Kein Erstattungsanspruch bei Paketverlust nach Abgabe an Wunschort
Paketdienstleister bieten häufig besondere Zustellmethoden an, um die Zustellung bei Abwesenheit des Kunden zu erleichtern. Eine verbreitete Dienstleistung ist die Abstellgenehmigung, die es dem Zusteller erlaubt, das Paket an einem bestimmten Ort zu hinterlegen. Problematisch wird es aber, wenn das Paket dann verloren geht oder gestohlen wird. Kann der Verbraucher sein Geld zurückverlangen?
Kein Anspruch auf Zweitlieferung
Zunächst ist festzuhalten, dass der Online-Händler nach Untergang der Kaufsache regelmäßig nicht zur erneuten Leistung verpflichtet ist, also die bestellte, aber nicht erhaltene Ware nicht erneut versenden muss. Vielmehr ist ihm dann die Leistung unmöglich geworden, §275 Abs. 1 BGB.
Dies gilt selbst dann, wenn der Händler wie im Regelfall von Anfang keine individuell bestimmte, sondern nur irgendeine Sache aus dem mit der Bestellung vorgegebenen Produktsegment schuldete. Sobald der Händler nämlich die Kaufsache aussondert und dem Transportunternehmen übergibt, beschränkt sich seine Leistungspflicht gemäß §243 Abs. 2 BGB auf eben diese Sache. Geht sie sodann verloren oder unter, liegt immer ein Fall der Leistungsunmöglichkeit vor.
Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises?
Kann der Verbraucher bei Paketverlust auch nicht die Lieferung einer neuen Sache verlangen, so wird er aber zumindest daran interessiert sein, seinen Kaufpreis zurückzuerhalten. Immerhin hat ihn die bestellte Ware nie erreicht.
Seinem Begehren trägt das Gesetz grundsätzlich mit der Regelung des §326 Abs. 1 BGB Rechnung, nach welcher der Verkäufer seinen Kaufpreisanspruch verliert, wenn er selbst wegen Unmöglichkeit von der Leistungspflicht frei wird. Bereits gezahlte Summen können über §326 Abs. 4 zurückgefordert werden.
1.) Keine Rückerstattung bei Übergang der Preisgefahr
Allerdings wirkt dieser funktionale, pflichtbezogene Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung nicht absolut aus, sondern wird immer dann eingeschränkt, wenn die sogenannte Preisgefahr bereits auf den Käufer übergegangen ist.
Dieser Restriktion liegt der Gedanke zugrunde, dass es eine unbillige Benachteiligung des Schuldners darstellen würde, ihm seinen Kaufpreis auch in Fällen abzusprechen, in denen der geschuldete Gegenstand so in die Sphäre des Käufers gelangt ist, dass diesem ein Verlust oder Untergang bei objektiver Betrachtung anzulasten ist. Die Preisgefahr beschreibt also das Risiko des Käufers, selbst bei Nichterhalt der Kaufsache den Kaufpreis entrichten zu müssen.
2.) Der Gefahrenübergang beim Versand an Verbraucher
Wann die Preisgefahr bei Versendungskäufen auf den Käufer übergeht, ist in §447 BGB gesetzlich normiert. Maßgeblicher Zeitpunkt ist hiernach die Übergabe der Kaufsache an das Transportunternehmen durch den Verkäufer.
Allerdings findet der §447 BGB, der den Zeitpunkt des Gefahrenübergangs auf ein sehr frühes Stadium der Vertragsabwicklung vorverlegt, aus Gründen des Verbraucherschutzes bei Verbrauchergeschäften gemäß §475 Abs. 2 BGB regelmäßig keine Anwendung.
Ist der Käufer also Verbraucher, tritt für den maßgeblichen Zeitpunkt des Gefahrenübergangs an die Stelle der Übergabe an die Transportperson die Übergabe an den Verbraucher, §446 BGB. Erst, wenn die Sache dem Verbraucher durch das Versandpersonal übergeben wurde, trägt er die Gefahr des zukünftigen zufälligen Untergangs und kann seinen Kaufpreis vom Händler sodann nicht mehr zurückverlangen.
3.) Übergabefiktion bei Abstellung am Wunschort
Problematisch ist in den Fällen der Abstellung am Wunschort auf eine Abstellgenehmigung hin, dass die Kaufsache dem Verbraucher noch nicht tatsächlich übergeben wurde und mithin eine wesentliche Voraussetzung für den Gefahrenübergang nach §446 BGB fehlt. Argumentieren ließe sich also, dass mangels tatsächlicher Entgegennahme der Verbraucher beim anschließenden Verlust seinen Kaufpreis noch zurückverlangen kann.
