Vodka, Brandy und Co..: Anforderungen an die Namensgebung von Spirituosen nach europäischem Recht
Die Artenvielfalt an Hochprozentigem in Europa wird von keinem anderen Kontinent der Welt übertroffen. Unterschiedlichste landestypische Spirituosen blicken auf jahrhundertelange Destillationsgeschichte zurück und erfreuen sich heute grenzüberschreitender Beliebtheit. Zum Schutze des Traditionsreichtums und zur Prävention irreführender Marktpraktiken unterliegt die Typisierung derartiger Spezialitäten aber den strengen Vorgaben EU-Verordnung Nr. 110/2008, welche die Bezeichnung und Kategorisierung bekannter Alkoholika von der Einhaltung produktspezifischer Mindestanforderungen abhängig macht. Welche Kriterien zu erfüllen sind, damit ein hochprozentiges Erzeugnis eine bestimmte Sortenbezeichnung tragen darf, soll im Folgenden für die gängigsten Spirituosen dargestellt werden.
Inhaltsverzeichnis
- I. Die Typisierung von Spirituosen und Verbotstatbestände nach der Spirituosenverordnung
- II. Spezifische Anforderungen an bestimmte Sorten von Spirituosen
- 1. Rum
- 2. Whisky / Whiskey
- 3.) Getreidespirituose
- 4.) Getreidebrand
- 5.) Branntwein
- 6.) Brandy / Weinbrand
- 7.) Tresterbrand / Trester
- 8.) Brand aus Obsttrester
- 9.) Korinthenbrand / Raisin Brandy
- 10. Obstbrand
- 11.) Brand aus Apfel- und Birnenwein
- 12.) Honigbrand
- 13.) Hefebrand / Brand aus Trub
- 14.) Bierbrand / Eau de vie de bière
- 15.) Topinambur / Brand aus Jerusalem-Artischocke
- 16.) Wodka
- 17.) Aromatisierter Wodka
- 18.) Geist (mit Bezeichnung des verwendeten Ausgangsstoffs)
- 19.) Enzian
- 20.) Spirituose mit Wacholder
- 21.) Gin
- 22.) London Gin
- 23.) Kümmel / Spirituose mit Kümmel
- 24.) Akvavit /Aquivit
- 25.) Spirituosen mit Anis
- 26.) Spirituosen mit bitterem Geschmack / Bitter
- 27.) Likör
- 28. Creme (unter Voranstellung der Bezeichnung des verwendeten Ausgangsstoffs)
- 29.) Crème de Cassis
- 30.) Guignolet
- 31.) Punch au rhum
- 32.) Sloe Gin
- 33.) Sambuca
- 34.) Maraschino / Marrasquino / Maraskino
- 35.) Nocino
- 36.) Eierlikör / Advocaat/ Avocat / Advokat
- 37.) Berenburg / Beerenburg
- 38.) Honig- oder Metnektar
I. Die Typisierung von Spirituosen und Verbotstatbestände nach der Spirituosenverordnung
Die Verordnung Nr. 110/2008 (Spirituosenverordnung) reglementiert die Etikettierung und Kategorisierung bestimmter Alkoholika dergestalt, dass mit einem Typennamen nur versehen werden darf, was die inhaltlichen Mindestanforderungen für die jeweilige Sorte erfüllt.
In Anhang II definiert der Verordnungsgeber zu diesem Zwecke nicht nur verschiedenste Arten von Hochprozentigem, sondern stellt bezüglich der stofflichen Zusammensetzung, der Gewinnung, des erforderlichen Mindestalkoholgehalts und der Zulässigkeit von Verdünnungs- und Aromatisierungsprozessen gleichzeitig Voraussetzungen für die Namensgebung auf.
Angelehnt an diese Typisierungskriterien spricht die Verordnung in Art. 9 Abs. 4 das maßgebliche Verbot aus, mit den spezifischen Bezeichnungen andere Getränke als diejenigen zu versehen, für die sie unter Einhaltung der Anforderungen vorgesehen sind.
