Die Systembeteiligungspflicht (bzw. "Lizenzierungspflicht") - Teil 4 der neuen Serie zum VerpackG
Tipp: Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie hier: "Das Verpackungsgesetz: Leitfaden für Online-Händler (Update)"
Im vierten Teil der neuen Serie zum Verpackungsgesetz beschäftigen wir uns mit der Systembeteiligungspflicht gemäß neuen Verpackungsgesetz. Um was geht es bei dieser Systembeteiliungspflicht überhaupt? Muss sich jeder Online-Händler zwingend an einem dualen System beteiligen? Was gilt bei gebrauchten Verpackungen und gibt es gesetzliche Privilegierungen, Bagatellgrenzen oder „Freimengen“? Diese und weitere Themen sind Gegenstand der folgenden Ausführungen.
Inhaltsverzeichnis
- Um was geht es bei der Systembeteiligungspflicht (bzw. "Lizenzierungspflicht")?
- Muss sich jeder Online-Händler zwingend an einem dualen System beteiligen?
- Müssen gebrauchte Verpackungen (z.B. wiederverwendete Kartons) lizenziert werden?
- Sind Verpackungen zu lizenzieren, in denen Waren kostenlos versendet werden?
- Sind Verpackungen zu lizenzieren, die kommerziellen Schriftverkehr (z.B. Briefe, Vertragsdokumente, Rechnungen) enthalten?
- Sind mit Ware befüllte Einweggetränkeverpackungen systembeteiligungspflichtig?
- Was gilt für den Fall des Imports verpackter Waren?
- Gibt es gesetzliche Privilegierungen, Bagatellgrenzen oder „Freimengen“?
- Erlaubt die sog. "Branchenlösung" eine Ausnahme von der Systembeteiligungspflicht?
- Was gilt beim Thema "Fulfilment" - etwa bei "Versand durch Amazon"?
Um was geht es bei der Systembeteiligungspflicht (bzw. "Lizenzierungspflicht")?
Jeder Online-Händler, der mit Ware befüllte Verkaufspackungen, die nach Gebrauch typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall anfallen, erstmals gewerbsmäßig in Verkehr bringt, hat sich zur Gewährung der flächendeckenden Rücknahme seiner Verkaufsverpackungen an einem oder mehrerer sog. "dualen System" zu beteiligen (bzw. seine Verpackungen zu "lizenzieren").
Gemäß § 7 Abs. 1 S. 3 VerpacKG ist das gewerbsmäßige Inverkehrbringen von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen, die nicht an einem System beteiligt wurden, verboten.
Online-Händler, die solche Verpackungen als Erstinverkehrbringer auf dem deutschen Markt vertreiben, sind für die Einhaltung der Systembeteiligungspflicht verantwortlich. Die unterlassene Beteiligung und die Abgabe der o.g. Verkaufsverpackungen an Endverbraucher ist, wenn diese nicht an einem dualen System beteiligt sind, eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit nach § 15 Abs. 1 Nr. 6 und 7 VerpackV in Verbindung mit § 69 Abs. 1 Nr. 8 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Der Bußgeldrahmen beträgt bis zu 100.000 Euro.
Zur Erfüllung der gesetzlichen Systembeteiligungspflicht können Online-Händler entweder selbst einen Vertrag mit einem dualen System abschließen oder mit dem Abschluss eine andere Partei beauftragen (Vermittler, (Lizenz-)Makler, beauftragte Dritte etc.). Entscheidend ist in allen Fällen, dass Online-Händler mit dem Vertragsschluss sicherstellen, dass sie ihre Systembeteiligungspflicht gemäß den Vorgaben der VerpackV erfüllen.
