Rücksendekosten im Widerrufsfall bei nicht paketversandfähiger Ware nach neuem Verbraucherrecht
Ein Grund, warum sich viele Händler auf die Umsetzung des neuen Verbraucherrechts durch die Verbraucherrechterichtlinie in deutsches Recht gefreut haben, ist der Umstand, dass künftig grundsätzlich der Verbraucher im Widerrufsfalle die unmittelbaren Kosten der Rücksendung zu tragen hat. Nach bisherigem und noch bis zum 12.06.2014 gültigen Recht ist es genau umgekehrt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung:
- Informationserteilung hoch problematisch
- Grundsatz: Konkrete Angabe der Rücksendekosten in der Widerrufsbelehrung erforderlich
- Als Ausnahme: Vernünftige Schätzung der Kosten in der Widerrufsbelehrung möglich
- Problem besteht nur bei Speditionsware und nur bei Kostentragung durch den Verbraucher
- Konkrete Bezifferung in der Praxis unmöglich
- Vernünftige Schätzung als Lösung?
- Konkrete Bezifferung der Kosten kaum möglich – Schätzung mit Unsicherheiten verbunden
- Sicherste Lösung: Tragung der Rücksendekosten bei Speditionsware durch den Unternehmer
- Arbeiten mit der „Schätzungslösung“
- Realistische Schätzung notwendig
- Fazit
Dieser unternehmerfreundliche Grundsatz der neuen Rechtslage ab dem 13.06.2014 hat jedoch einen gewaltigen Haken, zumindest für solche Händler, die (auch) nicht paketversandfähige Waren im Sortiment haben. Denn Händler müssen den Verbraucher ab dem 13.06.2014 bereits im Rahmen der Widerrufsbelehrung über die Kosten für die Rücksendung nicht paketversandfähiger Waren informieren, sofern diese vom Verbraucher getragen werden sollen – was zu immensen Problemen führen wird.
Einleitung:
Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage ist der Verbraucher ab dem 13.06.2014 auch verpflichtet, im Widerrufsfall Waren, die nicht auf dem normalen Postweg verschickt werden können (im Folgenden kurz: „Speditionsware“) an den Unternehmer zurückzusenden, sofern der Unternehmer nicht deren Abholung beim Verbraucher anbietet. Bisher musste sich der Unternehmer um den Rücktransport solcher Waren zu ihm kümmern.
Will der Unternehmer Speditionsware künftig nicht selbst beim Verbraucher abholen und zugleich auch nicht die Kosten für die Rücksendung per Spedition selbst tragen, trifft ihn eine Pflicht zur Information über die Kosten der Rücksendung gegenüber dem Verbraucher.
Informationserteilung hoch problematisch
Dies wäre nicht weiter tragisch, wenn diese Information nicht schon im Rahmen der Widerrufsbelehrung, im Regelfall also bereits vor Abgabe der Vertragserklärung durch den Verbraucher während dessen Bestellung gegeben werden müsste. Die Umsetzung dieser gesetzgeberischen Vorgabe ist in der Praxis nahezu unmöglich.
Grundsatz: Konkrete Angabe der Rücksendekosten in der Widerrufsbelehrung erforderlich
Ab dem 13.06.2014 muss der Unternehmer den Verbraucher jedoch bereits im Rahmen der Widerrufsbelehrung über die konkrete Höhe der unmittelbaren Kosten der Rücksendung von Speditionsware informieren, sofern der Verbraucher deren Rücksendekosten tragen soll.
Der Gesetzgeber stellt sich anscheinend vor, dass ein Unternehmer in der Lage ist, für jede von ihm angebotene Speditionsware - zumindest bundesweit – konkret zu beziffern, was eine Rücksendung per Spedition vom Verbraucher an ihn kosten wird. Dabei hat der Gesetzgeber auch nicht bedacht, dass Verbraucher regelmäßig paketversandfähige Ware und nicht paketversandfähige Waren zusammen bestellen. Dieser Fall kann mit dem gesetzlichen Muster für die Widerrufsbelehrung nicht abgebildet werden.
