(Hyper-)Links - einfach gesetzt, aber schwer gehaftet?
Tim Berners-Lee rief 1989 eine der wichtigsten Funktionen des Internets ins Leben: den Hyperlink. Heutzutage sind Hyperlinks ein wesentlicher Bestandteil der digitalen Kommunikation. Allerdings haben sie auch rechtliche Fragen aufgeworfen, die die Rechtsprechung bis heute beschäftigen. Wann ist das Setzen eines Hyperlinks erlaubt und wann kann der Linksetzende haftbar gemacht werden? Muss man auch für verlinkte rechtswidrige Inhalte Dritter haften?
A. Funktionsweise und Formen des Hyperlinks
Der Hyperlink: Der Verweis in einem digitalen Dokument, der die Navigation zu einer anderen Position innerhalb desselben Dokuments oder zu einer anderen Ressource (Webseite, Dokument, Grafik, Video etc.) ermöglicht. Er findet neben Webseiten und Dokumenten auch Einsatz in anderen elektronischen Medien wie beispielsweise E-Mails, Präsentationen etc.
Die Erscheinungsform bildet regelmäßig ein Text oder ein grafisches Element, das als anklickbarer Link fungiert. Durch das Anklicken aktiviert der Besucher den Hyperlink, die Software des Webbrowsers liest die Internetadresse (sog. „URL“ - Uniform Resource Locators) und leitet den Nutzer zu der verknüpften Stelle auf der gleichen bzw. externen Webseite weiter. Sie ermöglichen so, nahtlos zwischen unterschiedlichen digitalen Inhalten, ungeachtet ihres Standortes, zu springen.
Aufgrund der verschiedenen Navigationsmöglichkeiten lässt sich zwischen folgenden wichtigen Arten von Hyperlinks differenzieren:
Interne Hyperlinks:
Ein interner Link navigiert den Besucher innerhalb derselben Ressource (z.B. auf der aktuellen Internetseite) zu einer anderen Stelle.
Externe Hyperlinks:
- Surface Link: Zu den externen Hyperlinks, die den Nutzer auf andere Ressourcen verweisen, gehören u.a. Surface Links. Diese leiten den Besucher auf die Startseite einer externen Ressource weiter.
- Deep Link: Deep Links führen den Nutzer nicht lediglich auf die Startseite, sondern direkt auf eine tieferliegende Seite (Unterseite) der externen Ressource.
- Inline Link / Hotlink: Mihilfe von Hotlinks werden extern gespeicherte Inhalte in die eigene Webseite integriert („Embedding“). Die Inhalte befinden sich zwar auf einem anderen Server, allerdings ist für den Besucher der Webseite die externe Herkunft regelmäßig nicht erkennbar. Framing stellt einen Spezialfall des Hotlinkings dar, mithilfe dessen auch größere Teile externer Inhalte in die eigene Webseite eingebunden werden können.
B. Haftung für Hyperlinks
Die Bedeutung der Differenzierung der einzelnen Formen von Hyperlinks zeigt sich auch in der unterschiedlichen Ausgestaltung der Haftung und Anforderungen an eine zulässige Linksetzung. Je nach Art des Hyperlinks, Rolle des Linksetzenden und Inhalt der Verlinkung variieren Eintritt und Umfang der Haftung sowie Pflichten des Linksetzenden.
I. Interne Hyperlinks
Interne Hyperlinks können Online-Händler ohne große Bedenken setzen. Reine Navigationen zwischen eigenen Inhalten innerhalb der eigenen Webseite werfen keine besonderen Haftungsfragen auf und sind rechtlich gesehen unverfänglich.
II. Externe Hyperlinks
Das Sorgenkind sitzt bei den Verlinkungen auf externe Inhalte. Erfolgte die Verlinkung mit Zustimmung des Rechteinhabers? Wurden mit der Linksetzung bestimmte Schutzmechanismen bezüglich der externen Ressource umgangen? Verwies der Link auf rechtswidrige Inhalte?
Sobald die Verlinkung die eigene Webseite verlässt und folglich Inhalte, Interessen und Rechte Dritter tangiert, sieht sich der Online-Händler einer Bandbreite an Punkten, die es zu beachten gilt, gegenüber. Welche Pflichten treffen den Linksetzenden? Wann besteht das Risiko einer unzulässigen Verlinkung oder sogar eines Haftungsfalles?
1. Zulässigkeit der Linksetzung
Zunächst ist der Frage nach der Zulässigkeit der Setzung der jeweiligen Hyperlink-Form nachzugehen. Grundsätzlich ist für jede Art von Hyperlink anzuraten, die Rechtskonformität des verlinkten Inhalts sicherzustellen.