Behördlich festgestellte duale Systeme sind aktuell (Stand August 2017, in alphabetischer Reihenfolge):
- BellandVision GmbH
- Der Grüne Punkt - Duales System Deutschland GmbH
- ELS Europäische LizenzierungsSysteme GmbH
- INTERSEROH Dienstleistungs GmbH
- Landbell AG für Rückhol-Systeme
- NOVENTIZ Dual GmbH
- Reclay Systems GmbH
- RKD Recycling Kontor Dual GmbH & Co. KG
- Veolia Umweltservice Dual GmbH
- Zentek GmbH & Co. KG
(Die dualen Systeme sind privatwirtschaftliche Unternehmen, die die Sammlung, Sortierung und Verwertung von gebrauchten Verkaufsverpackungen in Deutschland organisieren.)
Der Online-Händler hat bei der Systembeteiligung Materialart und Masse der anzumeldenden Verpackungen anzugeben - bei ihm liegt die gesetzliche Pflicht zur Bestimmung der Verpackungsart und Beteiligungsmenge. Neu hinzugekommen in § 7 Abs. 1 Satz 2 VerpackG ist außerdem die Pflicht des Online-Händlers, bei der Systembeteiligung seine Registrierungsnummer anzugeben.
Dementsprechend muss sich ein Online-Händler zunächst gemäß § 9 bei der Zentralen Stelle registrieren, bevor er sich überhaupt an einem System beteiligen kann.
Muss sich jeder Online-Händler zwingend an einem dualen System beteiligen?
Gemäß § 7 I S. 1 VerpackG haben sich Hersteller von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen mit diesen Verpackungen zur Gewährleistung der flächendeckenden Rücknahme an einem oder mehreren Systemen zu beteiligen.
Als Hersteller von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen gilt dabei derjenige, der mit Ware befüllte Verkaufs- und/oder Umverpackungen, die nach Gebrauch typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall anfallen, erstmals gewerbsmäßig in Verkehr bringt - also in der Regel der „Abfüller“.
Damit sind nur Online-Händler, die Verpackungen erstmalig befüllen und versenden in aller Regel "Hersteller" im Sinne des Verpackungsgesetzes.
Beispiel: Ein Online-Händler bezieht von einem deutschen Großhändler bereits verpackte Ware. Diese sendet er 1:1 (also ohne weitere Verpackungen - dazu gehört auch Füllmaterial) weiter an seinen Kunden. In dem Fall hat der Händler die Verpackung nicht selber erstmalig mit Ware befüllt - er hat die Ware ja bereits verpackt erhalten und diese in der Form "unangetastet" weiter verschickt.
Der Händler unterliegt daher insoweit nicht der Systembeteiligungspflicht.
Achtung: Die Darlegungslast liegt dabei bei derjenigen Person, die mit Ware befüllte gebrauchte Verkaufsverpackung in Verkehr bringt. Der Händler aus dem obigen Beispiel hat also sicherzustellen, dass seine mit Waren gefüllten Verpackungen bereits durch einen Vorgänger in der Lieferkette lizenziert worden sind. Daher ist es ratsam, sich die bereits erfolgte Lizenzierung vom jeweiligen Lieferanten schriftlich bestätigen zu lassen. Sollte eine Bestätigung durch den Handelspartner nicht erfolgen, besteht die Gefahr, dass die Verpackung überhaupt nicht lizensiert wurde. Das Inverkehrbringen von nicht lizensierten Verpackungen stellt einen Verstoß gegen das VerpackG dar und kann mit Bußgeldern geahndet werden.
Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) 37 weist übrigens darauf hin, dass für den Letztvertreiber in der Regel eine schriftliche Bestätigung des Vorvertreibers genügt, dass sich die verpflichteten Erstinverkehrbringer mit den an ihn gelieferten Verkaufsverpackungen an einem System beteiligt haben.
Müssen gebrauchte Verpackungen (z.B. wiederverwendete Kartons) lizenziert werden?
Generell gilt: Auch bei einem Einsatz gebrauchter Verpackungen (z. B. gebrauchter Kartons als Versandmaterial im Versand- und Internethandel), können die Voraussetzungen für eine Lizenzierungspflicht dieser Verpackungen (neu) vorliegen.
