Rechtliche Fallstricke beim Anbieten von (Online-)Seminaren und (Online-)Schulungen und wie diese zu vermeiden sind

Rechtliche Fallstricke beim Anbieten von (Online-)Seminaren und (Online-)Schulungen und wie diese zu vermeiden sind
von Dr. Bea Brünen
07.04.2016 | Lesezeit: 8 min

Weiterbildung liegt im Trend. Das Angebot von Schulungen, Fortbildungen und Lehrgängen ist scheinbar endlos. Um im digitalen Zeitalter konkurrenzfähig zu bleiben, nutzen immer mehr Anbieter von Weiterbildungsveranstaltungen eine eigene Webseite, um für ihr Angebot zu werben und sich dadurch von anderen Anbietern abzugrenzen. Die IT-Recht-Kanzlei klärt im folgenden Beitrag darüber auf, welche rechtlichen Besonderheiten Veranstalter dabei zu beachten haben.

1. Allgemeines

Wer über seine Homepage oder über andere Medien (z. B. Printmedien) die Veranstaltung von Schulungen und Seminaren anbietet, muss hierbei einige rechtliche Besonderheiten beachten. Je nachdem, wie in solchen Fällen der Vertrag mit dem Teilnehmer zustande kommt und wie die jeweiligen Lerninhalte vermittelt werden (online oder im Rahmen von Präsenzveranstaltungen) können besondere fernabsatzrechtliche Regelungen, aber auch die Regelungen des Fernunterrichtsschutzgesetzes (FernUSG) zur Anwendung kommen.

2. Fernunterrichtsvertrag

Das FernUSG schreibt die Spielregeln von Fernunterricht vor. Es ist dementsprechend auf sogenannte Fernunterrichtsverträge anwendbar. Ein Fernunterrichtsvertrag kennzeichnet sich dadurch, dass

  • gegen Entgelt Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden,
  • Lernender und Lehrender dabei ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und
  • der Lehrende bzw. sein Beauftragter den Lernerfolg überwacht (§ 1 FernUSG Abs. 1).

Die Vermittlung eines Fernunterrichtsvertrags geschieht oft im Vermarktungsweg des Fernabsatzes; notwendig ist das aber nicht.

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3. Fernunterrichtsvertrag: Rechte und Pflichten von Veranstalter und Teilnehmer

Welche Pflichten den Veranstalter von Fernunterricht treffen, regelt das FernUSG in seinem § 2 Abs. 1 FernUSG. Danach verpflichtet sich dieser, das Fernlehrmaterial einschließlich der vorgesehenen Arbeitsmittel in den vereinbarten Zeitabständen zu liefern, den Lernerfolg zu überwachen, insbesondere die eingesandten Arbeiten innerhalb angemessener Zeit sorgfältig zu korrigieren, und dem Teilnehmer am Fernunterricht diejenigen Anleitungen zu geben, die er erkennbar benötigt.

Der Veranstalter von Fernunterricht benötigt zudem grundsätzlich eine Genehmigung der „Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) aus Köln. Hat der Veranstalter diese Erlaubnis nicht, ist der Fernunterrichtsvertrag nichtig (§ 7 Abs. 1 Fern-USG).

Im Gegenzug ist der Teilnehmer verpflichtet, den Fernlehrgang in Raten zu bezahlen, die mindestens alle drei Monate zu entrichten sind (§ 2 Abs. 2 FernUSG).

4. Widerrufsrecht beim Fernunterrichtsvertrag

Dem Teilnehmer von Fernunterricht steht nach §§ 4 FernUSG, 355 BGB ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu. Das 14-tägige Widerrufsrecht gilt unabhängig davon, ob die Vertragspartei Verbraucher ist oder nicht. Es kommt daher auch zur Anwendung, wenn es sich bei dem Teilnehmer z.B. um einen Rechtsanwalt handelt, der sich Buchführungskenntnisse aneignen will.

Die Widerrufsfrist beginnt erst

  • nach ordnungsgemäßer Erteilung der Widerrufsbelehrung,
  • nach dem Erhalt des ersten Lehrmaterials.

Zur Wahrung der Frist durch den Teilnehmer am Fernunterricht genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Eine Begründung ist nicht erforderlich.

5. Kündigungsrecht beim Fernunterrichtsvertrag

Selbstverständlich kann der Teilnehmer seinen Vertrag auch kündigen. Der Teilnehmer muss dabei keine Gründe für seine Kündigung angeben. Er muss sich jedoch an folgende Kündigungsfristen halten (§ 5 FernUSG):

  • Erstmals ist eine Kündigung zum Ablauf des ersten Halbjahres nach Vertragsschluss mit einer Frist von sechs Wochen möglich.
  • Nach Ablauf des ersten Halbjahres kann jederzeit mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

6. Vertragsgestaltung beim Fernunterrichtsvertrags

Liegt ein Fernunterrichtsvertrag vor, muss der Veranstalter besondere rechtliche Anforderungen erfüllen. So ist der Fernunterrichtsvertrag bspw. schriftlich abzuschließen (§ 3 Abs. 1 FernUSG). Daneben treffen den Veranstalter nach § 3 Abs. 2 und 3 FernUSG zahlreiche Informationspflichten. Beim Fernunterrichtsvertrag sind zwingend

  • Namen und Adressen beider Vertragsparteien und
  • die wesentlichen Eigenschaften des Fernlehrgangs im Vertrag zu nennen.

