Unternehmenskennzeichen: Zum Verwechseln ähnlich?
Bei Markenkollisionen und dem Ähnlichkeitsschutz geht es um die Verwechslungsgefahr – so viel ist bekannt. Aber auch im Unternehmenskennzeichenrecht spielt die Verwechslungsgefahr im Falle einer Kollision die entscheidende Rolle. Hierzu und zu weiteren Punkten wie der generellen Schutzfähigkeit von Unternehmenskennzeichen und dem Schutzbeginn hat das OLG Frankfurt am Main (Urt. v. 08.08.2019, Az. 6 W 57/19) Antworten gegeben….
Firmenname vs. Firmenname?
Die Antragstellerin „LS-Plan GmbH“ ist ein in der Elektrotechnik-Branche auf dem Gebiet der Entwicklung und Planung von Bau- und Anlageprojekten im Bereich der Gebäudetechnik tätiges Unternehmen. Sie wurde im März 2015 in das Handelsregister eingetragen. Demgegenüber steht die Antragsgegnerin zu 1), die „L Plan GmbH“, welche ebenfalls in der Entwicklung und Planung von Bau- und Anlageprojekten im Bereich der Gebäudetechnik tätig ist. Allerdings wurde sie erst im April 2019 ins Handelsregister eingetragen. Zusätzlich benutzte sie die Internetdomain „l-plan-elektro.de“.
Aufgrund der Ähnlichkeit des Unternehmenskennzeichens, insbesondere der Einzelbuchstaben, und der Tatsache, dass beide Unternehmen sowohl in derselben Branche als auch Stadt tätig sind, reichte die Antragstellerin zunächst einen Antrag auf Unterlassung der Benutzung des Unternehmenskennzeichens gegenüber der Antragsgegnerin zu 1) sowie den Antragsgegnern 2) bis 4), bei denen es sich jeweils um ehemalige Geschäftsführer und Gesellschafter handelte, beim Landgericht Frankfurt am Main (Urt. v. 11.06.2019, Az. 10 O 60/19) ein.
Sie forderte unter anderem es zu unterlassen, zur Kennzeichnung eines auf die Erbringung von Elektrotechnik-Fachplanungsleistungen gerichteten Geschäftsbetriebs die Kennzeichnungen „L-Plan GmbH“ und/oder „L-PLAN“ und die Domain „l-plan-elektro.de“ zur Bewerbung eines Geschäftsbetriebs für Elektrotechnik-Fachplanungsleistungen und/oder zur Bewerbung von Elektrotechnik-Fachplanungsleistungen zu benutzen.
Das Landgericht wies die Eilanträge der Antragstellerin zurück, da unter anderem von keiner Verwechslungsgefahr auszugehen sei. Dagegen reichte die Antragstellerin sofortige Beschwerde ein, woraufhin sich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit dem Thema befassen musste.
Wie gewohnt: Auf die Verwechslungsgefahr kommt es an!
Am 08.08.2019 fasste das Oberlandesgericht Frankfurt am Main den Beschluss, dass der vorinstanzliche Beschluss des Landgerichts teilweise abgeändert und die beantragte einstweilige Verfügung teilweise erlassen wird.
Zur Begründung führte es zunächst aus, dass das Unternehmenskennzeichen „LS Plan GmbH“ über eine originäre Kennzeichnungskraft, im Sinne einer Unterscheidungskraft, verfügt und daher schutzfähig ist. Hierfür reiche es aus, dass die Bezeichnung geeignet ist, bei der Verwendung im Verkehr als Name des Unternehmens zu wirken und dass eine bestimmte beschreibende Verwendung nicht festzustellen ist (vgl. BGH, Urt. v. 31.07.2008, Az. I ZR 22/06, Rn. 22).
Darüber hinaus stehe ihr ein prioritätsälteres Unternehmenskennzeichenrecht (§ 5 II S. 1 MarkenG) zu, da sie im Jahr 2015 als Erste im Handelsregister eingetragen wurde.
Hierzu ist anzumerken, dass für den Beginn des Schutzes nicht zwingend die Eintragung im Handelsregister ausschlaggebend ist, vielmehr beginnt der Schutz mit tatsächlicher, nach außen gerichteter Nutzung des Kennzeichens im geschäftlichen Verkehr (vgl. § 6 III MarkenG) . Es ist gerade nicht notwendig, dass das Unternehmen bereits gegenüber allen Marktteilnehmern in Erscheinung getreten ist, bereits Vorbereitungshandlungen können genügen (vgl. VOR-Gesellschaft). Bei Domainnamen hingegen wird auf den Zeitpunkt der Benutzung abgestellt, nicht schon auf den Zeit-punkt der Registrierung.
