Ungenaue Lieferzeiten: werden aktuell abgemahnt

Ungenaue Lieferzeiten: werden aktuell abgemahnt
15.09.2014 | Lesezeit: 10 min

Derzeit werden Online-Händler abgemahnt, die hinsichtlich der Lieferzeiten wie folgt informieren: "Lieferzeit: 1-2 Werktage nach Zahlungseingang." Diese Angabe sei nicht transparent genug und verstieße damit gegen Art. 246a § 1 Nr. 7 EGBGB. Schließlich könne der Verbraucher nicht wissen, wann die Zahlung auf dem Konto des Händlers gutgeschrieben wird. Ebenso dürften Angaben wie "Lieferzeit: 1-2 Tage" oder "Lieferzeit: 1-2 Werktage" problematisch sein, bei denen ein Hinweis auf den Beginn der Lieferfrist vollständig fehlt.

Gemäß Art. 246a § 1 Nr. 7 EGBGB heißt es:

"Der Unternehmer ist nach § 312d Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichtet, dem Verbraucher folgende Informationen zur Verfügung zu stellen:

die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, den Termin, bis zu dem der Unternehmer die Waren liefern oder die Dienstleistung erbringen muss, und gegebenenfalls das Verfahren des Unternehmers zum Umgang mit Beschwerden."

Hinweis: Einschränkende Zusätze bei der Lieferzeit wie etwa „ca.“, „voraussichtlich“ oder „in der Regel“ dürften nach der neuen Rechtslage unzulässig sein.

I. Muss tatsächlich ein konkreter Liefertermin genannt werden?

Über die genaue Tragweite dieser Verpflichtung wurde bereits im Vorfeld der anstehenden Gesetzesänderung kontrovers diskutiert. Soll der Unternehmer etwa verpflichtet sein, einen konkreten Termin für die Warenlieferung an den Verbraucher zu benennen?

Dies würde den Unternehmer allein schon aufgrund der nicht vorhersehbaren Reaktionszeiten der Transportunternehmen vor eine unlösbare Aufgabe stellen. Außerdem wird der Unternehmer im Falle der Vorauszahlungspflicht des Verbrauchers nicht vor dem Zahlungseingang liefern. Ob und wann der Verbraucher die Zahlung letztlich veranlasst, ist dem Unternehmer im Zeitpunkt der Angebotserstellung aber völlig unbekannt.

Gegen eine enge Auslegung des Begriffs „Termin“ spricht auch die englischsprachige Version der Verbraucherrechterichtlinie in der es hierzu wie folgt heißt:

“(…) the time by which the trader undertakes to deliver the goods or to perform the services”.

Der Begriff “time” lässt anders als der Begriff „Termin“ eher auf einen Zeitraum als auf ein konkretes Datum schließen. Andererseits wird in der französischsprachigen Version der Verbraucherrechterichtlinie insoweit der Begriff „date“ verwendet, der wiederum für ein konkretes Datum sprechen könnte.

Unter Berücksichtigung aller Umstände gelangen wir zu der Auffassung, dass sich die Verpflichtung des Unternehmers nicht auf die Angabe eines konkreten Lieferdatums sondern vielmehr auf die Angabe einer maximalen Lieferfrist beschränkt, die er dann aber auch einzuhalten hat.

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II. Was ist bei Angabe der Lieferist zu beachten?

Da der Verbraucher in die Lage versetzt werden muss, sich das Ende der Lieferfrist auszurechnen, muss für den Beginn der Lieferfrist auf ein Ereignis abgestellt werden, welches der Verbraucher kennt.

Problem: Vorkasse-Zahlungen

Dies ist insbesondere im Hinblick auf Vorkasse-Zahlungen problematisch, da der Händler die Ware erst mit Zahlungseingang auf seinem Konto versendet, der Verbraucher aber nicht wissen kann, wann die Zahlung auf dem Konto des Händlers gutgeschrieben wird. Da der Verbraucher sich die Lieferfrist aber ausrechnen können muss, darf in diesem Fall für den Beginn der Lieferfrist nicht etwa auf den Zahlungseingang beim Händler abgestellt werden.

