Verbraucher nimmt bestellte Ware nicht entgegen: Rechte des Händlers?
Die Situation ist unbefriedigend: Der Online-Händler liefert die bestellte Ware, der Verbraucher nimmt sie an seiner Haustür aber nicht entgegen und holt sie auch bei der Post nicht ab. Die Ware geht zurück an den Händler und dieser ist ratlos, wie er nun reagieren soll. Was sind nun seine Möglichkeiten? Wir stellen Lösungen vor und ein hilfreiches Formulierungsmuster bereit.
Inhaltsverzeichnis
- Bestellt und nicht abgeholt
- Wie ist die allgemeine Rechtslage?
- Wer muss die vergeblichen Hinsendekosten zahlen?
- Darf der Händler die zurückgesandte Ware weiterverkaufen?
- Kann der Händler die nochmalige Zusendung von der Zahlung der zusätzlich entstehenden Versandkosten abhängig machen?
- Muster: Reaktion auf den Rückerhalt einer vom Verbraucher nicht entgegengenommenen Sendung
- Fazit
Bestellt und nicht abgeholt
Im Online-Handel kommt es immer wieder vor, dass Verbraucher die von ihnen bestellte Ware an ihrer Haustür nicht annehmen oder im Paketshop nicht abholen. Die Gründe dafür sind unterschiedlich und reichen von der urlaubsbedingten Abwesenheit des Verbrauchers bis zur akuten Unlust auf die Ware; auch die Parallelbestellung eines anderen Produkts bei einem anderen Händler, das den denselben Zweck (bereits) erfüllt, kann ein Grund sein.
Die Ware geht daher zurück an den Händler, der sich fragt, wie er nun verfahren soll.
Folgenden Fragen lohnt es sich nachzugehen:
- Muss er die Ware weiterhin für den Verbraucher zurückbehalten und aufbewahren, falls dieser sie noch einmal anfordert?
- Muss er die Ware dann noch einmal an den Verbraucher schicken?
- Falls ja, wer zahlt dem Händler die zusätzlich anfallenden Versandkosten?
- Oder darf der Händler die vom Paketdienst an ihn zurückgeschickte Ware nun an jemand anderen verkaufen?
- Hat der Händler trotz Nichtannahme der Ware einen Anspruch gegen den Verbraucher auf Zahlung des vereinbarten Kaufpreises?
Wie ist die allgemeine Rechtslage?
Klar ist, dass ein Verbraucher nur solche Waren annehmen muss, die er tatsächlich auch bestellt hat, wenn es also einen wirksamen Kaufvertrag über die gelieferte Ware gibt.
Ist dies der Fall, kann in der Nichtannahme der Ware durch den Verbraucher jedenfalls nicht der Widerruf des Kaufvertrags nach den Vorschriften über das Verbraucherwiderrufsrecht im Fernabsatzhandel (§ 312g Abs. 1 BGB) gesehen werden. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage zum Verbraucherwiderrufsrecht gibt es das einfache Rückgaberecht neben dem Widerrufsrecht nicht mehr. Die Ware kann also grundsätzlich nicht (mehr) einfach kommentarlos an den Händler zurückgeschickt werden, damit der Kaufvertrag als widerrufen gilt.
Somit hat der zwischen Online-Händler und Verbraucher geschlossene Kaufvertrag auch nach der Nichtannahme der bestellten Ware weiterhin Bestand.
Dies bedeutet, dass der Händler nach § 433 BGB weiterhin verpflichtet ist, die Ware an den Verbraucher zu übergeben und zu übereigenen, also an diesen zu liefern, und der Verbraucher den vereinbarten Kaufpreis bezahlen und die Ware abnehmen, d.h. entgegennehmen muss.
Kommt die durch den Paketdienst an den Händler zurückgesandte Ware bei diesem an, so kann er dies auch nicht zum Anlass nehmen, sofort von dem Kaufvertrag gemäß §§ 346, 349 BGB zurückzutreten. Wenn vertraglich – etwa in den AGB des Händlers – kein Rücktrittsrecht vereinbart ist, steht dem Händler zunächst kein sofortiges Rücktrittsrecht zu. Erst nach fruchtlosem Ablauf einer durch den Händler gesetzten, angemessenen Frist, mit der der Verbraucher (im zweiten Versuch) zur Annahme der Ware aufgefordert wird, kann der Händler nach § 323 BGB vom Kaufvertrag zurücktreten.
Wer muss die vergeblichen Hinsendekosten zahlen?