Als Ausnahme: Vernünftige Schätzung der Kosten in der Widerrufsbelehrung möglich
Ausnahmsweise ist statt der konkreten Bezifferung der Kosten eine Schätzung dieser Kosten zulässig, sofern die Kosten der Rücksendung vom Unternehmer vernünftigerweise im Voraus nicht berechnet werden können. Dies soll laut der Gesetzesbegründung etwa dann der Fall sein, wenn der Unternehmer nicht anbietet, die Rücksendung der Waren selbst zu organisieren. Zwar sehen die Ausfüllhinweise des neuen gesetzlichen Musters der Widerrufsbelehrung diese Schätzmethode ausdrücklich vor. Auch in den Erwägungsgründen der Verbraucherrechterichtlinie findet die Schätzmethode eine Stütze. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung im nationalen Recht zur Zulässigkeit der Schätzmethode findet sich dagegen nicht.
Problem besteht nur bei Speditionsware und nur bei Kostentragung durch den Verbraucher
Die Verpflichtung zur Angabe der Höhe dieser Kosten bzw. zur Angabe einer vernünftigen Schätzung dieser Kosten betrifft ausdrücklich nur Speditionsware. Davon nicht betroffen ist also paketversandfähige Ware, bei welcher ein einfacher Hinweis darauf ausreichend ist, dass der Verbraucher die unmittelbaren Kosten der Rücksendung zu tragen hat.
Ferner müssen Unternehmer den Verbraucher auch nur dann über die Höhe der Kosten informieren bzw. eine Schätzung diesbezüglich angeben, wenn der Verbraucher die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Speditionsware tragen soll. Will der Unternehmer diese Kosten selber tragen, muss der Verbraucher über diese natürlich auch nicht informiert werden.
Konkrete Bezifferung in der Praxis unmöglich
Die Angabe der konkreten Höhe der unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Speditionsware stellt die Unternehmer vor immense Probleme.
Zum einen müssten Unternehmer zwingend mit einer dynamischen Widerrufsbelehrung arbeiten, in deren Rahmen für jede Speditionsware, welche vom Verbraucher bestellt wird, deren spezifische Rücksendekosten genannt werden. Die Darstellung der Rücksendekosten müsste damit in Echtzeit anhand der konkreten Bestellung des Verbrauchers anhand von in der Warenwirtschaft hinterlegten Parametern (etwa Gewicht der Ware, Maße der Ware, Entfernung vom Wohnsitz des Verbrauchers zum Sitz des Unternehmers) generiert werden.
Dies ist aus technischer Hinsicht kaum realisierbar, insbesondere nicht beim Handel über Verkaufsplattformen.
Ferner kann die tatsächliche Höhe der Rücksendekosten der Speditionsware im Voraus kaum berechnet werden, auch wenn die entsprechende Technik vorgehalten würde, da schon gar nicht feststeht, welche Spedition der Verbraucher im Rahmen des ihm zustehenden Wahlrechts für den Rückversand auswählen wird. Jede Spedition hat individuelle Preise. Auch wird ein Verbraucher, der einmalig eine Spedition beauftragt, bei dieser ganz andere Konditionen erhalten als ein Unternehmer, der tagtäglich seine Speditionsware über diese Spedition versendet.
Unmöglich gemacht wird eine konkrete Berechnung ferner dadurch, dass nur sehr wenige Speditionen bundesweit tätig sind und die Kosten des Speditionsversands in aller Regel nicht bundeseinheitlich sind, sondern in Abhängigkeit der Entfernung berechnet werden. Noch problematischer stellen sich dabei Lieferungen ins Ausland dar.
Schließlich kann der Unternehmer im Voraus nicht wissen, ob der Verbraucher z.B. im Erdgeschoß wohnt oder die Widerrufsware von einem Verbraucher gekauft wird, der im 5. OG ohne Lift wohnt. Auch eine Abholung der Speditionsware durch die jeweilige Spedition beim berufstätigen Verbraucher an einem Samstag dürfte ebenso einen Aufpreis verursachen, wie ein enger gewähltes Abholzeitfenster als ein weiteres.
Vernünftige Schätzung als Lösung?
Somit verbleibt den Unternehmern im Regelfall nur die Möglichkeit, mit einer vernünftigen Schätzung der unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Speditionsware zu arbeiten.
Ob im Einzelfall die Voraussetzung der Zulässigkeit einer bloßen Schätzung (anstatt einer konkreten Bezifferung der Kosten) gegeben sind und die Schätzung im Einzelfall auch den gesetzlichen Vorgaben genügt (zu hoch bzw. zu tief), muss einer Beurteilung durch die Gerichte vorbehalten bleiben, da die gesetzlichen Vorgaben hier sehr unbestimmt sind.
