Häufig verhandelte Klauseln in Standard-Softwareverträgen – eine Auswahl. Auf was sollten Anwender achten?!
Die international aufgestellten Softwarehersteller folgen mit ihren Geschäfts- und Lizenzmodellen der Globalisierung der Märkte. Dies hat komplexe, unternehmensinterne Prozesse sowie die weltweite Standardisierung der Vertragsstrukturen und Vertragsinhalte für die Lizenzierung und Überlassung von Standardsoftwareprodukten zur Folge.
Um sich ihre Flexibilität zu erhalten, werden beispielsweise die Kunden und Anwender der Software in einschlägigen Bestimmungen der Softwareverträge durch das Aufrufen von dort genannten Links, sog. URLs, durch „Self-Service“ aufgefordert, sich über die in den Verträgen referenzierten Dokumente, wie Programmdokumentationen und Richtlinien über die Erbringung von Supportleistungen, die Bestandteil der Softwarelizenzverträge sind, selbst kundig zu machen.
Die Softwarehersteller berufen sich dabei auf ihre weltweit anwendbaren, einheitlichen (internen) Unternehmensrichtlinien, sog. Corporate Policies.
Einerseits besteht insoweit bei Verhandlungen oftmals nur eine eingeschränkte Bereitschaft der Softwarehersteller für eine etwaige berechtigte Änderung bzw. Klarstellung der von den Softwareherstellern verwendeten Standardbedingungen- bzw. klauseln, andererseits sind die Softwarehersteller für viele Anwender in der Regel strategische Partner. Daher ist es für die Anwender sehr wichtig, dass sie das Geschäftsmodell, das Lizenzmodell, die Lizenzdefinitionen, die Lizenzmetrik, die Struktur und Inhalte der Softwarelizenzverträge, einschließlich der darin referenzierten Dokumente, aus Gründen ihres wirtschaftlichen Investments, der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit verstehen und sich über die wirtschaftlichen sowie rechtlichen Folgen Klarheit verschaffen.
Bevor Verhandlungen über die Lizenzbedingungen stattfinden, sollte sich der Kunde, insbesondere auch dessen Rechtsvertreter, der an den Verhandlungen teilnimmt, die Zeit nehmen, sich vom Softwarehersteller dessen Geschäftsmodell sowie Lizenzmodell etc. erläutern zu lassen.
Die Erfahrung zeigt, dass die Verhandlungsbereitschaft der Softwarehersteller über deren (Standard) Softwarelizenzverträge grundsätzlich dann „am Größten“ ist, wenn der erste Vertrag („Deal“) mit dem Neu-Anwender zum Abschluss gebracht werden soll, es sich um einen sog. Anschluss-Deal mit einem hohen Investment an Lizenz- und Supportzahlungen durch den Anwender handelt oder der Deal zum Quartals-, besser noch zum Geschäftsjahresende des Softwareherstellers, „unter Dach und Fach“ gebracht werden soll.
I. Häufig verhandelte Klauseln
1. Lizenzmodelle, Lizenzmetrik
Die Lizenzmodelle und die Lizenzmetrik der Softwarehersteller im Allgemeinen und im Besonderen in Bezug auf die Software, deren Rechtseinräumung und Nutzung im Softwarelizenzvertrag vereinbart wird, sind beim Softwarehersteller zu hinterfragen, zu definieren und entsprechend vertraglich abzusichern.
Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Lizenzmodelle und Lizenzmetriken, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, da diese hersteller- und produktabhängig sind. Oft wird zwischen Einzel- und Volumenlizenzen, sog. Named-User-, Concurrend-User- und Processor- bzw. Multi-Core-Prozessor-Lizenzen, unterschieden.
Zu regeln ist, inwieweit die Softwarelizenzen in einer Umgebung genutzt werden sollen, in der die Anwender, die die Software nutzen, gezählt werden können, wie die Mitarbeiter in einem Unternehmen, oder aber in einer Umgebung genutzt werden, in der die Nutzer der Software nicht zählbar sind, wie beispielsweise bei einer Nutzung im Internet.