Hat der Händler bei der Warenbestellung dem Verbraucher die Versandkosten in Rechnung gestellt, ist die Bezahlung der entsprechenden Versandkosten zwischen den beiden Vertragsparteien vertraglich vereinbart worden, so dass der Händler einen vertraglichen Anspruch gegen den Verbraucher auf deren Bezahlung hat – der Versand ist ja auch erfolgt.
Hat der Händler den Versand für den Verbraucher kostenlos angeboten (häufig bei Überschreiten eines gewissen Bestellwertes), also in der Erwartung selbst bezahlt, dass sich dies durch die Zahlung des Kaufpreises durch den Verbraucher am Ende für ihn auszahlen wird, bestand für den Verbraucher nie eine Versandkostentragungspflicht. Mithin kann der Händler, der kostenlosen Versand anbietet, bei Nichtannahme/Nichtabholung auch keinen (fiktiven) Versandkostenbetrag vom Verbraucher ersetzt verlangen.
Allerdings kommt der Verbraucher durch die Nichtannahme der Ware beim Erstversand in der Regel gemäß §§ 293 ff. BGB in Annahmeverzug, so dass er dem Händler nach § 304 BGB den Ersatz der Mehraufwendungen schuldet, die dieser für das erfolglose Angebot sowie für die Aufbewahrung und Erhaltung des geschuldeten Gegenstands machen musste. Dazu zählen unter anderem die Hinsendekosten für einen erneuten Versand und ggf. die Lagerkosten für die Aufbewahrung der zurückerhaltenen Ware, die entstehen, bis es zum Zweitversand oder ggf. zur Auflösung des Kaufvertrages kommt.
Darf der Händler die zurückgesandte Ware weiterverkaufen?
Die Antwort darauf lautet: Jein. Es kommt darauf an, ob der Verbraucher einen Anspruch auf genau die Ware hat, die ihm zugesandt wurde, oder ob der Händler den Kaufvertrag auch mit einer anderen, vergleichbaren, also ähnlichen Ware erfüllen kann.
Auch nach Rücksendung der vom Verbraucher nicht angenommenen Ware besteht der Kaufvertrag noch, so dass der Verbraucher weiterhin einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung der von ihm einmal bestellten Ware hat.
Handelt es sich bei der Ware um ein Unikat, etwa um ein einmaliges Kunstwerk oder einen Gebrauchtwagen (sog. Stückkauf), ist der Händler verpflichtet, diese konkret vereinbarte Ware für den Verbraucher zurückzuhalten. Denn verkauft er die Ware (erneut) an jemand anderen, macht er sich gegenüber dem Erstkäufer schadensersatzpflichtig, weil er den Kaufvertrag nicht mehr erfüllen kann.
Anders sieht es hingegen aus, wenn die Ware austauschbar ist, etwa bei Bestellung eines neuen Mobiltelefons oder neuer Schuhe (sog. Gattungskauf). In diesem Fall spielt es keine Rolle, ob der Verbraucher bei einem späteren Zustellversuch genau dieselbe Ware erhält, wie beim ersten Mal, oder eine andere, die identisch aussieht, solange der Händler die Ware noch vorrätig hat bzw. auch später noch liefern kann.
Kann der Händler die nochmalige Zusendung von der Zahlung der zusätzlich entstehenden Versandkosten abhängig machen?
Grundsätzlich ja. Durch die Nichtannahme der Ware beim Erstversand kommt der Verbraucher regelmäßig in Annahmeverzug (§ 293 BGB) , so dass er dem Händler von Gesetzes wegen gemäß § 304 BGB den Ersatz der Mehraufwendungen schuldet, die er für das erfolglose Angebot sowie die Aufbewahrung und Erhaltung des geschuldeten Gegenstands machen musste. Dann steht dem Händler gegen den Verbraucher somit ein Anspruch auf Ersatz der notwendigen Zweitversandkosten (die ja erst durch den Annahmeverzug erforderlich wurden) und ggf. auf die angefallenen Lagerkosten zu.
Wird die Ware in einem Paketshop eingelagert, wegen Nichtabholung an den Händler zurückgesandt und erhebt der Versanddienstleister für die Rücksendung ein Strafporto, muss der Verbraucher auch dieses vor einer erneuten Lieferung erstatten.
Aus diesen Gründen hat der Händler aus § 273 Abs. 1 BGB ein Zurückbehaltungsrecht, so dass er den Zweitversand nur Zug um Zug mit gleichzeitiger Erfüllung der genannten Ansprüche durch den Verbraucher vornehmen muss.
