Bundespatentgericht zur „Hinterhaltsmarke“: Benutzungswille einer angemeldeten Marke wird vermutet

Bundespatentgericht zur „Hinterhaltsmarke“: Benutzungswille einer angemeldeten Marke wird vermutet
07.01.2013 | Lesezeit: 3 min

Das Bundespatentgericht bekräftigt, dass denjenigen, der eine Marke für verschiedene Klassen eintragen lassen möchte, keine Beweispflicht hinsichtlich seiner Absicht trifft, die Marke in allen Bereichen auch tatsächlich nutzen zu wollen (Beschluss vom 24.04.2012 – 33 W (pat) 122/09). Vielmehr werde ein genereller Benutzungswille vermutet, der jedoch widerlegt werden könne. Ein Benutzungswille sei selbst dann noch nicht widerlegt, wenn der Eintragende nicht über einen entsprechenden Gewerbebetrieb verfüge.

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Was ist passiert?

Die Kinderhilfe Soul-Help e.V. wollte ein Logo als Bildmarke in das Markenregister eintragen lassen. Sie wollte den Schutz jedoch nicht nur für die branchenüblichen Bereiche, wie z.B. Werbung oder Geschäftsbriefe, erwirken. Vielmehr begehrte sie den Schutz auch für Bereiche, die von ihrem Geschäftsbetrieb überhaupt nicht umfasst waren, wie z.B. das Versicherungs- Finanz- und Immobilienwesen. Diese Bereiche wollte das DPMA von der Eintragung ausnehmen. Ob die Ausdehnung des Markenschutzes auf diese für einen Kinderhilfsverein untypischen Geschäftsbereiche zulässig ist und eine künftige Nutzung der Marke überhaupt beabsichtigt sein konnte, war Gegenstand des Verfahrens.

Die Entscheidung des Bundespatentgerichts

Der Beschluss des BPatG dreht sich im Wesentlichen um die Vorschriften der §§ 8 Abs. 2 Nr.10, 37 Abs. 3 des Markengesetzes. Diese bestimmen, dass die Eintragung einer Marke dann verwehrt wird, wenn sie ersichtlicherweise bösgläubig angemeldet worden ist. Problematisch war in diesem Zusammenhang, dass die Anmelderin in den fraglichen Geschäftsbereichen nicht tätig war und auch auf absehbare Zeit nicht tätig werden würde, da der Geschäftsbetrieb nicht darauf ausgerichtet war. Das BPatG stellte differenzierend klar, dass eine Bösgläubigkeit dann noch nicht angenommen werden könne, wenn die Benutzungsabsicht bloß fraglich sei. Das Gericht ging davon aus, dass der Benutzungswille zugunsten eines jeden Anmelders vermutet werde. Damit teilt es die Auffassung des Bundesgerichtshofs, der bereits mehrfach zu dieser Frage Stellung genommen hat (BGH GRUR 2001, 242, 244 – Classe E, BGH GRUR 2009, 780 - Ivadal).

Der Beweis, dass kein Benutzungswille bestehe, sei von der Eintragungsstelle, dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA), zu erbringen. Dabei müsse es stets von den allgemein verfügbaren Informationen ausgehen und keine vertieften Ermittlungen anstellen. Das DPMA habe zwar vorgebracht, dass es zum Zeitpunkt der Anmeldung noch an einem entsprechend ausgeübten Geschäftsbetrieb der Anmelderin fehlte. Dies könnte womöglich als Indiz für eine Behinderungsabsicht anderer Marktteilnehmer oder Markeninhaber gesehen werden. Die Problematik der Behinderungsabsicht wird unter dem Begriff der Hinterhaltsmarke heiß diskutiert.

In diesem Falle könne zwar ein Indiz für die Anmeldung einer Hinterhaltsmarke gefunden werden, jedoch erbringe dies nicht den Beweis für eine ersichtliche Bösgläubigkeit und stelle somit keinen Grund für die Verweigerung der Eintragung der Marke für alle angemeldeten Klassen dar. Die Widerlegung des vermuteten Benutzungswillens bedarf tragfähigerAnhaltspunkte, die etwa für einen beabsichtigten Rechtsmissbrauch und somit auch für eine Behinderungsabsicht sprechen.

Fazit

Durch die Entscheidung des BPatG wird die Position eines Markenanmelders gestärkt, sich die zukünftige Entwicklung eines Geschäftsbereichs vorzubehalten und den Markenschutz für diesen Bereich bereits früh zu sichern. Die Grenze der ersichtlichen Bösgläubigkeit ist jedoch dann erreicht, wenn in rechtsmissbräuchlicher Art und Weise „claims“ abgesteckt werden, die nur dem Zweck dienen, sich für die Zukunft Vorteile gegenüber Mitbewerbern zu sichern. In Fällen der Anmeldung von echten Hinterhaltsmarken wird der Missbrauch offensichtlicher sein und es dürfte dem Deutschen Patent- und Markenamt leichter fallen, die Bösgläubigkeit des Anmelders festzustellen.

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