Die Eignungstrias - Überprüfung der Eignung der Bieter im EU-Verfahren

Die Eignungstrias - Überprüfung der Eignung der Bieter im EU-Verfahren

Öffentliche Auftraggeber haben ein verständliches Interesse daran, ihre Aufträge nur an Auftragnehmer zu erteilen, die für die Erbringung der Leistung auch wirklich geeignet sind. In Ausschreibungsbestimmungen werden daher Eignungskriterien festgelegt, die die Anforderung an die Eignung von Bewerbern oder Bietern (Teilnehmer) für eine Beteiligung an einem Wettbewerb um öffentliche Aufträge festlegen. Nur wenn Teilnehmer diese Eignungskriterien erfüllen, erfolgt eine Bewertung ihres Angebotes.

Die Vergabestelle hat hier durchaus einen Ermessenspielraum dahingehend wie viel Eignung sie von den Bewerbern fordert. Das Ermessen findet aber seine Grenzen in den Zwängen des Vergaberechts. Es gilt den Wettbewerbs-, Tranzparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Das heißt, alle Teilnehmer sind gleich zu behandeln, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Wohnort, bisherigen Geschäftsbeziehungen etc..

Dabei muss die Vergabestelle zwischen Eignungskriterien einerseits und Zuschlagskriterien andererseits unterscheiden. Eine Vermischung ist vergaberechtlich angreifbar, ist aber in vielen Ausschreibungen zu beobachten.

1. Wann ist ein Teilnehmer geeignet

Die Eignung eines Teilnehmers ergibt sich aus der in § 97 Abs. 4, 1. Hs. GWB und § 2 Nr. 3 VOL/A normierten Eignungstrias, der Fachkunde, der Leistungsfähigkeit und der Zuverlässigkeit eines Bewerbers. Das Gesetz räumt aber Bundes- und Landesgesetzgebern in § 97 Abs. 4, 2. Hs. GWB die Möglichkeit ein, weitere Kriterien in eigenen Gesetzen zu bestimmen.

1.1 Fachkunde

Als fachkundig gilt ein Teilnehmer dann, wenn er über die Sachkenntnisse und technischen Fertigkeiten verfügt, die für die Durchführung der geforderten Leistung erforderlich sind. Die Beurteilung erfolgt anhand objektiver Kriterien. Die Fachkunde ist entweder von der Person des Teilnehmers selbst oder von seinen Mitarbeitern aufzubringen. Die Fachkunde ist somit ein personenbezogenes Merkmal. Als Nachweis dienen Zeugnisse über die üblichen Ausbildungswege (z.B. Diplom, Eintrag in die Handwerksrolle, Gesellenprüfung etc.). Handelt es sich um komplexere Leistungen, können darüber hinaus Nachweise darüber erforderlich werden, dass die gleiche oder ähnliche Leistungen bereits vertragsgemäß erbracht worden ist. Dieser Nachweis wird in der Regel durch sog. Referenzen erbracht.

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1.2 Leistungsfähigkeit

Die Leistungsfähigkeit bemisst sich nach den personellen, kaufmännischen, technischen und finanziellen Mitteln des Teilnehmers, die erforderlich sind, um den Auftrag ausführen zu können. Die Teilnehmer sollen insbesondere über die notwendige materielle und technische Ausstattung zur Ausführung des Auftrages verfügen. Als Nachweise können z.B. Umsatzzahlen der letzten drei Jahre und die Anzahl der Mitarbeiter dienen.

1.3 Zuverlässigkeit

Die Zuverlässigkeit eines Teilnehmers liegt dann vor, wenn er nach den Umständen des Einzelfalls Gewähr dafür bietet, die von ihm angebotenen Leistungen, die Gegenstand des Vergabeverfahrens sind, vertragsgerecht und damit in sorgfältiger Art und Weise auszuführen. Der Teilnehmer muss also nachweisen, dass er sich gesetzmäßig verhält. Die Zuverlässigkeit können zum Beispiel folgende Gründe ausschließen: Unsachgemäße Ausführung von Leistungen, die zu Gewährleistungsansprüchen geführt haben; Nichtabführung von Steuern und Sozialversicherung, Beschäftigung von Schwarzarbeitern oder Manipulationsversuche im Vergabeverfahren.

Die Eignungsprüfung kann sich auch auf Subunternehmer beziehen.

2. Bekanntmachung

Die von der Vergabestelle geforderten Nachweise sind aus Transparenzgründen detailliert darzustellen. Sie sind bereits in der Vergabebekanntmachung aufzuführen.