Eine Lizenzierungspflicht besteht nur dann nicht, wenn die gebrauchten Verpackungen
- schon einmal bei einem dualen System lizenziert wurden und
- sie noch nicht von einem dualen System erfasst (also entsorgt) wurden.
Der Online-Händler, der gebrauchte Verpackungen nutzt und diese nicht lizenzieren möchte, wird hier vor folgende (oftmals kaum lösbare) Probleme gestellt:
1. Problem: Darlegungslast liegt beim Online-Händler
Die Darlegungslast liegt bei dem Online-Händler, der die mit Ware befüllte gebrauchte Verkaufsverpackung in Verkehr bringt. Er muss also - etwa gegenüber der anfragenden Behörde - den Nachweis erbringen, dass die verwendeten Verpackungen bereits vor ihm in der Lieferkette lizenziert worden sind.
2. Problem: Sämtliche verwendeten Verpackungen müssen lizenziert sein
Der Online-Händler muss nachweisen, dass tatsächlich alle von ihm verwendeten gebrauchten Verpackungen bereits lizenziert worden sind - unabhängig davon ob sie gebraucht sind oder nicht. Jede Verpackung, die den Endkunden erreicht, muss ordnungsgemäß lizenziert sein - wie etwa die Produktverpackung, Versandkarton, Versandtasche, Packpapier, Füllmaterial wie Styropor und auch Klebeband. Dazu gehören auch Materialien, die zu Verkaufszwecken umfunktioniert werden, wie wohl auch zerknüllte Zeitungen etc.
3. Problem: Nachweis nur schwer zu führen
Der unter Punkt 1 angesprochene Nachweis wird in der Regel nur schwer zu führen sein - da es seit der 5. Novelle der Verpackungsverordnung im Jahr 2009 keine Pflicht mehr gibt, ein Symbol zur Kennzeichnung der Teilnahme an einem dualen System auf lizenzierten Verpackungen anzubringen. Gerade etwa bei gebrauchten Kartons ist oft fraglich, ob tatsächlich bereits eine Beteiligung bei einem dualen System erfolgt ist.
4. Problem: Feststellung der Identität desjenigen, der lizenziert hatte
Auch für den Fall, dass die gebrauchte Verpackung tatsächlich bereits lizenziert wurde, muss in vielen Fällen erst einmal ermittelt werden, wer denn genau die Verpackung bereits lizenziert hatte. Und selbst wenn diese Person bekannt sein sollte, ist nicht garantiert, dass sie dem Händler dabei behilflich sein wird eine ordnungsgemäße Meldung dieser Verpackung bei einem anerkannten Entsorgungssystem zu dokumentieren.
Wer etwa den Schuhkarton eines bekannten Herstellers als Verpackung nutzt, wird vermutlich seine Schwierigkeiten damit haben den Hersteller dazu zu zu bewegen, ihm Auskunft zu erteilen, ob und gegenüber welchem dualen System die Lizenzierung erfolgt ist.
Praxistipps:
- Online-Händler, die gebrauchte Verpackungen nicht lizenzieren, werden es generell schwer haben sicherzustellen, dass diese Verpackungen tatsächlich bereits lizenziert worden sind. Zudem haben die Händler, möchten sie sich rechtstreu verhalten und für entsprechende Anfragen der Behörden gerüstet sein, aufgrund ihrer Nachweispflicht einen erheblichen Dokumentationsaufwand. Allein diese Rechtsunsicherheit (wie auch der damit verbundene Zeitaufwand) wird viele Händler dazu bewegen, sicherheitshalber auch gebrauchte Verpackungen selbst zu lizenzieren.
