Übersicht: Produkthaftung und Produzentenhaftung
Die Frage der „Haftung für fehlerhafte Produkte“ ist in zwei Themenbereiche aufzuteilen: Die sogenannte „Produkthaftung“ nach dem Produkthaftungsgesetz und die sogenannte „Produzentenhaftung“ nach § 823 BGB. Die IT-Recht-Kanzlei beantwortet Ihnen im Folgenden die häufigsten Fragen aus diesem Themenkomplex:
1. Produkthaftung
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Es muss ein Produkt vorliegen (bewegliche Sache), welches bei Inverkehrbringen einen Fehler aufweist. Durch diesen Fehler muss eine Rechtsgutsverletzung eingetreten sein. Darunter versteht man:
- Tod, Körper- oder Gesundheitsverletzung oder
- Sachschäden, wenn die beschädigte Sache nicht das fehlerhafte Produkt selbst ist und sie überwiegend privat genutzt wurde.
Wichtig: Als Hersteller haftet man für die Gefahren die vom eigenen Produkt ausgehen, ohne dass dazu ein Verschulden des Herstellers notwendig ist (Gefährdungshaftung)
Was ist ein Fehler?
Produkthaftung ist die Haftung für fehlerhafte Produkte (§ 2 ProdHaftG). Ein Produkt gilt dann als fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, berechtigterweise erwartet werden kann (§ 3 ProdHaftG).
Achtung: Der Hersteller haftet auch, wenn ausnahmsweise trotz gut organisiertem Produktionsablauf ein einzelnes Produkt fehlerhaft war (sog. „Ausreißer“).
Wer haftet?
Nach § 1 ProdHaftG haftet der Hersteller für Fehler seines Produkts. Als Hersteller gilt aber nicht nur der eigentliche Produzent, sondern auch
- der Importeur,
- der Quasi-Hersteller, der seinen Namen am Produkt anbringt sowie
- der Hersteller eines Teilprodukts,
- oder auch der Händler, wenn der Hersteller nicht festgestellt werden kann; der Händler kann dem Geschädigten aber innerhalb eines Monats seinen Hersteller bzw. - Lieferant nennen und sich so von seiner Haftung befreien (§ 4 Abs. 3 ProdHaftG).
Ab wann hat man zu haften?
Grundsätzlich tritt die Haftung ein, wenn das Produkt „bei Inverkehrbringen“ fehlerhaft war. Fraglich ist der Zeitpunkt in den Fällen, in denen das Produkt die Sphäre des Herstellers bereits vor Abschluss des Fertigungsprozesses verlässt. Das LG Berlin (Urteil vom 08.11.2007, Az.) hat entschieden, dass aus Gründen des durch die Produkthaftung bezweckten Schutzes der Zeitpunkt des Inverkehrbringens möglichst weit nach vorne verlagert werden muss. Für einen produkthaftungsrechtlichen Anspruch reicht es daher aus, wenn das Produkt aus „der allein vom Hersteller beherrschten Sphäre in eine solche wechselt, in der Gefahren für Rechtsgüter Dritter entstehen“ können.
Wofür wird gehaftet?
Gehaftet wird für alle materiellen oder immateriellen (Schmerzensgeld) Schäden, die durch das fehlerhafte Produkt verursacht werden. Für Schäden am Produkt selbst kommt keine Haftung in Betracht, da hierfür gewährleistungsrechtliche Ansprüche greifen.
Wird ein Mitverschulden des Geschädigten berücksichtigt?
Ja! § 6 ProdHaftG verweist auf die allgemeine Regelung zum Mitverschulden nach § 254 BGB. Entsteht der Schaden also durch das fehlerhafte Produkt und gleichzeitig durch ein Verschulden des Geschädigten, so haftet letzterer gemäß seinem Verschuldensanteil.
Gibt es Höchstgrenzen?
Bei Sachschäden muss der Geschädigte eine Selbstbeteiligung von 500 € selbst tragen (§ 11 ProdHaftG). Bei Personenschäden liegt die Haftungshöchstsumme – auch bei mehreren Betroffenen – bei 85 Millionen €.