Bei Verlinkung rechtlich unzulässiger Inhalte kommen insbesondere urheber- und wettbewerbsrechtliche Verletzungen und ggf. eine Haftung des Linksetzenden in Betracht (siehe weiter unten).
a) Surface/ Deep Links
Die Setzung eines Surface oder Deep Links erachtet die Rechtsprechung grundsätzlich für zulässig. Denn aus dieser Art der Verlinkung geht die externe Herkunft des verlinkten Inhalts hervor. Dieser ist regelmäßig öffentlich einsehbar und durch die direkte Verlinkung lediglich schneller aufzufinden.
Die Zulässigkeit der Setzung von Surface bzw. Deep Links ist jedoch unter folgenden Gesichtspunkten abzusichern:
- Die externe Herkunft des verlinkten, rechtlich zulässigen Inhalts ist ersichtlich
- Die Verlinkung umgeht keine Schutzmechanismen. Macht der Urheber sein Werk der Öffentlichkeit frei zugänglich, erleichtert eine Verlinkung dieses Werkes lediglich den Nutzern den bereits eröffneten Zugang.
Eine Urheberrechtsverletzung kommt hier regelmäßig nicht in Betracht. Denn nach dem „Paperboy-Urteil“ des Bundesgerichtshofs (BGH) (Urteil v. 17.07.2003, Az. I ZR 259/00) sei bei Betreiben einer Webseite zu erwarten, dass auf deren Inhalte verwiesen wird. Der Inhaber einer Webseite zeige grundsätzlich, dass er die Verlinkung seiner Inhalte gestatte.
Außerdem obliege es bei reinen Verlinkungen nicht dem Linksetzenden, sondern demjenigen, der das Werk ins Internet gestellt hat, ob bzw. wie lange dieses öffentlich zugänglich bleibe. Andernfalls besitze der Webseitenbetreiber die Möglichkeit den Zugriff auf Inhalte seiner Webseite mithilfe von technischen Vorkehrungen zu unterbinden bzw. einzuschränken.
Bedient sich der Rechtsinhaber dagegen technischer Schutzmaßnahmen (z.B. Passwörter, Zeitschranken etc.), um die Zugänglichkeit seines Werkes im Internet auf ausgewählte Personenkreise einzuschränken bzw. von bestimmten Voraussetzungen abhängig zu machen, bringt er zum Ausdruck, nur begrenzt drahtlos Zugang zum Werk gewähren zu wollen.
Bei Setzung eines Hyperlinks unter Umgehung derartiger Schutzmechanismen eröffnet der Linksetzende einen Zugang zum Werk, der sonst in dieser Allgemeinheit für alle Nutzer bzw. auf diesem Weg nicht bestünde. Er greift rechtswidrig in das Recht der öffentlichen Wiedergabe nach § 15 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz (UrhG), insbesondere in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung aus § 19a UrhG ein und macht sich strafbar
b) Hotlinks/ Framing
Im Unterschied zu Surface bzw. Deep Links ist die externe Herkunft des verlinkten Inhalts bei Hotlinks nicht unmittelbar für den Nutzer ersichtlich. Dennoch bejaht die Rechtsprechung die grundsätzliche Zulässigkeit von Hotlinking mit folgenden Einschränkungen:
Die Verlinkung eines Werkes mithilfe von Framing ist mit Zustimmung des Rechteinhabers erlaubt.
Langjährig hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) über Sachverhalte im Hinblick auf Hyperlinks zu entscheiden, in denen auf eine Webseite verwiesen wurde, auf der die betroffenen geschützten Werke bereits mit Zustimmung des Rechteinhabers öffentlich zugänglich waren.
Dass die Erlaubnis des Urhebers dabei jedoch auch eine Grundvoraussetzung für die zulässige Verlinkung des geschützten Inhalts darstellt, klang bereits im Beschluss des EuGH vom 21.10.2014 (Az. C-348/13) an: Das Gericht betonte eingangs, dass die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubt sein müsse. Dies legt im Umkehrschluss nahe, dass bei fehlender Erlaubnis des Rechteinhabers eine rechtswidrige öffentliche Wiedergabe nach § 15 Abs. 2 UrhG und damit eine Rechtsverletzung durch das Framing vorliegt.