- Online-Händler, die gebrauchte Verpackungen eines ihnen bekannten Dritten (etwa dem Lieferaten) verwenden, sollten sich schriftlich bestätigen bzw. idealerweise nachweisen lassen, dass alle Verpackungsmaterialien bereits entsprechend vorschriftsmäßig lizenziert worden sind. So kann im Falle einer behördlichen Anfrage im Streitfall später über entsprechende Belege nachgewiesen werden, dass die Beteiligung der Verpackung an einem dualen System erfolgt ist. Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) 37 weist darauf hin, dass für den Letztvertreiber in der Regel eine schriftliche Bestätigung des Vorvertreibers genügt, dass sich die verpflichteten Erstinverkehrbringer mit den an ihn gelieferten Verkaufsverpackungen an einem System beteiligt haben.
Sind Verpackungen zu lizenzieren, in denen Waren kostenlos versendet werden?
Erstinverkehrbringer von mit Ware befüllten Verpackungen, die nicht verkauft, sondern (z. B. als Warenproben, Werbeartikel oder -geschenk, Prospekte und Kataloge) kostenlos an private Endverbraucher abgegeben werden, sind systembeteiligungspflichtig, denn auch hierbei handelt es sich um Verkaufsverpackungen. (vgl. hierzu Mitteilung der Bund/Länder Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) 37.)
Das bedeutet, dass auch Waren, die unentgeltlich an gemeinnützige Vereine oder direkt an Mitarbeiter, z. B. im Lagerverkauf, abgegeben werden, einer Beteiligungspflicht unterliegen.
Sind Verpackungen zu lizenzieren, die kommerziellen Schriftverkehr (z.B. Briefe, Vertragsdokumente, Rechnungen) enthalten?
Nein, Mitteilungen und Informationen, die im Rahmen einer gewerblicher Tätigkeit etwa als Brief, Vertragsdokument oder auch Rechnung versendet werden, fallen nicht unter den Begriff der "Ware". Die in dem Zusammenhang genutzten Verpackungen sind damit nicht lizenzierungspflichtig (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 9. Februar 1999 / Az. 14 U 25/98).
Sind mit Ware befüllte Einweggetränkeverpackungen systembeteiligungspflichtig?
Der Systembeteiligungspflicht unterliegen Erstinverkehrbringer von mit Ware befüllten Einweggetränkeverpackungen, die nach § 31 VerpackG nicht der Pfandpflicht unterliegen.
Dagegen sind Einweggetränkeverpackungen, die nach § 31 VerpackG der Pfandpflicht unterliegen, nicht lizenzierungspflichtig (§ 12 Nr. 2 VerpackG).
Eine Einbringung von Einweggetränkeverpackungen, die nach § 31 VerapckG nicht der Pfandpflicht unterliegen (z.B. Verpackungen von Fruchtsäften und Spirituosen) in Branchenlösungen ist nicht zulässig (§ 8 Abs. I VerpackG). Zur "Branchenlösung" siehe weiter unten.
Was gilt für den Fall des Imports verpackter Waren?
Gemäß § 7 I S. 1 VerpackG haben sich Hersteller von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen mit diesen Verpackungen zur Gewährleistung der flächendeckenden Rücknahme an einem oder mehreren Systemen zu beteiligen.
"Hersteller" ist gemäß Art 3 Nr. 14 S. 2 VerpackG auch derjenige, der Verpackungen gewerbsmäßig nach Deutschland einführt.
Der Systembeteiligungspflicht unterliegen damit diejenigen, die beim Import von mit Ware befüllten Verkaufsverpackungen, die typischerweise beim privaten Endverbraucher anfallen, zum Zeitpunkt des Grenzübertritts die rechtliche Verantwortung für die Ware tragen. Wird eine Holschuld vereinbart, ändert auch ein Eigentumsvorbehalt bis zur Bezahlung der Ware nichts an der Systembeteiligungspflicht des Importeurs. (vgl. hierzu Mitteilung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) 37)
Gibt es gesetzliche Privilegierungen, Bagatellgrenzen oder „Freimengen“?