Die Wahl des richtigen Lizenzmodells und der Lizenzmetrik hat nicht nur Auswirkungen auf die Höhe der Lizenzvergütung und die Nutzungsrechte, sondern schützt auch vor unangenehmen wirtschaftlichen und rechtlichen Überraschungen, wie im Falle einer Lizenzüberprüfung (Audit) durch den Softwarehersteller (siehe auch unten zu Ziffer 6 – Lizenzüberprüfung (Audit)).
2. Einräumung von Nutzungsrechten
Grundsätzlich ist das einfache Recht zur Nutzung der Software räumlich und inhaltlich auf die juristische Person/das Unternehmen beschränkt, das Vertragspartner des Softwarevertrages mit dem Softwarehersteller ist.
Bei Bedarf ist daher in der Anwenderdefinition sicherzustellen, welches Unternehmen darüber hinaus nutzungsberechtigt sein soll, wie neben der Muttergesellschaft oder Konzernobergesellschaft, auch deren Tochter- und Schwestergesellschaft(en). Auch ist vertraglich zu regeln, welche Unternehmen geographisch und/oder inhaltlich welche Nutzungsrechte an der originär lizenzierten Software bei potentiellen Unternehmenskäufen (bspw. Asset- oder Share-Deal) sowie bei Verschmelzungen, Abspaltungen und bei Outsourcing von Unternehmensteilen eingeräumt werden (können).
Im Einzelfall ist daran zu denken, ob, um dem Geschäftsmodell oder Geschäftszweck des Lizenznehmers Rechnung tragen zu können, auch den Geschäftspartnern oder Auftragnehmern des Anwenders der Zugriff auf die von ihm lizenzierte Software/die Applikation eingeräumt werden muss. In diesem Fall ist vertraglich sicherzustellen, dass diese Geschäftspartner oder Auftragnehmer die notwendigen Nutzungs- und Zugriffsrechte an bzw. auf der/die Software erhalten.
3. Übertragung/Abtretung von Nutzungsrechten
3.1. Die Softwarehersteller schließen in ihren Software-Standardverträgen eine (Weiter-) Übertragung der dem Vertragspartner in dem Softwarelizenzvertrag eingeräumten Nutzungsrechte in der Regel aus.
Grundsätzlich kann ein Nutzungsrecht gemäß § 34 Abs. 1 UrhG nur mit Zustimmung des Urhebers übertragen werden. Der Urheber darf die Zustimmung nicht wider Treu und Glauben verweigern.
Insoweit ist bei Standardbestimmungen, insbesondere in den Fällen, in denen die Software dem Lizenznehmer auf Dauer überlassen wird und die die Weiterübertragung der Nutzungsrechte nicht gestatten, zu prüfen, ob diese Weiterübertragung dinglich nach dem Urheberrechtsgesetz untersagt werden kann und/oder diese Standardbestimmungen AGB-konform sind (§§ 305 ff BGB) .
3.2. In diesem Zusammenhang bleibt auch die Entscheidung des EuGH auf den Vorlagebeschluss des BGH vom 03. Februar 2011 (AZ:I ZR 129/08) zur Zulässigkeit des Vertriebs „gebrauchter“ Softwarelizenzen abzuwarten (Vorinstanzen: LG München I, Urteil vom 15.03.2007 – 7 O 7061/06; OLG München, Urteil vom 03.07.2008 – 6 U 2759/07).
Gegenstand des Verfahrens ist, „…dass die Klägerin, die Software entwickelt, die Software ganz überwiegend in der Weise vertreibt, dass die Kunden keinen Datenträger erhalten, sondern die Software von der Internetseite der Klägerin auf ihren Computer herunterladen. In den Lizenzverträgen der Klägerin ist bestimmt, dass das Nutzungsrecht, das die Klägerin ihren Kunden an den Computerprogrammen einräumt, nicht abtretbar ist.