Vielmehr muss hier auf den Zeitpunkt abgestellt werden, in dem der Verbraucher die Zahlung anweist, da er nur diesen Zeitpunkt genau kennt. Banklaufzeiten und ggf. auch zwischen Überweisung und Zahlungseingang liegende Wochenenden muss der Händler in seine Lieferfrist einkalkulieren und diese ggf. entsprechend verlängern. Dies entspricht ja auch der Realität, da derjenige, der die Überweisung unmittelbar vor einem Wochenende ausführt, in der Regel länger auf die Ware warten muss, als derjenige, der die Überweisung an einem Montag ausführt.]

III. Handlungsanleitung für Betreiber von Online-Shops: Angabe Lieferzeiten bei Versand nur nach Deutschland

1. Geben Sie auf der Angebotsseite beim jeweiligen Artikel die Lieferfrist an und versehen Sie diese mit einem Sternchenhinweis.

Beispiel:

Lieferzeit: 3 – 5 Tage*

oder

Lieferzeit max. 5 Tage*

oder

Lieferzeit bis zu 5 Tage*

oder, wenn zusätzlich Expressversand angeboten wird

Lieferzeit: Standard max. 5 Tage, Express 1 Tag*

Hinweis zur Platzierung des Hinweises:

Der Hinweis zur Lieferzeit muss so platziert sein, dass der Verbraucher diesen auf jeden Fall zur Kenntnis nehmen kann, bevor er seine Vertragserklärung absendet. Wird im Rahmen des elektronischen Bestellprozesses nicht mehr über die Lieferzeit informiert, so muss der Hinweis im Online-Shop so hinterlegt sein, dass er vom Verbraucher auf jeden Fall vor Einleitung des Bestellprozesses, also vor Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb, zur Kenntnis genommen werden kann.

Werben Sie im Rahmen von Preissuchmaschinen bereits unter Angabe der Lieferzeit für Ihre Angebote, müssen Sie dort ebenfalls klarstellen, auf welche Länder sich die angegebene Lieferzeit bezieht, sofern Sie auch ins Ausland versenden und hierfür andere Lieferzeiten gelten, als für den Inlandsversand.

2. Lösen Sie den Sternchenhinweis im Footer der Angebotsseite auf, indem Sie dort klarstellen, wie sich die Lieferfrist berechnet.

Beispiel:

*Gilt für Lieferungen nach Deutschland. Informationen zur Berechnung des Liefertermins siehe hier <Link zur Versandinfoseite>.

oder, wenn zusätzlich Expressversand angeboten wird

*Gilt für Lieferungen nach Deutschland bei Standardversand. Bei Expressversand gilt eine Lieferzeit von 1 Tag innerhalb Deutschlands. Informationen zur Berechnung des Liefertermins siehe hier <Link zur Versandinfoseite>.

3. Informieren Sie auf einer eigens vorgehaltenen Versandinfoseite des Online-Shops über die Berechnung des (spätesten) Liefertermins.

Beispiel:

Information zur Berechnung des Liefertermins

Die Frist für die Lieferung beginnt bei Zahlung per Vorkasse am Tag nach Erteilung des Zahlungsauftrags an das überweisende Kreditinstitut bzw. bei anderen Zahlungsarten am Tag nach Vertragsschluss zu laufen und endet mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist. Fällt der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder einen am Lieferort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.

oder, wenn auch samstags zugestellt wird

Information zur Berechnung des Liefertermins

Die Frist für die Lieferung beginnt bei Zahlung per Vorkasse am Tag nach Erteilung des Zahlungsauftrags an das überweisende Kreditinstitut bzw. bei anderen Zahlungsarten am Tag nach Vertragsschluss zu laufen und endet mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist. Fällt der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag oder einen am Lieferort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.

