LG Stuttgart: Kein urheberrechtlicher Schutz eines Vertrages

Mit Beschluß vom 06.03.2008 (Az.:17 O 68/08) hat das Landgericht Stuttgart die Urheberschutzfähigkeit eines Mustervertrages zur Vermittlung von Pflegekräften abgelehnt.
Im Wege einer einstweiligen Verfügung hatte der Antragsteller versucht, der Antragsgegnerin die Verwendung eines sechsseitigen Dienstleistungsvertrags zu verbieten. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass urheberrechtliche Ansprüche hier nicht bestehen.
Dabei ging es von dem Grundsatz aus, dass bei nicht-literarischen Sprachwerken im Sinn von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG weder die alltägliche, handwerklich saubere Gestaltung noch die darüber hinausgehende, besonders gelungene Schöpfung geschützt ist. Auch gut durchdachte, strukturiert aufgebaute und stilistisch gelungene Vertragswerke genießen daher keinen Urheberschutz. Dessen Schutzuntergrenze beginnt vielmehr erst, wenn der Vertrag aus der Reihe der vergleichbaren Verträge weit hervorsticht.
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die insoweit geltenden Anforderungen in einer neueren Entscheidung wie folgt zusammengefasst (Beschluss vom 07.02.2008, Az. 4 U 221/07):
„Der Senat folgt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach bei Schriftwerken, die keine literarischen Werke sind, sondern einem praktischen Gebrauchszweck dienen, die Schutzuntergrenze höher anzusetzen ist. Danach liegen die Durchschnittsgestaltung, das rein Handwerksmäßige, Alltägliche und Banale außerhalb jeder Schutzfähigkeit. Aber auch das bloße Überragen des rein Handwerklichen und Alltäglichen genügt nicht, sondern die untere Grenze der Urheberrechtsfähigkeit beginnt erst in einem erheblich weiteren Abstand. Erforderlich ist ein deutliches Überragen der Gestaltungstätigkeit gegenüber der Durchschnittsgestaltung, weil hier ein weiter Bereich von Formen liegt, die jedem zugänglich bleiben müssen (vergleiche nur Loewenheim in Schricker, UrhG, 3. Aufl., 2006, § 2 Rn. 31, 34 mit umfangreichen Nachweisen zur ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung und einer instruktiven Darstellung zur Entwicklung der Rechtsprechung auf Rn. 31 - 36).“
Die im Streitfall von der Antragsstellerin verwendenten Formulierungen erschöpften sich dagegen in typischen juristischen Vertragsformulierungen und Standardsätzen wie „Der Leistungserbringer kann … Dritte beauftragen“, „Der Vertrag kann … mit einer Kündigungsfrist von 14 Tagen vorzeitig gekündigt werden“ oder „Die monatlichen Kosten.. belaufen sich auf..“. Auch die Gliederung in sieben Paragraphen und der Aufbau von den „Allgemeinen Bestimmungen“ bis zu „Datenschutz und Schweigepflicht“ entsprachen den üblichen Vertragsmustern.
Anmerkung
Speziell bei Verträgen erkennen Gerichte nur dann einen Urheberschutz an, wenn es sich um besonders komplexe, aufwendige und umfangreiche Verträge handelt, was etwa bei Anlageverträgen in Immobilienanlageprogrammen und Gesellschaftsverträgen der Fall sein kann.
(LG Stuttgart, Beschluss vom 06.03.2008, Az.:17 O 68/08)Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
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