Schweizer Bundesgericht: Datenermittlung für p2p-Abmahnungen rechtswidrig
Das Bundesgericht entschied in seiner öffentlichen Urteilsberatung vom 8. September 2010, dass das Verhalten einer privaten Aktiengesellschaft gegen das Datenschutzgesetzverstösst. Deren Geschäftsmodell besteht darin, im Auftrag von Urheberrechtsinhabern in Peer-to-Peer-Netzwerken nach dort illegal angebotenen urheberrechtlich geschützten Werken zu suchen.
Der Eidgenössische Datenschutzund Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) hatte dieses Vorgehen als Verstoss gegen das Datenschutzgesetz beurteilt. Das Bundesgericht hat seine Beschwerde gutgeheissen. In seiner Empfehlung vom 9. Januar 2008 hielt der EDÖB fest, die betreffende Aktiengesellschaft (AG) suche mittels der von ihr entwickelten Software in Peer-to-Peer-Netzwerken nach unrechtmässig angebotenen urheberrechtlich geschützten Werken.
Beim Herunterladen dieser Werke würden verschiedene Übermittlungsdaten aufgezeichnet und in einer Datenbank abgespeichert. Die so erhobenen Daten würden anschliessend an die Urheberrechtsinhaber weitergegeben und von diesen zur Identifikation des Inhabers des Internetanschlusses verwendet. Zu diesem Zweck reichten die Urheberrechtsinhaber unter anderem Strafanzeige gegen Unbekannt ein und verschafften sich die Identitätsdaten im Rahmen des Akteneinsichtsrechts. Diese Daten würden sodann zur Geltendmachung von Schadenersatzforderungen gegen die mutmasslichen Urheberrechtsverletzer verwendet.
Der EDÖB gelangte zum Schluss, dass dieses Vorgehen das Datenschutzgesetz verletze und empfahl die unverzügliche Einstellung der Datenbearbeitung. Nachdem die AG dies abgelehnt hatte, gelangte der EDÖB an das Bundesverwaltungsgericht, das seine Klage indessen abwies. An ihrer öffentlichen Sitzung vom 8. September 2010 hatte die I. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts zwei verschiedene Beschwerden gegen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts zu beurteilen. Das Verfahren 1C_285/2009 betraf eine Beschwerde
des EDÖB. Dieser warf dem Bundesverwaltungsgericht vor, das Datenschutzgesetz falsch ausgelegt zu haben.
Das Bundesgericht trat auf seine Beschwerde ein und bejahte in einem zweiten Schritt auch die Anwendbarkeit des Datenschutzgesetzes. Denn die von der AG bearbeiteten Daten, zumindest die IP-Adressen, stellen Personendaten im Sinne des Datenschutzgesetzes dar. Dessen Verletzung liegt im konkreten Fall darin begründet, dass das Bearbeiten der Daten durch die AG im Regelfall ohne Wissen der betroffenen Personen und in einer für diese nicht erkennbaren Weise erfolgt.
Das Bundesgericht entschied, dass das fragliche Vorgehen der AG nicht durch ein überwiegendes Interesse gerechtfertigt ist, zumal ein solches Interesse nur zurückhaltend bejaht werden darf. Zwar erschwert die Möglichkeit der digitalen Vervielfältigung die umfassende wirtschaftliche Verwertung von Urheberrechten erheblich. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass das Vorgehen einen bedeutsamen Eingriff in die Privatsphäre von jedem betroffenen Benutzer mit sich bringt, welche der Staat zu schützen hat. Gemäss dem Entscheid des
Bundesgerichts erscheint deshalb das Interesse der AG und ihrer Auftraggeber nicht überwiegend, zumal solches nur zurückhaltend anzunehmen ist.
Im Verfahren 1C_295/2009 führte ein Verein Beschwerde, der es als sein Ziel erklärte, Peer-to-Peer-Netzwerke zu verteidigen. Aufgrund des Ausgangs des Verfahrens 1C_285/2009 schrieb das Bundesgericht diese Beschwerde als gegenstandslos geworden ab.
Quelle: Pressemitteilung des Schweizer Bundesgerichts vom 08.09.2010
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