Gemäß § 3 Abs. 3 FernUSG gehören zu den wesentlichen Eigenschaften zwingend Inhalt, Ziel, Beginn und die voraussichtliche Dauer der Schulung. Aus dem Fernunterrichtsvertrag muss sich zudem ergeben, welcher Abschluss mit dem Fernlehrgang angestrebt wird. Der Lernende muss insbesondere wissen, ob er sich auf eine öffentlich-rechtliche oder eine sonstige Prüfung vorbereitet. Außerdem müssen die Zeitabstände für die Lieferung des Lehrmaterials vertraglich vereinbart werden.

Der Fernunterrichtsvertrag muss zudem die einzelnen Bestandteile der Gesamtkosten, die Höhe, die Anzahl und das Datum der für den Fernlehrgang zu entrichtenden Ratenzahlungen beinhalten (vgl. Art. 246a § 1 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB)).

Neben dieser langen Liste an Informationspflichten nennt das FernUSG in seinem § 2 Abs. 5 außerdem Verbote bezüglich des Fernunterrichtsvertrags. Danach sind folgende Vereinbarungen zulasten des Kunden unwirksam:

  • Vertragsstrafen
  • pauschalierte Schadensersatzvereinbarungen
  • Ausschluss oder Beschränkung von Schadensersatzansprüchen
  • Verzicht des Teilnehmers auf das Recht, im Falle der Abtretung, Einwendungen dem neuen Gläubiger entgegenzusetzen.

Besonderes Augenmerk sollte der Veranstalter zudem auf eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Widerrufsbelehrung legen. Denn wurde dem Teilnehmer keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt, erlischt das Widerrufsrecht des Teilnehmers gemäß § 356 Abs. 3 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erst zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss. Beträgt die Dauer des Fernlehrgangs weniger als zwölf Monate und 14 Tage, erlischt das Widerrufsrecht mit Ende des Lehrgangs (§ 356 Abs. 4 Satz 1 BGB) .

Eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung enthält unter anderem die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts.

7. Fernabsatzvertrag

Liegt kein Fernunterrichtsvertrag im Sinne des FernUSG vor, muss der Veranstalter die besonderen fernabsatzrechtlichen Regelungen beachten, wenn der Vertrag mit einem Verbraucher im Fernabsatz geschlossen wird.

Fernabsatzverträge sind Verträge, bei denen der Veranstalter oder eine in seinem Namen oder Auftrag handelnde Person und der Kunde für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt (§ 312c Abs. 1 BGB) .

Fernkommunikationsmittel sind alle Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags eingesetzt werden können, ohne dass die Vertragsparteien gleichzeitig körperlich anwesend sind, wie Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails, über den Mobilfunkdienst versendete Nachrichten (SMS) sowie Rundfunk und Telemedien (§ 312c Abs. 2 BGB) .

8. Fernabsatzvertrag: Widerrufsrecht

Schließt ein Verbraucher einen Vertrag über die Erbringung einer Weiterbildungsleistung im Fernabsatz steht ihm grundsätzlich ein gesetzliches Widerrufsrecht zu. Unternehmer kommen, anders als beim Fernunterrichtsvertrag, nicht in den Genuss eines Widerrufsrechts.

Die Widerrufsfrist für Verbraucher beträgt 14 Tage ab dem Tag des Vertragsabschlusses.

Zur Wahrung der Frist durch den Teilnehmer genügt auch hier die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Eine Begründung ist ebenfalls nicht erforderlich.

In bestimmten Fällen steht dem Verbraucher jedoch kein Widerrufsrecht zu. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach dem Inhalt der jeweiligen Lehrveranstaltung. So sieht das Gesetz etwa für Verträge zur Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen einen Ausschluss vom Widerrufsrecht vor, wenn der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht. Hierunter fallen auch solche Kursinhalte, die ausschließlich der Freizeitgestaltung des Teilnehmers dienen.

Zudem erlischt das Widerrufsrecht in solchen Fällen, in denen dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zusteht, vorzeitig, wenn die Dienstleistung vollständig erbracht wurde und mit der Ausführung der Dienstleistung erst begonnen wurde, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Veranstalter verliert.