Dieser Rückschluss wurde durch das Folgeurteil des BGH vom 09.07.2015 (Az. I ZR 46/12) bestätigt. So sei die Integration eines urheberrechtlich geschützten Werks in die eigene Webseite jedenfalls dann zulässig, wenn der verlinkte Inhalt ursprünglich mit Zustimmung des Urhebers veröffentlich wurde. Liege eine solche Erlaubnis des Rechteinhabers jedoch nicht vor, stelle die Linksetzung eine Urheberrechtsverletzung dar.
Die Verlinkung im Wege des Framings darf keine technischen Mechanismen zum Schutz der Inhalte umgehen.
Kürzlich klärte der EuGH (Urteil v. 09.03.2021, Az. C-392/19) auch die Zulässigkeit des Framings im Hinblick auf getroffene Schutzmaßnahmen bezüglich des Zugangs zu Inhalten und entschied im Sinne des Urhebers.
Habe der Rechtsinhaber den Kreis des ursprünglich von ihm angedachten Zielpublikums durch technische Mechanismen zur Unterbindung von Framing eingegrenzt und werden diese Schutzmaßnahmen umgangen, sei der Zugriff auf das Werk Personen möglich, die nicht dem ursprünglichen Zielpublikum angehören.
Das Werk werde folglich im Sinne einer urheberrechtsverletzenden, öffentlichen Wiedergabe nach § 15 Abs. 2 UrhG einem neuen Publikum zugänglich gemacht. Diese Handlung sei jedoch nur mit Zustimmung des Urhebers rechtmäßig. Andernfalls liefe der Schutz leer und eine angemessene wirtschaftliche Beteiligung des Rechteinhabers an der Verwertung seines Werkes sei nicht möglich. Vor allem dürfe der Urheber nicht vor die Wahl gestellt werden, entweder die unzulässige Nutzung seines Werkes durch Dritte zu dulden oder auf eine Verwendung umfänglich zu verzichten.
Darüber hinaus ist die Bezeichnung des Urhebers bzw. der Quelle des verlinkten Inhalts ratsam. Gewinnen die angesprochenen Nutzerkreise den Eindruck einer geschäftlichen Verbindung zwischen dem Linksetzenden und dem Rechteinhaber, könnte darin eine Irreführung des Verkehrs zu sehen sein, die ggf. wettbewerbsrechtliche Abmahnungen auslöst. Deshalb ist zur Absicherung die Nennung des Urhebers bzw. der Quelle des verlinkten Werkes empfehlenswert.
2. Haftung für rechtsverletzende Hyperlinks
Wie genau gestaltet sich jedoch für den Linksetzenden die rechtliche Situation, wenn ein rechtswidriger Inhalt auf der eigenen Webseite verlinkt ist?
Bei mangelnder Erlaubnis des Rechtsinhabers eines geschützten Werkes kommen Urheberrechtsverletzungen in Betracht. Ebenfalls ist die Verlinkung wettbewerbswidriger oder strafrechtlich relevanter Inhalte denkbar. Es stellt sich die Frage, ob Online-Händler für Rechtsverstöße des Betreibers der verlinkten, externen Webseite belangt werden können?
Entfällt eine potenzielle Haftung bei Verlinkung rechtsverletzender Inhalte in mangelnder Kenntnis von der Rechtswidrigkeit oder liegt dieses Risiko im Verantwortungsbereich des Linksetzenden? Ergeben sich aus der Möglichkeit, rechtswidrige Inhalte zu verlinken, besondere Pflichten für Webseitenbetreiber?
a) Haftung für Verlinkung urheberrechtsverletzender Inhalte
Bei der Verweisung auf Webseiten, die geschützte Werke bereitstellen, besteht die Gefahr Urheberrechte zu verletzen. Es stellt sich die Frage, inwieweit die bloße Linksetzung in Rechte eingreift, die nach § 15 UrhG nur dem Urheber obliegen und ohne seine Zustimmung nicht von Dritten ausgeübt werden dürfen, da andernfalls Unterlassungs- und ggf. Schadensersatzansprüche des Rechteinhabers nach § 97 UrhG entstehen könnten.
aa) Verletzung des Rechts der öffentlichen Wiedergabe
EuGH-Entscheidung "BestWater" zum Thema Framing:
Im zugrundeliegenden Ausgangsverfahren des Beschlusses des EuGH vom 21.10.2014 (Az. C-348/13) war ein urheberrechtlich geschütztes Video ohne Zustimmung der Urheberin auf der Plattform „YouTube“ abrufbar. Dieses Video integrierte ein Webseitenbetreiber im Wege des Framings in die eigene Internetseite, sodass bei Anklicken des Hyperlinks der Film vom Server der Plattform „YouTube“ abgerufen und in einem auf der eigenen Webseite erscheinenden Rahmen abgespielt wurde.
