Gastbeitrag von RA Dr. iur. F. Schäfer: "Versicherter Versand" bei eBay ist abmahnfähig
Von Rechtsanwalt Dr. iur. F. Schäfer, Pirmasens
Inhaltsverzeichnis
1. Angabe von „versichertem Versand“ bei ebay-Angeboten unzulässig
An die Tatsache, daß bei ebay die Wahl der falschen Versandart wettbewerbsrechtliche Konsequenzen haben kann, haben sich die ebay-Händler ja schon gewöhnt. In Abmahnkreisen ist es beispielsweise bestens bekannt, daß der Hinweis auf unversicherten Versand ohne weitergehende ausdrückliche Erläuterungen bezüglich des beim Verkäufer verbleibenden Risikos für Versandverluste das Tor für eine kostenträchtige Abmahnung aufstoßen kann. Doch nun droht neue Gefahr: Wer bei der Versandart angibt, daß „versicherter Versand“ praktiziert wird, muß nach dem Beschluß des LG Hamburg vom 6.11.2007 (Az. 315 O 888/07) im Rahmen einer einstweiligen Verfügung damit rechnen, daß er wegen Verstoßes nach §§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 4 Nr. 11 UWG abgemahnt werden kann, wenn bei der Angabe „versicherter Versand“ nicht die Kosten für die mitverkaufte Versandversicherung und die eigentlichen Versandkosten getrennt voneinander angegeben werden.
2. Ausgangspunkt der Entscheidung
Diese Entscheidung überrascht nur auf den ersten Blick, denn bei genauerer Prüfung der §§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 4 Nr. 11UWG wird schnell klar, worum es den Richtern mit Ihrer Entscheidung ging: Der Verbraucher bekommt mit dem zwangsweise aufoktroyierten „versicherten Versand“ eine Versicherung verkauft, die er einerseits wegen der Besonderheiten des Versandhandels im Bereich von Verbrauchsgütern gar nicht benötigt und deren Kosten er andererseits nicht einmal kennt. Diese Verbindung ging den Richtern zu weit, die diese bei ebay weitverbreitete Praxis durch den Erlaß einer einstweiligen Verfügung unterbinden wollten.
3. Rechtlicher Hintergrund
Nach § 447 BGB trägt bei Versandkäufen grundsätzlich der Verkäufer nur die Gefahr bis zur ordnungsgemäßen Versendung der Ware; geht diese später auf dem Versand verloren oder wird sie beschädigt, ist dieses Risiko grundsätzlich durch den Käufer zu tragen, der daher gut daran tut, sich entsprechend zu versichern. Anders sieht die Rechtslage aber beim Versandverkauf von Verbrauchsgütern aus, also grundsätzlich beim Kauf über Waren, die von Verbrauchern zum Konsum erworben werden. In diesen Fällen ordnet § 474 Abs. 2 BGB zwingend an, daß der geschilderte allgemeine Grundsatz des § 446 BGB gerade nicht gilt, diese gesetzliche Ausnahme kann auch nicht durch anderslautende Vereinbarungen oder sonstige Umgehungen wirksam ausgeschlossen werden; anderslautende AGB wären daher unwirksam (und auch abmahnfähig). Beim Versandverkauf von Verbrauchsgütern hat der Verkäufer daher seine Schuldigkeit eben gerade nicht – wie sonst nach § 447 BGB üblich – damit erfüllt hat, daß er die Ware auf den Weg gebracht, also versendet hat; vielmehr schuldet der Verkäufer beim Versandkauf von Verbrauchsgütern den „Erfolg“, d.h. er muß die gekaufte Ware theoretisch so lange versenden, bis sie beim Kunden auch wirklich ankommt. Dem Kunden wiederum kann es daher völlig egal sein, ob der Verkäufer die Ware versichert hat oder nicht, denn letztlich kommt die Versicherung im Verlustfall allein dem Verkäufer wirtschaftlich zu Gute, nicht aber dem Kunden, der sich ja an seinen Verkäufer halten kann und sich insoweit bequem zurücklehnen kann, wenn etwas auf dem Versand schief gegangen ist. Entsprechend macht die Versicherung natürlich trotzdem Sinn, da sie in den genannten Fällen für den Verkäufer das Risiko mindert in Anspruch genommen zu werden.