Dieses Ergebnis liefe aber allgemeinen Billigkeitserwägungen zuwider und ließe außer Acht, dass der Verbraucher durch die Abstellgenehmigung für Fälle, in denen eine tatsächliche Übergabe scheitert, selbst eine Alternative vorgesehen hat.
Bei Erteilung der Abstellgenehmigung muss sich der Verbraucher insofern gegenüber dem Paketdienstleister so behandeln lassen, als wäre die Sache ordnungsgemäß zugestellt, also übergeben worden, wenn die Sendung tatsächlich am gewünschten Ort abgestellt wird. In derlei Fällen geht der Verbraucher nämlich bewusst das Risiko ein, die Sache nicht direkt entgegenzunehmen und insofern dem Zugriff Dritter preiszugeben.
Mithin geht im Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Abstellung die Preisgefahr durch eine „faktische Übergabe“ auf den Verbraucher über, sodass der Verbraucher seinen Kaufpreis bei anschließendem Nichterhalt der Kaufsache nicht mehr zurückfordern kann.
Problematisch wird in diesen Fällen zwar regelmäßig die Beweisführung sein. Der Händler muss nämlich nachweisen können, dass die Sache am Wunschort hinterlegt wurde, weil es andererseits an der Beweisbarkeit des Gefahrenübergangs fehlt.
Verfügt der Händler allerdings über die Zustellquittung des Transportunternehmens, die eine ordnungsgemäße Abstellung am Wunschort bescheinigt, so wird der Verbraucher dies im Regelfall nicht widerlegen können und muss im Folgenden auf eine Kaufpreiserstattung verzichten.
Fazit
Erteilt der Verbraucher einem Transportdienstleister eine Abstellgenehmigung und geht das Paket nach der Deponierung am Wunschort verloren, ist eine Rückforderung des Kaufpreises gegenüber dem Händler regelmäßig ausgeschlossen.
Dass der Verbraucher bewusst das Risiko eingeht, die Kaufsache bei Abwesenheit der Obhut des Transportunternehmens zu entziehen und durch eine Abstellung dem Zugriff Dritter preiszugeben, soll nicht durch eine Verzögerung des Gefahrenübergangs honoriert werden. Vielmehr trägt er ab dem Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Ablegung am vorgesehenen Ort das Risiko des zufälligen Untergangs selbst.
Um die Zustellung beweisen zu können, sollte der Händler in derlei Fällen aber im Besitz der Quittung des Versanddienstleisters sein.
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41 Kommentare
2. Wenn eine Sendung nicht ankommt eine Strafanzeige erstatten. Das kann man direkt bei der Staatsanwaltschaft machen. Dann bekommt man ein Aktenzeichen. Das schickt man allen zu.
Nicht alle aber einige bekommen Angst und werden verhandlungsbereit
Was nichts nutzt ist mit Anwalt und Gericht einem Betrüger in die Tasche greifen zu wollen. Das ist nichts zu holen und es entstehen nur noch mehr Kosten
Hermes behauptet meine Sendung, die bereits per Kreditkarte bezahlt war, an der Haustür (Einfamilienhaus) übergeben zu haben.
Das Dumme ist, ich war zum Zeitpunkt gar nicht anwesend. Auch sonst keiner aus der Familie. Meine Recherche auch in der Nachbarschaft ergab: die Sendung ist nirgends zu finden. Meine Beschwerde beim Verkäufer- ein Discounter- sowie bei Hermes blieben erfolglos. Der Verkäufer beruft sich darauf, ich hätte eine Abstellgenehmigung erteilt und sei somit raus. Der Transporteur behauptet weiterhin das Paket zugestellt zu haben. Du als Verbraucher bist dann der Dumme und bleibst also auf den Kosten sitzen. Wenn das nicht nach System aussieht...
Danke
ist dieser Beitrag noch aktuell? Es gab doch in Verbindung mit Verbrauchern als Empfänger ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs, welches die Rechte des Empfängers als Verbraucher gestärkt hat. Beste Grüße
Am Abstellort befand sich aber kein Paket! Seit Tagen versuche ich von DPD Auskunft zu bekommen, wo genau der Fahrer das Paket abgestellt hat. Bislang fruchtlos.
Meine Frage: DPD könnte behaupten, das Paket sei am in der Abstellgenehmigung genannten Ort deponiert worden und ich somit bei Verlust in der Haftung. Okay. Wie ist aber die Sachlage, wenn die Sendung versehentlich (nachweislich) beim Nachbarn abgegeben wurde, DPD aber nach wie vor behauptet, sie liege am vereinbarten Abstellort.