Nein, der Gesetzgeber hat insoweit keine Ausnahmen – etwa eine Mindestmenge von Verpackungen - vorgesehen, so dass grundsätzlich jeder Hersteller, unabhängig von der Anzahl der Verkaufsverpackungen, zur Beteiligung an einem Rückhol-System verpflichtet ist.
Anders formuliert: Sämtliche Verkaufsverpackungen sind ab dem ersten Gramm beteiligungspflichtig, sofern das in Verkehr bringen gewerbsmäßig (und nicht privat ohne Gewinnerzielungsabsicht) geschieht.
Von der Systembeteiligungspflicht werden jedoch etwa folgende Verpackungen ausgenommen:
- Mehrwegverpackungen, §12 Nr. 1 VerpackG: Die Ausnahme von Mehrwegverpackungen war auch schon in der Verpackungsverordnung geregelt und soll den Anteil von Mehrwegverpackungen fördern.
- Einweggetränkeverpackungen, die nach § 31 VerpackG der Pfandpflicht unterliegen sind gem. § 12 Nr. 2 VerpackG nicht lizenzierungspflichtig: Insoweit gelten spezielle Rücknahmepflichten.
- Systembeteiligungspflichtige Verpackungen, die nachweislich nicht in Deutschland an den Endverbraucher abgegeben werden, § 12 Nr. 3 VerpackG. In diesem Fall muss sich bereits zum Zeitpunkt des erstmaligen Inverkehrbringens aus den äußeren Umständen, zum Beispiel aus der Gestaltung der Verpackungen oder den Begleitdokumenten, eindeutig ergeben, dass die betreffenden Verpackungen ausschließlich für den Export bestimmt sind. Sollten systembeteiligungspflichtige Verpackungen entgegen ihrer ursprünglichen Bestimmung doch im Geltungsbereich dieses Gesetzes an den Endverbraucher abgegeben werden, so ist die Systembeteiligung unverzüglich nachzuholen.
- Verkaufsverpackungen schadstoffhaltiger Füllgüter, § 12 Nr. 4 VerpackG: Insoweit gelten spezielle Rücknahmepflichten.
- Transportverpackungen: Das sind gemäß § 3 Abs. 1 3 VerpackG Verpackungen, die die die Handhabung und den Transport von Waren in einer Weise erleichtern, dass deren direkte Berührung sowie Transportschäden vermieden werden, und typischerweise nicht zur Weitergabe an den Endverbraucher bestimmt sind
- Verkaufsverpackungen, deren Systemteilnahme wg. Systemunverträglichkeit gemäß § 7 V VerpackG untersagt worden ist.
- Verkaufsverpackungen, die im Rahmen rein privater oder originär hoheitlicher Tätigkeiten erstmals in Verkehr gebracht werden, da hier der Erstinverkehrbringer regelmäßig weder Hersteller noch Vertreiber im Sinne des Verpackungsgesetzes ist.
- Verkaufsverpackungen, die von gemeinnützigen Einrichtungen an Dritte abgegeben werden, weil gemeinnützige Einrichtungen regelmäßig weder Hersteller noch Vertreiber im Sinne der Verpackungsverordnung sind (vgl. Mitteilung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) 37,
Bezüglich dieser Verpackungen ist daher weder eine Systembeteiligung noch eine Registrierung oder Vollständigkeitserklärung erforderlich.
Erlaubt die sog. "Branchenlösung" eine Ausnahme von der Systembeteiligungspflicht?
§ 8 VerpackG führt die Möglichkeit der Ausnahme von der Systembeteiligungspflicht im Wege einer sogenannten Branchenlösung fort, die bereits in § 6 Absatz 2 der Verpackungsverordnung vorgesehen war und zuletzt durch die Siebte Novelle der Verpackungsverordnung vom 17.7.2014 neu gefasst wurde. Dabei wird der Begriff „Branchenlösung“ nunmehr explizit in die Bestimmung aufgenommen.