An dieser Stelle wird es dann aber auch aus wettbewerbsrechtlicher Sicht gefährlich: Weil der Kunde bei einer pauschalen Angabe bezüglich des Versandes z. B. mit „versicherter Versand, 19,-- Euro“ in keiner Weise mehr überblicken kann, in welchem Umfang nun die Versandkosten auf die für ihn unnötige Versicherung entfallen, schloß sich das Gericht der Ansicht eines Wettbewerbers des abgemahnten Händlers an, der seinem Konkurrenten nach Ansicht der Richter zu Recht vorwarf, über diesen Umweg versteckte Preisbestandteile untergebracht zu haben. Im Ergebnis nahm das Gericht einen Verstoß nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UWG wegen Verschleierung von Preisbestandteilen an, die zu einer Irreführung von Verbrauchern führe, wobei der Maßstab der Irreführung auch nach § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV zu bestimmen ist. Das Gericht stützte seine Entscheidung außerdem auch darauf, daß mit der unkommentierten Angabe „versicherter Versand“ die Bestimmungen der Preisangabeverordnung nicht eingehalten seien, was auch einen Verstoß nach § 4 Nr. 11 UWG darstellt.
4. Fazit
Tatsächlich ist es eine bei ebay-Händlern verbreitet zu beobachtende Praxis, daß über die Versandkosten noch zusätzliche Einnahmen erwirtschaftet werden sollen, z. B. etwa weil die Händler mit den Versandunternehmen günstigere Konditionen ausgehandelt haben, als der Kunde annimmt. Wenn diese Einnahmen dann noch mit einem „Produkt“ (=Versandversicherung) einhergehen, was der Kunde gar nicht benötigt, sollte darauf geachtet werden, daß die Kosten von Versicherung und eigentlichem Versand in jedem Fall ganz deutlich aufgegliedert werden. Besser wäre es freilich, auf die Nennung einer potentiell gefährlichen Versandart ganz zu verzichten und aus wettbewerbsrechtlicher Sicht eher unverfängliche Versandarten anzugeben. Sicherlich nicht sinnvoll wäre es dagegen, als Verkäufer auf die Versicherung ganz zu verzichten, da dies bei Verlust von wertvollen Waren schnell recht teuer werden kann – problematisch ist es allerdings, wenn nicht versicherbare Waren wie z.B. Goldmünzen etc. versendet werden. Die Versicherungen beinhalten zudem auch regelmäßig als Nebeneffekt die Möglichkeit für den Versender, den Weg des Paketes bis zum Kunden genau zu verfolgen, so daß auch der wahrheitswidrige Einwand eines betrügerischen Kunden, die Sendung gar nicht erhalten zu haben, mit dieser Verfolgungsfunktion wirksam begegnet werden kann. Die Entscheidung des Gerichtes war also nicht überraschend, überraschend war eher, daß es angesichts der in jüngster Zeit wieder zu beobachtenden Massenabmahnwellen relativ lange dauerte, bis diese bei ebay-Händlern sehr verbreite Praxis erstmals abgemahnt und zum Gegenstand einer einstweiligen Verfügung wurde.
Wer also keine Lust darauf hat, Opfer der nächsten Abmahnwelle zu werden und wegen der Angabe „versichertem Versand“ bei ebay abgemahnt zu werden, sollte hier schnellstens reagieren und seinen Auftritt entsprechend anpassen; auch ist zu beachten, daß diese Rechtsprechung selbstverständlich auch in analoger Weise für sonstige Versandhandelsvarianten gilt, also z.B. auch für Online-Shops etc.
Der Autor ist selbständiger Rechtsanwalt in Pirmasens und u. A. auf die Bereiche Wirtschaftsrecht und Wettbewerbsrecht spezialisiert.
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2 Kommentare
woraus bitte ist hier ersichtlich das sich jemand als Schmarotzer an der ebayfangemeinde betätigt. Ich finde solche Sprüche doch allerunterste Schublade. Wenn hier jemand als Schmarotzer bezeichnet werden kann, dann lediglich ein Großteil derjenigen ebayfangemeinde bei welcher grundsätzlich auf dem Versandweg diejenigen Artikel verschwinden, welche auf Wunsch des Käufers unversichert und damit ohne Versandnachweis versendet wurden.