Erlischt das Widerrufsrecht, wenn der Kunde die Ware zu spät zurückschickt?
Die Dauer der Widerrufsfrist kennt fast jeder Verbraucher. Wurde der Widerruf fristgemäß erklärt, besteht für den Verbraucher aber eine weitere Frist: Er muss die Ware spätestens binnen 14 (weiteren) Tagen ab seinem Widerruf an den Unternehmer zurücksenden. Doch erlischt das Widerrufsrecht, wenn der Verbraucher diese Frist reißt?
Worum geht es?
Verbraucherwiderrufe sind für Online-Händler per se ärgerlich, da diese Aufwände und Kosten produzieren. Noch ärgerlicher ist es, wenn der Verbraucher die Ware dann nicht innerhalb der vom Gesetzgeber hierfür vorgesehenen Frist an den Händler zurückschickt.
Die Widerrufsfrist als solche ist das in erster Linie maßgebliche, zeitliche Kriterium beim Fernabsatzwiderrufsrecht des Verbrauchers. Binnen dieser Frist, in aller Regel 14 Tage ab Lieferung der Ware, muss sich der Verbraucher entscheiden, ob er am Vertrag festhalten oder sein Widerrufsrecht ausüben möchte. Will er letzteres, muss er zumindest seine Widerrufserklärung noch während des Fristlaufs an den Unternehmer abgeschickt haben.
Wird der Widerruf zu spät erklärt, ist er verfristet und nicht wirksam.
Die Erklärung des Widerrufs löst für sich genommen aber weitere Fristen aus. Zum einen für den Unternehmer bezüglich der Erstattung der Zahlung an den Verbraucher.
Zum anderen für den Verbraucher, denn dieser ist verpflichtet, die Widerrufsware unverzüglich, spätestens binnen 14 Tagen ab Zugang des Widerrufs beim Händler an diesen zurückzusenden.
In der Widerrufsbelehrung heißt es dazu:
Sie haben die Waren unverzüglich und in jedem Fall spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag, an dem Sie uns über den Widerruf dieses Vertrags unterrichten, an uns zurückzusenden oder zu übergeben. Die Frist ist gewahrt, wenn Sie die Waren vor Ablauf der Frist von vierzehn Tagen absenden.
In der Praxis kommt es nicht selten dazu, dass der Kunde diese Frist reißt und die Ware erst danach an den Händler abschickt.
Erlöschen des Widerrufsrechts?
Mancher Online-Händler vertritt in diesem Fall die Meinung, der Verbraucher habe deshalb kein Widerrufsrecht mehr, da er eben zu spät dran ist und verweigert die Rückabwicklung des Vertrags.
Doch ist das rechtens?
Die klare Antwort darauf lautet: Nein!
Beim Widerrufsrecht des Verbrauchers handelt es sich um ein Gestaltungsrecht. Bereits mit Zugang der fristgemäßen Widerrufserklärung wird der geschlossene Kaufvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgestaltet.
Die Vorgabe des § 357 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 355 Abs. 3 BGB zur Rücksendung binnen 14 Tagen ist eine reine Abwicklungsvorschrift.
Daher gilt: Hält der Verbraucher die vierzehntätige Frist zur Rücksendung der Ware nicht ein, verliert er nicht sein (bereits wirksam ausgeübtes) Widerrufsrecht. Der Händler kann sich daher insbesondere nicht auf den Standpunkt stellen, er müsse nun die Ware nicht mehr zurücknehmen, wenn der Verbraucher den Widerruf bereits innerhalb der Widerrufsfrist wirksam erklärt hatte.
Damit steht fest, dass eine Überschreitung der Rücksendefrist gerade nicht zu einem Erlöschen eines bereits ausgeübten Widerrufsrechts führt.
Allenfalls bei extremer Verzögerung der Rücksendung um mehrere Monate oder gar Jahre könnte man über eine Verwirkung des Rückzahlungsanspruchs durch den Verbraucher nachdenken.
Warum gibt es diese Frist dann überhaupt?
Mancher Händler wird sich nun die Frage stellen, was ein derart zahnloser Tiger im Gesetz dann überhaupt für eine Berechtigung hat.
Hintergrund ist, dass der Verbraucher bei Überschreiten der Frist in verschärfter Weise haftet und in Schuldnerverzug gerät, wenn er die Absendung schuldhaft verzögert.
Aus diesem Grund wäre ein Schadensersatzanspruch des Händlers wegen Verzögerung der Leistung denkbar. Dies kann etwa bei schnelllebiger Technik der Fall sein, die quasi täglich an Wert verliert.
Schickt der Kunde etwa nach seinem Widerruf ein eben erst neu auf dem Markt gekommenes Smartphone in schuldhafter Weise monatelang nicht an den Händler zurück, so dass der Händler die Ware wegen des Wertverlusts durch Zeitablauf nur noch mit einem deutlichen Abschlag verkaufen kann im Vergleich zu dem Preis, der bei fristgemäßer Rücksendung realisierbar gewesen wäre, wäre der Verbraucher in dieser Hinsicht schadensersatzpflichtig.
Daneben steht dem Händler ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Erstattung von Kaufpreis und Versandkosten zu, solange der Verbraucher das Abschicken der Ware nicht nachweist, es sei denn, der Händler hat eine Abholung der Ware angeboten.
Der Händler ist also nicht ungeschützt bei verzögerter Rücksendung durch den Kunden.
Fazit
Der „Händlerwunsch“ nach einem Entfall des Widerrufsrechts bei verzögerter Rücksendung erst nach Ablauf der Frist von 14 Tagen geht leider nicht in Erfüllung.
Händler sind damit gut beraten, die Rückabwicklung auch in diesem Fall weiter voranzutreiben und diese nicht zur verweigern.
Der Verbraucher „verliert“ sein Widerrufsrecht durch seine Trödelei bei der Rücksendung ausdrücklich nicht.
Händler sind in dieser Konstellation geschützt durch ein Zurückbehaltungsrecht in Bezug auf die Erstattung von Kaufpreis und Versandkosten, solange die Ware nicht wieder eingetroffen ist bzw. der Verbraucher eine Absendung nicht nachweisen kann. Ferner haftet der schuldhaft verspätet zurücksendende Verbraucher für einen Schaden, der dem Händler durch die Verzögerung entsteht.
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