Im Raum stand die Verletzung des Rechts des Urhebers auf öffentliche Wiedergabe nach § 15 Abs. 2 UrhG (zurückgehend auf Art. 3 Abs. 1 der Multimedia-Richtlinie 2001/29/EG).
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH kommt eine solche unter zwei Voraussetzungen in Betracht:
- Wiedergabehandlung: Darunter fällt jede Übertragung geschützter Werke, unabhängig von der verwendeten Technik, wenn der Nutzer absichtlich und gezielt handelt, um Dritten das geschützte Werk zugänglich zu machen. In diesem Sinne bejaht der EuGH für jedes Setzen eines Hyperlinks, das Zugang zu geschützten Werken gewährt, eine tatbestandliche Wiedergabe. Denn es könne angenommen werden, dass durch die Verlinkung bewusst eine Verbindung zum fremden Inhalt erzeugt werden sollte.
- Öffentlichkeit der Wiedergabe: Dieses Merkmal ist erfüllt, wenn sich die Wiedergabe an eine unbestimmte und recht große Zahl von Adressaten richtet. Daher ist die Öffentlichkeit der Wiedergabe bei einem rechtsverletzenden Link, der allgemein im Internet zugänglich ist, gegeben.
Der EuGH lehnte für den vorliegenden Fall eine rechtswidrige öffentliche Wiedergabe und damit eine Rechtsverletzung durch die Verlinkung im Wege des Framings ab.
Denn es fehle an der Öffentlichkeit der Wiedergabe, wenn
- die Wiedergabe gegenüber keinem neuen Publikum erfolge: Unter „neuem Publikum“ sei das Publikum zu verstehen, das der Urheber nicht hatte erfassen wollen, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe gestattete.
- und keine anderen technischen Mittel zur Einbindung eingesetzt werden: Dies sei gegeben, wenn die Wiedergabe auf der Ausgangswebseite sowie beim Vorgang des Framings auf der eigenen Webseite nach demselben technischen Verfahren erfolgt. So werde dann keine neue Technik zur Einbettung verwendet, wenn ein Werk, das bereits auf einer anderen Webseite frei öffentlich wiedergegeben wurde, durch Verlinkung in die eigene Webseite integriert wird (Hotlinking bzw. Framing). Die Wiedergabe erfolge in beiden Fällen im Internet und somit nach demselben technischen Verfahren.
Eine öffentliche Wiedergabe ist daher grundsätzlich erst gegeben, wenn durch die Setzung eines Hyperlinks zu geschützten Werken (Wiedergabehandlung) eine unbestimmte, recht große Anzahl an Adressaten erreicht wird und dabei entweder ein "neues Publikum“ erschlossen oder ein neues technisches Verfahren eingesetzt wird.
Knapp zwei Jahre später hatte der EuGH jedoch die noch ausstehende Frage zu entscheiden, inwiefern die Linksetzung auf eine Webseite, die aufgrund der erlaubnislosen Darstellung urheberrechtlich geschützter Werke selbst Urheberrechte verletzt, in das Recht der öffentlichen Wiedergabe eingreift.
● EuGH-Entscheidung zum Hyperlink:
Im zugrundeliegenden Sachverhalt (Urteil v. 08.09.2016, Az. C-160/15) waren Bilder ohne Einverständnis des Urhebers auf einer fremden Webseite abrufbar. Ein Dritter verlinkte auf diese Webseite, entfernte den Link aber trotz mehrfacher Aufforderung des Urhebers nicht. Vielmehr setzte er nach Löschung der Bilder auf der fremden Webseite, einen neuen Link auf eine andere Webseite, welche die geschützten Werke ebenfalls zur Verfügung stellte.
Der Gerichtshof sah in der Linksetzung, die den Zugang zu einer Webseite gewährt, die ohne Erlaubnis des Urhebers geschützte Werke bereitstellte, beide Anforderungen einer öffentlichen Wiedergabe erfüllt. Neben der Wiedergabehandlung liege auch die Öffentlichkeit vor, da stets ein „neues Publikum“ erfasst werde, wenn der Rechteinhaber nie sein Einverständnis zur Zugänglichmachung seiner geschützten Werke auf der bereitstellenden Webseite erteilt habe.
Der EuGH beließ es jedoch nicht ausschließlich bei den zwei Grundvoraussetzungen, sondern zog darüber hinaus als weitere Anforderung das Kriterium des Verschuldens in Form des Kennens bzw. Kennenmüssens der Rechtswidrigkeit heran. Die eigene Haftung des Linksetzenden hänge vielmehr von der Verletzung zumutbarer Prüfpflichten ab.