Die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Branchenlösung nach Satz 1 und 2 VerpackG entsprechen weitestgehend denjenigen in § 6 Absatz 2 Satz 1 und 2 der Verpackungsverordnung.
So entfällt nach § 8 I. S. 1 VerpackG die Pflicht des Herstellers zur Systembeteiligung nur, soweit er die von ihm in Verkehr gebrachten systembeteiligungspflichtigen Verpackungen bei nach § 3 Absatz 11 Satz 2 und 3 VerpackG den privaten Haushaltungen gleichgestellten Anfallstellen, die von ihm entweder selbst oder durch zwischengeschaltete Vertreiber in nachprüfbarer Weise beliefert werden, unentgeltlich zurücknimmt und einer Verwertung entsprechend den Anforderungen des § 16 Absatz 1 bis 3 VerpackG zuführt (Branchenlösung).
Branchenlösungen dürfen damit nur bei gleichgestellten Anfallstellen nach § 3 Nr. 11 S.2, S. 3 VerpackG betrieben werden. Diese gelten als private Endverbraucher, weil sie die an sie gelieferten Waren nicht mehr weiter veräußern. Der Handel als solcher ist daher keine gleichgestellte Anfallstelle im Sinne von § 3 Nr. 11 VerpackG. Somit sind beispielsweise Shopping-Center ebenfalls keine gleichgestellten Anfallstellen. Dies schließt nicht aus, dass es innerhalb eines Shopping-Centers einzelne Anfallstellen von Branchenlösungen gibt.
Für Anfallstellen, die in Teilbereichen den privaten Haushaltungen gleichgestellt sind, in anderen Teilbereichen aber auch Handelstätigkeiten wahrnehmen (z. B. Werkstatt, die auch Ersatzteile verkauft; Krankenhaus mit Kiosk), ist eine klare Abgrenzung durch den Sachverständigen erforderlich. Verkaufsverpackungen, die im Rahmen der Handelstätigkeit anfallen, dürfen für die Branchenlösung nicht berücksichtigt werden.
Die Zulässigkeit des Zusammenwirkens mehrerer Hersteller aus einer Branche, die gleichartige Waren vertreiben, ist nun ausdrücklich in § 8 Satz 3 VerpackG genannt. Neu hinzugekommen ist im Falle des Zusammenwirkens die Pflicht zur Bestimmung eines Trägers der Branchenlösung, der die dahinter stehenden Hersteller als zentraler Ansprechpartner nach außen vertritt.
Es besteht keine Pflicht für einen Erstinverkehrbringer, dessen Verkaufsverpackungen an einer Anfallstelle, für die eine Branchenlösung existiert, anfallen, sich an dieser Branchenlösung zu beteiligen. Erstinverkehrbringer können sich auch dann mit ihren (gesamten) Verkaufsverpackungen an einem System beteiligen, wenn diese Verpackungen (teilweise) an Anfallstellen anfallen, für die eine Branchenlösung existiert. Innerhalb einer Branche können mehrere Branchenlösungen betrieben werden.
Umfassende Informatinen zur Branchenlösung kann der Mitteilung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) 37 entnommen werden.
Die Beauftragung von Branchenlösungen ist für Unternehmen in aller Regel deutlich kostengünstiger als die Lizenzierung bei einem dualen System, da Branchenlösungen keinen finanziellen Beitrag zur Finanzierung der haushaltsnahen Erfassung leisten müssen.
Was gilt beim Thema "Fulfilment" - etwa bei "Versand durch Amazon"?
Für das Thema „Fulfilment“ unter Berücksichtigung des Beispiels „Versand durch amazon“ gibt es im Verpackungsgesetz zwei Ansatzpunkte. Bei „Versand durch amazon“ wird eine bereits verpackte Ware, die der Verkäufer an ein amazon Lager geliefert hat, von amazon für den Verkäufer in eine amazon-Versandverpackung gepackt und dann direkt von amazon ohne Umweg über den Verkäufer an den Käufer geliefert.
1. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b) – Vorverlagerung der Lizenzierung wie bei Serviceverpackungen?
Allein die Tatsache, dass es sich bei der von amazon befüllten Verpackung um eine Versandverpackung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b) VerpackG handelt führt nicht dazu, dass die Systembeteiligungspflicht, z.B. auf den Hersteller der Versandverpackung, verlagert werden kann.
Dazu heißt es in der BT-Drucksache 18/11274 (S. 81 f.):
"Unter Nummer 1 Buchstabe b) wird nun erstmals die Versandverpackung definiert und dabei klargestellt, dass es sich bei der Versandverpackung ebenfalls um eine besondere Art der Verkaufsverpackung handelt, die erst beim Letztvertreiber befüllt wird, um den Versand von Waren an den Endverbraucher zu ermöglichen oder zu unterstützen. Anders als bei der Serviceverpackung kann bei der Versandverpackung die Systembeteiligungspflicht nicht vorverlagert werden. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass es im Versandhandel viele große Direktvertreiber gibt, so dass eine Vorverlagerung der Systembeteiligungspflicht von dem Abfüller auf den Hersteller der Versandverpackung hier nur schwer zu rechtfertigen wäre."
2. § 3 Abs. 9 S. 2 VerpackG
Möglicherweise kommt aber gem. § 3 Abs. 9 S. 2 VerpackG eine Verlagerung der Systembeteiligungspflicht auf amazon in Betracht.
Dazu heißt es in der BT-Drucksache 18/11274 (S. 84):
"In Satz 2 wird eine Ausnahme für den Fall geregelt, dass jemand Verpackungen im Auftrag eines Dritten befüllt und sie anschließend an diesen Dritten abgibt. Dieser Vorgang gilt nicht als Inverkehrbringen, wenn die Verpackung ausschließlich mit dem Namen oder der Marke des Dritten oder beidem gekennzeichnet ist, der eigentliche Abfüller also nicht ohne Weiteres anhand der Verpackung erkennbar ist. Diese Konstellation betrifft in der Praxis vor allem die sogenannten Handelsmarkenprodukte. Im Falle eines Weitervertriebs ist damit nicht der eigentliche Abfüller, sondern das Handelsunternehmen als Erstinverkehrbringer anzusehen und somit grundsätzlich auch zur Systembeteiligung verpflichtet (sogenannte „Handelslizenzierung“). Diese Regelung sorgt für eine transparente Zuordnung der Produktverantwortung und für einen effektiveren Vollzug. Sie entspricht zudem einem auf Grundlage der Verpackungsverordnung ergangenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. September 2015 – BVerwG 7 C 11.14 –."
Diese Konstellation entspricht allerdings nicht ganz der Situation bei „Versand durch amazon“. Amazon gibt die verpackte Ware nicht an den Verkäufer, sondern direkt an den Käufer ab. Die Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung sind nicht erfüllt. Danach bleibt auch hier der eigentliche Verkäufer in der Systembeteiligungspflicht.
Ist die Versandverpackung ausschließlich mit dem amazon-Logo gekennzeichnet und steht auch auf dem Versandetikett nur „versendet durch amazon“ und nicht etwa „versendet durch amazon im Auftrag von“, bleibt aber abzuwarten, ob nicht in solchen Fälle unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks von § 3 Abs. 9 S. 2 VerpackG die Systembeteiligung direkt durch amazon zu erfolgen hat.
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1 Kommentar
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Die Systembeteiligungspflicht (bzw. "Lizenzierungspflicht") gilt doch nur, wenn Abfall beim Endkunden entsteht und somit würde dies doch aus unserer Sicht nicht gewollt sein, sondern wir rufen direkt zum "Mehrzweck" auf?