Schutz der Werkunternehmer: Gesetzliche Neuregelungen sollen die Zahlungsmoral stärken
Zum 01.01.2009 ist das „Gesetz zur Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen“, kurz Forderungssicherungsgesetz (FoSiG), in Kraft getreten. Von den Neuerungen profitieren Bauunternehmer, Handwerker und sonstige Werkunternehmer, beispielsweise Unternehmer, die ein IT-Projekt realisieren. Ziel des Gesetzes: Werkunternehmer sollen schneller an ihr Geld kommen und Zahlungsausfälle vermieden werden.
Inhaltsverzeichnis
I. Hintergrund
Mit der Zahlungsmoral von Auftraggebern ist es bisweilen nicht gut bestellt. Das kann vor allem für kleine und mittelständische Betriebe existenzgefährdend werden. Betroffen ist vor allem die Baubranche, in der es wegen schlechter Zahlungsmoral von Auftraggebern immer wieder zu Insolvenzen kommt. Das FoSiG soll durch ein Bündel an Maßnahmen die Unternehmer besser schützen. Hierzu wurden durch das neue Gesetz mit Wirkung zum 01.01.2009 Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), im Bauforderungssicherungsgesetz, in der Makler- und Bauträgerverordnung und der Abschlagsverordnung vorgenommen. Nicht nur Bauunternehmer profitieren von den Neuerungen: Durch die Änderungen im Werksvertragsrecht (§§ 631 ff. BGB) werden alle Werkunternehmer besser vor Zahlungsausfällen geschützt, beispielsweise auch Entwickler von Individualsoftware oder Unternehmer, die ein IT-Projekt realisieren, wenn schwerpunktmäßig ein konkreter Erfolg geschuldet ist. Die wichtigsten Regelungen, die alle Werkunternehmer betreffen, werden im Folgenden dargestellt.
II. Die wichtigsten Neuerungen
Seit 01.01.2009 gelten im Werkvertragsrecht folgende Neuregelungen:
1. Leichtere Durchsetzung von Abschlagszahlungen
Abschlagszahlungen können nach § 632a BGB nun schneller gefordert werden: Während sie bisher nur für in sich abgeschlossene Teile des Werkes verlangt werden konnten, können Zahlungen nunmehr in der Höhe verlangt werden, in der der Auftraggeber durch die Leistung des Werkunternehmers einen Wertzuwachs erlangt hat. Die Leistung, für die eine Abschlagszahlung verlangt wird, muss allerdings vertragsgemäß sein. Wegen nur unwesentlicher Mängel kann der Auftraggeber die Zahlungen aber nicht verweigert werden.
Die erbrachten Leistungen muss der Werkunternehmer durch eine Aufstellung nachweisen, die eine rasche und sichere Beurteilung der Leistungen ermöglichen. In der Praxis wird wohl die Bezifferung des Wertzuwachses und damit die Bestimmung der angemessenen Höhe der Abschlagszahlung die meisten Schwierigkeiten bereiten. Daher sollten vorsorglich Abschlagszahlungen im Werkvertrag konkret vereinbart werden.
2. Stärkung des Subunternehmers
Zur Fälligkeit der Vergütung (§ 641 BGB) gibt es zwei Neuerungen:
2.1 Durchgriffsfälligkeit stärkt den Subunternehmer
Vor allem bei größeren Projekten werden oft Subunternehmer eingesetzt. Ab sofort können sie ihre Lohnansprüche gegenüber ihrem Auftraggeber (Generalunternehmer) nach § 641 Abs. 2 BGB leichter durchsetzen:
- Subunternehmer können ihre Forderungen gegenüber dem Generalunternehmer bereits dann einfordern, wenn das Gesamtwerk durch dessen Auftraggeber abgenommen wurde oder als abgenommen gilt – auch wenn der Generalunternehmer das Werk des Subunternehmers noch nicht gesondert abgenommen hat.
- Der Generalunternehmer kann daher gegenüber seinem Subunternehmer nicht mehr die Abnahme einer Leistung unter Hinweis auf Mängel verweigern, wenn ihm selbst gegenüber das Werk schon von seinem Auftraggeber abgenommen wurde.
- Die Vergütung des Subunternehmers wird außerdem fällig, soweit der Auftraggeber des Generalunternehmers die vereinbarte Vergütung an den Generalunternehmer gezahlt hat.
- Die Vergütung wird auch dann fällig, wenn der Subunternehmer seinem Auftraggeber erfolglos eine angemessene Frist zur Auskunft über die Vergütung und Abnahme des Dritten gegenüber dem Generalunternehmer gesetzt hat.
