Die Rechte des Lizenznehmers in der Insolvenz des Lizenzgebers

Die Rechte des Lizenznehmers in der Insolvenz des Lizenzgebers

Die IT-Recht Kanzlei hat sich bereits mehrfach mit dem Schicksal von Nutzungsrechten in der Insolvenz beschäftigt. Zwei Urteile des BGH vom 19. Juli 2012 (I ZR 70/10 – M2Trade; I ZR 24/11 – Take Five) beschäftigen sich erneut mit diesem Thema und treffen nun eindeutige Aussagen zum Fortbestand von Unterlizenzen im Falle des Erlöschens der Hauptlizenz.

Schließlich  sind auch im Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens, zur Stärkung der Gläubigerrechte und zur Insolvenzfestigkeit von Lizenzen Regelungen für den Fall der Insolvenz des Hauptlizenznehmers und Unterlizenzgebers vorgesehen.

In dieser News soll beleuchtet werden, auf welchem Stand Rechtsprechung und Gesetzgebung bei den Themen

  • Insolvenzfestigkeit von Lizenzen generell und
  • Fortbestand von Unterlizenzen bei Erlöschen der Hauptlizenz

derzeit stehen.

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1. Der Referentenentwurf

Ziel des Entwurfes ist es unter anderem durch eine Regelung zur Insolvenzfestigkeit von Lizenzen den Wirtschafts- und Forschungsstandort Deutschland nachhaltig zu stärken. Es soll eine mögliche Abwanderung von Unternehmen ins Ausland verhindert und Investitionen der Lizenznehmer im Insolvenzfall gesichert werden.

Zum Erreichen dieser Ziele wird die Schaffung eines neuen § 108a InsO mit folgendem Inhalt vorgeschlagen:

§ 108a
Schuldner als Lizenzgeber
(1)Lehnt der Insolvenzverwalter nach § 103 die Erfüllung eines Lizenzvertrages ab, den der Schuldner als Lizenzgeber geschlossen hat, so kann der Lizenznehmer binnen eines Monats, nachdem die Ablehnung zugegangen ist, vom Verwalter oder einem Rechtsnachfolger den Abschluss eines neuen Lizenzvertrages verlangen, der dem Lizenznehmer zu angemessenen Bedingungen die weitere Nutzung des geschützten Rechts ermöglicht. Bei der Festlegung der Vergütung ist auch eine angemessene Beteiligung der Insolvenzmasse an den Vorteilen und Ertragen des Lizenznehmers aus der Nutzung des geschützten Rechts sicherzustellen; die Aufwendungen des Lizenznehmers zur Vorbereitung der Nutzung sind zu berücksichtigen, soweit sie sich wert erhöhend auf die Lizenz auswirken.
(2)Handelt es sich bei dem Vertrag, den der Schuldner als Lizenzgeber geschlossen hat, um einen Unterlizenzvertrag und lehnt der Insolvenzverwalter gegenüber dem Hauptlizenzgeber die Erfüllung des Lizenzvertrages ab, so kann ein Unterlizenznehmer des Schuldners vom Hauptlizenzgeber den Abschluss eines Lizenzvertrages nach den in Absatz 1 genannten Bedingungen verlangen. Liegen Tatsachen vor, aus denen sich ernsthafte Zweifel ergeben, dass der Unterlizenznehmer seine Verpflichtungen aus dem Vertrag wird erfüllen können, so kann der Hauptlizenzgeber den Abschluss von einer Sicherheitsleistung abhängig machen.
(3)[...]

Maßstab für die Beurteilung, ob eine dementsprechende Regelung das proklamierte Ziel – eine Stärkung der Rechte des Lizenznehmers im Insolvenzfall – erreichen kann, ist der aktuelle Stand der Rechtsprechung.

2. Die Insolvenzfestigkeit von Lizenzen

Wie bereits in einem früheren Beitrag erörtert hat der BGH im Verfahren IX ZR 162/04 entschieden: Wenn vor Insolvenzeröffnung bereits ein dinglicher Rechtserwerb stattgefunden hat, kann der Insolvenzverwalter diesen nicht mehr dadurch verhindern, dass er die Nichterfüllung des zugrunde liegenden Vertrages wählt. Dies gilt auch dann, wenn der Rechtserwerb unter einer aufschiebenden Bedingung stand.

Zwar fällt ein Lizenzvertrag unter § 103 InsO. Er entspricht der Rechtspacht und wird als Dauernutzungsvertrag im Sinne der §§ 108, 112 InsO eingeordnet. Da es sich bei einem Nutzungsrecht jedoch um ein dingliches Recht handelt hat die Wahl der Nichterfüllung auf schuldrechtlicher Ebene insoweit keine Konsequenzen mehr, als das dingliche Recht bereits eingeräumt ist.

