Zum 01.08.2022: Neue Pflichtinformationen in Arbeitsverhältnissen!

Zum 01.08.2022: Neue Pflichtinformationen in Arbeitsverhältnissen!
28.07.2022 | Lesezeit: 5 min

Zum 01.08.2022 werden Arbeitgebern im Zuge der Umsetzung von EU-Recht diverse neue Informationspflichten über die wesentlichen Bedingungen von Arbeitsverhältnissen auferlegt. So sind Arbeitnehmer zukünftig detailliert und in Schriftform etwa über den Arbeitsort, die Probezeit, vereinbarte Ruhepausen sowie die betriebliche Altersvorsorge, aber auch über das einzuhaltende Kündigungsverfahren zu informieren.

I. Neue Informationspflichten über wesentliche Arbeitsbedingungen im Arbeitsrecht ab dem 01.08.2022

Zum 01.08.2022 treten neue Informationspflichten über wesentliche Arbeitsbedingungen in Kraft, die der EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie 2019/1152/EU entstammen und in Deutschland durch eine Reform des § 2 des Nachweisgesetzes (NachwG) eingeführt wurden.

Das NachwG sah bisher bereits in § 2 eine Pflicht des Arbeitgebers vor, bestimmte Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich dem Arbeitnehmer niederzulegen. Weil diese Pflichtinformationen bisher ausschließlich vertragswesentliche Regelungen betrafen (etwa Beginn des Arbeitsverhältnisses, Höhe der Vergütung, Dauer des Urlaubs etc.), ließen sie sich praktisch ausnahmslos in Arbeitsverträge integrieren und veranlassten so nicht zur Aushändigung eines gesonderten Schreibens.

Zum 01.08.2022 werden die notwendigen Pflichtinformationen gem. § 2 Abs. 1 NachwG aber wesentlich ausgeweitet.

Fortan müssen Arbeitgeber zusätzlich zu den bisherigen, meist im Arbeitsvertrag umfassten Informationen, auch über Folgendes informieren:

  • Vereinbarungen zum Arbeitsort und ob dieser frei wählbar ist.
  • die Dauer einer eventuell vereinbarten Probezeit
  • die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts
  • die Vergütung von Überstunden, von Zuschlägen, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts inkl. Angaben zu deren Fälligkeit/Voraussetzungen und der Art der Auszahlung
  • die vereinbarte Arbeitszeit inkl. Angaben zu vereinbarten Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen
  • sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
  • genaue Bedingungen einer Arbeit auf Abruf inkl. die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden und den Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist
  • Vereinbarungen zum Anspruch auf Fortbildungen
  • Übereinkünfte dazu, wie der Arbeitgeber seiner Pflicht nachkommt, eine betriebliche Altersvorsorge anzubieten
  • Die Bedingungen bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses inkl. das von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und den Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage
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II. Form und Frist der Information

Die Informationen gemäß NachwG sind vom Arbeitgeber in Schriftform (nicht wie in der restlichen EU nur in Textform, die eine elektronische Übermittlung zulässt) zu erteilen. Dies setzt ein eigenhändig vom Arbeitgeber unterschriebenes Dokument in Papierform voraus.

Die neuen Pflichtinformationen sind vom Arbeitgeber initiativ für Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen, die ab dem 01.08.2022 eingegangen werden.

Die wesentlichsten Informationen (Name und Anschrift der Vertragsparteien, Arbeitsentgelt, Arbeitszeit) sind am ersten Tag der Arbeitsleistung bereitzustellen, für andere Informationen existieren Fristen von sieben Tagen bzw. einem Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses.

Für Arbeitsverhältnisse, die bereits vor dem 01.08.2022 bestanden haben, ist der Arbeitgeber nicht initiativ verpflichtet, eine Niederschrift mit den erweiterten Pflichtinformationen auszuhändigen. Arbeitnehmer können aber eine Information nach den neuen Vorgaben ab dem 01.08.2022 nachträglich verlangen. In diesem Fall muss der Arbeitgeber die Informationen am siebten Tag nach Zugang des Verlangens in Schriftform (eigenhändig unterschrieben) erteilen.

III. Konsequenzen bei Verstößen

Arbeitgeber, die ab dem 01.08.2022 die notwendigen Pflichtinformationen gemäß NachwG nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in vorgeschriebener Weise oder nicht rechtzeitig bereitstellen, können gemäß einem neuen § 4 Abs. 2 NachwG Geldbußen in Höhe von bis zu 2.000€ je Einzelverstoß drohen.