Wann verjähren die Ansprüche?
Die Ansprüche nach dem ProdHaftG verjähren in drei Jahren dem Zeitpunkt, ab dem der Geschädigte Kenntnis hatte. Sobald ein Produkt 10 Jahre auf dem Markt war, sind sämtliche Ansprüche ausgeschlossen.
Ist die Haftung nach dem ProdHaftG ausschließbar?
Nein! Nach § 14 ProdHaftG darf die Ersatzpflicht des Herstellers im voraus weder ausgeschlossen noch beschränkt werden.
Sind jedoch an der Herstellung eines Produkts mehrere (Teile-) Hersteller beteiligt, so können diese im Innenverhältnis abweichende Regelungen darüber treffen, wer im Haftungsfalle die Schäden zu ersetzen hat (vgl. § 5 ProdHaftG).
2. Produzentenhaftung
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
- Handlung: Inverkehrbringen eines fehlerhaften Produkts
- Rechtsgutsverletzung: Leben, Körper/Gesundheit, Eigentum
Darüber hinaus muss ein Verschulden vorliegen: Der Hersteller bzw. dessen Organe müssen schuldhaft oder zumindest fahrlässig gehandelt haben, was insbesondere bei folgenden – durch den Kunden zu beweisenden – Fehlern vorliegen kann:
- Konstruktionsfehler (gesamte Serie betroffen)
- Fabrikationsfehler (nur einzelne Produkte betroffen, aber keine Haftung für „Ausreißer“)
- Instruktionsfehler (fehlende Warnhinweise oder mangelhafte Gebrauchsanleitung)
- Verletzung von Produktbeobachtungspflichten (ggf. Rückruf notwendig)
Wer haftet?
Grundsätzlich haftet für Fehler der Hersteller oder auch der Quasi-Hersteller. Ausnahmsweise gilt auch der Händler als Hersteller, wenn ihm beispielsweise Schadensfälle bekannt sind, er aber seine Kunden nicht warnt (vgl. dazu diesen Fall).
Wofür wird gehaftet?
Gehaftet wird für alle materiellen oder immateriellen (Schmerzensgeld) Schäden, ohne Selbstbeteiligung. Für Schäden am Produkt selbst kommt – im Gegensatz zur Produkthaftung – eine Haftung dann in Betracht, wenn das sogenannte Integritätsinteresse (Interesse am unveränderten Fortbestand des Eigentums) verletzt worden ist.
Wird ein Mitverschulden des Geschädigten berücksichtigt?
Ja! Ist der Schaden Folge einer unternehmerischen Pflichtverletzung und gleichzeitig auch Folge eines Verschulden des Geschädigten, so haftet letzterer gemäß seinem Verschuldensanteil nach § 254 BGB.
Wann verjähren die Ansprüche?
Die Ansprüche verjähren innerhalb von drei Jahren, beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem der Kunde Kenntnis von seinem Schaden erlangt hat.
3. In welchem Verhältnis stehen Produkt- und Produzentenhaftung?
Die Vorschriften über Produkt- und Produzentenhaftung sind parallel nebeneinander anwendbar. Der geschädigte Kunde kann sich also grundsätzlich auf beide Ansprüche berufen, wobei er natürlich nur einmal Geld bekommt und nicht doppelt.
4. Welche Unterschiede bestehen zwischen Produkt- und Produzentenhaftung?
In folgender Tabelle sehen Sie kurz und knapp, welche Unterschiede zwischen Produkt- und Produzentenhaftung bestehen. Weitere Details zu den einzelnen Punkten finden Sie oben im Text.
