Unverlangte Werbung per Email – macht einmal 300 Euro bitte!
Mit Email-Marketing lassen sich gute Erfolge erzielen. Die rechtlichen Hürden an zulässige Email-Werbung sind jedoch hoch. Im Falle von Email-Spam, also unerlaubter Email-Werbung drohen nicht nur Ärger und Kosten durch eine Abmahnung. Der Empfänger einer solchen Email hat, insbesondere wenn sein Auskunftsverlangen zur Verarbeitung seiner Daten nicht ausreichend erfüllt wird, grundsätzlich auch einen Anspruch auf Schadensersatz.
Worum geht es?
Von Händlern geliebt, von Email-Empfängern oft gehasst: Email-Newsletter haben einen erheblichen Stellenwert im Bereich der Werbung. Auf diese Weise lässt sich eine Vielzahl von potentiellen Interessenten fast zum Nulltarif ansprechen.
Auf der anderen Seite sorgen unerwünschte Werbe-Emails für Frust beim Empfänger.
Rechtlich zulässig ist die Werbung per Email grundsätzlich nur dann, wenn der Empfänger der Email-Werbung zuvor ausdrücklich in deren Erhalt eingewilligt hat.
Beim Email-Newsletter geschieht dies in aller Regel mittels Durchführung des sogenannten Double-Opt-In-Verfahrens.
Wohl nicht zuletzt aufgrund der sehr geringen Kosten werden immer wieder auch Empfänger angeschrieben, die mit einer entsprechenden Werbung gar nicht einverstanden sind. Nicht selten werden einfach Emai-Adresselisten mit tausenden Adressen angekauft und diese Adressen dann angeschrieben.
Die meisten Empfänger löschen solchen Spam dann einfach. Immer wieder wird aber auch zur juristischen Keule gegriffen: Sowohl der Betroffene einer solchen Spam-Email kann juristisch gegen den Versender vorgehen, als auch ein Mitbewerber des Versender bzw. ein Wettbewerbsverband, der „Wind“ von entsprechenden Praktiken des Spam-Sünders bekommen hat.
Von der Spammail zur Abmahnung
Wird eine Werbemail zu Unrecht versendet, kann der Empfänger gegen den Versender im Abmahnungswege vorgehen. Dabei wird er in erster Linie Unterlassung künftiger Werbeemails verlangen. Wurde die Abmahnung durch einen beauftragten Rechtsanwalt ausgesprochen, fallen zudem Rechtsanwaltskosten an, die der Abmahner bei einer Berechtigten Abmahnung vom Spammer ersetzt verlangen kann.
Auch Datenauskunft droht
Da der Empfänger meist auch wissen möchte, woher der Versender seine Email-Adresse hat, wird in vielen Fällen auch eine datenschutzrechtliche Auskunft nach Art. 15 DSGVO gefordert.
Wer eine entsprechende Datenauskunft nicht, nicht fristgemäß oder in nicht ausreichender Weise erteilt, begeht dann erneut einen Verstoß. Dieser wiederum kann weitere Konsequenzen auslösen.
Vorsicht vor der Vertragsstrafenfalle
Wird dann auf eine Abmahnung hin eine Unterlassungserklärung abgegeben und in der Zukunft erneut unerlaubte Email-Werbung an den abmahnenden Empfänger gesendet, dann wird es richtig teuer:
Der Spammer muss dann eine Vertragsstrafe bezahlen, die sich regelmäßig im vierstelligen Bereich bewegen wird. Und das für jede einzelne Spam-Mail, die folgt.
Wer nach Abgabe der Unterlassungserklärung sein Email-Marketing nach wie vor nicht unter Kontrolle bringt, der wird dafür teuer bezahlen müssen.
Von der Spammail zum Schmerzensgeld
Der Anspruch auf Unterlassung, Auskunft sowie ggf. Abmahnkostenerstattung ist jedoch nicht das Ende der Fahnenstange.
Denkbar ist daneben auch ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der Beeinträchtigung durch die Werbeemail(s) und die unzulässige Datenverarbeitung in diesem Zusammenhang.
Während sich die meisten nun die Frage stellen dürften, worin die zu entschädigende Beeinträchtigung liegen könnte, ist eine solche Mail doch in wenigen Sekunden gelöscht, wissen andere wohl ganz genau, dass sich auch mit dem Erhalt von Spammails sogar Geld verdienen lässt.
Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Pfaffenhofen (Urteil vom 9.9.2021, Az.: 2 C 133/21) zeigt, dass bereits eine unverlangt übersendete Werbeemail zusammen mit einer anschließend unvollständig erteilten Datenauskunft zu einem Schadensersatzanspruch von 300,-- Euro führen kann.
Was war da passiert?
Ein Rechtsanwalt erhielt unaufgefordert eine Email an eine nicht allgemein zugängliche Email-Adresse, in der Corona-Schutzmasken beworben wurden. Auch bestand keinerlei Geschäftsbeziehung oder vorheriger Kontakt zum Werbetreibenden.
Der Anwalt verlangte daraufhin Unterlassung und begehrte Auskunft darüber, wann seine Email-Adresse erhoben wurde und woher der Werbetreibende die Email-Adresse erhalten hatte.
Eine Unterlassungserklärung wurde abgegeben.
Hinsichtlich der Speicherung der Email-Adresse teilte der Werbetreibende jedoch nur mit, dass er auf diese bei der Suche nach einer Rechtsberatung gestoßen sei. Es handele sich um eine manuell erfasste Email-Adresse und der Bedarf an Rechtsberatung habe sich danach erledigt.