3. Der Fortbestand von Unterlizenzen

Die ursprüngliche Entscheidung, dass ein einfaches Nutzungsrecht, das sich von einem ausschließlichen Nutzungsrecht ableitet, nicht erlischt, wenn das ausschließliche Nutzungsrecht aufgrund eines wirksamen Rückrufs wegen Nichtausübung (§ 41 UrhG) erlischt, wurde dahingehend ausgeweitet, dass die Unterlizenz auch dann unberührt bleibt, wenn

- der Hauptlizenznehmer dem Unterlizenznehmer ein einfaches Nutzungsrecht gegen fortlaufende Zahlung von Lizenzgebühren eingeräumt hat und die Hauptlizenz nicht aufgrund eines Rückrufs wegen Nichtausübung, sondern aus anderen Gründen (hier: Kündigung des Hauptlizenzvertrages wegen Zahlungsverzugs) erlischt

sowie dann,

- wenn der Hauptlizenznehmer dem Unterlizenznehmer ein ausschließliches Nutzungsrecht gegen Beteiligung an den Lizenzerlösen eingeräumt hat und die Hauptlizenz nicht aufgrund eines Rückrufs wegen Nichtausübung, sondern aus anderen Gründen (hier: einvernehmliche Aufhebung des Hauptlizenzvertrages) erlischt.

Es ist somit davon auszugehen, dass ein Erlöschen der Hauptlizenz den Unterlizenznehmer grundsätzlich nicht tangiert. Ein Schutz des Hauptlizenzgebers wird jedoch folgendermaßen bewirkt: Diesem steht gegen den Hauptlizenznehmer ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB zu, der auf Abtretung des diesem gegen den Unterlizenznehmer zustehenden Anspruchs auf ausstehende Lizenzzahlungen gerichtet ist.

4. Verhältnis von Rechtsprechung und Referentenentwurf

Der Lizenznehmer befindet sich also auf Grund der Rechtsprechung bereits in einer starken Position. Es erscheint fraglich, ob der Referentenentwurf tatsächlich zu einer Stärkung dieser Rechte führen würde, oder nicht eher eine Schwächung darstellt.

Wenn im Referentenentwurf vom „Abschluss eines neuen Lizenzvertrages [...] der dem Lizenznehmer zu angemessenen Bedingungen die weitere Nutzung des geschützten Rechts ermöglicht“ die Rede ist, so kann dies nur dahingehend verstanden werden, das nach der Vorstellung des Entwurfsverfassers die Wahl der Nichterfüllung gem. § 103 InsO nicht nur die schuldrechtliche Komponente Vertrages betrifft, sondern auch zum Erlöschen des bereits erworbenen dinglichen Rechts führt. Dies steht im Widerspruch zur Entscheidung des BGH im Verfahren IX ZR 162/04 (s.o.), der diese Rechte als insolvenzfest ansieht.

Insbesondere bei Nutzungsrechtseinräumungen deren Grundlage ein Kaufvertrag oder kaufvertragsähnlicher Vertrag ist, bei welchem also die Nutzungsrechte nicht gegen fortlaufende Lizenzgebühren, sondern eine einmalige (Kauf-)preiszahlung eingeräumt werden, erschiene ein nachträglicher Wegfall des Nutzungsrechts im Insolvenzfall in höchstem Maße unbillig und wenig praxisgerecht. Ob diese nach der Vorstellung des Entwurfsverfassers ebenfalls Gegenstand der Regelung sein sollen ist angesichts der Verwendung des im UrhG nicht vorkommenden Begriffes des „Lizenzvertrages“ unklar.

Diese Diskrepanz zwischen der Vorstellung des Entwurfsverfassers zu der der Rechtsprechung, setzt sich bei der Regelung zu Unterlizenzen in Abs. 2 fort. Der dortigen Regelung liegen offenbar zweierlei Annahmen zugrunde. Zum einen, dass die Wahl der Nichterfüllung durch den Hauptlizenzgeber zum Erlöschen der Hauptlizenz des Hauptlizenznehmers führt, wie dies ja auch schon bei Abs. 1 der Fall ist. Und zum anderen, dass dieses Erlöschen der Hauptlizenz automatisch zu einem Erlöschen der Unterlizenz führt. Denn andernfalls bestünde kein Bedürfnis des Unterlizenznehmers vom Hauptlizenzgeber den Abschluss eines Lizenzvertrages verlangen zu können.

Die Regelung widerspricht damit der Ansicht der Rechtsprechung, dass eine Unterlizenz grundsätzlich auch dann fortbesteht, wenn die Hauptlizenz erloschen ist (s.o.), und würde – gemessen an der aktuellen Rechtsprechung – zu einer Schlechterstellung des Unterlizenznehmers führen.

Dies gilt wiederum insbesondere dann, wenn diese Unterlizenz per Kauf oder kaufvertragsähnlich erworben wurde. Der Grundsatz des Fortbestands der Unterlizenz besteht aber nach der Rechtsprechung sogar bei einer Einräumung gegen fortlaufende Zahlungen.

5. Fazit

Nach der aktuellen Rechtsprechung sind dinglich eingeräumte Nutzungsrechte insolvenzfest. Unterlizenzen bestehen auch bei Erlöschen der Hauptlizenz fort. Von beiden diesen Gedanken weicht der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums für den Lizenznehmer nachteilig ab.

Das Erreichen des proklamierten Ziels, nämlich der Stärkung der Rechte des Lizenznehmers im Insolvenzfall zur Förderung des Forschungs- und Wirtschaftsstandort Deutschland, durch eine dem Referentenentwurf entsprechende Regelung erscheint deshalb fraglich.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle:
© Gina Sanders - Fotolia.com

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