"All-You-Can-Copy-and-Paste"?! - Zum Urheberrechtsschutz fachjournalistischer Beiträge
Mit Urteil vom 25.06.2002 (Az.: I – 20 U 144/01) sprach das Oberlandesgericht Düsseldorf als Berufungsinstanz dem Autor eines Fachartikels in einer Computerzeitschrift den Urheberrechtsschutz nach § 97 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG für diesen ab, da es den wiedergegebenen Textstellen an Individualität im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG mangele.
Inhaltsverzeichnis
Fall
Der Kläger, Computerjournalist und Verfasser zahlreicher veröffentlichter Beiträge, fühlte sich in seinen Urheberrecht und Verwertungsrechten verletzt, als die Beklagte, Vertreiberin einer Computersoftware, auf ihrer Webseite Artikelbeschreibungen ihrer Produkte „Explorer“ und „Klick“ aus dem veröffentlichten Artikel „Werkzeuge der neuen Art: Möglichkeiten für den DOS-Computer“ des Klägers übernimmt.
Die Beklagte streitet jedoch sowohl die Autorenschaft des Kläger, als auch die Urheberrechtsfähigkeit des in Rede stehenden Artikels.
Nach Erfolglosigkeit in der ersten Instanz wendete sich der Kläger daraufhin mit seiner Berufung an das OLG Düsseldorf und beanstandet die Veröffentlichung der wiedergegebenen Textpassagen, sowie den auf der Webseite enthaltenen „Copyright“-Vermerk der Beklagten.
Im Übrigen ergänzt er sein erstinstanzliches Vorbringen dahingehend, dass das Landgericht die Anforderungen für den Urheberrechtsschutz fachjournalistischer Beiträge im Bereich von Computerzeitschriften zu hoch angesetzt habe.
Entscheidung
Diese Einschätzung konnten jedoch auch die Richter des Oberlandesgericht Düsseldorf nicht teilen. Diese verneinten einen urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch des Klägers bezüglich der Veröffentlichung der fraglichen Produktbeschreibungen auf der Webseite der Beklagten und sahen damit auch keine Grundlage für etwaige Folgeansprüche, wie etwa der Feststellung einer Schadensersatzpflicht, gegeben. Auch das auf die Unterlassung der Berühmung eines Urheberrechts durch den verwendeten „Copyright“-Vermerk gerichtete Klagebegehren hatte keinen Erfolg.
Zu Recht, so das OLG Düsseldorf, habe das erstinstanzliche Gericht bei der beanstandeten Veröffentlichung keine Verletzung urheberrechtlicher Verwertungsrechte nach § 97 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG angenommen.
Ob der Kläger tatsächlich Verfasser des schutzbeanspruchenden Artikels sei, könne offen gelassen werden. Jedenfalls könnten die von der Beklagten übernommenen und auf ihrer Webseite veröffentlichten Textstellen keinen urheberrechtlichen Schutz genießen, weil es ihnen an der hierfür erforderlichen Schöpfungshöhe fehlt. .
"Soweit der Kläger meint, seine Leistung bestehe darin, einen “vielschichtigen Sachverhalt” leicht und verständlich beschrieben zu haben, mag dies für den in Rede stehenden Zeitschriftenartikel zutreffen. Diese Leistung erkennt man jedoch nur in ihm, also in dem Gesamtwerk, nicht aber in den entlehnten Textstellen."
Es kam also nicht auf den journalistischen Beitrag im Ganzen an, sondern lediglich auf die Textpassagen, welcher sich die Beklagte bediente. Das Oberlandesgericht stellte insofern jedoch fest, dass diese Textpassagen für sich gesehen gerade nicht die erforderliche Individualität im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG besitzen.
"Denn sie haben jeweils nur eine relativ kurze und allgemeine, nicht in die Tiefe gehende Beschreibung eines Software-Produkts zum Gegenstand. Wie das Landgericht mit Recht festgestellt hat, handelt es sich um gängige, routinemäßige Produktbeschreibungen, deren Aufbau und Darstellung sich im Bereich des Üblichen bewegt, was sich ohne weiteres schon bei Betrachtung des weiteren Inhalts der vom Kläger überreichten Computer-Fachzeitschrift “C.”, Heft D., feststellen lässt."
Bei den Textstellen handele es sich also, so das Urteil, nur um übliche Beschreibungen eines Softwareprogramms, für die sich, so wie bei einer Bedienungs- oder Gebrauchsanweisung, die inhaltlichen Ausführungen und ihre Darstellungsart weitestgehend aus der Natur der Sache selbst und ihrem Informationszweck ergäben.
Auch bezüglich der Berühmung eines Urheberrecht hinsichtlich der beiden Produktbeschreibungen durch Verwendung eines „Copyright“-Vermerks der Beklagten, das sich am rechten unteren Rand einer jeden Seite befindet, scheiterte der Kläger.
Sowohl das Oberlandesgericht Düsseldorf, als auch das erstinstanzliche Landgericht, sahen es nicht als erwiesen an, dass sich die Beklagte tatsächlich mit dem beanstandeten „Copyright“-Vermerk eines Urheberrechts an den entlehnten Produktbeschreibung berühmt. Für beide Gerichte verblieb die Zuordnung der angegriffenen Hinweises vielmehr im Unklaren.
"Hiervon ausgehend hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass offen ist, ob sich der beanstandete “Copyright”-Vermerk bloß auf die zahlreichen vorgestellten Softwareprodukte der Beklagten oder auf den Inhalt der Website, namentlich auch auf die Produktbeschreibungen bezieht."
Fazit
Um urheberrechtlichen Schutz zu genießen, muss ein Fachartikel, wie auch jedes andere Schriftwerk, eine gewisse „Schöpfungshöhe“ aufweisen. Die „Schöpfungshöhe“ wird hierbei als ein Kriterium verwendet, das im Urheberrecht geschützte Werke von solchen Leistungen abgrenzt, die auf Grund ihrer Banalität oder Alltäglichkeit nicht geschützt werden sollen.
Für die Beurteilung der urheberrechtliche Qualität eines Artikels oder einer bloßes Textpassage hieraus, ist also, unabhängig von ihrem Inhalt oder ihrer Gestaltung, entscheidend, ob dieser auf einer persönlichen geistigen Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG beruht.
Dies hängt jedoch jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab und bedarf einer gesonderten rechtlichen Prüfung. Ein pauschales Durchwinken von journalistischen Beiträgen dieser oder jener Art ist somit nicht möglich.
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