Frage des Tages: Muss der Rechnungsempfänger dem elektronischen Rechnungsversand aktiv zustimmen?
Wie in allen Geschäftsbereichen setzt sich auch im Online-Handel der elektronische Rechnungsversand zunehmend durch. Dies spart Geld und schont die Umwelt. Doch kann der Händler seine Rechnungen einfach in elektronischer Form, insbesondere per E-Mail, an seine Kunden verschicken oder bedarf es hierzu einer aktiven Zustimmung der Empfänger? Diese Frage wurde unserer Kanzlei in letzter Zeit häufiger gestellt, weshalb wir das Thema an dieser Stelle etwas genauer beleuchten.
Gesetzlicher Hintergrund
Durch die Neufassung des § 14 Absatz 1 und 3 UStG durch Artikel 5 Nr. 1 des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1. November 2011 (BGBl. I S. 2131) sind die umsatzsteuerrechtlichen Regelungen für elektronische Rechnungen zum 1. Juli 2011 neu gefasst worden. Hierdurch wurden die Anforderungen an die Übermittlung elektronischer Rechnungen gegenüber der früheren Rechtslage deutlich entschärft. Seither können u. a. auch Rechnungen, die per E-Mail (ggf. mit Bilddatei- oder Textdokumentanhang) übermittelt werden, zum Vorsteuerabzug berechtigen.
Nach früherer Rechtslage wurden auf elektronischem Weg übermittelte Rechnungen umsatzsteuerlich nur anerkannt, wenn eine qualifizierte elektronische Signatur (§ 14 Absatz 3 Nummer 1 UStG a. F.) oder ein EDI-Verfahren (§ 14 Absatz 3 Nummer 2 UStG a. F.) verwendet wurden.
Heute stellt § 14 Abs. 1 UStG die elektronische Rechnung der Rechnung in Papierform grundsätzlich gleich:
"Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. (…) Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird."
Zustimmungserfordernis bei der elektronischen Rechnung
Anders als bei der Papierrechnung muss der Empfänger der elektronischen Rechnung aber zustimmen. Wie diese Zustimmung des Empfängers konkret erfolgen soll, ist nicht geregelt. Grundsätzlich genügt es, wenn zwischen dem Aussteller und dem Empfänger der Rechnung Einvernehmen besteht, dass die Rechnung elektronisch übermittelt wird.
Von der Zustimmung kann etwa ausgegangen werden, wenn ein Unternehmer im Geschäftsverkehr neben seiner Postadresse auch seine E-Mail-Adresse verwendet. Ferner reicht es aus, wenn die Parteien diese Verfahrensweise tatsächlich ohne Widerspruch anwenden und damit stillschweigend praktizieren. Davon ist etwa auszugehen, wenn der Rechnungsempfänger die elektronisch übermittelte Rechnung widerspruchlos begleicht.
Daneben kann der Händler auch in seinen AGB regeln, dass die Abrechnung ausschließlich in elektronischer Form erfolgt. Werden die AGB wirksam in den Vertrag einbezogen, so lässt sich auch hieraus eine Zustimmung des Rechnungsempfängers herleiten.
Gesetzliches Zustimmungserfordernis gilt nicht bei Verbrauchern
Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 UStG besteht die Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung nur, wenn der Unternehmer einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt.
Gegenüber Kunden, die bei Vertragsschluss als Verbraucher handeln, ist der Händler zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, eine Rechnung auszustellen.
Etwas anderes kann sich jedoch aus den Umständen des Einzelfalls ergeben, etwa wenn der Händler mit dem Kunden bei Vertragsschluss eine Garantie vereinbart, für deren Geltendmachung nach den Garantiebedingungen die Vorlage einer Rechnung erforderlich ist. In diesem Fall besteht jedenfalls eine vertragliche Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung.
Allerdings gilt das Zustimmungserfordernis des § 14 Abs. 1 UStG nach Sinn und Zweck der Vorschrift nur für den Fall, dass der Händler aus gesetzlichen Gründen zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet ist. Denn wenn der Händler freiwillig eine Rechnung ausstellt, obwohl er dies nach dem Gesetz gar nicht müsste, so kann es auch nicht auf die Zustimmung des Empfängers für eine elektronische Rechnung ankommen.
Ist der Händler ausschließlich vertraglich zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet, etwa weil diese für die Geltendmachung einer vertraglich vereinbarten Garantie erforderlich ist, so kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an und dabei insbesondere auf den Inhalt der getroffenen Garantievereinbarung. Im Normalfall soll der Kunde mithilfe der Rechnung seine Anspruchsberechtigung im Garantiefall dokumentieren. Die Rechnung dient dem Kunden also als Legitimation zur Geltendmachung bestimmter vertraglich vereinbarter Rechte. Dies kann er grundsätzlich auch mithilfe einer einfachen Rechnungskopie bewerkstelligen, so dass es nicht auf eine bestimmte Form der Rechnung ankommen kann. Demnach ist die Zustimmung des Kunden zum Erhalt einer elektronischen Rechnung in diesen Fällen grundsätzlich nicht erforderlich.
Fazit
Seit der Neufassung des § 14 Absatz 1 und 3 UStG durch Artikel 5 Nr. 1 des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1. November 2011 (BGBl. I S. 2131) können u. a. auch Rechnungen, die per E-Mail (ggf. mit Bilddatei- oder Textdokumentanhang) übermittelt werden, zum Vorsteuerabzug berechtigen. Anders als bei der Papierrechnung muss der Empfänger der elektronischen Rechnung zustimmen. Die Zustimmung bedarf jedoch weder einer bestimmten Form, noch muss Sie ausdrücklich vom Empfänger erteilt werden. In der Praxis dürfte die konkludente Zustimmung durch den Empfänger sogar die Regel darstellen.
Das Zustimmungserfordernis gilt nach dem Gesetz nicht für Verträge mit Verbrauchern, da insoweit keine gesetzliche Pflicht zur Ausstellung einer Rechnung besteht. Allerdings kann insoweit ein vertragliches Zustimmungserfordernis bestehen, wenn sich dies aus einer vertraglichen Vereinbarung (z. B. Garantievereinbarung) zwischen den Parteien ergibt.
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