Die Beklagte handelt mit "gebrauchten" Softwarelizenzen….Dabei verweist die Beklagte auf ein Notartestat, in dem auf eine Bestätigung des ursprünglichen Lizenznehmers der Klägerin verwiesen wird, wonach er rechtmäßiger Inhaber der Lizenzen gewesen sei, diese nicht mehr benutze und den Kaufpreis vollständig bezahlt habe. Kunden der Beklagten laden nach dem Erwerb einer "gebrauchten" Lizenz die entsprechende Software von der Internetseite der Klägerin auf einen Datenträger herunter.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte verletze dadurch, dass sie die Erwerber "gebrauchter" Lizenzen dazu veranlasse, die entsprechenden Computerprogramme zu vervielfältigen, das Urheberrecht an diesen Programmen. Sie hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Landgericht und Berufungsgericht haben der Klage stattgegeben. Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union einige Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2009/24/EG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Die Kunden der Beklagten greifen durch das Herunterladen der Computerprogramme - so der BGH - in das nach § 69c Nr. 1 UrhG ausschließlich dem Rechtsinhaber zustehende Recht zur Vervielfältigung der Computerprogramme ein. Da die Beklagte ihre Kunden durch das Angebot "gebrauchter" Lizenzen zu diesem Eingriff veranlasst, kann sie auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, falls ihre Kunden nicht zur Vervielfältigung der Programme berechtigt sind. Die Kunden der Beklagten können sich nach Auffassung des BGH allerdings möglicherweise auf die Regelung des § 69d Abs. 1 UrhG berufen, die Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG ins deutsche Recht umsetzt und daher richtlinienkonform auszulegen ist. Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG bedarf die Vervielfältigung eines Computerprogramms - solange nichts anderes vereinbart ist - nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig ist. Es stellt sich daher die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen derjenige, der eine "gebrauchte" Softwarelizenz erworben hat, als "rechtmäßiger Erwerber" des entsprechenden Computerprogramms anzusehen ist. In diesem Zusammenhang kann sich auch die weitere Frage stellen, ob sich das Verbreitungsrecht des Rechtsinhabers erschöpft, wenn ein Computerprogramm mit seiner Zustimmung im Wege der Online-Übermittlung in Verkehr gebracht worden ist.“ (Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle, Nr. 21/2011, Bundesgerichtshof legt EuGH Fragen zur Zulässigkeit des Vertriebs „gebrauchter“ Softwarelizenzen vor).
Bei dieser Ausgangslage empfiehlt es sich, einer Bestimmung in Lizenzverträgen, die die Übertragung des Nutzungsrechts bzw. die Abtretung des Nutzungsrechtes standardmäßig ausschließt, besondere Beachtung zu schenken.
4. Gewährleistung, Sachmängelhaftung
Bei der Überlassung von Standardsoftware auf Dauer ist anerkannt, dass die Bestimmungen des Kaufrechts (§§ 433 ff BGB) , bei der Überlassung auf Zeit die Bestimmungen des Mietrechts (§§ 535 ff BGB) einschlägig sind.
Da für die Überlassung von Standardsoftware auf Dauer mithin die Gewährleistungsregelungen des Kaufrechts (§§ 434 ff BGB) , für die Überlassung von Standardsoftware auf Zeit hingegen die Regelungen des Mietrechts (§§ 536 ff BGB) zur Anwendung kommen, ist die einschlägige vertragstypologische Einordnung des Standardsoftwarevertrages, insbesondere die jeweiligen unterschiedlichen Rechtsfolgen, zu prüfen und ggf. darüber zu verhandeln.
Die Praxis zeigt, dass mitunter die Softwarehersteller in den einschlägigen Bestimmungen der Standardlizenzverträge zum Teil diese Unterscheidung nach Kauf- oder Mietrecht nicht vornehmen.
