Zeig mir deine Farbe und ich sag dir wer du bist – zur Verkehrsdurchsetzung von Farbmarken
Die Anmelderin, Vertreiberin eines populären koffeinhaltigen Getränks, dessen Genuss schon mal Flügel verleihen soll, beantragte die Anmeldung einer Farbmarke bestehend aus den Farben Blau und Silber in einem Verhältnis von 50:50 für Warengruppe Energy Drinks. Dagegen hatte das DPMA (Beschluss vom 24. April 2013, Az.: 26 W (pat) 568/12) jedoch Einwände erhoben. Eine Anmeldung käme auf Grund der mangelnden Unterscheidungskraft der Farbmarke nicht in Frage, sodass der angemeldeten Farbmarke ein Markenschutz zu versagen sei….wenn da nicht die Verkehrsdurchsetzung wäre.
Fall
Die Anmeldung einer Marke ist wohl das gebräuchlichste Mittel, jedoch bei weitem nicht die einzige Möglichkeit um in den Schutz des Markenrechts zu gelangen. Gemäß § 4 MarkenG entsteht Markenschutz nämlich in folgenden Fällen:
1. Durch die Eintragung eines Zeichens als Marke in das vom Patentamt geführte Register
2. Durch die Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr, soweit das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung hat
3. Durch die im Sinne des Artikel 6 der Pariser Verbandsübereinkunft notorische Bekanntheit einer Marke
Dabei unterscheidet sich der Markenschutz nur hinsichtlich des Entstehungstatbestandes, nicht aber bezüglich der Rechtsfolge.
Als also das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) die Anmeldung der Farbmarke bestehend aus den Farben Blau und Silber in einem Verhältnis von 50:50 für die Warengruppe Energy Drinks auf Grund ihrer mangelnden Unterscheidungskraft verweigerte, berief sich die Anmelderin in ihrer Beschwerde zum Bundespatentgericht auf eine erfolgte Verkehrsdurchsetzung.
Aufgrund einer Verkehrsdurchsetzung gem. § 8 Abs. 3 MarkenG können nämlich die Eintragungshindernisse von § 8 Abs. 2 MarkenG, worunter auch das Hindernis der fehlenden Unterscheidungskraft zählt, überwunden werden.
Aber aufgepasst. Obwohl Parallelen in der Rechtsanwendung vorhanden sind, ist die Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG nicht zu verwechseln mit der Verkehrsgeltung im Sinne des § 4 Nr. 2 MarkenG. Die Verkehrsdurchsetzung überwindet das Bestehen von Eintragungshindernissen, die Verkehrsgeltung dagegen das Fehlen von Anmeldung und Eintragung.
Entscheidung
Das Bundespatentgericht gab der Anmelderin im Ergebnis Recht und hob den Beschluss des Markenamts auf.
Nach Ansicht der Richter des BPatG sei die Markenstelle zutreffend davon ausgegangen, dass dem angemeldete Bildzeichen das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.
Danach kommt einer Marke dann Unterscheidungskraft zu, wenn sie geeignet ist, die von der Marke erfassten Waren als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Hauptfunktion der Marke ist es also, die Ursprungsidentität der mit ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten.
Bei Farbmarken geht die Rechtsprechung davon aus, dass Verbraucher Farben in aller Regel nur als ein Gestaltungsmittel wahrnehmen, weil diese für gewöhnlich lediglich als dekoratives Element oder als sachbezogenes Ausdrucksmittel verwendet werden, nicht aber als betriebliches Herkunftszeichen. Aus diesem Grund besitzt eine Farbmarke nur unter außergewöhnlichen Umständen bereits von Haus aus die erforderliche Unterscheidungskraft, so dass ihre Eintragung als Marke nur im Ausnahmefall in Betracht kommt.
Ein solcher Ausnahmefall, so das BPatG, liegt hier aber nicht vor, da die Gewöhnung des Verkehrs an Farben als Kennzeichnungsmittel nicht festgestellt werden kann.
"Dosen und Flaschen, in denen Energy-Drinks angeboten werden, weisen üblicherweise eine Farbgebung auf, die in unterschiedlichsten Farben gestaltet wird. Dass Waren in den unterschiedlichsten Farben angeboten werden, verstärkt den Eindruck eines lediglich funktionellen oder dekorativen Gebrauchs und spricht deshalb gegen einen originär herkunftshinweisenden Eindruck von Farben."
Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft hat die angemeldete Marke hier aber für Energy-Drinks in Folge ihrer Durchsetzung im Verkehr überwunden.
Die Eintragung einer Marke im Wege der Verkehrsdurchsetzung setzt voraus, dass das Zeichen durch seine kennzeichenmäßige Benutzung von einem wesentlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise als einem bestimmten Unternehmen zugehörig erkannt wird.
"Maßgebliche Kriterien sind dabei nach der Rechtsprechung des EuGH insbesondere der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung dieser Marke, der Werbeaufwand für die Marke, der Anteil der angesprochenen Verkehrskreise, der die Ware oder Dienstleistung auf Grund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder anderen Berufsverbänden."
So auch in diesem Fall, in dem eine Verkehrsbefragung ergab, dass 77 % der befragten Verwender von Energy-Drinks, die Farben „blau“ und „silber“ dem Unternehmen der Anmelderin zugeordnet haben.
Fazit
Eine Farbmarke kann also grundsätzlich auch auf Grund von Verkehrsdurchsetzung das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft überwinden. Im Einzelfall stellt sich dann natürlich folgende Frage: Wie bekannt muss die Farbe für die Verbraucher sein, damit sie als Marke geschützt werden kann?
Diesbezüglich hat das Bundespatentgericht am 8. März 2013 in zwei die Farbmarke „Rot“ des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands betreffenden Verfahren (Az.: 33 W (pat) 103/09 und 33 W (pat) 33/12) nun beschlossen, eine Reihe von grundsätzlichen Fragen dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen.
Da das Markenrecht aufgrund einer Richtlinie europaweit harmonisiert ist, wird die Entscheidung des EuGH nicht nur von den Beteiligten mit großer Spannung erwartet.
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