Ebenfalls stellte das OLG fest, dass das Unternehmenskennzeichenrecht nicht erloschen sei. Die Antragsgegnerin berief sich zuvor auf eine Benutzungsaufgabe, da eine werbende Tätigkeit der Antragstellerin nach Ausscheiden vieler Mitarbeiter sowie der Betreuung von nurmehr einem Projekt nicht mehr gegeben sei. Dahingegen stellte das OLG klar, dass an die für die Aufrechterhaltung des Rechts erforderliche Zeichenbenutzung keine höheren Anforderungen zu stellen seien als an die für seine anfängliche Entstehung erforderlichen Benutzungshandlungen. Der Einwand war demzufolge unberechtigt.
Maßgeblich für die Entscheidung allerdings komme es auf die Verwechslungsgefahr an, so das OLG. Nach dessen Ansicht müssen folgende Voraussetzungen dafür erfüllt sein.
1) Branchenidentität
Der Unternehmensgegenstand der Antragsgegnerin zu 1) beziehe sich ebenfalls auf die Entwicklung und Planung von Bau- und Anlageprojekten im Bereich der Gebäudetechnik. Daher sei eine Branchenidentität zu bejahen.
Exkurs zum Schutzumfang:
Erschwerend komme hinzu, besonders im Hinblick auf die Gesamtabwägung, dass beide Firmen ihren Sitz in unmittelbarer räumlicher Nähe haben und einen sachlich eng begrenzten Markt bedienen. An dieser Stelle lässt sich hinzufügen, dass der räumliche Schutzbereich des Unternehmenskennzeichenrechts zwar auf das gesamte Gebiet der BRD festgelegt ist, jedoch mit Ausnahmen, wie beispielsweise ortsgebundenen Unternehmen, die im Einzelfall nachweisbar keine mögliche zukünftige Ausdehnung erwarten lassen. Dies kann im Zweifel sogar im Umkehrschluss angenommen werden, wenn in anderen Regionen bereits namensgleiche Unternehmen bestehen (BGH GRUR 2005, 262, 263). Ebenso bedeutet eine Internetpräsenz nicht zwingend eine überregionale Tätigkeit.
2) durchschnittliche Kennzeichnungskraft
Davon sei stets auszugehen, sofern keine konkreten Anhaltspunkte gegeben sind, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen (BGH GRUR 2012, 930 Rn. 27). Dies gelte auch für reine Buchstabenfolgen, wenn Anzeichen für eine abweichende Beurteilung auf dem jeweiligen Waren- und Dienstleistungssektor fehlen. So sei dies auch für die Buchstabenkombination „LS“ anzunehmen. Beschreibende Bezüge zum Unternehmensgegenstand seien nicht ersichtlich. Am Schutz des Unternehmenskennzeichens nimmt auch das Element „Plan“ teil, welches zwar er-kennbar Bezug auf die angebotenen Leistungen nimmt, jedoch nicht glatt beschreibend sei. „LS-Plan GmbH“ besitze daher eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft.
3) durchschnittliche Zeichenähnlichkeit
Zwischen den Zeichen „LS Plan GmbH“ und „L Plan GmbH“ bestehe nach Ansicht des OLG ein durchschnittlicher Grad an Zeichenähnlichkeit. Der Gesamteindruck würde auch nicht allein von den Buchstaben „LS“ oder „L“ dominiert. Bei derart zusammengesetzten Unternehmenskennzeichen neige der Verkehr nicht zur Verkürzung, sondern würde die Unternehmen bei vollem Namen nennen.
Angesichts der geprüften Punkte ließ sich nach Ansicht des OLG im Rahmen einer Gesamtabwägung eine Verwechslungsgefahr nicht verneinen.
Im Ergebnis wird der Antragsgegnerin zu 1) untersagt, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland ohne Zustimmung der Antragstellerin zur Kennzeichnung eines auf die Erbringung von Elektrotechnik-Fachplanungsleistungen gerichteten Geschäftsbetriebs die Kennzeichnungen „L-Plan GmbH“ und „L-Plan“ sowie das Kennzeichen „L-Plan“ zur Kennzeichnung von Elektrotechnik-Fachplanungsleistungen sowie weiter die Domain „l-plan-elektro.de“ zur Bewerbung eines Geschäftsbetriebs für Elektrotechnik-Fachplanungsleistungen und deren Bewerbung zu benutzen. Die Ansprüche ergeben sich aus §§ 5, 15 IV MarkenG.
Fazit: Verwechslungsgefahr bei Unternehmenskennzeichen - fast wie bei Marken
Ein kleiner Ritt durch das Unternehmenskennzeichenrecht: Wie gezeigt, kommt es für die Abwägung, ob ein Unternehmenskennzeichen im Streitfall schutzfähig ist, maßgeblich auf die Verwechslungsgefahr an. Daneben ist es von großer Bedeutung, ab wann der Schutz beginnt. Hier gibt es Unterschiede zur Marke. In einigen Fällen kann ein Unternehmenskennzeichen bereits vor Eintragung in das Handelsregister schutzfähig sein. All diese spielt dann eine Rolle beim Zeitrang des Zeichens....
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