2.2 Reduzierter Mängeleinbehalt des Auftraggebers
Hat der Auftraggeber Anspruch auf Mängelbeseitigung, kann er gemäß § 641 Abs. 3 BGB nach Fälligkeit die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung verweigern. Angemessen ist nicht mehr wie bisher mindestens das Dreifache, sondern – zugunsten des Werkunternehmers - im Regelfall nur noch das Doppelte der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten.
3. Abschaffung der Fertigstellungsbescheinigung
Die Regelung zur sogenannten Fertigstellungsbescheinigung nach § 641a BGB a.F. wurde mangels Bewährung in der Praxis ersatzlos gestrichen.
4. Neue Regelungen zur Sicherheitsleistung
Bisher konnte der Bauhandwerker grundsätzlich für die von ihm zu erbringenden Vorleistungen eine Sicherheit, z. B. eine Bürgschaft, verlangen und nach fruchtlosem Ablauf einer hierzu gesetzten Frist seine Leistung verweigern. Dies ist nach § 648 a BGB weiterhin möglich, wobei vom Gesetzgeber eine pauschale Erhöhung der Sicherheit vorgenommen wurde; sie ist nunmehr mit zehn Prozent des zu sichernden Vergütungsanspruchs anzusetzen. Außerdem hat der Bauunternehmer nun ein Wahlrecht, ob er nach Fristablauf die Leistung verweigert oder den Vertrag kündigt. Entscheidet er sich für die Kündigung, steht ihm auch für die noch nicht erbrachten Leistungen die vereinbarte Vergütung zu. Er muss sich lediglich das anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder böswillig zu erwerben unterlässt. Dies entspricht der Kündigungsfolgenregelung des § 649 BGB, auch gilt eine der in § 649 S.3 BGB entsprechende Vermutungsregel (hierzu sogleich).
Die Regelungen zur Sicherheitsleistung betreffen zwar laut § 648 a BGB nur Unternehmer eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon. Jedoch werden sie in der Praxis entsprechend auch z.B. im IT-Bereich angewandt.
5. Abrechnungsvereinfachung bei Kündigung durch den Auftraggeber
Der Auftraggeber kann den Werkvertrag gemäß § 649 BGB jederzeit kündigen - selbst dann, wenn der Unternehmer ordnungsgemäß arbeitet. Als Ausgleich hat der Unternehmer im Falle einer solchen ordentlichen Kündigung einen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Er muss sich lediglich das anrechnen lassen, was er
- wegen der Aufhebung des Werkvertrages an Aufwendungen erspart,
- was er durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt
- oder zu erwerben böswillig unterlässt.
Neu aufgenommen wurde eine Vermutungsregelung in § 649 S. 3 BGB: Es wird vermutet, dass dem Unternehmer fünf Prozent der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen.
Obwohl die Pauschale in Höhe von fünf Prozent relativ niedrig ist, profitiert der Unternehmer von dieser Vorgabe des Gesetzes, denn sie bietet ihm eine einfache Abrechnungsmöglichkeit. Andernfalls hat er nämlich die Beweislast für die Höhe der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung. Dies kann den Prozess zur Durchsetzung des Vergütungsanspruches erheblich in die Länge ziehen und ein Sachverständigengutachten erforderlich machen.
Dem Unternehmer steht auch nach Einführung der Pauschale der Nachweis eines höheren Betrages frei. Umgekehrt kann der Auftraggeber die Vermutung widerlegen, indem er nachweist, dass dem Unternehmer weniger als fünf Prozent auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden Vergütung zustehen. Gelingt ihm dies, stehen dem Unternehmer weniger fünf Prozent der Vergütung für das gekündigte Leistungsvolumen zu.
III. Fazit
Durch ein Bündel neuer Regelungen sollen sich Werkunternehmer ab sofort besser gegen Zahlungsausfälle absichern können. Auch die neuen gesetzlichen Regelungen ersetzen jedoch nicht eindeutige Regelungen bei Vertragsschluss, insbesondere zu Zahlungsplänen und Abschlagszahlungen. Zudem muss sich die Praxistauglichkeit der neuen Regelungen erst noch zeigen. Dennoch kann bereits heute festgestellt werden: Die Änderungen im Werkvertragsrecht bieten Vorteile für alle Werkunternehmer - nicht nur am Bau.
Wichtig: Die neuen Regelungen gelten für alle ab dem 01.01.2009 abgeschlossenen Werkverträge.
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2 Kommentare
Mein Auftraggeber verweigert mir eine hohe fünfstellige Restzahlung mit dem Argument, sein Auftraggeber zahlt auch nicht. Also: wenn ich nichts bekomme, bekommst du auch nichts. Ist das rechtens?