Das konkrete Ausmaß dieser Prüfpflichten machte der EuGH allein am geschäftlichen Interesse des Linksetzenden fest. Bei Vorliegen einer mit der Verlinkung verbundenen Gewinnerzielungsabsicht des Linksetzenden habe dieser die verlinkten Inhalte ausreichend hinsichtlich ihrer urheberrechtlichen Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
Bereits die Verlinkung rechtswidriger Inhalte in Gewinnerzielungsabsicht statuiere die widerlegbare Vermutung, dass der Link in voller Kenntnis des urheberrechtlichen Schutzes des Werkes und etwaiger mangelnder Zustimmung des Urhebers gesetzt wurde. Dagegen bestehe bei Privatpersonen, die Links nicht zu Erwerbszwecken setzen, solange die grundsätzliche Vermutung, dass keine Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des verlinkten Inhalts vorlag, bis der Linksetzende dies tatsächlich hätte wissen müssen (z.B. aufgrund eines Hinweises des Urhebers).
Gerade Online-Händler nimmt dieses Urteil streng in die Verantwortung: Allein ein mit der Linksetzung verfolgter kommerzieller Zweck begründet bereits die vorgelagerte Nachforschungspflicht zur rechtlichen Kontrolle der verlinkten Inhalte und bei deren Rechtswidrigkeit die Annahme, die Linksetzung erfolgte in voller Kenntnis der fehlenden, erforderlichen Erlaubnis des Urhebers und damit unter Verletzung von Urheberrechten.
Diese Vermutung kann wiederlegt werden, wenn dem Online-Händler der Beweis gelingt, im Rahmen seiner Möglichkeiten und Mittel das Bestehen einer Urheberrechtsverletzung auf der verlinkten Webseite ausgeschlossen zu haben.
Die durch das Urteil des EuGH eingeleitete Wende schlug sich kurz danach auch in der deutschen Rechtsprechung nieder: Das Landgericht Hamburg führte in seinem Beschluss vom 18.11.2016 (Az. 310 O 402/16) aus, das vom Gerichtshof aufgestellte Kriterium der Gewinnerzielungsabsicht sei im Interesse des Schutzes des Urhebers weit auszulegen und nicht an die konkrete Handlung der Verlinkung selbst zu binden.
Das Folgeurteil des LG Hamburg v. 13.06.2017 (Az. 310 O 117/11) ließ Gewerbetreibende jedoch spürbar aufatmen: In seiner Entscheidung distanzierte sich das Gericht explizit von dieser Auffassung. Auch der mit Gewinnerzielungsabsicht handelnde Linksetzende müsse sich darauf berufen können, die Verlinkung erfolge im Rahmen eines Geschäftsmodells, bei dem Nachforschungen, die über die Rechtswidrigkeit des verlinkten Inhalts informierten, nicht zumutbar waren.
● EuGH-Entscheidung zum illegalen Streaming:
Ein Anbieter verkaufte Multimediaplayer, auf dem im Internet verfügbare Add-ons mit Hyperlinks zu frei zugänglichen Webseiten vorinstalliert waren, die öffentlichen Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken ohne Erlaubnis des Rechteinhabers gewährten. Mithilfe des Mediaplayers konnten Nutzer kostenlos Inhalte von unrechtmäßigen Streamingdiensten direkt abspielen.
In der Entscheidung vom 26.04.2017 (Az. C-527/15) bestätigte der EuGH die im Vorgängerurteil aufgestellten Grundsätze.
Der Verkauf des streitgegenständlichen Mediaplayers stelle ebenfalls eine Wiedergabehandlung dar, indem eine Webseite mit Links zu geschützten Werken bereitgestellt wird, die auf einer anderen Seite ohne Zugangsbeschränkung abrufbar sind und Besuchern so ein direkter Zugang zu diesen Werken ermöglicht wird. Zudem erfasse die öffentliche Wiedergabe zum einen eine unbestimmte sowie große Zahl an Erwerbern, zum anderen ein „neues Publikum“, das vom Urheber nicht vorgesehen war.
Auch das dritte Merkmal bejahte der Gerichtshof: Der Anbieter habe den Mediaplayer in voller Kenntnis der vorinstallierten Add-ons inklusive der Hyperlinks, die Zugang zu rechtswidrig bereitgestellten Inhalten eröffneten, verkauft. Denn er warb für sein Produkt mit der Möglichkeit, kostenlos urheberrechtlich geschützte Werke nutzen zu können, die ohne Zustimmung des Urhebers öffentlich abrufbar waren.