Zu beachten ist bei einer solchen Schätzung, dass diese – sofern sie deutlich zu hoch ausfällt – den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abhalten kann, weil er annimmt, dann mit (zu) hohen Rücksendekosten belastet zu werden. Stellt sich die Schätzung im Nachhinein dagegen als zu gering heraus, wird der Unternehmer den „unterschätzten“ Teil der Speditionskosten selbst tragen müssen.
Dennoch dürfte eine konservative Schätzung mit der Tendenz, eher einen zu niedrigen Betrag anzugeben der bessere Weg sein, als bei der Schätzung zu hoch zu greifen.
Konkrete Bezifferung der Kosten kaum möglich – Schätzung mit Unsicherheiten verbunden
Damit bleibt festzuhalten, dass die konkrete Angabe der unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Speditionsware in der Praxis regelmäßig unmöglich ist. Die Angabe einer bloßen Schätzung als Alternative hierzu ist mit einer erheblichen Rechtsunsicherheit verbunden, weil die Voraussetzungen für deren Zulässigkeit und für deren richtige Vornahme unbestimmt sind.
Sicherste Lösung: Tragung der Rücksendekosten bei Speditionsware durch den Unternehmer
Es ist daher ratsam für Unternehmer, ab dem 13.06.2014 die Kosten für die Rücksendung von Speditionsware im Widerrufsfall selbst zu tragen, um diesen Unwägbarkeiten von vorneherein aus dem Weg zu gehen.
Im Vergleich zur bisherigen Rechtslage stellt dies in wirtschaftlicher Hinsicht auch keinen allzu großen Nachteil dar, da Unternehmer auch bisher bei Speditionsware zwingend die Kosten der Rücksendung tragen mussten, sofern diese – was wohl den Regelfall darstellt – mehr als 40,-- Euro gekostet hat und der Verbraucher den Kaufpreis oder eine vereinbarte Teilzahlung im Zeitpunkt seines Widerrufs bereits geleistet hatte.
Selbstverständlich bieten wir unseren Mandanten auch eine Widerrufsbelehrung für den Einsatz ab dem 13.06.2014 an, welche vorsieht, dass der Unternehmer die Kosten der Rücksendung von Speditionsware trägt, der Verbraucher jedoch die unmittelbaren Kosten der Rücksendung paketversandfähiger Waren (bei denen keine Angabe der Höhe oder eine Schätzung dieser erfolgen muss). Ebenso bieten wir eine Widerrufsbelehrung für den Einsatz ab dem 13.06.2014 an, die den Fall abdeckt, dass der Unternehmer die Rücksendekosten generell – also sowohl für paketversandfähige als auch für Speditionsware übernimmt.
Arbeiten mit der „Schätzungslösung“
Unseren Mandanten, die hinsichtlich Speditionsware die Kosten der Rücksendung nicht selbst tragen wollen, werden wir darüber hinaus Varianten der Widerrufsbelehrung für den Einsatz ab dem 13.06.2014 zur Verfügung stellen, welche den Verbraucher im Wege der Schätzung über die Kosten der Rücksendung für Speditionsware informiert. Auch für den Fall, dass zugleich paketversandfähige mitbestellt werden können, werden wir eine Lösung anbieten. Zudem ist in diesem Fall auch die Differenzierung dahingehend möglich, dass der Verbraucher die Kosten für die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Speditionsware trägt, der Unternehmer jedoch die Kosten der Rücksendung paketversandfähiger Waren übernimmt.
Realistische Schätzung notwendig
Im Rahmen der Angabe des „Schätzbetrages“ bei der Angabe der unmittelbaren Kosten für die Rücksendung von Speditionsware in der Widerrufsbelehrung sollte beachtet werden, dass es sich um eine realistische Schätzung handelt. „Mondbeträge“ sollten genau so vermieden werden wie unrealistisch geringe Rücksendekosten.
Wir raten Unternehmern – sofern sich diese überhaupt auf das Risiko der „Schätzmethode“ einlassen wollen – dazu, für einen durchschnittlichen Artikel aus ihrem Sortiment an Speditionsware (also nicht den schwersten und sperrigsten, und auch nicht für den leichtesten, kleinsten) ein Angebot bei einer Spedition einzuholen, und der Kostenberechnung die größte denkbare Entfernung des Speditionstransports zurück zum Unternehmer in Deutschland zugrunde zu legen. Dieser belegbare Betrag sollte dann für die Angabe des Schätzbetrags in der Widerrufsbelehrung dienen, als eine Art Mittelwert.
