LG Düsseldorf: Unberechtigte Sperrungsanordnung einer Domain kann teuer werden
Was passiert, wenn der Betreiber eines Domain-Host Providers unberechtigt dazu aufgefordert wird, einen in vermeintlich markenrechtswidriger Weise verwendeten Domainnamen eines Mitbewerbers zu sperren und dieser der Aufforderung nachkommt? Wer kommt in diesem Fall für die Erstattung der Anwaltskosten des betroffenen Domaininhabers auf? Mit diesen Fragen hatte sich unlängst das LG Düsseldorf zu beschäftigen. Es hat für Recht erkannt, dass im Vorfeld einer Domain-Sperrungsaufforderung genau zu prüfen ist, ob tatsächlich eine Verletzung etwaiger Markenschutzrechte besteht. Sollte ein solcher (Unterlassungs-) Anspruch nicht bestehen, so sind dem Mitbewerber die Kosten für den Rechtsbeistand zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes zu erstatten, vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 27.11.2013, Az: 2a O 42/13.
Was war passiert?
Wohl eher zufällig erlangte der Inhaber der registrierten gemischten Wort-/Bildmarke „MarkenBörse“ davon Kenntnis, dass von einem Mitbewerber der Domainname „markenbörse.de“ verwendet wurde. Dieser Domainname war beim Domainbetreiber sedo registriert. Daraufhin kontaktierte er zum einen den eingetragenen Domaininhaber über sedo mit der formlosen Aufforderung, die Domainnutzung zu unterlassen. Zugleich richtete er an den Domainbetreiber sedo direkt eine Sperrungsaufforderung (sog Take-Down Notice) bezüglich des Domainnamens „markenbörse.de“. Der Domain-Hosting Plattform sedo kam, aufgrund der augenscheinlich überzeugenden und glaubwürdigen Darstellung, der Sperrungsaufforderung unverzüglich nach und nahm die Domain „markenbörse.de“ vom Netz. Dieses Verhalten ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich der Betreiber einer Domain-Hosting Plattform bei schuldhafter Verzögerung der Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes sich unter Umständen selber haftbar macht.
Im Laufe der geführten Streitigkeiten wurde gerichtlich festgestellt, dass ein Unterlassungsanspruch des Inhabers der Wort-/Bildmarke „MarkenBörse“ nicht gegeben war. Eine Verwechslungsgefahr mit dem Domainnamen „markenbörse.de“ wurde nicht festgestellt.
Der Domaininhaber von „markenbörse.de“ verlangte daraufhin die Erstattung der zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes, also der Aufhebung der Sperrung, notwendigen Rechtsanwaltskosten.
Das Problem:
Wie sollte der Rechtsinhaber von Markenrechten in der Praxis vorgehen, um eine vermeintlich gegebene Verletzung der eigenen Markenrechte schnellstmöglich zu beenden? Vor genau diesem Problem sah sich der Inhaber der Wort-/Bildmarke „MarkenBörse“. Er war offensichtlich davon überzeugt, dass ein Löschungsanspruch gegenüber dem Inhaber des Domainnamens „markenbörse.de“ tatsächlich besteht. Es ist verständlich, dass der Rechtsinhaber die Verletzung seiner Rechte so schnell wie möglich beenden will. Als eine pragmatische Lösung erscheint es dabei in dieser Konstellation, einfach den Domainhost direkt zu kontaktieren und diesen unter Berufung auf die eigenen Rechte aufzufordern, die Domain vom Netz zu nehmen. Diese Vorgehensweise erscheint auf den ersten Blick durchaus nachvollziehbar, logisch und vor allem schnell. Blöd nur, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass eine Rechtsverletzung tatsächlich nicht gegeben ist. Denn es ist zu bedenken, dass der Mitbewerber auch auf die tatsächliche Nutzung der Domain im geschäftlichen Verkehr angewiesen ist und eine unberechtigte Sperrung auch für diesen nicht nur finanzielle Nachteile mit sich bringt.
Die Entscheidung des Gerichts:
Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass die notwendigen Rechtsanwaltskosten zur Beendigung des rechtswidrigen Zustandes, hier der ungerechtfertigten Sperrung der Domain, zu ersetzen sind. Hierzu führte es aus, dass dem Inhaber der Wort-/ Bildmarke „MarkenBörse“ gegenüber dem Inhaber der Domain „markenbörse.de“ im vorliegenden Fall kein aus dem MarkenG (§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG) begründeter Unterlassungsanspruch zustand. Eine Verwechslungsgefahr wurde nicht erkannt und war zwischen den Parteien letztlich unstrittig. Die einseitige Sperrungsanweisung an den Domain-Hosting Service war nicht gerechtfertigt.
In Bezug auf die ungerechtfertigte Sperrungsaufforderung gegenüber dem Domain-Host Betreiber sedo stellt dieses Ansinnen gegenüber dem Inhaber der Wort-/Bildmarke eine schuldhafte Verletzung am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gem. § 823 Abs. 1 BGB dar. Aus dieser erwachsen dem Inhaber der Domain Schadensersatzansprüche. Hierzu führte das Gericht aus:
"Nach dem Beschluss des Großen Senats für Zivilsachen (BGH Grißer Senat für Zivilsachen vom 15.07.2005 (GSZ 1/01)) ist davon auszugehen, dass auch die unbegründete Verwarnung aus einem Kennzeichenrecht einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen und zum Schadenersatz verpflichten kann. Unberechtigt ist eine Schutzrechtsverwarnung, wenn entweder das behauptete Recht nicht, noch nicht oder nicht mehr besteht oder wenn es zwar besteht, aber nicht verletzt wurde oder wenn die behaupteten Ansprüche aus dem Recht nicht hergeleitet werden können. Maßgebend ist dabei die objektive Rechtslage. Auf den Glauben des Verwenders kommt es nicht an (Köhler/Bornkamm, UWG, § 4 Rn. 10.170)."
Genau diese Konstellation war vorliegend auch gegeben. Eine tatsächliche Rechtsverletzung war, trotz gegenteiliger Überzeugung des Anspruchsführers nicht gegeben. Die Sperrungsaufforderung war nicht von der Schutzrechtslage gedeckt. Die Sperrungsaufforderung war auch schuldhaft, da im Vorfeld vom Anspruchsführer die Reichweite der eigenen Markenrechte hätte überprüft werden müssen.
Unser Fazit:
Die unberechtigte Sperrung eines geschäftlich genutzten Domainnamens stellt einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Zu Recht wurde der Anspruchsführer zum Ersatz der Kosten der Rechtsverfolgung zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes verurteilt.
Die Grundaussage des Urteils war, das sich der Kläger eines behaupteten Anspruchs vor der Geltendmachung umfassend darüber zu informieren hat, ob und wenn ja, mit welcher Reichweite ein solcher Rechtsanspruch auf Unterlassung tatsächlich besteht. Er kann die beklagte Partei nicht einfach vor vollendete Tatsachen stellen und ihr die Grundlage einer Teilnahme am geschäftlichen Verkehr entziehen. Dies gilt erst Recht, wenn diese in geschäftlicher Hinsicht auf eine Nutzung angewiesen ist.
Oftmals empfiehlt sich trotz einer aus subjektiver Sicht vermeintlich eindeutigen Rechtslage beraten zu lassen, da die Gerichte oftmals anders entscheiden als der juristische Laie zunächst erwartet. Ein Alleingang kann dann halt auch mal teuer werden.
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