Rückwärtsauktionen – Rechtlicher Hintergrund und Muster

Rückwärtsauktionen – Rechtlicher Hintergrund und Muster
27.07.2020 | Lesezeit: 6 min

Rückwärtsauktionen erfreuen sich im Internet großer Beliebtheit. Anders als bei herkömmlichen „Auktionen“ erhält nicht derjenige den Zuschlag, der innerhalb eines bestimmten Zeitraums das höchste Gebot abgibt, sondern derjenige, der bei fallendem Preis als erster ein Gebot abgibt. Welche rechtlichen Voraussetzungen gelten für solche Auktionen und wie kann ein solches Verfahren wirksam geregelt werden?

Erläuterung Rückwärtsauktion

Bei der Rückwärtsauktion – oder auch „niederländische Auktion“ oder „holländische Auktion“ genannt - erstellt der Verkäufer ein Angebot, etwa zum Verkauf einer Ware, und gibt einen Startpreis vor. Im Verlauf der Auktion wird der Preis schrittweise reduziert, d. h. der Verkaufspreis für den Artikel sinkt mit zunehmender Laufzeit.

Den Zuschlag erhält, wer den Kaufpreis zuerst mittels eines Gebotes akzeptiert und zwar zu dem in diesem Moment gültigen Preis. Je länger man mit dem Gebot wartet, desto niedriger ist auch der Preis. Allerdings steigt mit zunehmender Laufzeit auch das „Risiko“, dass ein anderer Bieter schneller ist und dann den Vorzug erhält.

Der Vorteil für den Händler bei dieser Angebotsform besteht in erster Linie in der Geschwindigkeit der Kaufabwicklung. Im Gegensatz zum herkömmlichen „Auktionsformat“ wird die Ware schneller verkauft, da die Entscheidung schon beim ersten Gebot eines Bieters feststeht. Bietergefechte sind ausgeschlossen, da die Bieter nicht mehr auf das erste Gebot reagieren können.

Zudem stehen die Bieter unter einem hohen Entscheidungsdruck, der sie ggf. schon frühzeitig auf ein Angebot reagieren lässt, damit ihnen nicht ein anderer Bieter zuvorkommt. Dies wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Preis einer Ware gar nicht so tief fällt, bis der erste Bieter ein Gebot abgibt. Vor einem zu niedrigen Preis könnte der Händler sich im Übrigen dadurch schützen, dass er in seinen Verkaufsbedingungen eine Preisuntergrenze bestimmt, die nicht unterschritten werden darf.

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Rechtlicher Hintergrund

Bei Rückwärtsauktionen handelt es sich nicht um Versteigerungen im Sinne des § 156 BGB.

In rechtlicher Hinsicht geht es sich hierbei vielmehr um ein besonderes Angebotsformat, bei dem der Vertrag nach den allgemeinen Grundsätzen zum Vertragsschluss durch Angebot und Annahme zustande kommt. Dabei erstellt der Verkäufer ein Angebot, etwa zum Verkauf einer Ware, und gibt einen Startpreis vor. Das Angebot steht unter der Bedingung, dass der Vertrag nur mit demjenigen Bieter geschlossen werden soll, der im vorgegebenen Zeitrahmen das erste Gebot auf den fallenden Preis abgibt.

Die Annahme erfolgt durch den Bieter, indem dieser im vorgegebenen Zeitrahmen sein Gebot zu einem bestimmten Preis abgibt. Allerdings kommt der Vertrag nur mit demjenigen Bieter zustande, der im vorgegebenen Zeitrahmen das erste Gebot abgibt. Zeitlich nachfolgende Gebote führen nicht mehr zu einem Vertragsschluss. Gibt der Verkäufer für sein Angebot zusätzlich noch eine Untergrenze für den Preis vor, so steht das Angebot zusätzlich unter der Bedingung, dass diese Preisuntergrenze nicht unterschritten wird. Gebote, die im vorgegebenen Zeitrahmen zu einem niedrigeren Preis abgegeben werden, führen dann ebenfalls nicht zu einem Vertragsschluss.

Erfolgen entsprechende Vertragsschlüsse im Internet, gelten hierfür zusätzlich die gesetzlichen Regelungen über den elektronischen Geschäftsverkehr. Handelt es sich bei dem Verkäufer um einen Unternehmer und bei dem Käufer um einen Verbraucher, so muss der Händler insbesondere die besonderen Informationspflichten für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr beachten.

Hierzu zählen u. a. die Pflicht zur Information über ein bestehendes Widerrufsrecht sowie die Pflicht zur Mitteilung der in Artikel 246c EGBGB bestimmten Informationen.

"Bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr muss der Unternehmer den Kunden unterrichten

  • über die einzelnen technischen Schritte, die zu einem Vertragsschluss führen,
  • darüber, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss von dem Unternehmer gespeichert wird und ob er dem Kunden zugänglich ist,
  • darüber, wie er mit den nach § 312i Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Verfügung gestellten technischen Mitteln Eingabefehler vor Abgabe der Vertragserklärung erkennen und berichtigen kann,
  • über die für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Sprachen und
  • über sämtliche einschlägigen Verhaltenskodizes, denen sich der Unternehmer unterwirft, sowie über die Möglichkeit eines elektronischen Zugangs zu diesen Regelwerken."

Ferner ist bei Vertragsschlüssen im Internet § 312j Abs. 3 BGB zu beachten. Danach hat der Unternehmer die Bestellsituation bei einem Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet.

Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist. Im Falle von Rückwärtsauktionen, bei denen umgangssprachlich gerne von „Bieter“ und „bieten“ gesprochen wird, könnte die abschließende Schaltfläche daher etwa mit den Worten „zahlungspflichtig bieten“ bezeichnet werden.

Last but not least gelten auch für solche Angebote die allgemeinen Regelungen des Lauterkeitsrechts, welches insbesondere die Veröffentlichung irreführender Angebote untersagt. Der Verbraucher muss anhand der ihm offerierten Angaben zu der Rückwärtsauktion also imstande sein, eine informierte Kaufentscheidung zu treffen. Im Hinblick auf den Verkaufspreis erfordert dies insbesondere eine Aufklärung des Händlers darüber, in welchen Zeitintervallen sich der Preis jeweils in welcher Höhe reduziert, damit der Verbraucher für sich den richtigen Zeitpunkt der Gebotsabgabe errechnen kann.

Muster für eine AGB-Vertragsklausel

Wer als Online-Händler Waren im Format der Rückwärtsauktion verkaufen möchte, sollte insbesondere die Bedingungen für den Vertragsschluss sorgfältig regeln, da gerade bei elektronischen Prozessen erhebliches Streitpotenzial hierzu lauert.

Eine entsprechende Klausel könnte – je nach individuellem Geschäftsmodell – etwa wie folgt lauten:

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Fazit

Rückwärtsauktionen erfreuen sich im Internet wachsender Beliebtheit. Der Vorteil für den Händler bei dieser Angebotsform besteht in erster Linie in der Geschwindigkeit der Kaufabwicklung. Zudem können aufgrund des bestehenden Entscheidungsdrucks für die Bieter mitunter gute Verkaufserlöse erzielt werden.

Allerdings müssen auch bei diesem Angebotsformat die gesetzlichen Regelungen über den elektronischen Geschäftsverkehr sowie die allgemeinen Regelungen des Lauterkeitsrechts beachtet werden. Zudem empfiehlt sich eine transparente Regelung des Vertragsschlusses in eigenen AGB des Händlers.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle:
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