Achtung: Im Ausschreibungsverfahren geforderte Eignungskriterien, die nicht bereits in der Vergabebekanntmachung aufgeführt sind, gelten als nicht gefordert. Die Vergabebekanntmachung wirkt daher abschließend.

Der Auftraggeber ist somit an die Festlegungen der Vergabebekanntmachung gebunden. In der Aufforderung zur Angebotsabgabe darf er die in der Bekanntmachung angegebenen Erfordernisse in der Sache nicht verschärfen, indem er über die Bekanntmachung hinausgehende Anforderungen stellt.

Zulässig ist es aber, in der EU-Bekanntmachung darauf hinzuweisen, dass sich hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung eines Nachweises weitere Angaben in den Verdingungsunterlagen finden; z.B. Angabe unter Nr. III 2 3) „Technische Leistungsfähigkeit“ der Bekanntmachung: „Die Liste der fünf wesentlichen Referenzen; Einzelheiten zur Ausgestaltung der Liste finden Sie in den Verdingungsunterlagen“.

3. Form der Eignungsnachweise

Aus Transparenzgründen hat die Vergabestelle auch die Anforderungen an die Qualität der Nachweise im Detail vorzugeben. Sie hat zum Beispiel zu bestimmen, wie die Referenzlisten gestaltet werden sollen, ob Ansprechpartner und deren Kontaktdaten genannt werden, wie die bereits erbrachten Leistungen aufgeführt werden sollen (als Haupt- oder Subunternehmer), ob Originalbescheinigungen erforderlich sind, oder ob elektronische Dokumente akzeptiert werden.

Bei den geforderten Erklärungen empfiehlt es sich daher, Formblätter den Ausschreibungsunterlagen beizulegen, die den Bewerbern den erforderlichen Inhalt und die Form ihrer Erklärungen vorgeben. Dieses Vorgehen fördert auch die Vergleichbarkeit der Angaben.
Der Teilnehmer kann sich auch als Mitglied einer Bietergemeinschaft zum Nachweis der Leistungsfähigkeit der Fachkunde anderer Unternehmen bedienen. In diesem Fall muss er nachweisen, dass ihm die Mittel des anderen Unternehmen zur Verfügung stehen. Dies ist durch Vorlage entsprechender Verträge möglich. Kann ein nicht deutsches Unternehmen die geforderten Belege nicht vorlegen, muss die Gestattung ähnlicher gleichwertiger Belege erfolgen.

4. Prüfung der Eignung

Die Prüfung der Eignung kann auch im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs erfolgen. Dies führt dazu, dass nur die geeigneten Bewerber aus dem Wettbewerb die Verdingungsunterlagen erhalten.

Bei Verfahren ohne Teilnahmewettbewerb sind die Eignungsnachweise im Angebot der Bietern vorzulegen und werden innerhalb der zweiten Wertungsstufe gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A bei der Angebotsbewertung geprüft.

5. Bewertung der Nachweise

Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A sind bei der Auswahl der Angebote nicht geeignete Teilnehmer auszuschließen. Demnach hat die Vergabestelle die Eignung von Teilnehmern zwingend festzustellen. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Vergabestelle die Zahl der Teilnehmer, die das Angebot erhalten oder deren Angebot bewertet wird, begrenzt oder nicht.

Insbesondere bei Teilnahmewettbewerben hat es sich eingebürgert, in der Bekanntmachung mitzuteilen, wie viele Bewerber zur Angebotsabgabe bzw. zur Teilnahme an Verhandlungen oder am wettbewerblichen Dialog aufgefordert werden. Diese Entscheidung liegt im freien Ermessen der Vergabestelle. Die Mindestteilnehmerzahl ist aber abhängig von der jeweiligen Vergabeart in § 3a Nr. 1 Abs. 2 VOL/A festgelegt. Die Behörde kann darüber hinaus eine Höchstzahl festlegen. Für diesen Fall gelten die Ausführungen unter Ziffer 7.

6. Bewertung der Eignungsnachweise ohne Festlegung einer Mindesteilnehmerzahl

Ist keine Mindestteilnehmerzahl vorgeben, hat die Vergabestelle auf Grund der vorgelegten Nachweise zu entscheiden, welche der Teilnehmer als geeignet und welche als nicht geeignet zu betrachten sind. Die nicht geeigneten Teilnehmer müssen vom weiteren Verfahren ausgeschlossen werden.

