Versand von Elektro(nik)geräten ins EU-Ausland – Umweltbundesamt wird vermehrt mit Bußgeldverfahren aktiv
Was den Verkauf von Elektro- bzw. Elektronikgeräten in Deutschland betrifft, sind die meisten Hersteller, Importeure und Händler bereits sensibilisiert. Ohne ausreichende Registrierung bei der Stiftung EAR geht nichts, andernfalls drohen Abmahnungen und Bußgelder. Doch auch der Versand solcher Geräte ins Ausland ist tückisch.
Worum geht es?
Bevor ein Hersteller Elektro- oder Elektronikgeräte in Deutschland in Verkehr bringen darf, ist er verpflichtet, sich bei der zuständigen Behörde mit der Geräteart und Marke registrieren zu lassen. Dies regelt die Vorschrift des § 6 ElektroG.
Damit soll sichergestellt werden, dass die Hersteller finanziell für die am Lebensende dieser Geräte anstehende Entsorgung finanziell kollektiv aufkommen und der Verbraucher die Geräte dann z.B. in Wertstoffhöfen kostenlos abgeben kann.
Betroffen sind nahezu alle Produkte, die zu ihrem bestimmungsgemäßen Betrieb einen elektrischen Strom (egal ob aus dem Netz oder aus einer Batterie) oder elektromagnetische Felder benötigen.
In Deutschland muss die Registrierung bei der Stiftung EAR erfolgen.
Zu beachten ist dabei, dass der Herstellerbegriff des ElektroG sehr weit gefasst ist und damit die Registrierungspflicht einen breiten Adressatenkreis betreffen kann. Neben dem tatsächlichen Produzenten zählt z.B. auch der Importeur solche Geräte unter den Herstellerbegriff, auch wenn die Ware aus der EU und gar nicht aus einem Drittstaat bezogen wird. Zum Hersteller im Sinne des Gesetzes wird auch der bloße Vertreiber solcher Geräte in Deutschland fingiert, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig neue Elektro- oder Elektronikgeräte nicht oder nicht ordnungsgemäß registrierter Hersteller zum Verkauf anbietet.
Somit ist auch der klassische Onlinehändler als bloßer Vertreiber in vielen Fällen mit dem ElektroG konfrontiert und muss dafür Sorge tragen, dass er ausschließlich Geräte von ordnungsgemäß registrierten Herstellern zum Verkauf anbietet bzw. sich ggf. selbst als Hersteller bei der Stiftung EAR registrieren lässt.
Wer als Händler beim Verkauf nicht oder nicht ordnungsgemäß „registrierter“ Geräte in Deutschland erwischt wird, der muss schon seit Jahren mit kostspieligen Abmahnungen durch Mitbewerber oder Abmahnverbände rechnen. Recht präsent ist bei Verstößen in Deutschland ferner das Uweltbundesamt, welches immer wieder Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen „Trittbrettfahrer“ einleitet. Hier drohen hohe Bußgelder von bis zu 100.000 Euro.
Auch der Verkauf in das EU-Ausland bietet Herausforderungen
Nicht nur der Verkauf von Elektro- und Elektronikgeräten in Deutschland ist aus rechtlicher Sicht anspruchsvoll.
Auch Händler, die Elektro- und Elektronikgeräte in das Ausland versenden, müssen sich umfassend Gedanken über die ordnungsgemäße Registrierung, nämlich dann im Ausland machen. Es existiert hier derzeit leider keine einheitliche, europaweite Registrierungsmöglichkeit.
Vielmehr kocht aktuell jedes EU-Land in Sachen Registrierung vom Elektro- und Elektronikgeräten noch sein eigenes Süppchen, so dass – vereinfacht dargestellt – ein deutscher Händler, der EU-weit liefern möchte, sich in jedem EU-Mitgliedsstaat bei der jeweiligen Behörde als Hersteller registrieren lassen müsste, will er dort rechtssicher anbieten.