Sollte Speditionsware vom Unternehmer auch ins Ausland verschickt werden, besteht nach unserer Auffassung keine Möglichkeit, mit einer realistischen Schätzung zu arbeiten. In diesem Falle bleibt dem Unternehmer keine andere Möglichkeit, als die Kosten der Rücksendung selbst zu tragen.
Fazit
Die sicherste Lösung ist gewiss, als Unternehmer die Kosten der Rücksendung von Speditionsware künftig selbst zu tragen. Dies zumindest so lange, bis sich in der Rechtsprechung klare Vorgaben für die Voraussetzungen der grundsätzlichen Zulässigkeit der Schätzmethode und die Vornahme der Schätzung an sich herausgebildet haben. Angesichts der bisherigen Rechtslage, nach der bei Speditionsware mit einem Preis größer 40,-- Euro im Regelfall ohnehin der Unternehmer die Kosten der Rücksendung tragen muss, stellt dies in Relation zum bisherigen Recht für den Unternehmer keinen bedeutenden wirtschaftlichen Nachteil dar.
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8 Kommentare
Vor dem Kauf war nicht ersichtlich dass es sich um "nicht paketversandfähige Ware" handelt. Als ich nun den Kauf innerhalb der 14-tägigen Widerrufsfrist widerrufen wollte, musste ich die Spedition beauftragen und die Kosten für den Rückversand übernehmen. Bin ich im Recht, diese Kosten wieder erstattet zu bekommen?
Hat der Händler bei AMazon damit seine Pflicht bzgl. Information getätigt oder sind die Rücksendekosten mangels erfolgter Information im Rahmen des Bestellprozesses vom Händler zu tragen?
Und du die Ware an die in der Widerrufsbelehrung hinterlegte Anschrift zurück bringst.
Er muss es an dieser Anschrift annehmen, darf dieses nicht verweigern.
sollte kein Kontakt zustande kommen , weil er nicht ans Telefon geht, deine mails nicht beantwortet oder was auch immer, unbedingt die zeiten aufschreiben wann du versucht hast Kontakt aufzunehmen.
es gibt so viele möglichkeiten da ein wenig mehr druck zu machen bzw. Verbraucherzentrale.
Ich möchte einen Artikel, der mir per Spedition geliefert wurde zurück geben. Um die sehr hohen Lieferkosten einzusparen ( 45€ ) würde ich den Artikel selber wieder zurück an die Adresse die vom Verkäufer im Impressum steht hin bringen.
Nun teilte mir der Verkäufer mit, dass die Retouren Adresse eine andere ist, und dies nicht möglich ist.
Die andere Retouren Adresse ist viel weiter weg, und ein hinbringen würde einen ganzen Tag in Anspruch nehmen.
Ist dies rechtens, darf der Verkäufer eine andere Versandadresse ( die ist ziemlich weit weg ) als die wo ich den Artikel bestellt hatte nennen?
Aus Seinen Agbs. oder Widerrufsbelehrung geht nicht daraus hervor.
Im Gegenteil, dort steht:
"Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung paketversandfähiger Waren sowie die unmittelbaren Kosten der Rücksendung nicht paketversandfähiger Waren in Höhe von 44,99 EUR."
Wenn ich nun eine Spedition beauftragen müßte, würden sich die Rücksendekosten auf weit über 170€ belaufen.
Zudem müßte ich die Ware wieder auf ner Palette wuchten. Ist ein ziemlich schweres Teil, was auch sehr sorgfältig verpackt werden müßte. Ich frag mich wie ich das bewerkstelligen soll? Kann man das von den Kunden verlangen?
Auf meine Mails oder am Telefon reagiert der Verkäufer nicht. Ich denke, er hofft dass ich die Ware aus Kostengründen, die ja für mich sehr hoch sind, behalten werde.
ich kann meinem Vorschreiber nur bedingt zustimmen, denn die Rücksendekosten betragen vielleicht maximal die Hinsendekosten, können aber auch signifikant nach unten abweichen. Bsp: Ein Kunde bestellt waren auf 5 Paletten (Versandkosten 500€) und schickt nur zwei Paletten zurück (Rücksendekosten 200€).
Kann man daher die Rücksendekosten auch nach oben begrenzen, indem man schreibt:
„Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren. Die Kosten werden auf dabei den Betrag der Hinsendekosten nicht übersteigen.“
Aus meiner praxisorientierten Sicht wäre das eine gute Formulierung, aber was sagt ein Jurist zu einer derartigen Formulierung?
MfG