Spionagekameras: In welchen Fällen sind sie verboten?
Sie befinden sich in Rauchmeldern, Uhren und Lampen: Minikameras, die Bild- und Toninformationen speichern oder mittels WLAN-Transmitter direkt auf Laptop oder Smartphone übertragen können. Solche Spionagekameras, die in Alltagsgegenständen versteckt sind, können mittlerweile in zahlreichen Online-Shops für kleines Geld erworben werden. Eine als Wecker getarnte Überwachungskamera gibt es beispielsweise schon ab 60,00 €. Was viele nicht wissen: Spionagekameras sind in Deutschland verboten. Hier schaut die Bundesnetzagentur seit einiger Zeit genauer hin und geht verstärkt gegen Händler und Käufer vor. Die IT-Recht-Kanzlei informiert im heutigen Beitrag über die rechtlichen Hintergründe.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. In welchen Fällen ist eine Spionagekamera verboten?
- a. Sendeanlage
- b. Tarnung als Alltagsgegenstand
- c. Verbot des Besitzes
- d. Verbot des Herstellens
- e. Verbot des Einführens
- f. Verbot des Vertreibens
- 3. Werbung mit Spionagekameras
- 4. Ausnahmen des Verbots
- 5. Vorgehen der Bundesnetzagentur
- 6. Strafrechtliche Folgen eines Verstoßes gegen § 90 TKG
- 7. Fazit
1. Einleitung
Aufgrund des technischen Fortschritts können immer kleinere elektronische Teile gebaut werden. Dadurch wird auch die Herstellung von hochwertigen Kameras mit geringsten Abmessungen möglich. Das Anwendungsgebiet dieser Minikameras ist vielfältig und reicht vom Einsatz zu medizinischen Zwecken bis hin zur Überwachung von Babys und Kleinkindern.
Die geringe Größe der Kameras und ihre unauffällige, nicht an eine Leitung gebundenen Funktionsweise, führen dazu, dass Minikameras auch zum unbemerkten Filmen von Personen missbraucht werden. So finden sich seit einigen Jahren auf immer mehr Verkaufsplattformen Minikameras, die als Alltagsgegenstände getarnt sind.
Die Bundesnetzagentur ist in den letzten Wochen nach eigenen Angaben gegen mehr als 70 Fälle von solchen versteckten Spionagekameras vorgegangen. Auf welcher rechtlichen Grundlage sie handelt und wie sie dabei verfährt, wird im Folgenden erläutert.
2. In welchen Fällen ist eine Spionagekamera verboten?
Rechtsgrundlage für das Verbot solcher leicht zu missbrauchenden Kameras ist § 90 Telekommunikationsgesetz (TKG). Dieser verbietet Sendeanlagen
- zu besitzen,
- zu vertreiben oder
- herzustellen,
die mit Gegenständen des täglichen Gebrauchs verkleidet sind und auf Grund dieser Umstände in besonderer Weise geeignet und dazu bestimmt sind, das Bild eines anderen von diesem unbemerkt aufzunehmen.
§ 90 TKG dient dem Schutz der Privatsphäre und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG). Es schützt zudem das Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung, sprich das Recht, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen.
a. Sendeanlage
Maßgeblich dafür, ob ein Gegenstand nach § 90 TKG verboten ist, ist seine Einordnung als Sendeanlage. Sendeanlagen sind „elektrische Sende- oder Empfangseinrichtungen, zwischen denen die Informationsübertragung ohne Verbindungsleitungen stattfinden kann“. Unter § 90 fallen demzufolge Anlagen, die sowohl senden als auch empfangen, nicht jedoch reine Empfangsgeräte. Eine Überwachungskamera, die Bilder mittels WLAN übermitteln kann, fällt daher unter den Begriff der Sendeanlage.
Spionagekameras, die Bilder lediglich aufzeichnen, jedoch keine Bilder übermitteln, erfüllen das Kriterium der Sendeanlage nicht. Dementsprechend geht die Bundesnetzagentur derzeit auch einzig gegen Überwachungskameras vor, die WLAN-fähig sind.
b. Tarnung als Alltagsgegenstand
Die Sendeanlage muss ihrer Form nach einen anderen Gegenstand vortäuschen oder mit einem Gegenstand des täglichen Gebrauchs verkleidet sein und aufgrund dieser Umstände besonders dazu geeignet und bestimmt sein, das Bild eines anderen unbemerkt aufzunehmen. Minikameras, die sich im Innern von Alltagsgegenständen befinden, wie in Uhren, Powerbanks, Lampen o.ä. fallen daher unter das Verbot. Ungetarnte Anlagen, die lediglich aufgrund ihrer geringen Größe besonders unauffällig in einem Raum versteckt werden können, erfüllen den Tatbestand des § 90 TKG allerdings nicht. Auch Gegenstände, die erkennbar Überwachungszwecken dienen, wie bspw. Babyphones, werden nicht von § 90 TKG erfasst.
