UWG – Schwarze Klausel Nr. 26 - Raus jetzt! - Unternehmer in fremden Wohnungen
Wenn ein Außendienstmitarbeiter (Vertreter) der Aufforderung eines Verbrauchers, er möge dessen Wohnung verlassen, nicht Folge leistet, begeht er nicht nur Hausfriedensbruch, sondern auch einen Wettbewerbsverstoß gegen die Schwarze Klausel Nr. 26 des UWG. Was es genau damit auf sich hat, lesen Sie jetzt im 27. Teil der Serie der IT-Recht Kanzlei.
Die Klausel
„Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Abs. 3 sind…
Nr. 26: …bei persönlichem Aufsuchen in der Wohnung die Nichtbeachtung einer Aufforderung des Besuchten, diese zu verlassen oder nicht zu ihr zurückzukehren, es sei denn, der Besuch ist zur rechtmäßigen Durchsetzung einer vertraglichen Verpflichtung gerechtfertigt;
Die Wohnung - ein Heiligtum
Die Wohnung als privater Rückzugsraum wird von der gesamten Rechtsordnung auf unterschiedliche Weise geschützt. Dieser Schutz ist Ausfluss des Artikels 13 des Grundgesetzes, der die Unverletzlichkeit der Wohnung garantiert. Die bekanntesten Vorschriften zum Schutz der Privatheit der Wohnung finden sich sicherlich in der Strafprozessordnung. So ist beispielsweise jedem bekannt, dass Polizisten nicht einfach so in jede Wohnung eindringen dürfen, um diese zu durchsuchen. Dies ist - von Ausnahmen abgesehen - nur erlaubt, wenn sie einen Durchsuchungsbefehl vorweisen können, der von einem Richter ausgestellt worden ist. Der Richter erlässt diesen Durchsuchungsbefehl nur dann, wenn - grob gesprochen - eine bestimmte begründete Vermutung besteht, dass bei der Durchsuchung auch etwas Relevantes gefunden wird.
Auch die Schwarze Klausel Nr. 26 schützt den Privatbereich der Wohnung - jedoch aus einem ganz anderen Blickwinkel. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine wettbewerbsrechtliche Vorschrift. Dies bedeutet, dass ein Verstoß hiergegen wettbewerbsrechtliche Folgen haben kann, d.h. insbesondere Ansprüche von Mitbewerbern oder Verbraucherschutzverbänden gegen das Unternehmen, das einen Verstoß begangen hat, bestehen können.
Raus jetzt!
Im Mittelpunkt der Schwarzen Klausel steht, dass ein Unternehmer eine Wohnung eines Verbrauchers auf dessen Aufforderung hin nicht verlässt. Dabei spielt es keinerlei Rolle, wie der Unternehmer in die Wohnung gelangt ist, d.h. ob er etwa von dem Verbraucher eingeladen worden ist oder sich eigenmächtig Zutritt verschafft hat. Ebenfalls unerheblich ist, ob die Wohnung dem Verbraucher gehört, er also Eigentümer ist, oder ob er nur Mieter ist. Es geht allein um das Verhältnis Verbraucher - Unternehmer. Wichtig allerdings ist, dass der Aufenthalt des Unternehmers eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Absatz Nr. 1 des UWG ist, denn das UWG ist Wettbewerbsrecht, d.h. es geht um die Frage, ob ein Unternehmer im Geschäftsverkehr lauter oder unlauter handelt. Beispielswiese liegt eine geschäftliche Handlung vor, wenn ein Staubsauger-Vertreter in einer Wohnung die Künste seiner Geräte vorführt. Keine geschäftliche Handlung liegt dagegen vor, wenn der Geschäftsführer einer GmbH, die Bücher verkauft, bei einem Bekannten zu Besuch ist und dieser ihn rausschmeißt, nachdem sich der Geschäftsführer mehrfach beleidigend über das Aussehen der Freundin des Hausherrn geäußert hat.
Zudem sind die Voraussetzungen der Schwarzen Klausel selbstverständlich nicht nur dann gegeben, wenn „der“ Unternehmer selbst aus der Wohnung geworfen wird. Dasselbe gilt ebenso für dessen Mitarbeiter oder Beauftragte.
Stimmungswechsel
Noch einmal zu betonen ist, dass es nicht darauf ankommt, dass der Wohnungsinhaber den Unternehmer möglicherweise aus vollkommen freien Stücken in die Wohnung gelassen hat oder vielleicht sogar darum gebeten hat, dass dieser die Wohnung betritt. Es spielt somit keine Rolle, ob der Unternehmer vertragliche Ansprüche oder Rechte geltend machen will oder sonstige an sich berechtigte Interessen verfolgt.
Insofern bedeutet die Aufforderung zum Verlassen der Wohnung in jedem Fall einen Schnitt: der Unternehmer muss nun die Wohnung verlassen, sonst verstößt er gegen die Schwarze Klausel. Darüber hinaus würde er dann auch einen Hausfriedensbuch, d.h. eine Straftat, begehen.
Kein Comeback
Was für die Aufforderung zum Verlassen der Wohnung gilt, gilt auch für die Mitteilung des Verbrauchers, der Unternehmer (oder dessen Mitarbeiter, s.o.) soll nicht zurückkommen. Wenn daher ein abgewiesener Unternehmer am folgenden Tag der Meinung ist, der Verbraucher werde sich schon beruhigt haben und ihn jetzt in besserer Stimmung empfangen, so ist dies für die Schwarze Klausel irrelevant: In dem Moment, in dem der Unternehmer den Verbraucher wieder aufsucht, obwohl dieser im Vorfeld erklärt hat, dass er dies gerade nicht möchte, liegt ein Verstoß gegen die Vorschrift vor.