Muster: Reaktion auf den Rückerhalt einer vom Verbraucher nicht entgegengenommenen Sendung
Das Muster kann verwendet werden, wenn die versandte Ware an Sie zurückgeht, weil die Ware dem Kunden nicht zugestellt werden konnte oder vom diesem nicht im vorgesehenen Zeitraum beim Versandunternehmen abgeholt wurde.
Folgende Schritte empfehlen wir:
- Sie sollten einerseits darauf hinweisen, dass die bloße Retoure an Sie die Wirksamkeit des Vertrages nicht berührt, also insbesondere keinen wirksamen Verbraucherwiderruf darstellt.
- Andererseits sollten Sie den Kunden zur erneuten Abnahme der Ware unter vorheriger Begleichung der hierfür anfallenden Versandkosten auffordern. Gleichzeitig können Sie für den Fall einer nicht zeitgerechten Abnahme Lagergebühren androhen
Das Muster ist für Mandanten hier abrufbar.
Fazit
Händler stehen bei der Nichtannahme der bestellten Ware durch den Verbraucher nicht schutzlos da. Sie können den durch die Nichtannahme der bestellten Ware bedingten Mehraufwand in der Regel dem Verbraucher in Rechnung stellen. Allerdings dürfen sie die zurückerhaltene Ware nicht ohne weiteres an jemand anderen verkaufen, da der Kaufvertrag mit dem Verbraucher solange noch besteht, wie er nicht aus anderen Gründen aufgelöst worden ist, und der Verbraucher daher einen Anspruch auf eine erneute Zusendung der Ware hat.
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18 Kommentare
automatisch nochmal oder ist es ratsam sich mit dem Händler in Verbindung zu setzen.
Wie ist hierbei Ihre Erfahrung ?
Zum Zeitpunkt der Bestellung war die Ware in deren online Lager verfügbar.
Habe sie also gekauft und warte nun schon seit 2 Wochen (10 Tage über das geplante Lieferdatum der bestellbestätiging hinaus).
Seitens des Händlers gab es keine Rückmeldung bezüglich des verzugs.
Laut AGBs endet jedoch das Verhältnis, wenn 5 Tage nach Bestellung kein Vertrag zu stande kommt welcher durch den Versand der Ware oder eine dementsprechende Bestätigung besteht.
Also laut AGBs ist das Verhältnis seit 9 Tagen beendet, aber ich habe weder meine Ware erhalten, noch eine Benachrichtigung, noch mein Geld zurück.
Ich will die Ware natürlich schon gerne erhalten, aber wie ist das rechtlich? Kann ich klagen, das mein Geld wiederrechtlich trotz AGB bruch einbehalten wurde?
Ich habe von REAL.de ein Fernseher gekauft geliefert ist ein Gefrierschrank.
Ich habe mein Geld immer noch nicht zurückerhalten.
REAL.de Hotline hat mir nicht geholfen.
Was soll ich tun?
Bei erneutem Versand Berechnung von Transportkosten rechtens?
Viele Käufer haben schliesslich nicht die Möglichkeit, einen ganzen Tag zu Hause zu bleiben, um auf den Boten zu warten.
Gerät der Käufer in Annahmeverzug, wenn er die Ware nicht abholt, da die bei einer Abholung anfallenden Fahrtkosten den bereits bezahlten Kaufpreis inkl. Versandkosten übersteigen würden?
Oder gibt es für den Käufer hier eine Möglichkeit, sich zu schützen?
Kommt ein Paket zurück, schreibe ich den Kunden an und frage ob er sein Paket noch einmal haben möchte und die erneuten Versandkosten übernimmt. Bejaht er, bitte ich ihn die Versandkosten zu zahlen. Sagt er nein, werte ich dies als Widerruf und erstatte ihm den Kaufbetrag inkl. Versandkosten, abzügl Retourekosten.
Manche Kunden melden sich gar nicht mehr. Diesen schicke ich dann nochmal eine Mail mit der Bitte die erneuten Versandkosten mit Frist zum... zu überweisen. Passiert da auch nichts, trete ich vom Kaufvertrag zurück und erstatte nur den Warenwert.
Wie oft bleibt man auf den Retourekosten sitzen - das ist einfach unfair den Händlern gegenüber und meines Erachtens nicht gerecht.
MfG
Nicole Servos
Es stellt sich aber die Frage wer die Rücksendekosten, der nicht angenommenen/abgeholten Ware trägt. Die DHL berechnet dem gewerblichen Versender in diesem Fall Rücksendekosten. Auch wenn die Adresse falsch war (vom Käufer falsch hinterlegt), berechnet DHL Rücksendekosten.