Kein hinkender Vergleich!? – Teil 2 – Die Rechtmäßigkeit vergleichender Werbung
Ein Werbevergleich darf nicht dazu führen, dass der Werbende und das verglichene Unternehmen bzw. deren Produkte oder Kennzeichen miteinander verwechselt werden. Auch darf im Rahmen von vergleichender Werbung nicht der Ruf eines Mitbewerbers beschädigt oder unlauter ausgenutzt werden – ansonsten liegt ein Wettbewerbsverstoß vor. Genaueres dazu können Sie jetzt im zweiten Teil des Beitrags zum Thema „Vergleichende Werbung“ im Rahmen der Serie der IT-Recht Kanzlei über die rechtlichen Aspekte der Werbung im Internet lesen.
Einleitung
Bereits in der letzten Woche ging es um vergleichende Werbung. Dabei wurden u.a. die Regelungen der § 6 Absatz 2 Nr. 1 und Nr. 2 UWG beleuchtet. Heute geht es um die Nr. 3 und Nr. 4. In der nächsten Woche sind dann die Nr. 5 und Nr. 6 dran.
Verwechslungsgefahr (§ 6 Absatz 2 Nr. 3 UWG)
Nach § 6 Absatz 2 Nr. 2 UWG handelt unlauter,
„wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich im geschäftlichen Verkehr zu einer Gefahr von Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führt.“
1. Das Verhältnis zum Markenrecht
Zunächst muss geklärt werden, wie das Verhältnis dieser Norm zu den Regelungen des Markengesetzes, insbesondere § 14 Absatz 2 MarkenG ist. Denn § 6 Absatz 2 Nr. 3 UWG bestimmt, dass vergleichende Werbung u.a. dann unlauter ist, wenn der Vergleich im geschäftlichen Verkehr zu einer Gefahr von Verwechslungen zwischen den von dem Werbenden und einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichen führt. Eine derartige Situation kann aber gerade auch eine Markenverletzung nach obiger Norm darstellen. Was gilt dann? Es ist schlichtweg so, dass in einem solchen Fall sowohl das Markengesetz, als auch das UWG nebeneinander anwendbar sind. Insoweit haben die Regelungen denselben Anwendungsbereich. Somit kann im Einzelfall sowohl ein Verstoß gegen das Lauterkeitsrecht, als auch ein solcher gegen das Markenrecht vorliegen – woraus folgt, dass dann Ansprüche nach dem UWG und dem MarkenG bestehen können.
2. Gefahr von Verwechslungen
Der zentrale Begriff des § 6 Absatz 2 Nr. 2 UWG ist der der Verwechslungsgefahr. Vergleichende Werbung darf nicht dazu führen, dass die von der Werbung angesprochenen Verkehrskreise die Unternehmen, deren Produkte oder Kennzeichen (also z.B. Marken) aufgrund der Werbung miteinander verwechseln. Relevant ist dabei immer der sog. angesprochene Verkehrskreis. Bei Werbung in einem Fachmagazin für Ingenieure bilden beispielsweise die Leser dieses Magazins, d.h. vor allem Ingenieure, den Verkehrskreis. Entsprechendes gilt für Fernsehzuschauer etc.
3. Mitbewerber, Produkte und Kennzeichen
Damit ein Wettbewerbsverstoß gemäß § 6 Absatz 2 Nr. 3 UWG vorliegt, muss Verwechslungsgefahr bezüglich eines Mitbewerbers vorliegen. Dies ist dann der Fall, wenn ein beachtlicher Teil des angesprochenen Verkehrskreises die Unternehmen gedanklich vertauscht oder miteinander in Verbindung bringt – etwa, wenn der Eindruck entsteht, zwischen den Unternehmen würde eine (wirtschaftliche) Kooperation bestehen.
Unter dem Begriff der Kennzeichen sind nicht nur Marken, sondern auch Geschäftsbezeichnungen (also Namen von Unternehmen) und geographische Herkunftsangaben zu verstehen. Zu einer Verwechslungsgefahr bezüglich von Kennzeichen kann es dann kommen, wenn der angesprochene Verkehrskreis der Ansicht ist, das fremde Kennzeichen würde das Produkt des Werbenden bezeichnen.
Eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich bestimmter Produkte kann an für sich nur dann vorliegen, wenn in der entsprechenden vergleichenden Werbung auf die Verwendung von fremden Kennzeichen (Marken) verzichtet wird. Denn ansonsten liegt bereits stets eine Verwechslungsgefahr bezüglich der jeweiligen Kennzeichen (dazu s.o.) vor.
Werblicher Vergleich bei gleicher Zweckbestimmung (§ 6 Absatz 2 Nr. 4 UWG)
Nach § 6 Absatz 2 Nr. 2 UWG handelt unlauter,
„den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.“
1. Anwendungsbereich
Nach § 6 Absatz 2 Nr. 4 UWG ist nur die Ausnutzung oder Beeinträchtigung des Rufs eines Produkts unlauter, wenn dies im Rahmen von vergleichender Werbung geschieht. In anderen Fällen der Werbung bestimmt sich deren Lauterkeit nach anderen Normen.
Wiederum spielt bei dieser Vorschrift das Verhältnis zum Markenrecht eine Rolle: es steht fest, dass immer dann, wenn ein Markenverstoß nach § 14 Absatz 2 Nr. 3 MarkenG vorliegt, also die Wertschätzung einer im Inland bekannten Marke ausgenutzt oder beeinträchtigt wird, auch zugleich ein Wettbewerbsverstoß gegen § 6 Absatz 2 Nr. 4 UWG vorliegt – dies gebietet bereits der sehr ähnliche Wortlaut der beiden Vorschriften.
