Versandinformationen: Wo müssen diese zu finden sein und wie bestimmt muss ein Unterlassungsantrag sein?
Es geht mal wieder um das Thema Versandkosten – diesmal in zweierlei Hinsicht: Einmal hat sich das OLG Frankfurt (Urteil vom 10.01.2019 - 6 U 19/18) zur Bestimmtheit von Unterlassungsanträgen geäußert: Es ging um die hinreichende Bestimmtheit eines Unterlassungsantrages. Zum anderen wurde festgestellt, dass die Versandinformationen vor dem Einlegen in den Warenkorb zur Verfügung gestellt werden müssen – unabhängig davon, ob diese dann noch vor Abschluss der Bestellung nachgereicht werden.
Immer wieder: Problemkreis Versandkosten
Die Versandkosten sind ein wichtiges Thema im Versandhandel – liegt irgendwie nahe.
Im konkreten Fall des OLG Frankfurt ging es aber zunächst um die Bestimmtheit eines Unterlassungsantrages: Ausgangspunkt war wie immer eine Abmahnung – wegen fehlender Informationen über die anfallenden Versandkosten. An sich nichts besonderes. Nach der Preisangabenverordnung sind Liefer- und Versandkosten anzugeben. Darum ging es bei diesem ersten Punkt auch nicht. Sondern um den Verbotsantrag, den der Kläger nach erfolgloser Abmahnung formulierte:
"Der Beklagten wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken gegenüber Letztverbrauchern für Druckereierzeugnisse im Fernabsatz Werbung zu betreiben: mit Preisangaben ohne deutliche und/oder ohne hinreichende Informationen über die anfallenden Versandkosten…"
Über die Bestimmtheit und Zulässigkeit eines solchen Antrages, insbesondere die Formulierung „ohne deutliche und hinreichende Informationen über die anfallenden Versandkosten“, ging es dabei.
Und: Es ging in der Entscheidung auch darum, an welcher Stelle die Informationen über die Versandkosten beim Onlinekauf zu erfolgen haben.
Exkurs: Was sonst noch so schief laufen kann im Zusammenhang mit den Versandkostenangaben:
Wir haben in diesem Beitrag mal alle gängigen Abmahngründe im Zusammenhang mit dem Versand dargestellt:
- Versandkostenangaben für Ausland
- Versand ins Nicht-EU-Ausland: Hinweis auf anfallende Zölle und Steuern
- Einmalige Falschlieferung von Waren kann abmahnbar sein
- Ausverkaufte Ware als „lieferbar“ anbieten
- Vermengung von Versandkosten und Zahlungskosten für bestimmte Zahlungsarten
- Werbung mit "versandkostenfrei"
- Werbung mit "versichertem Versand"
Abmahnklassiker: Vorsicht bei Werbung in Bestätigungsmail
OLG Frankfurt: Wie und Wo
Wie genau muss eine solcher Verbotsantrag formuliert sein, damit er zulässig ist?
Das Gesetz sagt: Nach § 253 II Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 S. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe.
Im folgenden Fall war das dem OLG Frankfurt aber konkret genug: Das Gericht befand den Antrag als ausreichend bestimmt genug, sofern nur solche Angebote untersagt werden sollen, die in gleicher Weise wie die angegriffene konkrete Verletzungsform (einschließlich kerngleicher Abwandlungen) Informationen über die Versandkosten vollständig vermissen lassen. Dagegen wird mit dem Antrag nicht das Ziel verfolgt, etwa ein Verbot auszusprechen, das alle Fälle unzureichender Information über die Versandkosten erfasst.
Für vorgefertigte Unterlassungserklärungen und Verbotsanträge bei einer gerichtlichen Durchsetzung kann also für solche Formulierungen grünes Licht gegeben werden.
Für Abgemahnte der Tipp: Schauen Sie sich die vorformulierte Version immer gut an. Oftmals ist diese zu weit gefasst oder sonst wie unzulässig und es empfiehlt sich eine eigene, modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben. Letztlich geht es dabei immer auch um eine drohende Vertragsstrafe.
Weiter ging es in diesem Fall ja aber auch darum, ob überhaupt ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, mithin um die Frage, wo genau die Informationen zu den Liefer- und Versandkosten zu erfolgen haben.