Ich persönlich fand ihn allerdings schwer zu lesen. Ich habe in IT Recht Kanzlei Artikeln schon sehr viele Artikel gelesen und viele davon waren sagen wir mal so einfach zu lesen. Einfache klare Worte, aus der Praxis für die Praxis. Aber eben rechtlich fundiert.
Trotzde Danke!
Wir als Käufer bleiben nun auf den Kosten sitzen. Wie wäre hier die Verfahrensweise?
Wir haben einen Schuppen mit einem Zahlenschloss. Abstellgenehmigung lautet: >IN den Schuppen Türcode xxxx nirgends sonst<
Paket wurde angeblich abgestellt. An der Verdrehten und unveränderten Zahlenkombination war erkenntlich, dass der Schuppen nicht geöffnet wurde. Paket wurde also nicht weisungsgemäß abgestellt.
Paket wurde also entweder nicht oder an einem anderen Ort abgestellt und ist verschwunden.
DPD beruft sich generell auf die Abstellgenehmigung und verweigert schadenersatz.
Viele Grüße
Das Transportunternehmen hat eine Suche durchgeführt und den Absteller befragt, welcher bestätigt, das Paket am Wunschort abgestellt zu haben.
Der Versender sagt, die Gefahr liegt bei mir, da das Transportunternehmen ordnungsgemäß abgestellt hat, ich solle dies mit dem Transportunternehmen klären.
Das Transportunternehmen sagt, eine Versicherung besteht nur gegenüber dem Versender. Er muss den Schaden dem Transportunternehmen gegenüber geltend machen.
Noch habe ich die Rechnung nicht bezahlt. Kann es sein, dass später meine Überwachungskameras als Beweis nicht zugelassen sind? Oder der Beweis mehr angezweifelt wird als die Aussage des Zustellers?
Wie soll ich mich weiter verhalten?
Auf Anfrage wurde mir von GLS aber auch keine von mir unterschriebene Abstellvollmacht zur Einsicht vorgelegt.
Angeblich wurde diese 2017 von mir erteilt.
Das Paket ist nie am Ablageort angekommen und ein Beweis von GLS mit GPS Daten erscheint mir mehr als vage.
Habe eine Frage, ich habe bei einem Paket eine Abstellgenehmigung erteilt, dieser Ort wurde aber nicht genutzt sondern ein anderer (Ich hatte geschrieben, in die Garage stellen. Hermes lieferte aber vor die Papiertonnen -> Hermes Botin hatte das bestätigt mit einem Zettel im Briefkasten). Als ich nach Hause kam waren die Pakete weg und sind nicht mehr auffindbar.
Muss hier Hermes nun Haften? gibt es hier Paragraphen für diesen speziellen Fall?
Mit freundlichen Grüßen
Manuel Micko
Freundliche Grüße
K
4 Tage später liefert der Paketbote das schon vorher als zugestellt markierte Paket dann tatsächlich ab mit der Begründung gegenüber dem Empfänger, er habe erst seinen Chef fragen müssen, wo denn der Wunschort des Kunden sei. Das Problem: Innerhalb der 4 Tage hat der Mitarbeiter das Paket unsachgemäß gelagert und es kam völlig durchnässt an. Die Ware darin war trotz Sicherung gegen normale Feuchtigkeit unbrauchbar. Reklamation bei DHL läuft noch...
So nun ich habe keine Genehmigung erteilt, kein Paket, erhalten. Auf Anfrage beim Händler fragte er das Transport Unternehmen an. Welches laut geo cahing an die richtige Adresse ausgeliefert hat.
Paket nicht zugestellt, ich bekomme mein Geld nicht erstattet, und Amazone ist der Umstand egal! Was tue ich in dem Fall und wie kann ich meinen Anspruch nun geltend machen?
Ich habe kein Geld für einen Anwalt, aber der Kaufpreis wären fast 70 Euro für mich sehr viel Geld. Und das für eine winterjacke die ich jetzt nicht habe und friere weil ich mir nicht leisten kann nochmal soviel zu zahlen.
Ich habe Hermes eine Abstellerlaubnis erteilt, allerdings hat der Fahrer sich nicht an dem vereinbarten Ort gehalten (einen Raum mit Tür, die aber nicht angeschlossen ist), sondern hat mehrere Pakete immer wieder einfach in den Hof vor einer Garage gestellt. Dort war es nicht nur von der Hauptstraße aus gut sichtbar, sondern meine Vermieter hätten die Pakete beim rückwärts rausfahren auch niemals gesehen.
Jetzt ist natürlich ein Paket verschwunden, und Hermes stellt sich quer weil sie das Paket lauf Abstellerlaubnis zugestellt hätten. Darf der Zusteller denn einfach das Paket weder vor Blicken, noch vor Wetter geschützt wo anders abstellen als von mir angegeben? Was kann ich tun?
