Da ist was krumm: Rabattwerbung von Aldi für Bananen fällt beim EuGH durch
Tipp: Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie hier: "Pflichten bei Preisermäßigungen im Online-Handel nach PAngV (Update)"
Rabatte, Rabatte, Rabatte: Nichts zieht in werblicher Hinsicht so gut, wie ein (vermeintlicher) Rabatt, der dem Kunden glauben macht, er würde das beworbene Produkt gerade besonders günstig kaufen können. Seit dem 28.05.2022 wurden die Vorgaben an die Rabattwerbung bei Bezugnahme auf den früheren, eigenen Händlerpreis deutlich verschärft. Dass die neuen Vorgaben nicht einfach umgangen werden können, musste Aldi nun vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erfahren. Der EuGH entschied, dass sich die Werbung mit einer Preisermäßigung bei Gegenüberstellung eines höheren, eigenen Preises auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen muss.
Was ist passiert?
Rechtlich ist bereits zum 28.05.2022 Folgendes passiert: Wenn ein Händler für sein Produkt mit einer Preisgegenüberstellung werben möchte, indem er dem aktuellen, rabattierten Preis seinen höheren, früheren Verkäuferpreis gegenüberstellt, so muss seitdem der niedrigste, in den letzten 30 Tagen vom Händler für das so beworbene Produkt verlangte Preis gegenübergestellt werden.
Ein Beispiel:
Möchte ein Händler ab sofort das Kilogramm Bananen für 1.29 Euro anbieten, und hat er vor dieser Rabattaktion für das Kilogramm noch 1.69 Euro verlangt, so durfte er dabei nach alter Rechtslage bis zum 27.05.2022 dem neuen Preis von 1.29 Euro den Preis von 1.69 Euro als „Streichpreis“ gegenüberstellen, auch wenn die Bananen 2 Wochen zuvor bereits schon einmal für nur 1.49 Euro von ihm verkauft worden sind.
Seit dem 28.05.2022 müsste er in diesem Fall den Preis von 1.49 Euro dem neuen, niedrigeren Preis von 1.29 Euro gegenüberstellen. Nicht mehr erlaubt ist die Gegenüberstellung des Preises von 1.69 Euro, wenn in den letzten 30 Tagen ein niedrigerer Preis vom Händler für die Bananen verlangt worden war.
Hintergrund der gesetzlichen Änderung war, dass so missbräuchliche Rabattwerbung eingedämmt werden soll. Insbesondere die sogenannte „Preisschaukelei“ soll verhindert werden, also die kurzfristige Erhöhung des Produktpreises vor dem Fahren einer Rabattaktion, um den Rabatt möglichst groß darstellen zu können und so die Werbewirkung zu erhöhen.
Wer sich nicht an die seit dem 28.05.2022 zu beachtende neue Vorgabe aus der Preisangabenverordnung (PAngV) hält, die für die Gegenüberstellung des höheren, zuvor vom Verkäufer für das Produkt verlangten Preis zur Auflage macht, dass dafür der niedrigste, in den letzten 30 Tagen verlangte Verkäuferpreis heranzuziehen ist, der handelt wettbewerbswidrig.
Auslegung à la Aldi
Wer in Aldi-Prospekten stöbert, dem ist eine Art der von Aldi betriebenen Preiswerbung vielleicht bereits bekannt:
Aldi stellt dem sehr groß dargestellten, rabattierten Preis etwa in halber Schriftgröße davon einen höheren, durchgestrichenen Preis gegenüber. Dazu in etwa wiederum halber Schriftgröße befindet sich unterhalb dieser Preisgegenüberstellung ein Hinweis, dass der Streichpreis der letzte Verkaufspreis sei. Dahinter dann die Aussage, dass der aktuell beworbene Rabattpreis zudem auch der niedrigste Preis der letzten 30 Tage sei.
Der Rabattpreis ist also gar nicht so neu, wie beworben, sondern das Produkt wurde in den letzten 30 Tagen bereits einmal zu dem in der aktuellen Rabattaktion beworbenen Preis verkauft.
Bleiben wir bei den Bananen:
Diese bewarb Aldi Süd in seinem Prospekt rabattiert unter Darstellung des Kilopreises von 1,29 Euro und der Angabe -23%. Kleiner und durchgestrichen befand sich daneben der Preis von 1,69 Euro. Nochmals deutlich kleiner und unterhalb befand sich die Aussage „Letzter Verkaufspreis. Niedrigster Preis der letzten 30 Tage: 1.29“.
Die Rabattwerbung war konkret wie nachfolgend abgebildet gestaltet:
Aldis Art der Streichpreiswerbung gefiel der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg so gar nicht:
Diese sah darin eine Irreführung der Verbraucher, indem ein Rabatt beworben wurde, der gar nicht so groß ist, wie auf den ersten Blick, nimmt man die seit dem 28.05.2022 geltenden Anforderungen als Maßstab.
