Mögliche Wettbewerbsverstöße durch Preiswerbung in Online-Apotheken
Werbung durch Angabe von durchgestrichenen (hohen) Preisen hat einen starken Werbeeffekt auf Kunden. Händler, die damit werben, müssen sich jedoch grundsätzlich vor Wettbewerbsverstößen wegen irreführender (Preis-)Werbung in Acht nehmen, wenn für die Kunden nicht hinreichend deutlich wird, was es mit dem durchgestrichenen Preis genau auf sich hat. Insbesondere Online-Apotheken sind deswegen bereits häufig abgemahnt worden. Zwei neuere BGH-Entscheidungen bringen nun Licht ins Dunkel. Die IT-Recht Kanzlei erläutert die beiden Urteile und ihre Folgen.
I. Preiswerbung bei Online-Apotheken
Preiswerbung ist beim Online-Shopping häufig ein entscheidendes Kriterium für die Verbraucher. Wer dasselbe Produkt besonders günstig anbietet, erreicht mehr Kunden – Preisvergleiche lassen sich im Netz zudem deutlich leichter anstellen als offline, denn der Kunde muss nicht zu Fuß diverse Filialen abklappern.
Besonders wirkungsvoll für Händler ist ein attraktiver Preisvergleich, der Verbrauchern deutlich machen soll, dass das beworbene Produkt im eigenen Webshop vergleichsweise günstig ist, etwa durch Angabe eines durchgestrichenen, teuren Preises, der durch einen für den Kunden deutlich attraktiveren, niedrigeren Preis ersetzt worden ist.
Derartige Preiswerbung ist nicht verboten, allerdings dürfen die Verbraucher dadurch nicht in die Irre geführt werden, ansonsten liegt ein Verstoß gegen das Lauterkeitsrecht vor. Das gilt freilich auch für Online-Apotheken.
II. Werbung mit durchgestrichenem Preis in Online-Apotheken
Der BGH hat sich in einer neueren Entscheidung mit Preiswerbung in Online-Apotheken beschäftigt (Urteil des BGH vom 31. März 2016, Az. I ZR 31/15). Zwar sind die einzelnen Urteilsgründe hierzu noch nicht veröffentlicht worden, jedoch ist die Kernaussage des Urteils bereits klar.
Demnach dürfen Online-Apotheken mit einem höheren durchgestrichenen Preis nur dann werben, wenn sie die Kunden hinreichend deutlich darauf hinweisen, was sich hinter diesem Preis verbirgt. Nicht selten wollen Online-Apotheken ihre eigenen (niedrigen) Preise mit den (teureren) sog. Apothekenverkaufspreisen (kurz: AVP, oder auch: Apothekenabgabepreis) in Vergleich setzen.
In dem Fall des BGH ging es um einen (höheren) durchgestrichenen Preis für ein nicht verschreibungspflichtiges, jedoch apothekenpflichtiges Arzneimittel (sog. OTC-Arzneimittel, kurz für „over the counter“-Arzneimittel), der in der Werbung als „einheitlicher Apothekenabgabepreis zur Verrechnung mit der Krankenkasse“ bezeichnet worden ist. Tatsächlich handelte es sich bei dem durchgestrichenen Preis jedoch nicht um den Preis, den die Krankenkassen eins zu eins erstatten mussten. Von Gesetzes wegen wird den Krankenkassen gegenüber den Apothekenabgabepreisen, die die Hersteller festlegen müssen, ein Rabatt von fünf Prozent gewährt, so dass die Krankenkassen in Wirklichkeit nicht den Apothekenverkaufspreis, sondern den um fünf Prozent reduzierten Preis bezahlen müssen.
Die Angabe des durchgestrichenen Preises war zusammen mit dem Bezug auf dessen Erstattungspflicht durch die Krankenkassen im Rahmen des Preisvergleiches somit eine Falschangabe, die zur Irreführung der Kunden führte und deshalb vom BGH als wettbewerbswidrig eingestuft worden ist.
III. Eigenpreiswerbung ist weitgehend unproblematisch
Weitaus unproblematischer ist hingegen die Werbung mit einem früheren höheren Eigenpreis der Online-Apotheke selbst.
In einer weiteren Entscheidung hat der BGH festgestellt, dass die Werbung eines Unternehmens mit einem durchgestrichenen (höheren) Preis und der Angabe eines niedrigeren aktuellen Verkaufspreises jedenfalls dann nicht irreführend und somit wettbewerbswidrig ist, wenn es sich bei dem durchgestrichenen Preis um einen tatsächlich früher einmal verlangten Eigenpreis des werbenden Webshops handelt, wenn der Preis also tatsächlich einmal in dem Webshop galt (Urteil des BGH vom 5. November 20015, Az. I ZR 182/14 – Durchgestrichener Preis II).
Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der durchgestrichene Preis tatsächlich ernsthaft, über eine gewisse Dauer und unmittelbar vor dem Angebotspreis verlangt worden ist. Zudem muss der gegenwärtige Rabatt bzw. niedrige Preis zeitlich begrenzt sein, es darf sich also nicht um einen (neuen) Dauertiefpreis handeln.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, muss die Online-Apotheke den durchgestrichenen Preis nicht mit einem Sternchenhinweis genauer für die Kunden erläutern. Man geht dann davon aus, dass Kunden auch ohne (anders lautende) Hinweise den durchgestrichenen Preis für den vorherigen Eigenpreis der Online-Apotheke halten, weshalb dann keine irreführende Werbung vorliegt.
Dies bedeutet allerdings im Umkehrschluss, dass die Online-Apotheke durchgestrichenen Preise jedenfalls dann mit einem Sternchenhinweise möglichst klar und präzise erläutern muss, wenn es sich nicht um einen entsprechenden früheren Eigenpreis der Online-Apotheke handelt, etwa wenn es sich um eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers oder um den Apothekenverkaufspreis handelt. Ansonsten laufen sie Gefahr, irreführende und damit wettbewerbswidrige Werbung zu machen.
Weiterführende Informationen hierzu finden Sie in einem früheren Beitrag der IT-Recht Kanzlei.
IV. Fazit
Preiswerbung in Online-Apotheken mit einem durchgestrichenen, höheren Preis ist grundsätzlich zulässig, wenn es sich um einen tatsächlich von der Online-Apotheke früher verlangten Eigenpreis handelt.
Werbung mit anderen durchgestrichenen Preisen dürfen Online-Apotheken (und sonstige Händler) grundsätzlich nur dann zulässigerweise machen, wenn sie die Kunden mit einem Sternchenhinweis möglichst klar und präzise darüber informieren, woher der durchgestrichenen Preis genau stammt. Diese Erklärung muss dann tatsächlich der Wirklichkeit entsprechen. Ist dies nicht der Fall, liegt eine irreführende Werbung und damit ein Wettbewerbsverstoß vor, der abgemahnt werden kann.
Bei Problemen, Rückfragen sowie weiteren Fragen zu diesem Thema hilft Ihnen das Team der IT-Recht Kanzlei selbstverständlich gerne auch persönlich und im Einzelfall weiter.
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