Diese Auskunft stellte den Rechtsanwalt nicht zufrieden.
Er erhob darauf Klage zum Amtsgericht Pfaffenhofen gegen den Werbetreibenden und begehrt dabei weitere Auskunft zur Herkunft der Email-Adresse. Ferner sah der Anwalt eine besondere Schutzbedürftigkeit seines anwaltlich genutzten Postfaches. Inzwischen seien auch bereits andere Spam-Emails eingegangen, so dass Klärung erforderlich sei, woher die Spam-Absender die Email-Adresse erhalten haben.
Deshalb sei es angemessen, dass er für die übersendete Spam-Mail und die nicht ausreichend erteilte Auskunft eine Geldentschädigung von nicht unter 300 Euro erhalte. Diese stünde ihm nach Artikel 82 DSGVO als immaterieller Schadenersatz zu.
Die Entscheidung
Das Amtsgericht entschied, dass der Werbetreibende die Email-Adresse des Anwalts ohne Rechtsgrundlage verarbeitet habe, indem diese zu Werbezwecken abgespeichert wurde.
Für die erfolgte Datenverarbeitung lag weder eine Einwilligung des Anwalts noch ein rechtfertigendes berechtigtes Interesse vor. Ein berechtigtes Interesse an einer Direktwerbung scheitere jedenfalls an der Wertung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, nach der Email-Werbung ohne vorherige, ausdrückliche Zustimmung eine unzumutbare Belästigung darstelle.
Ferner habe der Werbetreibende nach Ansicht des Gerichts sowohl gegen Informationspflichten nach Art. 14 DSGVO verstoßen, als sei sich auch dem Auskunftsrechts des Anwalts nach Art. 15 DSGVO nicht ausreichend nachgekommen. Die Auskunftserteilung hinsichtlich der Herkunft der Daten sei nicht ausreichend.
In der Konsequenz steht dem Email-Empfänger nach Ansicht des Gerichts dem Grunde nach ein Anspruch auf Geldentschädigung zu, da die Verstöße des Werbetreibenden bei diesem zu einem immateriellen Schaden geführt haben. Auf das Überschreiten einer bestimmten Erheblichkeitsschwelle komme es insoweit nicht an. Bereits ein „ungutes Gefühl“ reiche für einen Schaden aus.
Das Amtsgericht führte dazu aus:
"Der Schaden kann auch bereits etwa in dem unguten Gefühl liegen, dass personenbezogene Daten Unbefugten bekannt geworden sind, insbesondere wenn nicht ausgeschlossen ist, dass die Daten unbefugt weiterverwendet werden, auch bereits in der Ungewissheit, ob personenbezogene Daten an Unbefugte gelangt sind. Unbefugte Datenverarbeitungen können zu einem Gefühl des Beobachtetwerdens und der Hilfslosigkeit führen, was die betroffenen Personen letztlich zu einem reinen Objekt der Datenverarbeitung degradiert. Den Kontrollverlust nennt EG 75 ausdrücklich als „insbesondere“ zu erwartenden Schaden. Desweiteren kommen etwa Ängste, Stress, Komfort- und Zeiteinbußen in Betracht (…)."
Der Höhe nach bestimmte das Gericht, dass im vorliegenden Fall eine Entschädigung in Geld in Höhe von 300,-- Euro als angemessen erscheint.
Dementsprechend wurde der Werbetreibende vom Gericht zur Zahlung von 300,-- Euro Schadensersatz zzgl. Zinsen an den Rechtsanwalt verurteilt.
Fazit
Spam kann schnell sehr teuer werden…
Bis dato wurden hohe Kosten für entsprechend handelnde Versender zumeist durch anwaltliche Abmahnschreiben verursacht sowie durch wiederholten Spam nach Abgabe einer Unterlassungserklärung wegen Verwirkung von Vertragsstrafe.
Wenngleich es hier „nur“ die Entscheidung eines Amtsgerichts ist:
Sobald auch zum typischen Spam-Mail-Empfänger durchgedrungen ist, dass sich hier ein „Markt“ für Schadensersatz gebildet hat, wenn in Folge von unzulässigen Werbeemails dann DSGVO-Auskünfte nicht oder nicht korrekt erteilt werden, dürften sich die Zahl der Forderungen auf Schadensersatz künftig deutlich erhöhen.
Gerade private Empfänger, die den Gang zum Rechtsanwalt wegen Vorschießens von Anwalts- und Prozesskosten vielleicht scheuen können auf diese Weise Werbetreibende in die Enge treiben und mit entsprechenden Auskunftsverlangen fluten. Wird dann nicht oder nicht sauber reagiert, steht ein immaterieller Schadensersatz im Raum.
Viele Online-Händler sehen sich bereits jetzt regelmäßig mit Auskunfts- und Löschungsverlangen nach der DSGVO konfrontiert. Hier ist es wichtig, dass Händler in jedem Falle binnen eines Monats ausreichend reagieren, um solche Folgeansprüche auf Schadensersatz zu vermeiden.
Wussten Sie bereits, dass die IT-Recht Kanzlei ihren Update-Service-Mandanten auch Muster für den Fall, dass der Kunde eine
- Datenauskunft nach der DSGVO
- Datenlöschung nach der DSGVO
geltend macht, zur Verfügung stellt?
Update-Service-Mandanten erhalten also nicht nur abmahnsichere Rechtstexte, sondern darüber hinaus auch über 70 Muster, Leitfäden und Handlungsanleitungen für ein rechtssicheres Bewegen im Ecommerce zur Verfügung gestellt.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
J. Schott / shutterstock.com
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