Diese Untersagung bezieht sich auf sämtliche Aussagen des Handels und erfasst damit gleichsam Produktkennzeichnungen, Angebote, sämtliche Werbeformen und Begleitpapiere wie Lieferscheine oder Rechnungen. Art. 10 der Spirituosenverordnung erstreckt die Verbotswirkung auf zusammengesetzte Begriffe der Produktaufmachung, die einen reglementierten Spirituosennamen enthalten, sofern der Alkohol des Produkts nicht ausschließlich von der bezeichneten und nach der Verordnung zulässig klassifizierten Spirituose selbst stammt.
Verstöße gegen die Verordnung, insbesondere die Falschbezeichnung von Sorten oder die Benennung trotz unzulänglicher inhaltlicher Standards, können über §3a UWG ins Wettbewerbsrecht projiziert und sowohl bei Händlern als auch bei Herstellern als unlautere geschäftliche Handlungen gewertet werden. Regelmäßig wird bei Typisierungen unter Missachtung der inhaltlichen Anforderungen auch das gesetzliche Irreführungsverbot des §5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG einschlägig sein.
II. Spezifische Anforderungen an bestimmte Sorten von Spirituosen
Im Folgenden sollen nun für die verschiedenen Spirituosenkategorien, welche die europäische Verordnung inhaltlich reglementiert, die spezifischen Voraussetzungen aufgezeigt werden, die für eine begriffliche Zuordnung zu erfüllen sind.
1. Rum
Fehlerbeispiel: abmahnbar ist nach diesen Voraussetzungen beispielsweise der Vertrieb einer als „Mango Rum“ bezeichneten Spirituose mit einem Alkoholgehalt von 21 Volumenprozent, die als „Rum with natural flavours“ (Rum mit natürlichen Aromen) angeboten wird. Weder weist das Produkt den für die Typisierung als „Rum“ erforderlichen Mindestalkoholgehalt auf, noch beachtet es das für die Bezeichnung geltende Aromatisierungsverbot.
2. Whisky / Whiskey
3.) Getreidespirituose
4.) Getreidebrand
Voraussetzungen wie bei Getreidespirituosen, aber zusätzlich Destillation auf weniger als 95 Volumenprozent.
5.) Branntwein
Zusätzliches: Branntwein darf auch nach einer Reifezeit weiterhin als solcher bezeichnet werden, sofern er in Eichholzbehältern mindestens 1 Jahr oder in Eichholzfässern mit einem Fassungsvermögen von unter 1000 Litern mindestens 6 Monate gereift ist.
6.) Brandy / Weinbrand
7.) Tresterbrand / Trester
8.) Brand aus Obsttrester
Wichtig: Die Spirituose muss als „-tresterbrand“ unter Voranstellung der Bezeichnung der verwendeten Frucht betitelt werden. Werden bei der Herstellung Trester unterschiedlicher Obstsorten verarbeitet, so muss die Verkehrsbezeichnung „Obsttresterbrand“ verwendet werden.
9.) Korinthenbrand / Raisin Brandy
10. Obstbrand
Wichtig: Die Spirituose muss als „-brand“ unter Voranstellung der Bezeichnung der verwendeten Obst-, Beeren- oder Gemüsesorte betitelt werden. Werden bei der Herstellung Trester unterschiedlicher Obstsorten verarbeitet, so muss die Verkehrsbezeichnung „Obsttresterbrand“ verwendet werden.
Anstatt des Begriffes „-brand“ darf auch „-wasser“ verwendet werden.
Werden die Maischen zweier oder mehrerer Obst-, Beeren- oder Gemüsearten zusammen destilliert, so muss die Spirituose die Verkehrsbezeichnung „Obstbrand“ bzw. „Gemüsebrand“ tragen. Ergänzend können die einzelnen Obst-, Beeren- oder Gemüsearten aber in absteigender Reihenfolge der verwendeten Mengen angeführt werden.
11.) Brand aus Apfel- und Birnenwein
12.) Honigbrand
Wichtig: Honigbrand darf nur mit Honig gesüßt sein.
13.) Hefebrand / Brand aus Trub
Wichtig: Die Verkehrsbezeichnung „Hefebrand“ oder „Brand aus Trub“ wird durch die Bezeichnung des verwendeten Ausgangsstoffs ergänzt, also z.B. „Weinhefebrand“.
