Abmahnung: Wegen Veröffentlichung ungeschwärzter Urteile im Internet
Wer im Internet ungeschwärzte Urteile veröffentlicht und dadurch die persönlichen und geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft, kann abgemahnt und auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Das entschied das OLG Hamm bereits im Frühjahr 2008 (Urteil vom 07.02.2008, Az.: 4 U 157/07).
Inhaltsverzeichnis
1. Der Sachverhalt
Die Klägerin, ein Händler für Druckerzubehör und Tintenpatronen, hatte die Beklagten, einen Konkurrenten (1) und den Betreiber eines Internettestmagazins für Drucker und deren Verbrauchsmaterialien (2), wegen der Veröffentlichung ungeschwärzter Urteile zunächst abgemahnt und dann Klage erhoben. In den veröffentlichten Urteilen wurde die Klägerin erfolgreich u.a. auf Unterlassung irreführender Werbebehauptungen in Anspruch genommen. Sie hatte unzulässig mit einer TÜV-Zertifizierung und einer Testsiegerwerbung ihre Produkte beworben. Ihr Konkurrent (1) hatte diese Urteile ungeschwärzt auf seinen Server gestellt und dem Betreiber des Internetmagazins (2) die Verlinkung ermöglicht. Hierin sah die Klägerin (u.a.) eine Herabsetzung im Sinne von § 4 Nr. 7 UWG. Die Beklagten beriefen sich demgegenüber auf das Informationsinteresse der Verbraucher und der anderen Wettbewerber an den Inhalten der Urteile.
2. Die Entscheidung
Das OLG Hamm gab der Klägerin recht und wies die Berufung der Beklagten zurück.
Die Veröffentlichung der Urteile in ungeschwärzter Form sei geeignet, die persönlichen und geschäftlichen Verhältnisse der Klägerin im Sinne von § 4 Nr. 7 UWG herabzusetzen. Die beiden Urteile waren nach den ihnen innewohnenden Sachverhalten und Feststellungen geeignet, die Klägerin insbesondere auch in den Augen der Verbraucher und ihrer Kunden mit einer betrügerischen Komponente in ein überaus negatives Licht zu rücken, so das OLG. Die Veröffentlichung sei auch nicht von einem berechtigten Interesse getragen worden, da einem etwaigen Informationsinteresse der Allgemeinheit ohne weiteres auch durch eine anonymisierte Urteilsveröffentlichung ohne die mit der namentlichen Nennung der Klägerin verbundene Anprangerung hätte Genüge getan werden können.
Maßgebend für die Beurteilung sei unter Berücksichtigung des Informationsinteresses der Verbraucher und der verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) eine Abwägung dahin, ob in unverhältnismäßiger Weise die Interessen des Mitbewerbers, also der Klägerin, beeinträchtigt werden. Dabei sei davon auszugehen, dass ein Mitbewerber regelmäßig kein schützenswertes Interesse daran hat, Dritte über wettbewerbliche oder rechtliche Probleme mit einem Konkurrenten zu unterrichten. Gerichtsurteile zu Lasten des Konkurrenten gingen die Öffentlichkeit üblicherweise nichts an. So sei auch hier angesichts der Geringfügigkeit der Verstöße der Klägerin keine Notwendigkeit einer Warnung der Verbraucher oder Mitbewerber gegeben gewesen.
Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche bestünden nicht nur gegen ihren Konkurrenten (1), sondern auch gegen den Testmagazinbetreiber (2). Dieser sei zwar selbst nicht Mitbewerber der Klägerin. Indem er aber bei Veröffentlichung der Urteile einen Link auf die Seiten des Beklagten (1) gesetzt habe, nicht jedoch auf die Seiten der Klägerin oder anderer Konkurrenten, habe er zur Absatzförderung des Beklagten (1) beigetragen, also einen fremden Wettbewerb gefördert, und sei somit über rein redaktionelle Tätigkeit hinausgegangen. Ein solches Verhalten stelle - unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben - eine Wettbewerbshandlung im Sinne des § 2 I Nr. 1 UWG dar, die aufgrund der Herabsetzung der Klägerin unlauter sei. Auch hier falle die Abwägung unter bzw. trotz Berücksichtigung der Meinungs- und Pressefreiheit zugunsten der Klägerin aus.
3. Fazit
Bei der Veröffentlichung von (negativen) Gerichtsurteilen über Konkurrenten ist Vorsicht geboten. Ein berechtigtes Interesse an der ungeschwärzten Veröffentlichung wird in aller Regel nicht bestehen. Veröffentlicht man dennoch ungeschwärzt, handelt man womöglich unlauter im Sinne des UWG und kann abgemahnt werden. Daher ist eine geschwärzte Veröffentlichung nahezulegen. In Expertenkreisen wird ohnehin klar sein, wer gemeint ist.
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5 Kommentare
Ich empfehle der Klägerin gegen den damaligen urteilsverkündenden Richter zu klagen. Das OLG Hamm hat bestätigt, dass das Urteil seinerzeit herabsetzend war und somit nicht veröffentlicht werden durfte. :-)
Warum darf dann das Urteil nicht publiziert werden? Haben die Gerichte etwa bei den erfassten Urteilen etwas zu verheimlichen?
Die Entscheidung finde ich mehr als seltsam!
Wir werden das Urteil auf unserem Portal in einem geschützten Bereich hinterlegen und bei Interesse ( Und da wird es einige geprellte Kunden geben ) erhält der Anfragende einen Zugang zum Portal.
Muss ich schwärzen ?