9. Vertragsgestaltung beim Fernabsatzvertrag

Kommt der Vertrag zwischen Veranstalter und Teilnehmer im Fernabsatz zustande, treffen den Veranstalter eine Reihe von Informationspflichten. Ähnlich wie beim Fernunterrichtsvertrag sind zwingend

  • Namen und Adressen beider Vertragsparteien
  • und die wesentlichen Eigenschaften der Weiterbildungsveranstaltung (bspw. Dauer, Inhalt usw.) zu nennen.

Anders als im FernUSG enthält das BGB keine Angaben dazu, welche wesentlichen Eigenschaften dabei zwingend im Vertrag zu nennen sind. Wie beim Fernunterrichtsvertrag muss der Vertrag allerdings die einzelnen Bestandteile der Gesamtkosten, die Höhe, die Anzahl und das Datum der zu entrichtenden Ratenzahlungen beinhalten. Zudem können im Vertrag eine Mindestlaufzeit und Kündigungsbedingungen vereinbart werden (vgl. Art. 246a § 1 EGBGB) .

Auch im Fernabsatz sollte der Veranstalter Wert auf eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Widerrufsbelehrung legen, da auch hier das Widerrufsrecht des Teilnehmers gemäß § 356 Abs. 3 Satz 2 BGB sonst erst zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss erlischt. Beträgt die Dauer der Schulung oder der Fortbildung weniger als zwölf Monate und 14 Tage, erlischt das Widerrufsrecht mit Ende der Schulung bzw. Fortbildung (§ 356 Abs. 4 Satz 1 BGB) .

10. Zusätzliche regelungsbedürftige Punkte beim Fernunterrichtsvertrag und beim Fernabsatzvertrag

Unabhängig von den genannten rechtlichen Besonderheiten beim Fernunterrichts- bzw. beim Fernabsatzvertrag gibt es bei der Veranstaltung von (Online-)Schulungen und (Online-)Seminaren natürlich auch weitere Punkte, über die man zur Vermeidung späterer Streitigkeiten sinnvollerweise eine Regelung treffen sollte.

Dazu gehören unter anderem Regelungen darüber, wer zur Teilnahme an der Veranstaltung berechtigt sein soll. So kann bspw. ein Arbeitgeber Interesse daran haben, beim Veranstalter eine Fortbildung für einen seiner Arbeitnehmer zu buchen. In diesem Fall sollte vertraglich geregelt werden, dass nicht die Vertragspartei selbst, sondern ein Dritter (nämlich der Arbeitnehmer) zur Teilnahme an der Veranstaltung berechtigt ist.

Zur Vermeidung von Streitigkeiten sollte zudem vertraglich vereinbart werden, was im Falle der Änderung von Zeit, Ort, Kursleiter und/oder Inhalt der Veranstaltung oder im Falle des Ausfalls der Veranstaltung geschieht. Sinnvoll sind auch Regelungen zum überlassenen Lehrmaterial. So sollte unter anderem vereinbart werden, welche Nutzungsrechte der Lernende an dem überlassenen Lehrmaterial hat und in welcher Form ihm dieses überlassen wird.

Die IT-Recht Kanzlei bietet ab sofort professionelle AGB (inkl. Datenschutzerklärung und Widerrufsbelehrung) für die Veranstaltung von Kursen/Seminaren an.

11. Fazit

Veranstalter von (Online-)Seminaren und (Online-)Schulungen, die ihre Kurse über eine Homepage oder über andere Medien anbieten, sind einer langen Liste von Informationspflichten ausgesetzt. Dabei ist insbesondere auf die rechtssichere Gestaltung der Widerrufsbelehrung zu achten. Um Streitigkeiten zu vermeiden, sollten die AGB des Anbieters zudem weitere Regelungen, unter anderem zum überlassenen Lehrmaterial, beinhalten.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle:
© Trueffelpix - Fotolia.com

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1 Kommentar

P
Peter Gesswagner 13.04.2016, 08:29 Uhr
Einordnung von Webinaren (Abhaltung und Werbung)
Mit großem Interesse hab ich Ihren Artikel gelesen. Wie sieht das rechtlich bei der Werbung bzw. beim Abhalten von unentgeltlichen Webinaren aus.
Wenn Werbung von Webinaren - z.B. im Rahmen einer Affiliateaktion erfolgt - greifen dann Ihre Darstellungen? Der Ablauf wäre wie folgt: Ein Kunde meldet sich auf Grund einer Bannerwerbung oder einer Mail hin über das Double-OptIn-Verfahren bei einem von mir erstellten Webinar an. Dieses Webinar ist kostenlos und stellt eine Werbung für ein Produkt meines Affiliate-Partners dar. Am Ende des Webinars gelangt der Kunde auf die Seite meines Affiliate-Partners und kann dort dessen Produkt (z.B. ein Webinar, ein E-Book etc.) käuflich erwerben. Trifft somit für die Abhaltung meines kostenlosen "Werbungs-Webinars" die von Ihnen zitierten Gesetzesstellen zu? Benötige ich hierzu ein Impressum, eine Datenschutzerklärung und eine Wiederrufsbelehrung? Vielen Dank

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