2. Ruf = Image
Unter Ruf ist das Image eines Produkts oder dessen Wertschätzung zu verstehen. Es geht um das Ansehen, das einem bestimmten Kennzeichen vom Verkehr zugesprochen wird. Das Ansehen eines Kennzeichens kann auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein, insbesondere auf eine gute Qualität oder eine bestimmte Preiswertigkeit. Das Ansehen eines Unternehmens kann z.B. durch dessen Tradition oder dessen Werte oder Erfolge bestimmt werden.
3. Kennzeichen
Bezugspunkt der Unlauterkeit ist das Kennzeichen eines Mitbewerbers. Damit es überhaupt zu einer Ausnutzung oder Beeinträchtigung des Rufs kommen kann, muss aus der vergleichenden Werbung für die angesprochenen Verkehrskreise hervorgehen, dass es sich bei dem in Bezug genommenen Kennzeichen um dasjenige eines bestimmten Unternehmens handelt. Nicht zwingend erforderlich ist, dass es sich um ein (besonders) bekanntes Unternehmen bzw. eine (besonders) bekannte Marke handelt.
4. Die Ausnutzung des Rufs
Eine Ausnutzung des Rufs liegt vor, wenn versucht wird, durch die vergleichende Werbung einen sog. „Imagetransfer“ zu erreichen. Im Fall des „Imagetransfers“ versucht das werbende Unternehmen im Rahmen der vergleichenden Werbung, den (positiven) Ruf des anderen Unternehmens auf das eigene Unternehmen bzw. den (guten) Ruf der Produkte des Konkurrenten auf die eigenen Produkte abfärben zu lassen.
Dies allein ist allerdings noch nicht unlauter. Wie es im Gesetz geschrieben steht, muss die Ausnutzung des Rufs in unlauterer Weise geschehen. Dies bedeutet, dass das alleinige in Bezug setzen zu dem Kennzeichen des Konkurrenten noch kein Wettbewerbsverstoß darstellt. Dies würde auch dem Ziel, vergleichende Werbung grundsätzlich als Element des Wettbewerbs zuzulassen, vollkommen widersprechen. Der Vergleich an sich soll ja gerade noch keine unlautere Wettbewerbshandlung darstellen.
Vielmehr kommt es bei der Bestimmung der Unlauterkeit stets auf alle Umstände des Einzelfalls an. Einfluss haben die Aufmachung eines Produkts bzw. die entsprechende Werbung und das Ausmaß der Inbezugnahme des Kennzeichens des Mitbewerbers.
Im jedem konkreten Einzelfall muss letztlich eine Interessenabwägung vorgenommen werden, wobei die Interessen des Werbenden, des Konkurrenten und der Verbraucher zu berücksichtigen sind.
Imitate und Kopien stellen im Übrigen stets eine unlautere Rufausnutzung im Sinne des § 6 Absatz 2 Nr. 4 UWG dar, wenn es sich um vergleichende Werbung handelt.
Ein Beispiel aus der Praxis für eine unlautere Rufausnutzung:
Die Werbung für ein Produkt mit der Produktbezeichnung „… al la Cartier“ wurde von der Rechtsprechung als unlauter angesehen. Damit würde angedeutet, die beworbenen Produkte seien ihrer Gestaltung nach mit dem Schmuck von Cartier vergleichbar (so BGH GRUR 2009, 871).
5. Die Beeinträchtigung des Rufs
Nach § 6 Absatz 2 Nr. 4 UWG ist auch die Beeinträchtigung des Rufs unlauter und stellt einen Wettbewerbsverstoß dar. Beeinträchtigung meint dabei Verunglimpfung oder Herabsetzung. Ein Ruf eines Mitbewerbers kann nicht nur dadurch beeinträchtigt werden, dass sich der Werbende im Rahmen des Werbevergleichs negativ über das entsprechende Unternehmen oder dessen Produkte bzw. Kennzeichen äußert. Vielmehr kann auch dann eine Rufbeeinträchtigung vorliegen, wenn sich der Werbende an den (guten) Ruf des Konkurrenten anlehnt. Wenn etwa das beworbene Produkt negative Eigenschaften (wie z.B. mangelhafte Qualität) aufweist, so kann dies auf das verglichene (werthaltige) Produkt und dessen (bislang) guten Ruf ausstrahlen, mit der Folge, dass dieses Produkt seinen guten Ruf verliert.
Entscheidend ist dabei stets der durchschnittliche Adressat der entsprechenden Werbung.
Fazit
Vergleichende Werbung ist grundsätzlich erwünscht und deshalb auch erlaubt. Dennoch sieht das Lauterkeitsrecht einen rechtlichen Rahmen vor, innerhalb dessen sich die Werbung bewegen muss, damit der Wettbewerb nicht beschädigt wird.
Vergleichende Werbung ist wie gezeigt stets dann rechtlich zulässig, wenn keine der Unlauterkeitsmerkmale aus § 6 Absatz 2 UWG einschlägig sind. Insbesondere darf beim Werbevergleich keine Verwechslungsgefahr zwischen dem werbenden und dem damit verglichenen Unternehmen bzw. deren Kennzeichen oder Produkte bestehen (§ 6 Absatz 2 Nr. 3 UWG) . Dies hat auch markenrechtliche Bedeutung – ansonsten kann neben einer Wettbewerbsverletzung auch ein Markenrechtsverstoß vorliegen.
Zudem darf der Ruf des in Bezug genommenen Unternehmens nicht in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt werden (§ 6 Absatz 2 Nr. 4 UWG) .
Nächste Woche Freitag können Sie an dieser Stelle den dritten und damit letzten Teil des Beitrags zum Thema „Vergleichende Werbung“ im Rahmen der Serie der IT-Recht Kanzlei zu den rechtlichen Aspekten der Werbung im Internet lesen!
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