Musterschreiben: für Rücktritt bei Selbstbelieferungsvorbehalt
Mitunter geraten Online-Händler in Schwierigkeiten, wenn ihre Lieferanten sie plötzlich im Stich lassen und eine pünktliche Lieferung an Kunden unmöglich machen. In solchen Fällen kann es für Händler hilfreich sein, sich gegenüber dem Kunden auf einen wirksamen Selbstbelieferungsvorbehalt zu berufen, um von der Lieferpflicht entbunden zu werden.
Vertragliche Möglichkeit der Lösung vom Vertrag
Der so genannte Selbstbelieferungsvorbehalt setzt eine vertragliche Vereinbarung zwischen Händler und Käufer voraus, nach der sich der Händler unter bestimmten Voraussetzungen durch Rücktritt vom bereits geschlossenen Kaufvertrag lösen darf.
Üblicherweise wird eine solche Vereinbarung in den AGB des Händlers geregelt.
Insoweit ist zunächst die Regelung des § 308 Nr. 3 BGB zu beachten. Danach ist die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen, unwirksam.
Allerdings ergibt sich aus § 308 Nr. 8 BGB, dass ein solcher Rücktrittsvorbehalt bei Nichtverfügbarkeit der Leistung ausnahmsweise doch zulässig ist, wenn sich der Verwender verpflichtet, den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten.
Die vorgenannten Voraussetzungen alleine reichen indes noch nicht für die wirksame Vereinbarung eines Selbstbelieferungsvorbehalts.
So hat der BGH hierzu klargestellt, dass ein solches Lösungsrecht im nichtkaufmännischen Verkehr nur zulässig ist, wenn der Händler ein konkretes Deckungsgeschäft abgeschlossen hat und von seinem Lieferanten im Stich gelassen wird, wobei Verkaufs- und Einkaufsvertrag kongruent, also deckungsgleich sein müssen. Hieraus ergibt sich zudem, dass der Händler die verspätete, mangelhafte oder unterbliebene Lieferung selbst nicht verschuldet haben darf.
Ein wirksamer Selbstbelieferungsvorbehalt in AGB muss demnach folgende Punkte berücksichtigen:
Der Händler
- wird selbst nicht richtig oder nicht ordnungsgemäß beliefert;
- hat die Nichtlieferung nicht zu vertreten;
- hat ein konkretes Deckungsgeschäft mit dem Zulieferer abgeschlossen;
- verpflichtet sich, den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten.
Im Rahmen unserer Schutzpakete für Online-Händler stellen wir unseren Mandanten u. a. AGB bereit, welche einen wirksamen Selbstbelieferungsvorbehalt enthalten.
Rechtsfolgen bei wirksamer Vereinbarung eines Selbstbelieferungsvorbehalts
Wurde ein Selbstbelieferungsvorbehalt wirksam vereinbart und liegen die vorgenannten Voraussetzungen vor, so kann der Händler mittels einer entsprechenden Erklärung gegenüber dem Käufer (s.u. das Muster) vom bereits geschlossenen Kaufvertrag zurücktreten.
Durch den Rücktritt erlischt dann die Pflicht zur Lieferung des Händlers ebenso wie die Pflicht des Käufers zur Zahlung des Kaufpreises. Hat der Käufer den Kaufpreis bereits gezahlt, kann er diesen ggf. inklusive bereits gezahlter Versandkosten vom Händler zurückfordern. Darüber hinaus hat der Käufer aber keine Zahlungsansprüche gegen den Händler. Insbesondere verschuldensabhängige Schadensersatzansprüche kommen nicht in Betracht.
Lösungsmöglichkeit bei fehlendem Selbstbelieferungsvorbehalt
Hat der Händler keinen Selbstbelieferungsvorbehalt vereinbart, so bleiben ihm immer noch die gesetzlichen Möglichkeiten, sich von einem bereits geschlossenen Vertrag zu lösen. Insoweit kommt insbesondere ein Ausschluss der Leistungspflicht wegen Unmöglichkeit der Lieferung in Betracht.
Der Anspruch auf Leistung ist gemäß § 275 I BGB ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.
Der Schuldner kann die Leistung gemäß § 275 II BGB verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.