Es steht im Ermessen der Behörde alle Eignungskriterien als Ausschlusskriterien festzulegen. In diesem Fall sind alle Bieter auszuschließen, die ein oder mehrere Kriterien nicht erfüllt haben.
Die Behörde kann aber auch eine Bewertungsmatrix erstellen und Mindestpunkte pro Kriterium vergeben. In diesem Fall ist aus Transparenzgründen vorab mitzuteilen, wie viele Punkte pro Kriterium verteilt werden, und wie die Kriterien gewichtet werden, wenn eine unterschiedliche Gewichtung erfolgen soll. Ausschlusskriterien und Bewertungskriterien können auch kombiniert werden.

Die Bewerber, die die Mindestpunkte erreicht und die ggf. auch vorhandene Ausschlusskriterien erfüllt haben, gelten dann als geeignet. Ihre Angebote werden sodann im Rahmen der dritten (§ 25 Nr. 2 Abs. 2 und 3 VOL/A) oder vierten (§ 25 Nr. 3 VOL/A) Bewertungsstufe (Wirtschaftlichkeitsbewertung) bewertet. Bei einem Teilnahmewettbewerb werden die geeigneten Bewerber zur Angebotsabgabe (bzw. zur weiteren Teilnahme z.B. an einem wettbewerblichen Dialog) aufgefordert.

7. Bewertung der Eignungsnachweise bei Festlegung einer Höchstzahl von Teilnehmern für den vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb

Hat die Vergabestelle in der Bekanntmachung eine Höchstzahl von geeigneten Teilnehmern vorgegeben, kann das Problem entstehen, dass mehr Teilnehmer als die Höchstzahl geeignet sind.

Dies wirft die Frage auf, wie in diesem Fall eine Auswahl getroffen werden soll. Die von der KBST verantworteten Unterlagen für die Ausschreibung und Bewertung
schlagen für diese Fälle ein Losverfahren vor, um Diskriminierungen zu vermeiden. In der sich in Arbeit befindlichen Neuauflage der UfAB soll diese Position auf Grund der neueren Rechtsprechung aber differenziert werden.

Ein Losverfahren erscheint nur dann als sinnvoll, wenn keine objektiven Unterscheidungsmöglichkeiten bei den Eignungsprüfungen festgestellt werden konnten, so dass eine sinnvolle Auswahl nicht möglich ist.

Liegen aber signifikante Eignungsunterschiede vor, erscheint das Losverfahren als Diskriminierung besonders geeigneter Bewerber und widerspricht auch dem legitimen Wunsch der Vergabestelle, die Angebote möglichst der geeignetsten Bewerber zu erhalten und zu bewerten.

In diese Richtung gehen auch aktuelle vergaberechtliche Entscheidungen, die der Vergabestelle attestieren, berechtigt zu sein, aus dem Kreis der geeigneten Bewerber die notwendige Auswahl zu treffen (VK des Bundes, Beschluss vom 26.06.2003 Az. VK 1-45/03) und die vorgegebene Anzahl aus der Reihe der Bieter mit den meisten Eignungspunkten auszuwählen zu dürfen. Auch der Wortlaut der für den Teilnahmewettbewerb geltenden Regelung in § 7a Nr. 4 VOL/A bestimmt, dass die ausschreibende Stelle unter den Bewerbern, die den Anforderungen an Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit entsprechen, diejenigen auswählen kann, die sie auffordert, ein Angebot einzureichen.

Die an dieser Stelle oft zitierte BGH Entscheidung vom 08.09.1998 (Az. X ZR 109/96) „Kein Mehr an Eignung“ steht dieser Rechtsauffassung nicht entgegen. Gegenstand dieses Urteil war nicht die Bildung einer Rangfolge der geeigneten Bewerber, sondern die unzulässige Einbeziehung von Eignungskriterien im Rahmen der Leistungsbewertung.

Die Vergabestelle ist in der Wahl des Auswahlverfahrens ( Losverfahren oder Rangfolgeverfahren frei). Die Vergabestelle sollte aber aus Transparenzgründen in der Bekanntmachung bereits angeben, ob das Rangfolge- oder das Losauswahlverfahren zur Anwendung kommt.

8. Fazit

Die Eignungsprüfung erfolgt vor der Bewertung der Angebote auf ihre Wirtschaftlichkeit. Eignungs- und Zuschlagskriterien müssen sauber von einander getrennt geprüft werden. Die Eignungskriterien können als Ausschluss- oder als Bewertungskriterien ausgestaltet werden.
Werden im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbes mehr Teilnehmer als geeignet bewertet als die von der Vergabestelle vorab bekannt gegebene Höchstzahl, kann die Auswahl der Teilnehmer in einem Los- oder in einem Rangfolgeauswahlverfahren erfolgen.

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Bildquelle: delater / PIXELIO

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