c. Verbot des Besitzes
§ 90 TKG verbietet zunächst den Besitz einer solchen WLAN-fähigen und getarnten Spionagekamera. Unter Besitz versteht man „das Innehaben der tatsächlichen Gewalt“. Diese kann bspw. aufgrund eines vorherigen Rechtsgeschäfts, wie eines Kaufs mit anschließender Übereignung, begründet werden. Ein Fund oder ein Diebstahl einer verbotenen Sendeanlage begründen den Besitz jedoch ebenso, wie die willentliche Einräumung des Besitzes durch den Verkäufer. Auch derjenige, der eine Spionagekamera lediglich mietet oder leiht, erfüllt die Voraussetzung des Besitzes.
d. Verbot des Herstellens
§ 90 TKG verbietet zudem das Herstellen solcher Anlagen. Darunter ist die handwerksmäßige oder industrielle Fertigung von u.a. versteckten Minikameras zu verstehen. Vorbereitende Arbeiten, wie bspw. die Fertigung von Modellen, aus denen die spätere Spionagekamera hergestellt werden soll, fallen noch nicht unter die Verbotsnorm. Eine Reparatur einer defekten Überwachungskamera durch einen Techniker kann den Tatbestand ebenfalls erfüllen.
e. Verbot des Einführens
Verboten ist zudem das Einführen, sprich der Import von Spionagekameras aus fremden Wirtschaftsgebieten in die BRD.
f. Verbot des Vertreibens
§ 90 TMG verbietet außerdem das Vertreiben von getarnten Spionagekameras. Darunter fällt jede Form der Veräußerung solcher Anlagen, insbesondere auch das Anbieten solcher Anlagen in Online-Shops und auf sonstigen Verkaufsplattformen wie Amazon, eBay etc. Gegen solche Angebote geht die Bundesnetzagentur zurzeit verstärkt vor.
3. Werbung mit Spionagekameras
§ 90 Abs. 3 TKG verbietet zudem, öffentlich oder in Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, für Sendeanlagen mit dem Hinweis zu werben, dass sie geeignet sind, das Bild eines anderen unbemerkt aufzunehmen. Durch dieses Verbot soll verhindert werden, dass die von den getarnten Spionagekameras ausgehende Gefahr für den Privatbereich des Einzelnen noch weiter erhöht und die Öffentlichkeit beunruhigt wird. Das Verbot richtet sich nicht nur an den Werbenden, bspw. den Verkäufer einer solchen Anlage, sondern auch an die presserechtlich Verantwortlichen.
4. Ausnahmen des Verbots
Nach § 90 Abs. 1 Satz 2 TKG und § 90 Abs. 2 TKG sind Sendeanlagen in bestimmten Fällen trotz der von ihnen ausgehenden Gefahr für die Privatsphäre des Einzelnen erlaubt.
Im Geschäftsverkehr relevant können insbesondere die in § 90 Abs. 1 Satz 2 TKG normierten Ausnahmen von dem Verbot des Besitzes getarnter Überwachungskameras werden. Das Verbot, solche Anlagen zu besitzen, gilt demzufolge bspw. nicht für denjenigen, der eine Spionagekamera lediglich zur gewerbsmäßigen Beförderung oder gewerbsmäßigen Lagerung erlangt (§ 90 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TKG) . Das Verbot greift zudem nicht in Fällen, in denen eine getarnte Überwachungskamera erworben wurde, diese jedoch dauernd unbrauchbar gemacht worden ist. Weitere Voraussetzung des Ausnahmetatbestandes ist jedoch, dass der Erwerb der Bundesnetzagentur unverzüglich unter Angabe bestimmter Informationen (bspw. Personalien, Art der Anlage usw.) schriftlich angezeigt wird (§ 90 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TKG) .
5. Vorgehen der Bundesnetzagentur
Wird die Bundesnetzagentur durch eigene Recherche oder Hinweise auf Angebote solcher getarnten Spionagekameras aufmerksam, kann sie auf Grundlage von § 115 TKG geeignete Maßnahmen treffen, um dem Verstoß gegen § 90 TKG Einhalt zu gebieten.