Diese Regelungen sollen den Schuldner vor der Inanspruchnahme auf eine unmögliche Leistung schützen. Der Schuldner soll also von seiner Leistungspflicht befreit werden, wenn die Erbringung der von ihm geschuldeten Leistung unmöglich ist. Das Gesetz kennt verschiedene Arten der Unmöglichkeit und knöpft unterschiedliche Rechtsfolgen hieran, je nachdem, ob der Schuldner die Unmöglichkeit zu vertreten hat oder nicht.
Wird der Händler von seinem Lieferanten im Stich gelassen, könnte für den Händler subjektive Unmöglichkeit in Betracht kommen. Diese liegt vor, wenn der Schuldner zur Leistung außerstande ist. Dies ist nur der Fall, wenn der Schuldner auch zur Beschaffung oder Wiederbeschaffung und zwar auch unter Mithilfe Dritter, nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand in der Lage ist. Könnte der Händler die geschuldete Ware also mit verhältnismäßigem Aufwand noch von anderen Quellen beziehen, läge keine Unmöglichkeit vor und er würde nicht von seiner Leistungspflicht befreit.
Rechtsfolgen bei subjektiver Unmöglichkeit
Liegen die vorgenannten Voraussetzungen der subjektiven Unmöglichkeit vor, wird der Händler gemäß § 275 I BGB bzw. § 275 II BGB (Einrede erforderlich) frei von seiner Lieferpflicht. Der Käufer kann seinen Lieferanspruch also nicht mehr gegen den Händler durchsetzen. Zugleich verliert der Händler nach § 326 BGB seinen Anspruch auf die Zahlung des Kaufpreises. Hat der Käufer den Kaufpreis bereits gezahlt, muss der Händler diesen erstatten.
Eine Schadensersatzpflicht des Händlers kommt im Falle der Unmöglichkeit der Lieferung nur dann in Betracht, wenn der Händler die Unmöglichkeit, also das Leistungshindernis, zu vertreten hat, ihn insoweit also ein Verschulden trifft. Handelt es sich um ein anfängliches Leistungshindernis, welches bereits bei Vertragsschluss vorlag, beurteilt sich der Schadensersatz nach § 311a II BGB. Handelt es sich um ein nachträgliches Leistungshindernis, welches erst nach Vertragsschluss eingetreten ist, beurteilt sich der Schadensersatz nach § 283 BGB.
Im Hinblick auf das erforderliche Verschulden kommt es darauf an, ob der Händler bei Vertragsschluss wusste oder hätte wissen müssen, dass er seine Lieferpflicht nicht wird einhalten können. Sollte dies der Fall sein, so wäre der Händler nach einer der vorgenannten Vorschriften zum Schadensersatz verpflichtet.
Der Anspruch ist darauf gerichtet, den durch die Nichterfüllung entstandenen Schaden auszugleichen (positives Interesse). Das heißt, der Gläubiger ist so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Der Anspruch zielt in der Regel auf eine Geldzahlung ab, kann aber ausnahmsweise auch auf Beschaffung von gleichwertigen Ersatzsachen gerichtet sein. Die Höhe des Schadensersatzes hängt also vom konkreten Einzelfall ab und kann nicht pauschal beziffert werden.
Muster: Schreiben an Käufer mit Bezugnahme auf Selbstbelieferungsvorbehalt (in Händler-AGB)
Das nachfolgende Muster ist für Händler bestimmt, die in Ihren AGB einen Selbstbelieferungsvorbehalt geregelt haben und sich dem Käufer gegenüber von einem bereits geschlossenen Kaufvertrag lösen möchten, da sie die geschuldete Ware mangels ordnungsgemäßer Selbstbelieferung nicht liefern können.
Exklusiv-Inhalt für Mandanten
Noch kein Mandant?
-
WissensvorsprungZugriff auf exklusive Beiträge, Muster und Leitfäden
-
Schutz vor AbmahnungenProfessionelle Rechtstexte – ständig aktualisiert
-
Monatlich kündbarSchutzpakete mit flexibler Laufzeit
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
Link kopieren
Als PDF exportieren
Per E-Mail verschicken
Zum Facebook-Account der Kanzlei
Zum Instagram-Account der Kanzlei
3 Kommentare