5. Referenzierung von Unternehmensrichtlinien und sonstigen Regelungen
Einzelne Bestimmungen in den Softwareverträgen der Softwarehersteller referenzieren, wie oben ausgeführt, über sog. Links (URLs) interne Unternehmensrichtlinien (sog. Policies), beispielsweise in den Supportbestimmungen, oder Dokumente, wie Programmdokumentationen und Gewährleistungsregelungen, die, vergleichbar beigefügten Anlagen zu einem Softwarevertrag, Bestandteil des Softwarevertrages sind oder werden sollen.
In diesen Bestimmungen wird teilweise geregelt, dass diese, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (aktuell) geltenden und referenzierten Unternehmensrichtlinien bzw. Dokumente, durch den Softwarehersteller nach Vertragsabschluss (jederzeit) einseitig geändert werden können.
In der Regel ist der Softwarehersteller nicht bereit, weder auf diese Referenzierungen in den Verträgen zu verzichten noch den Anwender bei anstehenden oder erfolgten Änderungen darüber zu informieren; diese Kontrolle wird einzig und allein dem Anwender überlassen.
Es ist dringend zu empfehlen, dass der Anwender vor Vertragsabschluss diese Richtlinien und Dokumente prüft und ggf. in die Verhandlungen einbezieht sowie zumindest die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültige (verhandelte) Version dem Vertrag in ausgedruckter Form beigefügt wird.
Diese Richtlinien enthalten mitunter nicht nur fachlich technische Inhalte, sondern teilweise auch rechtliche Bestimmungen, die die Bestimmungen des Softwarevertrages ergänzen können oder gar in Widerspruch zu den Bestimmungen des Softwarevertrages stehen können. Auch können diese Richtlinien und Dokumente Regelungen enthalten, dies sich beispielsweise bei Anpassung der Supportleistungen oder Produktänderungen finanziell zu Lasten des Anwenders auswirken können.
Anzuraten ist daher, abhängig vom jeweiligen Einzelfall, aus Sicht des Anwenders eine (Rechtsfolge-) Regelung für den Fall zu vereinbaren, wenn die in dem Softwarevertrag referenzierten Richtlinien etc. durch den Softwarehersteller einseitig zu Lasten des Anwenders geändert werden.
6. Lizenzüberprüfung (Audit)
Da grundsätzlich allgemein anerkannt ist, dass die Softwarehersteller ein berechtigtes Interesse daran haben, den Nutzungsumfang und die Nutzungsintensität der bei dem Anwender eingesetzten Softwarelizenzen zu überprüfen, und auch darauf bestehen werden, dass Bestimmungen zur Lizenzüberprüfung (Audit) Bestandteil eines Softwarelizenzvertrages sind, sollte der Anwender Verhandlungen über Softwarelizenzverträge dazu nutzen, den Regelungsinhalt der Auditklausel so zu verhandeln, dass seine wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen Berücksichtigung finden.
Um bei einer Lizenzüberprüfung kein rechtliches (Urheberrechtsverletzung gemäß § 69 a UrhG) und wirtschaftliches (Nachbudgetierung und Nachzahlung von Lizenzgebühren wegen Unterlizensierung, Vermeidung unnötiger Kosten bei Überlizensierung) Fiasko erleben zu müssen, ist zwingend Voraussetzung, dass in den Anwenderunternehmen ein funktionierendes Lizenzmanagement existiert.
II. Serie zum Thema "Lizenzüberprüfung (Software-Audit)
Zu Einzelheiten der Lizenzüberprüfung und zum Lizenzmanagement siehe die Serie von Rechtsanwalt Matthias Petzold, veröffentlicht auf der Homepage der IT-Recht Kanzlei München zu dem Thema „Lizenzüberprüfung (Software-Audit) – Achtung, die Auditoren kommen!“.
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