Auch hierzu hat das OLG Frankfurt eine Meinung:
Die Angaben müssen jedenfalls nicht bereits direkt beim Kaufpreis in der Angebotsseite erscheinen:
"Ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung liegt im Allgemeinen nicht schon darin, dass auf einer Internetseite nur der Preis einer Ware ohne Hinweis darauf genannt wird, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen. Der Verbraucher rechnet im Versandhandel damit, dass zusätzlich zum Warenpreis noch Versandkosten anfallen können. Daher genügt es in aller Regel den Anforderungen des § 1 VI PAngV, wenn die nach § 1 II 1 Nr. 2 PAngV anzugebenden Liefer- und Versandkosten alsbald sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Internetseite genannt werden, die noch vor Einleitung des Bestellvorgangs durch Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb notwendig aufgerufen werden muss (vgl. BGH GRUR 2010, 1110 [BGH 18.03.2010 - I ZR 16/08], Rnr. 22 f. - Froogle; BGH, GRUR 2008, 84 [BGH 04.10.2007 - I ZR 143/04] Rnrn. 31 u. 33 - Versandkosten; GRUR 2010, 248 [BGH 16.07.2009 - I ZR 50/07] Rnrn. 24ff. - Kamerakauf im Internet)."
Das ist rechtlich richtig und nachvollziehbar:
Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV ist ausreichend, dass das Angebot oder die Preiswerbung den Letztverbraucher davon in Kenntnis setzt, ob Versandkosten anfallen oder eben nicht.
Für den Fall, dass Versandkosten anfallen, ist die Angabe der konkreten Höhe der Versandkosten beim Angebot (oder der Werbung) gerade nicht erforderlich. Eine solche Regelung würde auch nur wenig Sinn machen, hängt doch die Höhe der Liefer- und Versandkosten oftmals vom Umfang der Gesamtbestellung des Kunden ab.
Aber natürlich muss dem Letztverbraucher auch die Möglichkeit gegeben werden, sich hinsichtlich der Höhe der Versandkosten konkret informieren zu können. Um dies zu gewährleisten, ist das Wort "Versand" mit einer transparenten Versandkostenseite zu verlinken, auf der übersichtliche und verständliche Erläuterung der Berechnungsmodalitäten für die Versandkosten dargestellt sind.
So sieht es auch das Gericht:
"Die Höhe der Liefer- und Versandkosten hängt zudem häufig vom Umfang der Gesamtbestellung des Kunden ab. Deshalb reicht es auch im Hinblick auf § 1 II 2 PAngV aus, bei der Werbung für das einzelne Produkt den Hinweis "zzgl. Versandkosten" aufzunehmen, wenn sich bei Anklicken oder Ansteuern dieses Hinweises ein Fenster mit einer übersichtlichen und verständlichen Erläuterung der allgemeinen Berechnungsmodalitäten für die Versandkosten öffnet und außerdem die tatsächliche Höhe der für den Einkauf anfallenden Versandkosten jeweils bei Aufruf des virtuellen Warenkorbs in der Preisaufstellung gesondert ausgewiesen wird (BGH, GRUR 2010, 248 [BGH 16.07.2009 - I ZR 50/07] Rnr. 27 - Kamerakauf im Internet).“
Was aber nicht geht: Erst dann über das Thema Versandkosten zu informieren, wenn der Letztverbraucher den Bestellvorgang durch Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb schon eingeleitet hat. Keine Rolle spielt hierbei, ob Versandkosten anfallen oder nicht.
„Die erforderlichen Informationen dürfen dem Verbraucher aber nicht erst gegeben werden, wenn er den Bestellvorgang durch Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb bereits eingeleitet hat (BGH GRUR 2010, 248 [BGH 16.07.2009 - I ZR 50/07], Rnr. 24 f. - Kamerakauf im Internet; BGH, GRUR 2008, 84 [BGH 04.10.2007 - I ZR 143/04] Rnr. 33 - Versandkosten). Der Verbraucher benötigt die Angaben nach der Preisangabenverordnung nicht erst im Zuge der Bestellung, sondern bereits dann, wenn er sich mit dem Angebot näher befasst."
Wer mehr zum Thema Preisangabenverordnung und also zu den Versandkostenangaben wissen will , der findet in diesem Beitrag eine umfassende Zusammenstellung.
Fazit
Versandkosten sind immer wieder Gegenstand von Abmahnungen – und damit natürlich auch von gerichtlichen Entscheidungen. Dass die Informationen über die Versandkosten noch vor dem Einlegen in den Warenkorb zur Verfügung gestellt werden müssen, sollte bereits bekannt gewesen sein. Und in Sachen Unterlassungsantrag: Hier muss stets, übrigens völlig unabhängig von der Versandkostenproblematik, hinreichend bestimmt formuliert werden. Denn ansonsten werden die Ansprüche alleine deswegen als unzulässig abgelehnt.
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