezweckten Harmonisierung der Rechtsräume stimmen die deutschen Regelungen und die europäischen Regelungen weitestgehend überein.
Die nationale Norm des § 1 GWB lautet:
Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.
Die europäische Norm des Art. 101 I AEUV (früher Art. 81 EGV) lautet:
(1) Mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken, insbesondere
a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen;
b) die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen;
c) die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen;
d) die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;
e) die an den Abschluss von Verträgen geknüpfte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.
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