Da in der Vergangenheit die Behörden in vielen EU-Länder für eine Registrierung im eigenen Land zur Voraussetzung machten, dass der Hersteller einen Sitz im jeweiligen Land hat, läuft die Registrierung nach der Novellierung des Gesetzes über eine Bevollmächtigtenlösung ab.
Vereinfacht darstellt: Möchte ein deutscher Händler, der keinen Sitz in Österreich hat, ein Elektrogerät nach Österreich senden, dessen Hersteller in Österreich nicht entsprechend der dortigen Regelungen für die Elektrogeräteentsorgung registriert ist, muss er einen Bevollmächtigten in Österreich bestellen, der für ihn die Abwicklung der entsprechenden Pflichten als Hersteller übernimmt.
Dazu regelt die Vorschrift des § 8 Abs. 5 ElektroG:
"Eine natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes niedergelassen ist und Geräte gewerbsmäßig unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem sie nicht niedergelassen ist, unmittelbar für Endnutzer bereitstellt, ist verpflichtet, vor der Bereitstellung auf dem Markt dieses Mitgliedstaates eine dort niedergelassene natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft zu bevollmächtigen, die dort für die Erfüllung ihrer Pflichten nach der Richtlinie 2012/19/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 38) verantwortlich ist."
Wenn ein Händler mit Sitz (allein) in Deutschland also Geräte EU-weit versenden möchte, müsste sich in 27 Ländern bei den entsprechenden Behörden „registrieren“ lassen (bzw. 26 mal im Ausland eben für die Erfüllung dieser Pflichten jeweils einen Bevollmächtigten bestellen, der das für ihn abwickelt).
Ein riesiger bürokratischer und vor allem kostspieliger Aufwand, der den Binnenmarktgedanken konterkariert. Dies umso mehr, weil der Auslandsversand meist nur ein absolutes Nischengeschäft ausmacht, welches kaum höhere und dauerhafte Fixkosten zulässt.
Umweltbundesamt wird aktiv
Während es bei Nichterfüllung dieser Pflichten bei Auslandsversand in Sachen Abmahnungen bislang sehr ruhig geblieben ist (vermutlich, weil kein Händler hier alles in „trockenen Tüchern“ hat) und auch ein Vorgehen ausländischer Behörden nicht bekannt wurde, wird derzeit das Umweltbundesamt, das seit jeher Verstöße mit Bezug auf Deutschland rege verfolgt, bei Verstößen betreffend die Lieferung in das Ausland aktiv.
In den Schreiben erhebt das Umweltbundesamt den Vorwurf, der betroffene Händler habe trotz planmäßigen Versands bzw. Abgabe von Elektro- bzw. Elektronikgeräten in diverse EU-Länder entgegen seiner Verpflichtung nach dem ElektroG zumindest in fahrlässiger Weise trotz Nichtbestehen der Niederlassung in diesen Mitgliedstaaten dort keinen Bevollmächtigten benannt.
Wenn ein Händler, der Elektro- bzw. Elektronikgeräte in das EU-Ausland versendet, dann ein Schreiben vom Umweltbundesamt erhält, dann ist es in der Regel schon zu spät: Die Behörde hat bereits ein Ordungswidrigkeitenverfahren gegen den betroffenen Händler eingeleitet und will diesen nun mit dem Schreiben zum Vorwurf anhören. Bestätigt sich der Vorwurf, steht am Ende in aller Regel ein erhebliches Bußgeld für den Händler.
Wird in eine EU-Land, in das Geräte gelieferte werden ein benötigter Bevollmächtigter nicht bestellt, steht eine Ordnungswidrigkeit nach § 45 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 ElektroG im Raum. Diese ist mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 Euro bedroht.
Das Umweltbundesamt betritt hier nach unserer Kenntnis Neuland, wird die Vorwürfe aber vermutlich ernsthaft weiterverfolgen.
Nachdem es jahrelang auf Seiten Mitbewerbern und ausländischer Behörden beim Auslandsversand von Geräten ruhig geblieben ist, droht für betroffene Händler nun eine Gefahr seitens des Umweltbundesamtes.
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