Besondere Aufmerksamkeit zieht folgender Hinweis des EuGH zur Gewinnerzielungsabsicht auf sich: Im Übrigen könne nicht bestritten werden, dass das Anbieten des Multimediaplayers mit Gewinnerzielungsabsicht geschah, da der für die Ware geleistete Preis vor allem gezahlt wurde, um unmittelbaren Zugang zu den geschützten Werken zu erhalten, die auf den Streamingseiten ohne Zustimmung des Rechteinhabers abrufbar waren.
Diese Aussage könnte im Umkehrschluss eine Ablehnung der Gewinnerzielungsabsicht bedeuten, wenn Gewinne in erster Linie nicht aufgrund der Aussicht auf einen Zugang zu unerlaubt bereitgestellten geschützten Werken erzielt werden. Ob das bisher sehr weit gefasste Kriterium der Gewinnerzielungsabsicht eine solche Relativierung erfahren soll, bleibt abzuwarten.
bb) Verletzung des Rechts der Vervielfältigung bzw. der öffentlichen Zugänglichmachung
Die Verletzung des Vervielfältigungsrechts (§§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16 UrhG) bzw. des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung (§§ 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, 19a UrhG) im Falle der Verlinkung urheberrechtsverletzender Webseiten wurde bislang von der Rechtsprechung abgelehnt.
Ein Link fungiere lediglich als digitale Verknüpfung mit einem im Internet bereitgestellten Inhalt, ohne das eigentlich geschützte Werk zu duplizieren. Daneben gehe mit der bloßen Verlinkung eines Werkes regelmäßig nicht dessen öffentliche Zugänglichmachung einher. Vielmehr verweise der Link nur derartig auf ein Werk, dass Nutzern der bereits eröffnete Zugang erleichtert wird (BGH, „Paperboy“-Urteil v. 17.07.2003, Az. I ZR 259/00).
cc) Zusammengefasst müssen Online-Händler das Folgende beachten:
Ist das verlinkte Werk mit Zustimmung des Rechteinhabers veröffentlicht bzw. gewährt der Urheber allen Internetnutzern freien Zugang zu seinem Werk, ist eine Einbettung des Inhalts in die eigene Webseite ohne weiteres zulässig. In diesem Fall bedarf es keiner separaten, expliziten Erlaubnis des Urhebers zur Verlinkung des geschützten Werkes (EuGH, „Svenson“-Urteil v. 10.03.2014, Az. C-590/12).
Ergibt sich aus der Nachforschungspflicht jedoch keine Sicherheit darüber, ob das Werk mit Erlaubnis des Rechtsinhabers eingestellt wurde, ist von einer Verlinkung zur Vermeidung von Unterlassungs- und ggf. Schadensersatzansprüchen des Urhebers abzusehen.
b) Haftung für Verlinkung wettbewerbswidriger Inhalte
Nicht nur im Hinblick auf Urheberrechtsverletzungen beschäftigen Hyperlinks alle Gerichtsinstanzen. Ebenso stand lange in Diskussion, inwiefern das bloße Setzen einer weiterleitungsfähigen URL eine Haftung des Webseitenbetreibers begründen könne, wenn die verlinkte Seite Wettbewerbsrecht verletzt. Wann macht sich also der Linksetzende für die Verlinkung wettbewerbswidriger Inhalte strafbar und welche Pflichten treffen ihn unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten?
aa) Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche / Störerhaftung
Der BGH stellte in seinem Urteil vom 18.06.2015 (Az. I ZR 74/14) zunächst fest, dass es sich bei der Platzierung eines Hyperlinks um eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) handele, die zu wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche gemäß § 8 Abs. 1 UWG führen könne. Diese Handlung allein löse jedoch noch nicht eine Haftung des Linksetzenden aus.
Für eine direkte Belangung des Linksetzenden müsse er sich die verlinkten Inhalte dergestalt zu eigen machen, dass diese ihm bei einer wertenden Gesamtschau als eigene Werbeaussage zuzurechnen sind und er folglich wie für eigene Informationen haftet.
Hinsichtlich des „Zueigenmachens“ sei darauf abzustellen, ob ein durchschnittlich verständiger Nutzer durch die Gesamtumstände der Link-Darstellung vernünftigerweise die verknüpften Inhalte dem Angebot des Linksetzenden zuordnen durfte.