Denn in großen Zahlen gegenübergestellt fand sich gerade nicht der günstigste Preis, den Aldi für die Bananen in den letzten 30 Tagen verlangt hatte, sondern ein zwischenzeitlich wieder verlangter, höherer Preis. Der niedrigste Preis der letzten 30 Tage fand sich nur in kleiner Schrift unterhalb angegeben, so dass dieser dem Interessenten jedenfalls nicht so deutlich ins Auge sticht, wie der höhere, durchgestrichene Preis.
Bei der Verbraucherzentrale ging man davon aus, dass Aldi den Preis zwischenzeitlich extra deswegen wieder von 1,29 auf 1,69 Euro angehoben habe, um dann bei dem neuerlichen Angebot der Bananen zu 1,29 Euro eine ernsthafte Preisreduzierung vortäuschen zu können.
Mit anderen Worten: Beworben wurde ein Rabatt von 23%, wobei der Rabatt nach den neuen Regelungen zur Werbung mit Streichpreisen seit dem 28.05.2022 gar nicht als Rabatt hätte beworben werden dürfen: Denn danach wäre der maßgebliche Referenzpreis der Preis von 1,29 Euro gewesen, der also identisch mit dem „Angebotspreis“ war. Rabatt nach dieser Regelung: 0%.
Die Gerichte müssen entscheiden
Es passierte dann also, was so häufig auch bei Wettbewerbsverstößen im Ecommerce passiert: Aldi wurde seitens der Verbraucherzentrale abgemahnt.
Dort sah man den Verstoß wohl nicht ein, denn der Wettbewerbsstreit landete vor dem Landgericht Düsseldorf.
Die neuen Vorgaben zur Werbung mit einer Preisherabsetzung fußen auf der sogenannten „Omnibus-Richtlinie“ der EU, kommen mithin aus dem Europarecht. Da sich das LG Düsseldorf bei der Auslegung der seit dem 28.05.2022 geltenden neuen Regeln der Preiswerbung wohl nicht so ganz sicher war, legte es die gegenständliche Streitfrage dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Mit Urteil vom 26.09.2024 unter dem Az. C-330/23 hat der EuGH nun entschieden, dass die von Aldi gewählte Darstellungsweise der Preiswerbung nicht mit den Vorgaben zur Werbung mit Preisherabsetzungen nach der Omnibus-Richtlinie vereinbar ist (und damit auch nicht mit den deutschen, diese Richtlinie umsetzenden Vorgaben der Preisangabenverordnung in der seit dem 28.5.2022 geltenden Fassung vereinbar sein dürfte).
Nach dem EuGH ist es gerade nicht ausreichend, den günstigsten Preis der letzten 30 Tage bei der Preisherabsetzung nur anzugeben. Vielmehr müsse sich die beworbene Preisherabsetzung genau auf diesen Preis beziehen.
Wird bei der Preiswerbung mit einem höheren Streichpreis als früherem Verkäuferpreis geworben, dann muss dies also der vom Händler verlangte, günstigste Preis der letzten 30 Tage sein.
Tipp: Diese Vorgaben gelten nur bei der Werbung mit einem höheren, eigenen Preis des Verkäufers als Streichpreis bzw. Referenz, und nicht bei der Werbung mit einer UVP als unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers als Streichpreis / Referenz.
Nun muss sich erneut das LG Düsseldorf mit dem Wettbewerbsstreit beschäftigen und dabei die vom EuGH entschieden Frage berücksichtigen.
Es sieht also in der Sache gar nicht gut aus für Aldi Süd.
Was ist das Learning für den Ecommerce?
Wenngleich hier eine Printwerbung angegriffen wurde: Online gilt nichts anderes.
Online-Händler, die mit Streichpreisen werben möchten und dabei ihren eigenen, früheren Preis (nicht: die UVP) als Referenz angeben, müssen darauf achten, (nur) den günstigsten, von Ihnen in den letzten 30 Tagen für diese Ware geforderten Preis als Streichpreis / Referenz anzugeben.
Wurde in den letzten 30 Tagen wieder ein höherer Preis verlangt, dann darf dieser gerade nicht als Streichpreis / Referenz herangezogen werden, sofern dieser eben nicht der günstigste Preis der letzten 30 Tage ist.
Diese seit dem 28.05.2022 geltende, neue Vorgabe kann jedenfalls nicht dadurch umgangen werden, dass der günstigste Preis der letzten 30 Tage im Zusammenhang mit der Gegenüberstellung eines höheren Preises der letzten 30 Tage als Information genannt wird.
Denn das Augenmerk des Verbrauchers gilt der eigentlichen Preisgegenüberstellung bzw. Angabe der Höhe des angeblichen Rabatts. Wird der niedrigste Preis der letzten 30 Tage dabei nur am Rande als „dritter“ Preis dargestellt, so liegt darin mit einiger Sicherheit ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 PAngV vor.
Verstöße gegen die PAngV sind ohne Weiteres wettbewerbsrechtlich abmahnbar und sollten daher unbedingt vermieden werden.
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