Wenn der Postmann zweimal klingelt. Welche Rechte hat der Verkäufer, wenn die Zustellung nicht möglich ist?

Immer wieder kommt es vor, dass unsere Mandanten die bestellte Ware nicht anliefern können, weil ein Käufer ihnen eine falsche oder eine lückenhafte Adresse angegeben hat oder die Lieferung aus einem anderen Grund, den der Käufer zu vertreten hat, nicht möglich ist.
Welche Rechte hat dann der Verkäufer?
- Muss er die Kosten für die Retoursendung und eine zweite Anlieferung tragen?
- Was ist, wenn die Kaufsache beschädigt wird?
- Muss der Verkäufer die Kaufsache verwahren und wenn ja, wer trägt die Kosten für die Verwahrung?
- Welche Ansprüche hat der Verkäufer in diesem Fall sonst noch?
1. Annahmeverzug des Käufers (§§ 293 ff. BGB)
Diese Fragen lassen sich insgesamt über die gesetzlichen Regeln zum Annahmeverzug beantworten. Ein Annahmeverzug tritt ein, wenn der Verkäufer dem Käufer die ordnungsgemäße Ware bei Fälligkeit der Lieferung anbietet und der Käufer die Ware nicht annimmt. Voraussetzung ist weiter, dass die Lieferung am Leistungsort und zur vertraglich vereinbarten oder angekündigten oder vom Käufer zu erwartenden Zeit erbracht wurde.
2. Gefahrübergang (§§ 446, 447 BGB)
Mit Gefahrübergang geht die so genannte Leistungsgefahr auf den Käufer über. Dies führt dazu, dass der Verkäufer nicht mehr für Schäden an der Ware haftet, die er nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet hat. Für leichte Fahrlässigkeit und höhere Gewalt haftet er also nicht mehr.
3. Rechte des Verkäufers bei Annahmeverzug
Der Verkäufer kann nach Eintritt des Annahmeverzugs
- vom Kaufvertrag zurücktreten und die Ware anderweitig verkaufen
- oder auf die Erfüllung des Kaufvertrags bestehen und die Ware auf Kosten und Gefahr des Käufers in einer Lagerhalle (Bahn, Spedition, eigene Lagerhalle) einlagern,
- oder den Käufer, der die Ware aus dem Lagerhaus nicht abholt, auf Abnahme der Ware verklagen,
- oder die Sache gemäß § 383 BGB versteigern (Selbsthilfeverkauf) wenn es sich bei der verwahrten Sache nicht um Kostbarkeiten wie Geld, Wertpapiere und sonstige Urkunden, die hinterlegt werden müssen, handelt. Der Verkäufer kann den Erlös hinterlegen aber alle ihm auf Grund des Annahmeverzugs entstandenen Kosten sowie die vereinbarten Kosten für den Kostenvoranschlag von der zu hinterlegenden Summe abziehen (Aufrechnung),
- oder die Sache gemäß § 385 BGB durch einen öffentlich ermächtigten Handelsmakler verkaufen lassen,
- vom Kunden gemäß § 304 BGB Ersatz der Mehraufwendungen verlangen, die er für die erfolglose Lieferung sowie für die Aufbewahrung und Erhaltung der zu liefernden Ware machen musste.
4. Vertragliche Regelungen zum Annahmeverzug
Die o.a. Regeln sind gesetzlich festgelegt und müssen daher nicht noch einmal vertraglich vorgesehen werden. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere mit Verbrauchern, sind zudem die gesetzlichen Regelungen kaum zu Gunsten des Verkäufers zu verbessern. Leicht wird hier die Grenze zur Unwirksamkeit überschritten, da schnell eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders gemäß § 307 BGB vorliegt. Da aber den Parteien die gesetzlichen Regelungen nicht immer präsent sind, ist es dem Verkäufer zu raten, in seinen AGB den Annahmeverzug zu regeln, insbesondere dann, wenn er oft mit falschen Adressangaben seiner Kunden zu kämpfen hat. Eine solche Regelung könnte wie folgt aussehen:
Macht der Käufer unzutreffende oder lückenhafte Angaben zu seiner Anschrift oder kann aus anderen Gründen, die der Käufer zu vertreten hat, die Ware nicht abgeliefert werden, kommt der Käufer durch den erfolglosen Anlieferungsversuch des Transportunternehmens in Annahmeverzug. Dies führt dazu, dass der Käufer für den Fall, dass die Kaufsache aus Gründen, die der Verkäufer nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig zu vertreten hat, beschädigt wird oder untergeht, zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet bleibt, während der Verkäufer die Leistung nicht mehr bewirken muss. Des Weiteren hat der Käufer dem Verkäufer die Kosten, die durch den Annahmeverzug sowie für die Erhaltung und Aufbewahrung der Kaufsache entstanden sind, zu erstatten. Die übrigen Rechte des Verkäufers, insbesondere auf Rücktritt vom Kaufvertrag, bleiben unberührt.
5. Fazit
Auf Grund der vorgenannten Ausführungen lautet unsere Antwort auf die oben gestellten Fragen wie folgt:
- Muss er die Kosten für die Retoursendung und eine zweite Anlieferung tragen?
Antwort: Der Käufer muss die Kosten, die dem Verkäufer wegen der vergeblichen Anlieferung entstehen, tragen.
- Was ist, wenn die Kaufsache beschädigt wird?
Antwort: Für Schäden der Kaufsache kommt der Verkäufer nach dem Annahmeverzug nur auf, wenn er die Schäden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat.
- Muss der Verkäufer die Kaufsache verwahren und wenn ja, wer trägt die Kosten für die Verwahrung?
Antwort: Der Verkäufer kann die Sache verwahren oder unter Umständen versteigern. Die Kosten trägt der Käufer.
- Welche Ansprüche hat der Verkäufer in diesem Fall sonst noch?
Antwort: Der Verkäufer kann auch vom Kaufvertrag zurücktreten und Schadensersatz verlangen oder auf Erfüllung des Vertrages bestehen und Schadensersatz verlangen für Schäden, die durch den Annahmeverzug oder für die Erhaltung und Aufbewahrung der Kaufsache entstanden sind.
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
Link kopieren
Als PDF exportieren
Per E-Mail verschicken
Zum Facebook-Account der Kanzlei
Zum Instagram-Account der Kanzlei
Beiträge zum Thema






1 Kommentar