Dies liege vor allem nahe, wenn der Linksetzende die fremden Inhalte nach eigenen Aussagen vor der Verlinkung auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit hin kontrolliert habe. Für ein „Zueigenmachen“ sprächen darüber hinaus u.a. folgende Kriterien:
- Der Link ist wesentlicher Teil des Geschäftsmodells des Linksetzenden.
- Mithilfe des Links wird offen für eigene Produkte geworben.
- Der Link verfolgt den Zweck der Vervollständigung des eigenen Angebots.
- Der Link führt direkt ohne weitere Klicks zum rechtswidrigen Inhalt (*Deep Link*).
- Der Link wird so in einem redaktionellen Beitrag auf der Webseite platziert, dass er für das weitergehende Verständnis dort formulierter Meinungen und Auffassungen wichtig ist.
Bei Verweisung lediglich auf eine rechtskonforme Startseite (*Surface Link*), mache sich der Linksetzende den Inhalt dagegen grundsätzlich nicht zu eigen. Denn er könne keinen Einfluss mehr darauf nehmen, ob und wie der Nutzer Zugang zu den rechtswidrigen Inhalten findet.
Kürzlich entschied das LG Traunstein (Urteil v. 30.03.2023, Az. 1 HK O 2790/22), dass auch die Verlinkung im Wege des Inline-Linkings (bzw. Hotlinkings) eine Haftung des Linksetzenden begründet, wenn er sich verlinktenInhalte zu eigen macht.
Im zugrundeliegenden Sachverhalt bewarb ein Webseiteninhaber eine Urlaubsreise, indem er u.a. ein Hotel inklusive des Namens und einer Sternebewertung anführte. Das Hotel besaß jedoch nicht eine offizielle DEHOGA-Klassifizierung (offizielle Deutsche Hotelklassifizierung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverband e.V.). Die Inhalte integrierte der Betreiber im Wege des Inline-Linkings in seine Webseite, sah sich jedoch für die fehlende Klassifizierung als fremden Inhalt nicht verantwortlich.
Dem Gericht zufolge könne sich der Linksetzende jedoch nicht erfolgreich darauf berufen, dass er sich der Internetseite und des dortigen Hotelbuchungssystems nur bediene und die Daten von deren Betreibern eigenverantwortlich kontrolliert würden.
Die Verlinkung auf das Suchportal sei nach außen hin nicht ersichtlich, vielmehr träten die Inhalte dem Internetnutzer als eigene Informationen des Linksetzenden auf. Folglich sei dem Kunden gar nicht bewusst, dass er bei der Hotelsuche eine andere Plattform benutze.
Da für den Webseiteninhaber durch die Verlinkung der fremden Inhalte die Bereitstellung eigener zusätzlicher Darstellungen zudem überflüssig sei, diene der Link der Vervollständigung des eigenen Angebots und sei unter dem Eindruck als eigene Informationen so in die Internetseite eingebettet, dass sich der Linksetzenden die fremden Angeboten zu eigen mache. Dies begründe die Haftung des Linksetzenden für die verknüpften Inhalte wie für eigene Inhalte.
Eine andere Beurteilung dieses Falles könne sich nur ergeben, wenn der Webseitenbetreiber die Verlinkung auf den externen, nicht von ihm betriebenen Inhalt kenntlich gemacht hätte. Dadurch hätte er zum Ausdruck gemacht, dass fremde Inhalte verknüpft werden, die er sich nicht zu eigen mache.
Jedoch erachtet die Rechtsprechung auch ohne Vorliegen des „Zueigenmachens“ grundsätzlich eine Haftung als Störer als möglich, wenn der Linksetzende in absolute Rechte eingreift.
bb) Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten
Daneben kann sich der Linksetzende für die Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten nach dem Generaltatbestand des § 3 Abs. 1 UWG haftbar machen.
Dies sei der Fall, wenn den Linksetzenden der Vorwurf treffe, Internetnutzer bewusst auf rechtswidrige Inhalte weiterzuleiten (BGH, 12.07.2007, Az. I ZR 18/04). Begründet werde die Verkehrspflicht, die zur Löschung des rechtsverletzenden Links auffordert, insbesondere durch die Kenntnis von Rechtsverstößen auf der verlinkten Seite.
Im entscheidenden Unterschied zum Urteil des EuGH über die Prüfungspflichten des Linksetzenden (Urteil v. 08.09.2016, Az. C-160/15) traf den Linksetzende im Hinblick auf derartige Verkehrspflichten bislang nicht die Anforderung, vor Verlinkung die Rechtmäßigkeit der verknüpften Inhalte zu überprüfen und sicherzustellen.