Vielen Dank im Voraus.
Der Bote soll angeblich versucht haben das Paket (Bekleidung von einem Onlineshop) am 20.07.2020 zuzustellen. Daraufhin habe ich in Kurzform geschrieben, dass die Firma Mo.-Fr. von 7-16 Uhr geöffnet ist und das Paket rechts neben das Tor in die Paketbox gelegt werden kann. Dieser ganze Bereich ist videoüberwacht. Und gestern soll der Bote angeblich das Paket 11.24 Uhr am Wunschablageort zugestellt haben. Laut Überwachungskamera war aber an beiden Tagen kein Bote zu der genannten Zeit da. Die Überwachungsdaten habe ich vorsorglich auf einen USB-Stick als Beweis gespeichert. Ich habe mir das Paket extra auf Arbeit schicken lassen, weil ich dort den ganzen Tag erreichbar bin und von meinem Arbeitsplatz den Eingangsbereich im Blick habe. Für mich sieht es so aus, als wenn der Bote sich das Paket behalten hat. Laut Paketdienstleister ist es mein Risiko und es liegt am Wunschablageplatz. Wie stehen nun meine Chancen? Soll ich Anzeige erstatten? Was meinen Sie?
Ein etwas anderer Fall liegt bei uns vor.
Paket mit Hermes ausgeliefert und Wunschablageort vereinbart. Das Paket ist laut Sendungsverfolgung auch dort abgelegt, aber es ist kein Paket da.
Hat man hier die Möglichkeit den Preis erstattet zu bekommen oder Recht auf Ersatz?
Vielen Dank und freundliche Grüße,
Frau Dominique Panzer
Wie aber ist es, so wie in meinem Fall, dass DPD eine Zustellbestätigung ausgibt online, bei der eine Lieferung an falsche Adresse angegeben wird, also nicht meine.
Dann muss doch nach meinem Verständnis der Packetdienst haften.?
wie verhält es sich denn, wenn die Ursprüngliche Adresse eine DHL Paketstation war, GLS diese aber nicht beliefert.
Der Kunde macht nun mit GLS den Versand zur privaten Adresse aus.
Abstellgenehmigung bei DHL.
Paket da, völlig unversehrt, aber es fehlt Ware im Paket.
Allerdings war es unmöglich diese zu entnehmen.
D.h. Fehler liegt beim Versand.
DHL hat nichts verbrochen, ich habe nichts verbrochen, aber Versender sagt: Es ist Problem des Empfängers wg., Abstellgenehmigung und besteht auf Zahlung der Ware.
Kann jemand helfen? DANKE!
Habe diese Fall gehabt letztes Jahr, Paypal claim gemacht in mein vorteil weil verkaufen sich einfach nicht meldet. Jetzt nach 7½ Monat schickt er mir ein Mahnung. Geht das uberhaupt ?
(((( Warum muss der Händler dies nachweisen? Woher soll der Händler denn den Wunschort kennen? Der Händler sagt dem Transporteur: "Bitte persönlich übergeben!" Der Transporteur macht einen eigenen Vrértrag mit dem Empfänger aus. Ich als Händler habe nie eine Abstellgenehmigung erteilt. Warum soll ich mich dann um die Einhaltung dieser kümmern?))))))))
wie ist die Rechtslage beim Internetgeschäft zu folgendem Vorgang: Käufer erteilt dem Verkäufer die Anweisung die bereits im voraus bezahlte Ware an einem bestimmten Ort zu deponieren. Der Dienstleister stellt die Ware wie gewünscht ab. Der Käufer teilt jedoch mit, dass nur ein teil der Ware an dem bestimmten Ort aufzufinden war. Wie ist die weitere Vorgehensweise? Was muss der Käufer bezahlen? Hat er einen Anspruch auf Rückzahlung des gesamten Kaufpreises wenn er die erhaltene Ware zurück schickt oder muss er den kompletten Preis zahlen wenn er die Ware erhält. Unabhängig davon, dass er "scheinbar" nicht die komplette Ware erhalten hat.
Dankeschön
wunschgemäß ist, was dann?
Und ist bei dieser Rechtslage nicht den Zustellern jeder Raum zur
Selbstbedienung (ODER durch Komplizen gegeben?)
Wäre dies ferner nicht eine geeignete Einnahmequelle für Kriminelle, einfach Zusteller zu verfolgen und die niedergelegten Sachen zu
mopsen? So einfach kann es doch nicht sein. Hierfür müßte doch die Versandversicherung eintreten und was ist mit Paypalkäuferschutz? Da kann sich der Verkäufer nicht gegen Rückforderungen wehren!