IV. Handlungsanleitung für Betreiber von Online-Shops: Angabe Lieferzeiten bei Versand in verschiedene Länder

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4 Kommentare

J
Jutta Busch 27.11.2019, 17:13 Uhr
Lieferzeiten
Ich schließe mich der Meinung meiner Vorgänger an. Bin nun total verunsichert. Ich finde auch dass nach Zahlungseingang richtiger wäre. Wie sieht es denn nun aus? Kann man das schreiben oder nicht?
M
Max Landberg 11.02.2018, 19:06 Uhr
Lieferzeit
Ich bin zwar kein Anwalt, aber ich bin der Meinung, wenn ich "sofort nach Zahlungseingang" schreibe (bei den Artikeln) und bei "Zahlungsbedingungen" extra noch erkläre dass wir nur per Vorkasse liefern und die Lieferung immer erst nach Zahlungseingang erfolgt, dann sollte dieser Text rechtlich standhalten! Ich würde sogar vor den Bundesgerichtshof ziehen! Es ist nämlich so, dass eine Überweisung durchaus mehrere Tage dauern kann. Zwar sagen die gesetzlichen Richtlinien etwas von 24 Stunden, aber die Banken halten sich leider allzuoft nicht daran. Da ich unter keinen Umständen vor Zahlungseingang liefere, ist diese Angabe sehr genau und es bedarf hier keiner genaueren Erklärung. Jeder Kunde weiß, wie lange eine Überweisung dauert. Würden wir 3 Tage schreiben und die Zahlung wäre nicht eingegangen, wären wir ja bereits in Verzug. Wir müssten also 1 Woche schreiben, aber im Ernst, wer würde da noch etwas bestellen? Der Händler hat keine Schuld daran wenn die Bank den Auftrag verspätet ausführt usw. Der Käufer aber weiß, dass es länger dauert, wenn er den Auftrag schriftlich in der Bank einreicht und nicht per Onlinebanking zahlt. Meine Meinung ist hier ganz klar, dass die Angabe "sofort nach Zahlungseingang" sehr präzise ist und daher nicht anzufechten.
L
Lina 19.02.2017, 17:02 Uhr
Zahlung mit PayPal
Guten Tag,
der Text Ihrer Handlungsanweisung lautet "Die Frist für die Lieferung beginnt bei Zahlung per Vorkasse am Tag nach Erteilung des Zahlungsauftrags an das überweisende Kreditinstitut bzw. bei anderen Zahlungsarten am Tag nach Vertragsschluss zu laufen...."
Was Vorkasse angeht, ist das verständlich aber aus dieser Formulierung ergibt sich doch die Annahme, dass bei Zahlung mit PayPal (=andere Zahlungsart) die Frist automatisch am Tag nach Vertragsschluss beginnt. Der Vertragsschluss kommt ja aber schon durch Klick auf den Kaufen-Button zustande und nicht erst durch die PayPal-Zahlung. Der Kunde wird zwar automatisch zu PayPal weitergeleitet, kann aber die Zahlung nochmal abbrechen (die Zahlung kann er dann später über einen entsprechenden "Jetzt bezahlen" Link in der Bestellbestätigungs-Email nachholen). Wenn die Frist am Tag nach Klick auf den Kaufen-Button (=Vertragsschluss) beginnen würde, müsste die Ware ja evtl. versendet werden bevor der Kunde die Zahlung mit PayPal vornimmt. Sollte hier nicht vielleicht eine Umformulierung erfolgen wie z.B. "Die Frist für die Lieferung beginnt bei Zahlung per Vorkasse am Tag nach Erteilung des Zahlungsauftrags an das überweisende Kreditinstitut bzw. bei Zahlung mit PayPal am Tag nach Bestätigung der Zahlungsanweisung oder bei anderen Zahlungsarten am Tag nach Vertragsschluss zu laufen...."
Für eine Rückmeldung wäre ich sehr dankbar.
A
Axel Umpfenbach 25.11.2015, 12:31 Uhr
Lieferung erst nach Zahlungseingang
Sie schreiben, dass die Formulierung "Lieferung erst nach Zahlungseingang" nicht Rechtens wäre. Das LG Hamburg entschied am 12.11.2008 (Az: 312 O 733/08) aber dass genau diese Formulierung sehr wohl Rechtens ist.

Auf welches Urteil bezieht sich Ihre Aussage?

mfg
Axel Umpfenbach

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