IV. Beste Form der Umsetzung der neuen Informationspflichten: Nachweisschreiben getrennt vom Arbeitsvertrag

Die Reform der Pflichtinformationen über wesentliche Arbeitsbedingungen ist in Fachkreisen heiß diskutiert und wird vielerorts als Ende schlanker Arbeitsverträge und als Gängelung von Arbeitgebern durch hohen Anpassungsaufwand von Vertragsdokumenten verschrien.

1.) Gesondertes Nachweisschreiben statt Aufnahme in Arbeitsvertrag

Tatsächlich ist es aus arbeitsrechtlicher Sicht aber nicht sinnvoll, die neuen Pflichten in ihrer Gesamtheit in Arbeitsverträgen erfüllen zu wollen.

Hintergrund ist, dass durch die Gesetzesreform eine Vielzahl beschreibender und aufklärender Angaben Einzug in den Pflichtenkatalog gefunden haben.

Für beschreibende Angaben sind Arbeitsverträge, die eine einvernehmliche Regelung über die wesentlichen Maßgaben eines Arbeitsverhältnisses herbeiführen sollen, aber bereits inhaltlich nicht geeignet.

Hinzukommt, dass Regelungen im Arbeitsvertrag stets eine rechtsgeschäftliche Bindungswirkung entfalten, den Arbeitgeber also an arbeitsvertragliche Aussagen rechtlich durchsetzbar binden.

Für rein beschreibende Angaben zum Arbeitsverhältnis möchte ein Arbeitgeber eine solche Bindungswirkung aber gerade nicht herbeiführen, sondern vielmehr die Möglichkeit haben, diese als rein deklaratorische Information zu formulieren, ohne dem Arbeitnehmer damit gleichzeitig Rechtsdurchsetzungsansprüche zu ermöglichen.

Es empfiehlt sich insofern, die Informationspflichten gemäß Nachweisgesetz in einem vom Arbeitsvertrag losgelösten Nachweisschreiben zu erfüllen, das keine beidseitige vertragliche Vereinbarung, sondern eine bloße Wissenserklärung des Arbeitgebers darstellt, die den aktuellen Informationsstand zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung wiedergibt.

Dieses Vorgehen ist auch deswegen vorteilhaft, weil das gesonderte Nachweisschreiben vom Arbeitgeber nachträglich einseitig abgeändert, modifiziert und/oder erweitert werden kann, ohne dass es – wie bei einer Regelung über den Arbeitsvertrag – einer Einigung mit dem Arbeitnehmer bedürfte.

2.) Umsetzung der Pflichtinformationen im Nachweisschreiben

Arbeitgeber sollten also, anstatt die verwendeten Arbeitsverträge aufwändig zu überarbeiten und um Informationen gemäß dem neuen Pflichtenkatalog anzureichern, ein Nachweisschreiben erstellen, das als Ergänzung zum Arbeitsvertrag übermittelt wird und die neuen Pflichtangaben getrennt hiervon enthält.

Da das Nachweisschreiben Querverweise auf den Arbeitsvertrag und – sofern einschlägig – auf Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zulässt, kann der Arbeitsaufwand für Arbeitgeber so auch beträchtlich reduziert werden.

Besonders erträglich ist die Lösung der Pflichterfüllung über ein gesondertes Nachweisschreiben auch, weil es sowohl für Arbeitsverhältnisse ab dem 01.08.2022 als auch für Arbeitsverhältnisse aus der Vergangenheit, in denen Arbeitnehmer eine aktuelle Information verlangen, verwendet werden kann.

Bei Arbeitsverhältnissen ab dem 01.08.2022 sollte das Nachweisschreiben zusammen mit dem Arbeitsvertrag (eigenhändig vom Arbeitgeber unterschrieben) ausgehändigt werden.

Bei zuvor begründeten Arbeitsverhältnissen muss das Nachweisschreiben innerhalb von 7 Tagen ab Zugang des Informationsverlangens zusammen mit einer Kopie des Arbeitsvertrags eigenhändig unterschrieben übermittelt werden.

In der Muster- und Formularsammlung zum Arbeitsrecht stellt die IT-Recht Kanzlei ab sofort ein rechtskonformes Muster-Nachweisschreiben zur Erfüllung der neuen Informationspflichten ab dem 01.08.2022 zur Verfügung.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle:
hxdbzxy / Shutterstock.com

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