BGH: „Tell-a-friend“-Werbung ist unzulässig
Jüngst hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 12.09.2013 entschieden, dass sogenannte „Tell-a-friend“-Mails abmahnbare und damit unlautere Werbung darstellen. Diese Entscheidung setzt dem andauernden Meinungsstreit, inwiefern das Werben mit Inhalten durch die persönliche Empfehlung von Nutzern gegenüber bekannten Personen per Mail erlaubt ist, nun ein Ende.
Die „Tell-a-friend“-Schaltfläche
Die „Tell-a-friend“-Funktion wurde bislang von im elektronischen Handel tätigen Unternehmen häufig eingesetzt, um gegenüber unbekannten, aber potentiellen Kunden auf das eigene Angebot aufmerksam zu machen.
Über eine auf der Website integrierte Weiterempfehlungsoption wurde somit Nutzern ermöglicht, unter Angabe der eigenen Mail-Adresse zusätzlich die einer bekannten Person einzutragen. Dies löste einen Prozess aus, in dem an die dem Website-Betreiber bisher unbekannte Adresse eine automatisch generierte Mail mit Hinweisen auf die hauseigene Website direkt von dessen Server aus versandt wurde, die den Empfänger auf das spezielle Angebot aufmerksam machen sollte.
Mail-Werbung ohne Einwilligung unzulässig
Grundsätzlich stellt jede per Mail an eine bestimmte Adresse versandte Werbung eine unzumutbare Belästigung und damit wettbewerbswidrige Handlung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG dar, soweit sie ohne ausdrückliche Einwilligung des Empfängers erfolgt. Um Abmahnungen vorzubeugen, bedienen sich daher Online-Händler und sonstige Anbieter von elektronischen Newslettern des sogenannten „Opt-In“-Verfahrens gegenüber Verbrauchern, welche über das Setzen eines Häkchens in die Zusendung von Angeboten oder betriebsbezogenen Mails einwilligen können und somit das Werben rechtfertigen. Jenseits einer solchen Zustimmung jedoch gilt die unaufgeforderte Verbreitung von Werbematerial per Mail als unzulässiger Spam.
Die Besonderheiten der Weiterempfehlungsfunktion
Im Rahmen der „Tell-a-friend“-Entscheidung allerdings hatte der BGH die Tatsache zu berücksichtigen, dass der Prozess der unaufgeforderten elektronischen Übermittlung von Inhalten nicht nur den Betreiber der Website selbst, sondern mittelbar durch einen Dritten, nämlich einen willkürlichen Nutzer der betroffenen Internetpräsenz, initiiert wird. Gleichermaßen galt es, die Frage zu klären, ob und inwiefern das Verweisen auf die eigene Website per definitionem überhaupt als Werbung einzuordnen ist.
Die Entscheidungsfindung des BGH
Dem BGH lag ein Sachverhalt vor, in welchem der Kläger, der mehrmals Mails von der Beklagten erhielt, die auf ihrer Website eine Weiterempfehlungsfunktion eingerichtet hatte, ohne dass er in die Zusendung eingewilligt hätte, einen Unterlassungsanspruch gegenüber der Beklagten geltend machen wollte. Die vorinstanzlichen Gerichte (AG und LG Köln) hatten einen solchen aus der Argumentation heraus abgelehnt, dass die Beklagte nicht für missbräuchliches Verhalten dritter in Bezug auf die Weiterempfehlung haften dürfe und dass die Beklagte keine Anreize zur Nutzung der „Tell-a-friend“-Werbung schaffe.
In seiner Entscheidung stufte der BGH zunächst die streitigen Empfehlungs-Mails als Werbung im Sinne der Richtlinie 2006/113/EG ein, die jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern, als werbende Handlung definiert.
Dass das Versenden der Mails im Rahmen der „Tell-a-friend“-Funktion auf dem Willen eines Dritten beruhe, sei für die Einordnung der Inhalte als Werbung unerheblich. Schließlich sei es das Ziel des Website-Betreibers, durch die Bereitstellung der Funktion Dritte auf die angebotenen Leistungen und die Internetpräsenz aufmerksam zu machen.
Gleichzeitig statuierte der BGH, dass die Empfehlungsmails unabhängig davon, ob ein Dritter diese veranlasse, immer der Sphäre des Website-Betreibers zuzurechnen seien, da der eigentliche Sinn und Zweck der Weiterempfehlung die Übermittlung des Hinweises auf die eigene Internetpräsenz sei. Dies gelte umso mehr, wenn er Betreiber der Website gegenüber dem Empfänger als Absender der Mail erscheint.
Insofern komme es zur Beurteilung der Wettbewerbswidrigkeit und der daraus folgenden Unzulässigkeit der von der „tell-a-friend“-Funktion herrührenden Werbung maßgeblich darauf an, ob der Empfänger in die unaufgeforderte Zusendung derartiger Inhalte eingewilligt habe. Liege keine Einwilligung vor, so sei der in Anbetracht der Werbemails wehrlose Verbraucher schützenswert, und die Mails daher nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG unzulässig.
Fazit
Auch wenn die Entscheidung des BGH in der vorliegenden Ausführung der bereits im Vorfeld herrschenden Meinung in Bezug auf die Zulässigkeit der „tell-a-friend“-Mails Recht gibt, ist der Verzicht auf die Weiterempfehlungsfunktion aufgrund des hohen Abmahnrisikos nun umso dringlicher zu empfehlen.
Die Empfehlungsmails stellen unaufgeforderte und damit unlautere Werbung dar, die den Betreibern der Websites, auf denen eine entsprechende Funktion platziert ist, unabhängig von der eigentlichen Drittempfehlung zugerechnet werden. Maßstab für die Zulässigkeit der „Tell-a-friend“-Werbung ist also die Einwilligung des Empfängers derselben. Da diese aber für den Fall, dass die Zusendung durch die Handlung eines Dritten in Form der schlichten Eintragung einer fremden Mailadresse ohne Zutun des eigentlichen Adressaten erfolgt, in den seltensten Fällen vorliegen dürfte, ist von der „Tell-a-friend“-Funktion im Rahmen des eigenen Internetauftritts grundsätzlich abzuraten.
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3 Kommentare
Gibt es hierzu vielleicht schon Kommentare?
vielen Dank für die Ausführungen. Ich habe es so verstanden, dass der Beklagte auch Versender der Empfehlungsmail ist.
Wie sieht es denn aus, wenn der/die Empfehlenden dabei ihren eigenen Mailaccount nutzen, d.h. per Klick auf den Empfehlungsbutton deren Mailprogramm aufgerufen wird.