Ähnliche Service-Rufnummern – ein Abfangen von Kunden?
Die Verwendung einer Service-Rufnummer kann eine gezielte Wettbewerbsbehinderung nach § 4 Nr. 10 UWG darstellen, wenn die verwendete Nummer derjenigen eines Mitbewerbers gleicht oder aber kein klarstellender Hinweis vorhanden ist, der mögliche Fehlvorstellungen des Anrufers über die Person des Anbieters ausräumt
In seinem Urteil vom 11.09.2008 (Az.: 6 U 197/07) hatte das OLG Frankfurt über die Zulässigkeit der Verwendung einer Service-Rufnummer zu entscheiden. Diese wurde von der Beklagten eingerichtet und glich bis auf eine Ziffer der Nummer der Klägerin, wobei die Beklagte mögliche Fehlvorstellungen der Anrufer, mit der Klägerin verbunden zu sein, nicht durch einen klarstellenden Ansagentext beseitigte. Ferner waren beide Parteien im Telekommunikationsgeschäft tätig und verwendeten die jeweiligen Service-Rufnummern im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs.
In seinem Urteil stimmte das OLG der Klägerin zu und stufte das Verhalten der Beklagten als gezielte Behinderung des Wettbewerbs in der Fallgruppe des „Abfangens von Kunden“ i.S.v. § 4 Nr. 10 UWG ein. Nach Ansicht des OLG liegt eine solche Behinderung vor, wenn die (potentiellen) Kunden durch unsachliche Beeinflussung am möglichen Erwerb einer Leistung des Mitbewerbers gehindert werden. Entscheidend sei insbesondere, ob sich der Werbende zwischen den potentiellen Kunden und den Mitbewerber schiebt. Es sei daher nicht nur irreführend, sondern sogar unlauter, einem Kunden vorzuspiegeln, man sei der von ihm gewünschte Geschäftspartner. Dies gelte umso mehr, wenn die durch eine ähnliche Service-Rufnummer hervorgerufene Fehlvorstellung hinsichtlich der Person des Anbieters nicht durch einen entsprechenden Ansagentext nach Verbindungsherstellung beseitigt werde. Da das Abwerben von Kunden zum Wettbewerb dazugehöre, sind – nach Ansicht des OLG – jedoch immer die Gesamtumstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.
Nach Ansicht des OLG besteht im konkreten Fall zudem die Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs zum Nachteil der Klägerin im Sinne von § 3 UWG. Denn es sei zu befürchten, dass Kunden, die sich eigentlich an die Klägerin wenden wollten, an die Beklagte weitergeleitet werden und die Klägerin daher (potentielle) Kunden verliert.
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass durch das Verhalten der beklagten Anbieterin auch Interessen der Anrufer betroffen sind. Soweit es sich bei den Anrufern um Verbraucher im Sinne des § 2 Abs. 2 UWG handele, gelte nach Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, dass eine Beeinträchtigung von Verbraucherinteressen schon dann vorliegt, wenn eine Geschäftspraktik dazu geeignet ist, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers stark zu beeinflussen. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn auf die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers eingewirkt wird, um diesen zu einer Entscheidung zu bewegen, die er ansonsten nicht getroffen hätte.
Fazit
Die Verwendung ähnlich lautender Service-Rufnummern im Geschäftsverkehr kann gem. § 4 Nr. 10 UWG zu einem Abfangen von Kunden führen und damit eine gezielte Behinderung des Wettbewerbs darstellen. Dies kann durch einen klaren Hinweis in Form eines Ansagentextes vermieden werden, der den Anrufer über die Person des Anbieters aufklärt.
Hinweis: Der vorliegende Beitrag wurde unter Mitwirkung unseres wissenschaftlichen Mitarbeiters, Herrn Tobias Kuntze, erstellt.
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