Produkthaftung | Produzentenhaftung | |
nein | ja | Produktbeobachtungspflicht? |
ja | nein | Haftung für „Ausreißer“? |
nein, reine Gefährdungshaftung | ja, daher Beweislast beim Kunden | Verschulden des Herstellers notwendig? |
ja | nein | Höchstbetrag? |
ja, nach 10 Jahren | nein | Erlöschen? |
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
Link kopieren
Als PDF exportieren
Per E-Mail verschicken
Zum Facebook-Account der Kanzlei
Zum Instagram-Account der Kanzlei
10 Kommentare
Bitte überarbeiten Sie die Texte noch einmal, da sich ein paar Rechtschreibfehler und Wortverwechslungen (z.B. "Hersteller" anstatt "Händler") eingeschlichen haben, was den Texten ein bisschen die Seriösität nimmt.
(Dies ist mir jetzt schon bei etlichen Texten von "it-recht-kanzlei" aufgefallen)
Wie verhält es sich bei einem Markenverkauf mit inkludiertem Restbestand. Der Übernahmevertrag beinhaltet eine explizite Klausel, dass der neue Marken- sowie Produktinhaber zum Hersteller mit einhergehender Übernahme aller Herstellerpflichten und Produkthaftpflichten für alle Produkte (Exemplare) der bezeichneten Marken wird.
Hat der neue Inhaber in diesem Fall, ich, dann im Sinne des Produkthaftungsgesetz zu haften oder gilt trotz klarer Formulierung weiterhin die Regel, dass der ursprüngliche Hersteller der Produkte haftet? Über eine Antwort wäre ich im Bezug auf den mir aktuell vorliegenden Fall dankbar. Je nach Einschätzung kann ein entsprechend fachlicher rechtlicher Beistand notwendig werden. Über eine Kanzleiempfehlung bin ich hier auch dankbar. Viele Grüsse
Ich in meinem Fall beziehe die Produkte jedoch von einem in der EU liegenden Großanbieter.
Hab ich also keine Probleme mit der Haftung für die Produkte die ich vertreib oder hafte ich trotzdem als Verkäufer?
Vielen Dank
Mit freundlichen Grüßen
Runge
ich habe mir gestern eine Thermoskanne gekauft, diese 2-3 std später habe ich die Kanne dann in Gebrauch genommen.
Ich habe die Kanne mit heißem Wasser befüllt, wollte einen Teebeutel reinmachen und aufeinmal ist sie explodiert.
Das “isolierglas“ aus der Kanne ist durch die Küche geflogen und das heiße Wasser ist mir über die Hand gelaufen.
Ich bin sofort ins Krankenhaus und habe mir meine Verbrennungen behandeln lassen.
Die defekte Kanne, sowie das ärztliche artest habe ich zu Hause liegen.
Was sind nun die weiteren Schritte die ich einleiten könnte? Stehen mir Schadensersatzansprüche zu ?
An wen sollte man sich wenden ?
Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
Mit freundlichen Grüßen
Schmidt
unser Quad / ATV ist 1 Monat über die 2-jährige Garantie!
Vor 1 Jahr gab es eine Rückrufaktion bei der 1 Ersatzteil getauscht wurde.
Nun ging genau dieses Ersatzteil während der Fahrt defekt, sodass es beinahe zu einem Unfall gekommen wäre.
Nun will der Hersteller lediglich die Kosten für das Ersatzteil übernehmen, nicht aber den Arbeitslohn.
Liegt hier nicht auch Produkthaftung vor und alles müsste gezahlt werden?
Danke für Ihre Antwort!
Am nächtsne Tag fand ich den 3 Liter Kanister "ungeöffnet" jedoch um ein drittel leichter in meinem Kofferraum vor. Das Erdbeer ähnlich duftende Mittelchen ist trotz Sicherungsverschluss ausgelaufen.
Nun kann ich nichts mehr in meinem Kofferraum transportieren da dieser mittlerweile nach Erdbeer -erbrochenem riecht und auch noch versiegelt ist.
Der Hersteller beruft sich nun auf das Produktionshaftungsgestz paragrapgh 11 und meint bis 500 Euro muss ich selsbt haften. Also habe ich nun einfach pech gehabt udn muss eine Innenreinigung mit Ozon Reinigung selbt bezahlen weil es ein Gesetz von 1990 gibt das den hersteller schützt?
Mit freundlichen Grüßen