14.) Bierbrand / Eau de vie de bière
15.) Topinambur / Brand aus Jerusalem-Artischocke
16.) Wodka
Wichtig: Wird Wodka nicht aus Kartoffeln oder Getreide hergestellt, ist ein Kennzeichnungszusatz in der Form „hergestellt aus ...“ unter Nennung des / der landwirtschaftlichen Ausgangsstoffs(e) erforderlich.
17.) Aromatisierter Wodka
Voraussetzungen wie bei Wodka, aber die Gewinnung erfolgt durch Süßen / Mischen /Aromatisieren /Reifen / Färben (ggf. kombiniert).
Aromatisierter Wodka kann als Verkehrsbezeichnung die Bezeichnung seines vorherrschenden Aromas in Verbindung mit dem Wort „Wodka“ führen
18.) Geist (mit Bezeichnung des verwendeten Ausgangsstoffs)
19.) Enzian
20.) Spirituose mit Wacholder
Wichtig: Spirituosen mit Wacholder dürfen die Verkehrsbezeichnungen „Wacholder“ oder „Genebra“ führen
21.) Gin
22.) London Gin
Zusätzliches: Die Bezeichnung „London Gin“ kann durch den Begriff „dry“ ergänzt werden.
23.) Kümmel / Spirituose mit Kümmel
24.) Akvavit /Aquivit
25.) Spirituosen mit Anis
26.) Spirituosen mit bitterem Geschmack / Bitter
Zusätzliches: Die Verkehrsbezeichnungen „Amer“ oder „Bitter“ – allein oder in Verbindung mit einem anderen Begriff – können alternativ verwendet werden.
27.) Likör
Zusätzliches:
Folgende zusammengesetzte Begriffe können als Hinweis auf etablierte Herstellungsverfahren verwendet werden:
- prune-brandy
- orange-brandy
- apricot-brandy
- cherry-brandy
- solbaerrom / Blackcurrant Rum
Bei der Etikettierung und Aufmachung der genannten Liköre muss der zusammengesetzte Begriff in einer Zeile in einheitlicher Schrift derselben Schriftart und Farbe gehalten werden, wobei die Bezeichnung „Likör“ unmittelbar daneben erscheinen muss, und zwar in einer Schrift, die nicht kleiner sein darf als die des zusammengesetzten Begriffs.
Stammt der Alkohol nicht von der angegebenen Spirituose, so ist der Ursprung auf dem Etikett im selben Sichtfeld wie der zusammengesetzte Begriff und der Begriff „Likör“ anzugeben, indem entweder die Art des verwendeten landwirtschaftlichen Alkohols genannt wird oder die Angabe „landwirtschaftlichem Alkohol“ jeweils nach den Worten „hergestellt aus“, „gewonnen aus“ oder „aus“ erscheint.
28. Creme (unter Voranstellung der Bezeichnung des verwendeten Ausgangsstoffs)
Voraussetzungen wie für Likör, aber mit einem Mindestgehalt an Zucker von 250g / Liter.
29.) Crème de Cassis
Voraussetzungen wie für Likör, aber mit einem Mindestgehalt an Zucker von 400g / Liter.
30.) Guignolet
Voraussetzungen wie für Likör, aber die Gewinnung erfolgt durch Mazeration von Kirschen in Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs.
31.) Punch au rhum
Voraussetzungen wie für Likör, aber der Alkoholgehalt darf ausschließlich auf den zugesetzten Rum zurückgehen.
32.) Sloe Gin
Voraussetzungen wie für Likör, aber die Gewinnung erfolgt durch Mazeration von Schlehen, gegebenenfalls unter Zusatz von Schlehensaft.
Der Mindestalkoholgehalt beträgt 25 Volumenprozent und zur Aromatisierung dürfen nur natürliche (keine naturidentischen) Aromastoffe und –extrakte im Sinne der Richtlinie 88/388/EWG verwendet werden.
33.) Sambuca
34.) Maraschino / Marrasquino / Maraskino
35.) Nocino
36.) Eierlikör / Advocaat/ Avocat / Advokat
37.) Berenburg / Beerenburg
38.) Honig- oder Metnektar
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