Nach der Grundsatzentscheidung des BGH (Urteil v. 18.06.2015, Az. I ZR 74/14) werde eine Haftung des Linksetzenden aufgrund der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht erst dann ausgelöst, wenn der Link nicht gelöscht wurde, obwohl
- die verlinkte Seite derartig offensichtlich rechtswidrig war, dass sich dies dem Linksetzenden ohne Notwendigkeit einer ausführlichen Prüfung hätte aufdrängen müssen oder
- der Linksetzende selbst oder durch Hinweis eines Dritten Kenntnis über Wettbewerbsrechtsverstöße auf der verknüpften Seite erlangt hatte.
Sofern sich der Linksetzende den Inhalt nicht zu eigen machte, kam in der Praxis daher eine Haftung regelmäßig dann erst in Betracht, wenn er auf mögliche Rechtsverstöße der verlinkten Seite aufmerksam gemacht wurde, jedoch untätig blieb und die Hinweise nicht auf ihre Begründetheit hin kontrollierte und den Link ggf. löschte (nach dem „Notice and take down“-Prinzip).
Eine selbständige proaktive Prüfpflicht bereits bei Linksetzung erachtete die Rechtsprechung angesichts der häufig mangelnden juristischen Fachkenntnisse und des organisatorischen Aufwands nicht als zumutbar.
Es gilt daher zu verfolgen, ob die Rechtsprechung des EuGH, die für Gewerbetreibende vorgelagerte Nachforschungspflichten und aufgrund der Gewinnerzielungsabsicht die Vermutung begründet, den Link in voller Kenntnis des rechtswidrigen Inhalts gesetzt zu haben, auch eine Übertragung auf Haftungsfälle für wettbewerbswidrige Verlinkungen findet.
c) Kein pauschaler Haftungsausschluss durch Disclaimer
In der Regel kann sich der Online-Händler einer Haftung auch nicht durch einen allgemeinen Disclaimer entziehen. Insbesondere ist nicht jegliche Haftung pauschal ausgeschlossen, indem sich der Linksetzende „ausdrücklich vom verlinkten Inhalt distanziert“ (LG Hamburg, Urteil v. 12.05.1998 - 312 O 85/98). Vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Link unzulässig bzw. der Inhalt rechtswidrig ist und der Linksetzende hierfür die Verantwortung zu tragen hat.
C. Fazit
Hyperlinks sind aus der digitalen Welt nicht mehr wegzudenken - vor allem nicht aus der Ausgestaltung der eigenen Webseite. Online-Händler müssen aus Sorge um rechtliche Konsequenzen bei Betreiben ihrer Shopseiten nicht auf die elektronischen Verweise verzichten.
Die Setzung interner Hyperlinks, die ausschließlich innerhalb der eigenen Internetseite navigieren, ist rechtlich unbedenklich. Bei der Platzierung externer Hyperlinks empfiehlt es sich, die Rechtmäßigkeit des verlinkten, fremden Inhalts, die Bereitstellung des verlinkten Werkes mit Zustimmung des Urhebers, die Kennzeichnung der externen Herkunft bzw. Nennung der Quelle und die fehlende Umgehung möglicher Schutzmechanismen des Rechteinhabers sicherzustellen.
Bei der Verlinkung fremder Inhalte besteht die Gefahr einer Haftung insbesondere für urheber- bzw. wettbewerbsrechtliche Verstöße. Um eine Urheberrechtsverletzung auszuschließen, ist auf die Verlinkung von Werken, die mit Erlaubnis des Rechteinhabers veröffentlicht wurden bzw. die der Urheber öffentlich frei zugänglich machte, zu achten.
Gewerbetreibende, die Links regelmäßig im Zusammenhang mit einer Gewinnerzielungsabsicht setzen, trifft dabei im Rahmen des Zumutbaren die vorgelagerte Nachforschungspflicht, die verlinkten Inhalte ausreichend auf ihre urheberrechtliche Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Andernfalls wird bei Verlinkung rechtsverletzender Inhalte für diese Gruppe an Linksetzenden widerlegbar vermutet, dass der Link in voller Kenntnis der Rechtswidrigkeit gesetzt wurde, die zu einer Haftung führen kann.
Der Linksetzende kann jedoch auch zur Verantwortung gezogen werden, wenn er sich durch die Verlinkung wettbewerbswidrige Inhalte zu eigen macht und diese als seine eigenen Angebote erscheinen. Zudem haben Online-Händler bei Hinweisen auf eine mögliche Rechtswidrigkeit der verlinkten Inhalte diese auf ihre Begründetheit hin zu kontrollieren und rechtswidrige Verlinkungen zu entfernen.
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