Nach eigenen Angaben fordert sie dabei zunächst die Plattformbetreiber zur Löschung des Angebotes auf, um den weiteren Verkauf sofort zu unterbinden. Anschließend werden die Verkäufer im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens kontaktiert, damit diese künftig den Vertrieb unterlassen. Zudem werden sie dazu aufgefordert, die Käufer der verbotenen Sendeanlagen zu benennen. Die Bundesnetzagentur verlangt von den Verkäufern und Käufern zudem die Vernichtung der Gegenstände, über die ein Nachweis, etwa in Form einer Bescheinigung einer Abfallwirtschaftsstation, zu erbringen ist. Ausreichend sind nach Angaben der Bundesnetzagentur grundsätzlich auch Fotos, die eindeutig die Zerstörung der zu vernichtenden Kameras zeigen. Hierbei muss jedoch darauf geachtet werden, dass erkennbar ist, dass die Kamera funktionsuntüchtig ist und es sich um die in Rede stehende Kamera handelt.
Weigern sich Händler den Aufforderungen der Bundesnetzagentur freiwillig nachzukommen, können sie durch Verwaltungsakt dazu verpflichtet werden. Diese Verpflichtung kann mit einem Zwangsgeld in Höhe von bis zu 25.000 € durchgesetzt werden.
In diesem Zusammenhang ist die Bundesnetzagentur auch berechtigt, zur Kontrolle Betriebs- und Geschäftsräume zu betreten und zu besichtigen. Darin aufgefundene rechtswidrige Kameras können von ihr beschlagnahmt werden (§ 115 Abs. 1 Satz 3 TKG) .
6. Strafrechtliche Folgen eines Verstoßes gegen § 90 TKG
§ 148 TKG normiert die strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen § 90 TKG. Demzufolge riskiert derjenige, der entgegen § 90 Abs. 1 Satz 1 TKG eine dort genannte Sendeanlage besitzt oder herstellt, vertreibt oder einführt, eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. Wird die Tat fahrlässig begangen, droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe.
Bietet ein Händler in seinem Online-Shop also derartige Geräte an, riskiert er im schlimmsten Fall eine mehrjährige Haftstrafe. Auch der Käufer, der eine getarnte Spionagekamera erwirbt, macht sich in dem Zeitpunkt strafbar, in dem er die Anlage in Besitz nimmt. Stellt der Erwerber zudem ohne Einwilligung des Opfers unbemerkte Bildaufnahmen von diesem an einem von der Öffentlichkeit abgeschirmten Ort her, kann sich ferner eine Strafbarkeit aus § 201a StGB ergeben.
7. Fazit
Der Verkauf von in Alltagsgegenständen versteckten Spionagekameras ist nach § 90 Abs. 1 Satz 1 TKG verboten. Die Bundesnetzagentur geht seit einiger Zeit verstärkt gegen Angebote dieser Art vor. Dabei kann sie den Händler notfalls auch durch Festsetzung eines Verwaltungsakts dazu zwingen, mit ihr zu kooperieren. Uneinsichtige Händler riskieren zudem ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren und eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren.
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© Jürgen Fälchle - Fotolia.com
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6 Kommentare
Es ist ja nicht so schön, wenn man Straftaten Filmen muss, zu dem heimlich.
Aber sollte ein Amt einen unschuldig verfolgen, für etwas das man nicht getan hat, wäre vllt. eine kameraaufnahme besser, als dass man für die angebliche tat verurteilt würde.
Eine sehr schwierige Entscheidung, zu dem sicherlich nicht die kameraaufnahmen in einem gerichtsverfahren gewürdigt bzw zugelassen würden.
Das hieße Komma dass man, sollte man in den Besitz so angefertigter Aufnahmen gelangen, zumindest peinlichst darauf achten müsste, sie niemandem zugänglich zu machen, auch nicht bei einem Einbruch auf dem eigenen PC oder Diebstahl des datenträgers.
LG
gilt Absatz 3. Werbung mit Spionagekameras ("... öffentlich oder in Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, ...") auch, wenn ein Webseitenbetreiber, der selbst aber gar nicht Verkäufer oder Inverkehrbringer ist? Sogenannte Test- und Preisvergleichsseiten sind voll mit solchen Angeboten. Ist auch das reine Testen eines solchen Gerätes sowie das Veröffentlichen solcher Testergebnisse rechtswidrig?
Speziell die Einschätzung der Sachlage in Hinblick auf das kürzlich ausgesprochene Verbot von "Kinder Smartwatches" wäre interessant. Darf ein Webseitenbetreiber B nun nicht einmal mehr eine solche Uhr veröffentlichen (Testergebnis), auch wenn er mit Herstellung, Einfuhr oder Verkauf nichts zu tun hat?
Freundliche Grüße
Boris
solche Gesetze , Angst zu verbreiten. Es kommt der Tag X wenn wir uns nicht mehr alles gafahlen
lassen.