Was gilt als Rechtfertigung?
Etwas mysteriös erscheint der letzte Halbsatz der Vorschrift, der zu bedeuten scheint, dass in bestimmten Ausnahmefällen der Unternehmer der Aufforderung des Verbrauchers, die Wohnung zu verlassen, nicht nachkommen muss und dennoch kein Wettbewerbsverstoß vorliegt. Die Vorschrift spricht von einer „rechtmäßigen Durchsetzung einer vertraglichen Verpflichtung“. Hier ist bislang noch die vollkommen klar, was genau damit gemeint sein soll. Hierzu gibt es verschiedene Meinungen. Als Richtschnur lässt sich sagen, dass ein Verbraucher die (weitere) Anwesenheit des Unternehmers dann dulden muss (und ihn somit nicht ohne Weiteres rauswerfen darf), wenn er sich vertraglich dazu verpflichtet hat oder gesetzlich dazu verpflichtet ist. Hier Beispiele zu finden, ist nicht einfach. Es könnte etwa sein, dass der Verbraucher als Mieter der Wohnung dazu verpflichtet ist, einen Unternehmer in der Wohnung zu dulden, damit dieser sich (für den Vermieter) einen Überblick über den Zustand der Wohnung machen kann - z.B um zu sehen, welche Instandhaltungsarbeiten in nächster Zeit vorgenommen werden müssen.
Beispiel
Ein Beispiel soll veranschaulichen, wann genau die Vorschrift Anwendung findet.
Sabine hat einen flippigen Freundinnenkreis, der sich regelmäßig zu verschiedenen Anlässen trifft, um gemeinsam lustige Abende zu verbringen. Für einen dieser Abende hat Sabine eine Dessous-Verkäuferin zu sich nach Hause eingeladen. Aufgrund eines Missverständnisses - die Dessous-Verkäuferin dachte, es handele sich um Frauen zwischen 50 und 60 Jahren, tatsächlich sind Sabine und ihre Freundinnen jedoch alle Mitte 20 - hat die Dessous-Verkäuferin nur altmodische „Oma“-Schlüpfer mitgebracht, so dass der Abend nicht so verläuft wie geplant. Sabine, die wegen des Versehens der Verkäuferin ganz schön sauer ist, bedeutete der Verkäuferin in deutlichen Worten, sie möge doch schnellst möglich verschwinden, damit der Abend nicht komplett verdorben sei. Die Verkäuferin sieht dies nicht ein. Immerhin habe sie einen langen Weg auf sich genommen und außerdem seien die „Oma“-Schlüpfer gar nicht so unattraktiv und unpassend, wie man meinen könnte. Nach einigem Hin und Her schiebt Sabine die Verkäuferin etwas unsanft zur Tür; die Verkäuferin gibt daraufhin auf und verlässt die Wohnung.
Eine Woche später klingelt es bei Sabine, die erneut mit ihren Freundinnen einen Mädelsabend veranstaltet. Als Sabine die Dessous-Verkäuferin an ihrer Wohnungstür entdeckt - die Verkäuferin meint es gut und will ihren Fehler von letzter Woche (ungefragt und unangekündigt) wieder gutmachen - ruft sie ihr entgegen, sie solle abhauen und schließt die Tür.
Im Beispielsfall liegt ein Verstoß gegen die Schwarze Klausel Nr. 26 des UWG vor. In dem Moment, wo sich die Dessous-Verkäuferin weigert, die Wohnung zu verlassen, obwohl Sabine sie dazu auffordert, verstößt sie gegen die Vorschrift. Unerheblich ist, dass Sabine die Verkäuferin ursprünglich selbst eingeladen und somit freiwillig in die Wohnung gelassen hatte.
Man könnte meinen, es läge ein weiterer Verstoß gegen die Schwarze Klausel vor, als die Dessous-Verkäuferin eine Woche später noch einmal bei Sabine auftaucht. Allerdings hat Sabine der Dessous-Verkäuferin zuvor nicht gesagt, dass sie überhaupt nicht wieder kommen dürfe. Somit liegt beim „Comeback“ der Verkäuferin kein Wettbewerbsverstoß vor.
Fazit
Für Verbraucher ist die Schwarze Klausel Nr. 26 nicht so interessant. Wenn ein Unternehmer einen Verbraucher in dessen Wohnung belästigt, wird dieser - in krassen Fällen - sicherlich die Polizei rufen, so dass sich dann eher die Frage stellt, ob ein Hausfriedensbruch, also eine Straftat, vorliegt oder nicht. Das UWG wird in diesem Zusammenhang regelmäßig keine Rolle spielen. Relevant wird dies nur dann, wenn sich Verbraucher an Verbraucherschutzverbände wenden, die dann wiederum Maßnahmen nach dem UWG ergreifen können. Konkurrenzunternehmen von unlauteren Verkäufern, die Verbraucher in deren Wohnungen belästigen, werden nur selten davon Fällen erfahren, so dass es auch hier nur selten zu wettbewerbsrechtlichen Maßnahmen kommen wird.
In der nächsten Woche erfahren Sie mehr über Klausel Nr. 27!
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
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