Frage des Tages: Rückforderbarkeit vermeintlich überzogener Versandkosten im Online-Handel?
Die Kosten für Lieferungen legt jeder Online-Händler selbst fest und entscheidet so nach eigenem Ermessen über deren Höhe und räumlichen Geltungsbereich. Wie verhält es sich aber, wenn der Händler aufgrund von Produktgewicht und -größe eine günstigere Versandoption des Transportdienstleisters nutzen kann, die die geltend gemachten Versandkosten deutlich unterbietet? Muss der Händler dem Kunden hier anteilige Kosten rückerstatten? Wir klären auf.
I. Ausgangslage: Vermeintlich überhöhte Versandkosten
Um die Problematik, mit welcher sich Online-Händler immer wieder konfrontiert sehen, zu veranschaulichen, skizzieren wir einen kurzen Beispielsfall:
Händler A berechnet für den Versand innerhalb Deutschlands pauschal 4,90€ inkl. MwSt. pro Bestellung und versendet mit DHL. Als Verbraucherin B bei A ein Kleinprodukt kauft, wundert sie sich, als sie dieses per Warenpost erhält. Eine solche Sendung kostet beim Versandunternehmen nämlich nur 1,95€. B fordert nun von A die Differenz zwischen gezahlten und tatsächlichen Versandkosten in Höhe von 4,90€ - 1,95€ = 2,95€ zurück. Zurecht?
II. Versandkosten mehr als reine Portokosten
Händler sind in der Bemessung ihrer Versandkosten grundsätzlich frei und dürfen in die Preisbemessung auch finanzielle Aufwände für Verpackung, Verpackungslizenzierung nach VerpackG, Verbringung zum Transportdienstleister und für die aufgewandte Arbeitszeit mit einkalkulieren.
Die geltend gemachten Versandkosten sind also eine Mischkalkulation. Sie werden nicht nur durch das vom Versandunternehmen erhobene Porto gebildet, sondern berücksichtigen auch weitere entgeltliche Maßnahmen des Händlers.
Eine Pflicht des Händlers, für den Versand nur die tatsächlich anfallenden Portokosten zu berechnen und auch nur diese an den Kunden weiterzugeben, existiert gerade nicht. Eine solche würde den Händler unangemessen benachteiligen und den Versandhandel insgesamt unrentabel machen, weil der Händler stets nur unter finanziellen Einbußen versenden könnte.
Freilich ist die Gestaltungsfreiheit bei der Bemessung der Versandkosten aber nicht grenzenlos. Wucherähnliche Preise, also solche, die in einem groben und offensichtlichen Missverhältnis zu den tatsächlich versandbedingten Aufwendungen stehen, müssen Kunden nicht akzeptieren (vgl. § 138 Abs. 2 BGB) .
Für den Inlandsversand normalgewichtiger und normdimensionierter, paketversandfähiger Waren werden Versandkosten bis zu 8,00€ aber grundsätzlich nicht zu beanstanden sein.
Für den Ausgangsfall bedeutet diese Feststellung, dass die Verbraucherin vermeintlich zu viel gezahlte Versandkosten nicht zurückfordern kann. Entgegen ihrer Auffassung werden diese nämlich nicht nur durch das reine Porto gebildet, sondern erfassen auch weiteren Logistikaufwand des Händlers.
III. Fazit
Versandkosten können Händler im Wege einer Mischkalkulation grundsätzlich frei berechnen und mit ihnen auch den Aufwand für Verpackung, Verpackungslizenzierung, Bereitstellung zur Abfertigung und Arbeitszeit kompensieren.
Rückforderungen, die sich auf eine vermeintliche „Zuvielzahlung“ stützen, sind daher grundsätzlich unbegründet. Eine Ausnahme ist nur bei wucherähnlichen Kosten denkbar, bei denen ein Missverhältnis zwischen gefordertem Betrag und tatsächlichem finanziellen Aufwand offensichtlich ist.
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1 Kommentar
Ein reales Beispiel:
Ich möchte eine Zeitschrift für 6,90 € online kaufen. Der Händler addiert 5€ Mindermengenaufschlag hinzu. Ich bin einverstanden, und kurz vor Abschluss werden 6,90 € Versandgebühren ausgewiesen. Sind dann die sehr teuren Versandgebühren nicht eigentlich nochmals versteckte Mindermengenaufschläge?